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TATTOO STUDIO
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Matthew Dawson
WHERE IS MY MIND?


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Beitrag #21
RE: TATTOO STUDIO
Liebevoll lächelte ich Madison an, als ich ihre Hand sanft in meine schloss und von der Seite in ihre verweinten Augen sehen konnte. Als sie mich fragte, ob es auch jemals leicht zwischen uns gewesen war. "Ich hatte die beste Zeit meines Lebens mit dir." Für mich gab es keinen Unterschied zwischen ihr und meiner Frau, deshalb ging ich auch gar nicht darauf ein wie sie ihre Fragestellung nochmal abänderte. "Wenn du irgendwann möchtest, dass ich dir von unserem verrückten Trip nach Coney Island erzähle oder davon, wie du mich in unserer damaliger Kneipe um den Verstand gebracht hast, dann lass es mich wissen. Ich könnte dir auch von Mexiko erzählen, von den Festivals, den Lagerfeuern, den endlosen Nächten, davon wie wir zusammen in einem 1-Zimmer-Appartement leben mussten, von unseren Bahnfahrten, Konzerten oder Ausflügen in die Wildnis. Nicht jetzt, aber- irgendwann. Du musst nur fragen. Dann wunderst du dich auch vielleicht nicht mehr, warum ich immer noch hier sitze." Jeder hatte gesehen, dass wir zusammen gehörten, Madison und ich. Sogar Kilian hatte vor einigen Jahren seinen Frieden damit gefunden, weil selbst er sich nicht davor verschließen konnte wie perfekt wir einander ergänzten. Meine Exfrau schien die Einzige zu sein, die das nicht sah und die nicht verstand, weshalb ich sie niemals endgültig aufgeben konnte.
Bevor ich sie damit aber auch noch belastete, stand ich erstmal mit ihr vom Boden auf, beobachtete wie sie die Drogen zögerlich auf dem Schreibtisch ablegte und wählte danach die Nummer von Gus und dann die von Kilian, während sie sich neben mir umzog. Ich sah sie nicht direkt an, aber ich konnte auch nicht verhindern, dass mir aus dem Augenwinkel die rötlichen Stellen an ihrer Hüfte auffielen. Dort, wo Chas hart seine Finger in ihre Haut gebohrt hatte. Gus reagierte wie erwartet erschrocken und überfordert, eigentlich versuchte er seine Geschwister aus seinem Leben zu streichen, wollte nichts von ihnen hören oder sehen, aber immer wieder schienen sie ihn einzuholen. Kilian hingegen war sofort wütend und sein Beschützerinstinkt schlug Alarm, aber vielleicht war das in dieser Situation auch ausnahmsweise mal genau richtig so. Es würde nicht schaden, wenn er ein bisschen auf April achtete, sie wäre für Chas eine leichte Beute. Erst als ich danach nickte und auch Madison sich umgezogen hatte, suchten wir ein paar Dinge zum Sprayen zusammen und verließen dann gemeinsam das Studio, die Drogen blieben wie versprochen auf dem Schreibtisch liegen.
Meine Frau schien schon eine genaue Vorstellung davon zu haben wo sie das Design sehen wollte, deshalb folgte ich ihr auch bereitwillig und vertraute beim Sprayen ganz auf ihre Anweisungen. Künstlerische Begabung lag mir äußerst fern, das Ausmalen bekam ich noch so gerade hin, aber irgendwann setzte ich mich hinter ihr auf den Boden, trank ein Bier, das wir zuvor noch im Kiosk gekauft hatten, und rauchte eine Zigarette, während ich sie einfach beobachtete. Wenn sie malen konnte war da so viel Leidenschaft in ihrem Blick, die sie wirklich freiwillig aufgeben würde? Für Crack? Mit den negativen Gefühlen nahm ihr die Droge auch alle natürlichen Hochgefühle, sie tauschte ihre ganze Existenz gegen ein Leben im Rausch. Das durfte ich doch nicht zulassen. Wenn sie schon bereit war sich auf so demütigenden Sex mit Chas einzulassen, wozu war sie dann noch bereit? Sie steckte schon viel tiefer in ihrer Sucht, als ich geahnt hatte und das beschäftigte mich innerlich so sehr, dass mir erst äußerst spät auffiel, was sie da eigentlich an die Wand malte. Ein Bild von uns, von unseren Silhouetten, am Strand. Sie hatte sich schon vor Ewigkeiten vorgenommen diese Zeichnung zu sprayen, ich wusste wie wichtig ihr das war, aber- diese Madison konnte das eigentlich nicht wissen. Sie konnte es nur erahnen, durch die vielen verschiedenen Versionen in ihren Unterlagen und durch das, was sich innerhalb der letzten Wochen zwischen uns beiden entwickelt hatte. Völlig sprachlos starrte ich gegen die Wand, weil es sich für einen Moment tatsächlich so anfühlte als wäre alles genau so wie vor dem Unfall: Madison malte, während ich einfach bei ihr saß. Sie malte ein Bild von uns, weil diese Beziehung für uns beide das Wichtigste war, das wir besaßen. Unzählige Male war das vor dem Unfall so gewesen, langweilige Sonntage hatten wir oft genau so verbracht und es erwärmte mein Herz zu wissen, dass meine Madison irgendwie noch da war. "Ich werde das jetzt jeden Tag sehen, wenn ich zur Arbeit gehe", stellte ich eher für mich selber fest, mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen. Die Bierflasche platzierte ich neben mir auf dem Boden und stand danach auf, um langsam auf die Wand zuzugehen und von Nahem noch einmal zu betrachten wie präzise und mit Liebe fürs Detail Madison malte. "Das ist- unfassbar. Wunderschön." Vorsichtig zog ich meine Finger über die Mauer, an einer Stelle, an der die Farbe schon getrocknet war. "Danke. Es gab nie was Schöneres, als zu sehen, wie du etwas malst, das mit uns zutun hat. Ehrlich. Danke."


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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01.03.2016 13:21
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Madison Lane
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Beitrag #22
RE: TATTOO STUDIO
Als er über die trockene Farbe strich, sah sie Matt´s Profil an und spürte in sich eindeutig das Gefühl, was in Las Vegas schon zu erahnen war. Was Weihnachten, Silvester wieder aufgetaucht war – bis zu dem Moment, als sie mit dem Crack wieder eine Gleichgültigkeit in alles gebracht hatte, dadurch, dass alles in Hochgefühlen verschwand. Jeder Zweifel, jeder Schmerz, jedes leise Gefühl. In der Strandhütte war es dann unumstritten, wie sie sich zu ihm hingezogen fühlte und wie gerne sie auch jetzt einfach auf ihn zu gegangen wäre, ihren Kopf an seine Schulter zu lehnen, wie da auf dem Bild. Madison hatte das damals gemalt und die beiden extra in dieser Pose. Es war der ewige Beweis dafür, dass diese emanzipierte Löwenfrau sich gerne an ihn lehnte, halt suchte – das, was ihr immer und immer wieder Schwierigkeiten bereitet hatte. Es war ein Liebesbeweis an ihn. Warum sie es nie wirklich gesprayt hatte, konnte keiner der beiden erahnen aber vielleicht war das auch gut so. Denn als Maddi zwei Schritte nach hinten ging, um es sich im ganzen anzuschauen, löste sich etwas in ihr. „ Matt?“ Sie wartete, bis sie seine Aufmerksamkeit hatte. „ Danke, danke für wirklich alles. Das hier ist ein Bruchteil, den ich dir zurück geben kann... glaub mir, ich würde dir auch so gerne deine Frau mit all euren schönen Erinnerungen zurück geben.“ Das klang so verrückt, denn sie stand doch hier aber sie war doch das nicht? Oder? Unsicher fuhr sie sich über die feinen Haare am Nacken. „ Die ganzen Bilder in dem Buch, was ich darein geschrieben habe... das kam mir alles so Vertraut vor. Ich hatte... wohl auch schon vor dem Unfall... das Problem, einen Weg zu finden oder mich für einen Weg zu entscheiden. Deine Frau... ich... habe mich oft schon verloren gefühlt. Weißt du warum das so war – das zieht sich wie ein Faden, von unserem kennen lernen, davor und danach? Von allen anderen höre ich, wie Stark und Unabhängig ich war aber ich weiß, dass da noch mehr ist und ich Glaube, es gibt auch niemanden, der mir weiter helfen kann, außer du.“ So Aufrichtig wie jetzt hatte sie ihn wohl noch nie angeschaut. „ Das Bild, das hat sie immer gemalt, wenn es ihr nicht gut ging... das merke ich an den Sachen, die in dem Buch drumherum stehen. Als hätte sie sich genau da gewünscht, in diesem Bild mit dir am Strand.“ Ohja, auch wenn Maddi es nie zugegeben hätte. Leicht Lächelte sie ihn an, als sie die Hände in die Taschen des Pullis Schob. Durfte sie das zugeben? Wenn nicht jetzt, wann dann? „ Es hat auch mir... Hoffnung... gemacht. Ich dachte mir, wenn... diese Phase vorbei ist, dann wäre es genau das, was ich mir Wünsche. Das wäre der Moment, in dem man wieder anfängt, nach vorn zu schauen.“ Vielleicht sah sie etwas zu Sehnsüchtig auf den Horizont auf der eigentlich grauen Wand. „ In den letzten Wochen habe ich deine Mühe oft mit Füßen getreten, das tut mir Leid und... deswegen ist es eventuell genau das Bild geworden. Du bist immer positiv, immer voller Leben und liebst die Momente, die gerade da sind aber ich dachte mir... vielleicht brauchst auch du manchmal einen Lichtblick. Das wollte ich dir damit geben und hoffe, das tut es, weil du bist so ein großartiger Mensch. Hat Madison.... dir das auch gesagt oder... wie hat sie dich so etwas wissen lassen?“ Madison hatte sich bisher davor geziert zu Fragen, wie die beiden miteinander umgegangen waren und auch wenn er ihr Angeboten hatte, wann anders von ihren Erlebnissen zu erzählen, war sie es, die genau jetzt nach den tieferen Dingen fragte. Die ihn erstmals spüren ließ, dass sie zu begreifen schien, was die beiden füreinander Bedeutet hatten. Maddi ging sogar einen Schritt weiter, indem sie weiter sprach und diesmal von ihren Gefühlen. Man sah, wie schwer es für sie war aber im Hinterkopf existierte noch immer, dass sie bald nicht mehr die Gelegenheit hatte. Das Studio, ihr Schlafplatz, das war Morgen nicht mehr da. „ Ich wollte dich zumindest noch etwas Wissen lassen. Die lebendigsten Nächte, seid dem Unfall, die hatte ich mit dir gemeinsam. Die, die sich endlich angefühlt haben, als wäre etwas genau so richtig und als gäbe es nichts anderes, was in dem Moment Sinn macht. Als du sagtest, ich soll gehen, war das Grauenvoll und... ich wollte gar nicht gehen aber irgendwie... mache ich gerade alles falsch. Da wollte ich zumindest den Respekt vor deinem Wunsch haben, deshalb bin ich nicht zum Reden geblieben und ich wollte niemandem von euch Schaden.“ Das war gar nicht so leicht, sich so zu öffnen und auch noch Fehler einzugestehen, sich angreifbar zu machen und das alles in einem. Immer wieder sah sie Unsicher in seine Augen, dann an ihm vorbei und die Hände zu Fäusten geballt, steckte sie diese immer tiefer in die Taschen. Eigentlich sollte sie ihm jegliches Glück der Welt wünschen, auch eventuell mit einem anderen Partner aber nichts fühlte sich für sie selber gerade dabei richtig an. Nicht nur, weil sie sich selbst damit den Boden unter den Füßen entzog sondern auch weil es ihn und die Liebe zu Madison beleidigen würde. Das schien dieser Fall zu sein, den man einmal im Leben traf, wenn Überhaupt. Weil sie selber sich die Last auferlegte, sich noch immer so eingenommen von Chas – seinen Berührungen - zu fühlen, kam sie Matt nicht näher sondern setzte sich an den Fleck, wo er eben zugeschaut hatte um sich eine Zigarette zu drehen und ihr Bier zu trinken, was sie über das malen ganz vergessen hatte. Ihre Finger bebten und ihr Herz raste in der Brust, dass nur von den Worten an ihn. Das Schweigen und die Stille gerade wirkten genau richtig, weil das so wie ein Rundgang durch ihre Seele gewesen war und davon musste man sich erholen.
01.03.2016 23:15
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Matthew Dawson
WHERE IS MY MIND?


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Beitrag #23
RE: TATTOO STUDIO
Schon vor dem Unfall war es Madison schwer gefallen offen über ihre Gefühle zu reden. Das war schon so, seitdem ich sie das erste Mal in dieser Kneipe in New York wiedergesehen hatte. Sie war ein lauter und herrischer Mensch, stark und unabhängig, aber wenn es darum ging sich selber angreifbar zu machen, dann kostete sie das jedes Mal unheimlich viel Überwindung. Und gerade seit ihrem Gedächtnisverlust hatte sie sich noch viel mehr vor mir verschlossen, weshalb ich mich auch völlig unverfänglich zu ihr umdrehte, als sie meinen Namen aussprach. Was dann kam war aber nichts Belangloses, sondern- irgendwie alles. Alles, was ich hören wollte und hören musste, um sie noch nicht aufzugeben. Um weiterhin an sie und an uns zu glauben. Um für uns beide zu kämpfen, anstatt zu akzeptieren, dass sie mich niemals wieder so lieben würde wie meine Frau mich geliebt hatte. Ganz warm wurde es in meiner Brust, während sie redete, kribbelnd zog sich immer wieder eine Gänsehaut über meinen Körper und ihr gelang damit tatsächlich etwas, das nur äußerst selten vorkam: Ich war sprachlos. Ohne Regung stand ich zwischen ihr und diesem riesigen Bild von uns beiden und sog mit jeder Pore meines Körpers auf, was mir unheimlich fehlte: Zu spüren, wie sie die Liebe erwiderte, die ich für sie empfand. Das hier war der erste Schritt.
Es brauchte daher auch ein paar Sekunden, bis ich mich wieder so weit gefangen hatte, dass ich es wagte auf sie zuzugehen, mich langsam neben sie zu setzen und behutsam meinen Arm um ihr Knie zu legen. Einfach nur, um Madison nah sein zu können. Um meine Zuneigung durch diese Berührung zu übertragen, so wie ich es immer tat. "Ich weiß gerade gar nicht, was ich darauf sagen soll", gestand ich ein. Ein wenig unsicher wirkte ich sogar, als ich den Blick in ihre Augen hob. "Du hast mir auch schon vor dem Unfall gesagt, wie sehr du mich magst, ja, manchmal, aber- selten so schön wie gerade." Ich lachte einmal auf, weil dieses manchmal so schön zusammenfasste, wie schwer Madison sich damit tat. "Du warst immer besser darin mir diese Dinge zu zeigen, als zu sagen. Auf deine ganz eigene Art. Das da, das mit dem Bild-" Nickend deutete ich auf das Graffiti an der Wand, das mein Herz schneller zum Schlagen brachte. "Das passt zu dir. Sowas hättest du auch früher getan." Vorsichtig lächelte ich sie noch einmal an. "Ich hab nie wirklich herausgefunden, warum du dich so verloren fühlst, Maddi, aber- das alles gehört irgendwie zusammen. Das ist vielleicht- einfach dein Charakter. Du bist stark und unabhängig. Du bist die stärkste, lauteste, impulsivste Frau, die ich kenne, aber da ist auch noch so viel mehr an dir, das du aus irgendeinem Grund äußerst ungerne offen zeigst. Ich glaube du musstest einfach schon immer die Starke sein, auch schon in deiner Kindheit und Jugend. Du wurdest eher geboren als Ian, er hat wegen seiner Behinderung mehr Aufmerksamkeit bekommen, das hat alles dazu beigetragen, dass du sowas wie ein Mauer aufgebaut hast. Dann die Demos, die Trennung von Kilian, Chas, Chris - die Mauer wurde einfach immer größer und es wurde immer schwieriger zuzulassen, dass- selbst du auch mal jemanden brauchst, an den du dich anlehnen kannst. Anstatt immer nur die Person zu sein, bei der andere Menschen Schutz suchen." Von ihrem Gesicht sah ich wieder auf das Bild vor uns, das uns beide so perfekt spiegelte. "Als wir uns kennen gelernt haben war das noch total undenkbar. Ich durfte dich nicht einmal richtig berühren oder küssen oder in deinem Bett schlafen. Sex war okay, aber dass du dich danach in meine Arme legst? Niemals. Du hattest dieses verquere Bild in deinem Kopf, dass dich so etwas schwach wirken lässt und dass du dich damit angreifbar und verletzlich machst. Vielleicht waren das die Überreste deiner feministischen Parolen, vielleicht warst du auch der Meinung du hättest das nicht verdient oder dass du keinen Männern mehr trauen kannst, vielleicht war es auch einfach eine Kombination aus allem, aber- mit der Zeit hast du dich immer mehr geöffnet. Je mehr du gelernt hast, dass du mir vertrauen kannst, desto einfacher wurde das. Ich hatte früher immer das Gefühl, dass du dich in dieser Welt wirklich verloren fühlst. Dass du deinen Weg nicht findest, im falschen Körper bist und vielleicht sogar im falschen Leben. Da war immer etwas, das dich daran gehindert hat wirklich glücklich zu sein, so eine- Wut. Manchmal auch Gleichgültigkeit. Gegen alles und jeden. Bis dann- zwischen uns alles intensiver wurde. Manchmal lagen wir zusammen im Bett oder am Strand oder auf der Wiese eines Festivals und- dir ging es einfach gut. Du warst wirklich glücklich. Da war auf einmal keine Wut mehr und das war so wunderschön anzusehen, dass ich jede Sekunde eines jeden Tages versucht hab dir dieses Gefühl zu geben. Meistens war es schwer für dich das anzunehmen, aber- jedes Mal hat es dir geholfen. Dieses Bild von uns-" Nickend deutete ich auf das Graffiti. "Das spiegelt das alles wider und ich denke deshalb hast du das gemalt, wenn es dir schlecht ging. Ganz am Anfang, als wir uns kennen gelernt haben, da hast du mir gesagt, dass du nicht weißt, wo du hingehörst. Dass du dich in New York nicht mehr heimisch fühlst, aber dass du auch nicht weißt, wo du sonst hingehen sollst. Und ich hab dir gesagt, dass dieses Gefühl von Heimat für dich nicht an einen Ort gebunden ist, sondern an Personen. Du fühlst dich dort heimisch, wo du glücklich bist, und ich glaube das Bild von uns, das hat dir das Gefühl von Heimat gegeben, nach dem du so lange gesucht hast. Wir waren Heimat füreinander. Familie. Mit dir fühlt es sich so an, als wäre ich angekommen, da wo ich sein will. Und andersrum genauso. Du bist vielleicht verloren in dieser Welt und da wird auch immer eine gewisse Wut in dir sein und du wirst dich selber noch ganz oft an deine Grenzen bringen und daran beinah verzweifeln, aber- wenn wir zusammen sind, dann ist alles besser. Unsere Beziehung war wie ein verrückter kleiner Ruhepol in deinem riesigen Chaos."


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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02.03.2016 20:52
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Madison Lane
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Beitrag #24
RE: TATTOO STUDIO
Als Matt auf sie zuging, sich neben sie setzte, war ihr erster Wunsch, sich ebenso an ihn zu lehnen – wie auf dem riesigen Bild vor sich. Madison tat das aber nicht – ihr Kopf wehrte sich sofort gegen den Herzenswunsch und Matt würde ihr durch seine Worte auch noch Beweisen, dass genau das, was sie tat, schon immer ihr Problem war. Madison fühlte sich als Kämpferin, schon immer in ihrem Leben, die Frühkindlichen Erinnerungen, die waren sofort abrufbar. Damals, als sie Matt getroffen hatte, in dem Leben, an das sie sich nicht erinnerte – war sie schon so weit davon weg gewesen und es war so viel passiert. Diesmal standen aber nicht viele Jahre zwischen ihr und dem Moment, als er in ihr Leben getreten war. Nicht sicher, das richtige zu tun, schob sie ihre Hand bis zu seiner vor und legte die schlanken Finger darüber. „ Du hast... von dem Moment an, wo du mich damals kennen gelernt hast, auf so viel verzichtet, was den Matt in meiner Erinnerung so prägt.“ Sie musste auflachen, egal wie schwer das Thema in der Luft lag. „ Meine... Bilder im Kopf sind von einem verschwitzten, über beide Ohren Grinsenden, halbnackten Matt... der an der offenen Kühlschranktür steht und mir davon berichtet, die heißeste Frau ever läge gerade in seinem Bett und müsste sich von seinen überragenden Fähigkeiten erholen. Du durftest mich nicht Küssen, bei mir schlafen oder gar mich spielerisch, sexistisch anfassen? Der Matt damals hätte die Nase gekräuselt und mir gesagt, dass wäre ja total Schwer - und Schwer wäre blöd und kompliziert. Mal ganz simpel gesagt, er wäre vor der Madison weg gelaufen, in die er sich dann verliebt hat.“ Eventuell war das untergegangen, sie erinnerte sich aber sehr wohl an den nervigen, lauten Mitbewohner von Kilian – wie der Matt von damals, dann aber zu dem Menschen wurde, der ihrem alten Ich so viel mehr hatte geben können, als die Welt an sich? Das fehlte. „ Wie ist... das alles passiert? Ich fühle mich... irgendwo ausgesetzt, in einem fremden Leben. Die Personen aber tauchen wieder auf, nur eben ganz anders. Alle enden an unterschiedlichen Punkten... Kate und Jacob?“ Unsicher sah sie Matt an. „ Habe... ich die beiden von mir gestoßen, wegen der Drogen? Wann... habe ich nach dem Entzug den Kontakt... wieder aufgenommen?“ Eigentlich verriet sein Blick alles. Genau so war es gewesen. In der schwersten Zeit ihres Lebens, da hatte sie alle von sich gestoßen und alleine gekämpft. Madison begann erstmals, Angst zu entwickeln. Langsam lehnte sie sich an seine Schulter, wie auf dem Bild. „ In dem Buch... da stand, du warst ihr Traummann, sie dürfte dir das aber nie sagen, sonst würdest du noch abheben. Wissen würdest du es aber, da war sie sich Sicher.“ Madison konnte ja nichts von dem Detaillierten Gespräch zwischen Matt und ihr über die Traumpartner erinnern, bevor sie zusammen gekommen waren. „ Das ist krass, wie sehr ihr euch Vertraut haben müsst.“ Denn da stand so viel dazwischen, im Kontrast... „... darf ich dir was sagen?“ Sie wartete auf sein Nicken, rutschte zu seinem Ohr hin mit ihren Lippen. „Ich habe nicht nur Angst, meinen Weg verloren oder... fühle mich deplatziert. Ich brauche auch jemandem zum anlehnen. Ich glaube... ich brauche dich zum Anlehnen aber dann... muss ich die Drogen los lassen. Das klingt... so armselig aber es ist ehrlich. Wenn du mir von deiner Frau erzählst, hat sie bestimmt oft diese Angst gehabt, wenn sie sich in neues und ungewisses Stürzt – dann funktioniert das alte nachher nicht mehr. Am Ende hat man nichts mehr. Seid dem Unfall habe ich das Gefühl, nur noch zu Suchen...“ Matt hatte ihr geholfen, Antworten zu finden. Er hatte ihr geholfen, für den Moment zu verstehen, dass sie das brauchte. Sich gerade an ihn zu schmiegen, wie eine kleine Katze. Diese Seite sah man so selten. Es zog sich bis sie inne hielt, die Augen vor sich gerichtet. „ Das wäre... heute unser dritter Abschied. Wir... sind gut darin.“ Nein, gar nicht. „ Was hättest du deiner Madison geraten, wenn sie so durcheinander war? Du bist... doch nicht der Typ, der sagt, was sie dann tun soll... was hat ihr bei Ausnahmesituationen geholfen?“ Noch immer versuchte sie nicht zu sehr auf der Cracksucht herum zu reiten.
03.03.2016 01:18
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Matthew Dawson
WHERE IS MY MIND?


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Beitrag #25
RE: TATTOO STUDIO
Ich lachte einmal leise auf, als sie so wunderschön bildlich beschrieb, wie sie mich in Erinnerung hatte, und das Lächeln verstarb auch nicht, als sie mir sagte ich wäre jetzt eine andere Person. "Das stimmt nicht. Ich bin immer noch derselbe Matt, der nach anstrengendem Sex erstmal verschwitzt zum Kühlschrank rennt, weil mir der Magen knurrt. Wenn ich in die Kneipe komme, dann nerve ich Kilian ständig damit, dass die heißeste Frau ever gerade in meinem Bett liegt und auf mich wartet. Ich bin noch genauso doof wie damals und wenn irgendetwas kompliziert wird, dann renne ich davor weg, als wäre ich dagegen allergisch. Es sei denn es geht um dich. Oder andere Menschen, die mir wichtig sind." Langsam drehte ich meine Hand auf ihrem Bein herum, damit ich liebevoll meine Finger mit ihren verkreuzen konnte. "Ich weiß, wer du bist und ich weiß wie du bist. Und trotzdem hab ich mich in dich verliebt. Unsere Beziehung ist manchmal anstrengend und ab und zu fordert sie auch verdammt viel harte Arbeit, aber ich will das. Genau so. Der Matt, an den du dich erinnern kannst, der wäre davor wahrscheinlich weggelaufen, das stimmt, aber der Matt kannte dich auch noch nicht so wie ich dich jetzt kenne. Wir haben immer gesagt, dass wir nur so lange zusammen sind, wie es sich für uns richtig anfühlt und das tut es, auch nach all den Jahren noch. Selbst wenn es zwischendurch schwer ist, wenn du mich mal wieder ausschließt oder ungerechtfertigt wütend wirst, dann entscheide ich mich trotzdem für dich. Jeden verdammten Tag, Madison." Zart zog ich meinen Daumen über ihre weiche Haut, während ich spürte wie ihr Kopf dann doch gegen meine Schulter sank. "Und- genauso solltest du dich für mich entscheiden. Gegen die Drogen und für uns. Ich weiß, dass das Crack in deinem Kopf gerade sehr- zuverlässig wirkt. Hilfreich und als könntest du dich immer darauf verlassen, aber das ist nicht der richtige Weg. Das ist die einfache Entscheidung, aber nicht die richtige. Wir sind die richtige Entscheidung, Maddi, du musst sie nur treffen. Du musst dich nur für uns entscheiden, genauso wie ich mich jeden Tag für uns entscheide. Vielleicht wäre mein Leben auch- einfacher, wenn es uns nicht gäbe. Vieles wäre leichter, so wie früher, als ich auf sonst niemanden Rücksicht nehmen musste. Nur auf mich. Trotzdem nehme ich jeden Tag wieder den Weg, der viel Arbeit erfordert und der an manchen Tagen verdammt schwer wirkt. Und ich hab es noch kein einziges Mal bereut." Unsicher sah ich Madison an, weil ich mir nicht sicher war, ob sie verstand, was ich ihr damit sagen wollte. "Du musst mir nicht versprechen für immer mit mir zusammen zu sein, du musst mir nicht einmal versprechen jemals wieder richtig mit mir zusammen zu sein. Du bist von heute auf morgen nicht wieder meine Frau, ich weiß das, und es wird auch nicht einfach alles verschwinden, was zwischen uns steht, aber- triff die richtige Entscheidung. Tag für Tag. Ein Schritt nach dem anderen. Wofür entscheidest du dich heute Nacht? Triff die Entscheidung und wenn ich dich morgen Früh noch einmal frage, wofür du dich morgen entscheidest, dann geh in dich und denk darüber nach, ob es sich gelohnt hat. Ob das hier, diese Nacht zwischen uns, erfüllender und schöner war, als das Crack je sein kann. Okay?" Langsam lehnte ich mich zu ihr herüber, drückte meine Wange zart gegen ihren Kopf und löste unwillig meine Hand von ihrer, allerdings nur, damit ich meinen Arm um ihre Schultern legen konnte. Um ihr das zu geben, was sie jetzt brauchte und was sie leise in mein Ohr flüsterte: Das Gefühl, dass sie sich bei mir anlehnen konnte. Wann immer sie wollte. Bis ich noch einmal leise lachte. "Wir sind grauenhaft, wenn es um Abschiede geht. Waren wir immer." Vielleicht sollten wir das deshalb auch einfach lassen. "Und mit deiner Frage hast du jetzt grade übrigens unser Kryptonit gefunden. Wenn du so durcheinander warst wie jetzt gerade, dann bist du immer weggelaufen. Ich hab versucht für dich da zu sein, aber- wenn es einfach zu viel wurde, dann hat das trotzdem nicht funktioniert. Dann hast du dich verschlossen, hast deine Sachen gepackt und bist einfach gegangen. Das letzte Mal, an das du dich nicht erinnern kannst, warst du zwei Wochen weg, ohne mir zu sagen wo du hingehst, ohne dich zwischendurch zu melden. Du warst einfach weg und ich hab dich dafür gehasst. Du hast mir versprochen das nie wieder zu tun, aber- ich hab auch noch keinen anderen Ausgleich gefunden. Etwas, das dir helfen kann. Ich suche noch danach." Und das würde ich auch weiterhin tun. "Kann ich dich was fragen?" Ich wartete, bis ich ihre Aufmerksamkeit hatte, dann lächelte ich wieder liebevoll und lehnte meinen Kopf ein bisschen zur Seite. "Dein Traummann. Wie sollte der sein? Wenn du jetzt einfach mal ein Jahr weiter denkst, wenn du dir vorstellst, dass sich diese Unruhe in deinem Körper gelegt hat: Wie wäre für dich ein Partner, den du lieben könntest?"


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03.03.2016 18:10
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Madison Lane
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Beitrag #26
RE: TATTOO STUDIO
Madison wusste nicht, ob sie ihn richtig verstand und am Anfang fühlte sie sich auch unglaublich in eine Ecke gedrängt. Als er ihr davon erzählte, wie verdammt viel er für sie immer und immer wieder getan hatte und das sie sich doch auch nur einfach Entscheiden müsste – bis er ihr auch noch erklärte, dass es um den nächsten Tag ging. Um die kleinen Entscheidungen, gegen die Drogen und für ihn Sozusagen ein Etappensieg. Darüber verlor sie ihre aufkeimende Anspannung wieder und griff erneut Hilfesuchend seine Hand etwas fester. Fuhr mit dem Daumen mit mehr Nachdruck über seinen Handrücken, drückte ihre Wange fester an seine Schulter und spürte in sich, wie gut sie mit Matt, auch ohne Worte, kommunizieren konnte. Das hatte nicht mal etwas damit zu tun, wie gut er seine Frau kennen mochte sondern mit seiner Aufmerksamkeit. Er besaß das Feingefühl, zwischen den Zeilen zu lesen und sie hatte das Gefühl, er ergänzte sie und bildete das Gegenstück zu dem, womit sie sich so schwer tat. Damit erreichte er, dass sie nach und nach die Mauer aufgab und die Sorgen hinausströmen ließ und die Gedanken, die so sehr versuchte im Keim zu ersticken. „ Diese Nächte mit dir – da in dem Strandhaus. Das war wie im Märchen, ob mit Krone oder ohne, Prinzessin oder nicht. Wirklich alles hat sich unwirklich angefühlt, vom Tanz auf dem Ball bis hin zu der verrückten Techno Party am Strand und da fängt... die Angst an. Sich für diese Nacht zu Entscheiden, das war... keine schwere Wahl aber der Tag. Die ersten Sonnenstrahlen. Da gibt es nicht nur uns beide sondern so viel, was im Moment nicht... funktionieren will. Ich weiß nicht was ich brauche, das ist so erbärmlich aber das Crack hilft, von dem einen in den nächsten Moment zu kommen, ohne dass diese Sinnfragen mich zerstören. Alles wird verschlungen von Hochgefühlen, ich kann sie nicht mehr unterscheiden... ja, das ist leicht aber ich weiß nicht, was... sonst.“ Das war es doch, nicht nur Einsamkeit sondern auch Perspektivenlos. Maddi zog die Schultern nach oben. „ Deswegen fühlt es sich wie eine... Phase an. Ich warte auf den Tag, wo... der Moment kommt... in dem ich weiß, was ich tun soll.“ Das man den nur nicht ganz fern der Realität fand, das war so schwer. „ Nehmen wir an... ich Entscheide mich Morgen dagegen, gegen die Drogen. Weil ich ohnehin von einem in den anderen Tag leben muss, sobald ich Chas das Studio und damit ja auch meinen Schlafplatz überschrieben habe. Was kommt dann? Was... passiert dann?“ Sie konnte sich nichts vorstellen. Da war nur ein riesiges, schwarzes Loch. Sie hatte... nichts. Seid dem Unfall... hatte sie nichts. Außer diesen Großartigen Mann neben sich, der sie nicht Aufgab. „ Mein Traummann?“ Es lag so fern daran zu denken, obwohl sie sich zu ihm so sehr hingezogen fühlte. „ Er sollte...“ Und ja, sie nahm die aufrichtige Frage ernst, nahm sich etwas Zeit. „...er sollte mich nie als Selbstverständlich sehen, das ruiniert nicht nur viele Beziehungen sondern auch... die Seele, irgendwie. Weil dieser Mann wird für mich auch nie Selbstverständlich sein sondern immer etwas Besonderes. Das sollte man nicht verleugnen oder verstecken, dass sollte man sich und allen anderen Menschen zeigen. Warum? Weil er mich ansieht, als wäre ich tatsächlich die schönste Frau auf der Welt, denn für ihn wäre ich das.“ Madison konnte seinem Blick nicht standhalten, das erinnerte sie an die Blicke von Chas auf ihrem Körper, wie er ihr Leid genossen hatte, ihre Unsicherheit und genau das lag ihrer Vorstellung gerade so fern. Mehr noch, sie hasste sich gerade selbst dafür. „ Für mich wäre mein Traummann auch der, den ich immer am meisten Begehren würde – nicht nur weil er jede... Leidenschaftliche Idee mit mir teilt, sondern auch die dummen. Er müsste nicht sondern er würde sich gerne von blöden Ideen, unvernünftigen Entscheidungen und Kurzsichtigen Entschlüssen hinreißen lassen und mich Ergänzen. Wenn er Morgens aufsteht, entführt er mich dann auf ein nächstes, blödes Abenteuer und sieht mir dabei tief in meine verschlafenen Augen, um mir voller Überzeugung zu sagen, wie sehr er mich liebt. Genau so unperfekt und wenn ich ihn daraufhin anmotzte, weil ich das Geschnulze nicht hören will, weil ich nur einen schlechten Tag habe. Er weiß es besser. Er weiß, wie er mir damit das Herz erwärmt und ich den ganzen, langen und nervigen Tag an genau diese Szene denken werde. Weil er, das was er mir sagt, nicht aus dem Kopf geht – weil er da immer Präsent ist. Daran erkenne ich dann auch, dass es mein Traummann ist, denn er ist immer bei mir und das, weil ich das so will. Weil es nicht anstrengend ist, ihn ständig in Gedanken und Herzen bei mir zu haben, das... kommt von alleine.“ Keine Ahnung, was er hatte hören wollen aber sie war schon fast verlegen. „ Klingt... schon ziemlich Detailliert, hm? Wie... ist das bei dir? Was hat dich denn so verdammt sicher gemacht, dass du... mich heiraten wolltest?“ Ohne es zu Wollen, musste sie auflachen. " Also ich habe aufgeschnappt, du warst einfach betrunken..." Sehr überzeugend. Was sie nicht daran hinderte, sich enger in seine Arme zu kuscheln, weiter zu gehen und sogar ihre Arme um seine angewinkelten Knie zu schließen. Selten war Madison schmusig aber sie konnte.
04.03.2016 00:14
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Matthew Dawson
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Beitrag #27
RE: TATTOO STUDIO
Liebevoll zog ich meine Hand von Madisons Oberarm auf ihre Schulter und dann langsam wieder zurück, ganz unschuldig saßen wir hier und berührten uns, den Blick dabei immer wieder auf den gemalten Horizont vor uns gerichtet. "Aber- warum muss denn alles sofort funktionieren, Madison? Warum muss alles einen Sinn ergeben? Ich kann mir wahrscheinlich nicht vorstellen wie es sich anfühlt knapp zehn Jahre des eigenen Lebens zu vergessen und- natürlich ist man dann irgendwie verloren, denke ich, aber- kann das nicht auch irgendwie- schön sein?" Ich wusste nicht, ob ich mich damit viel zu weit vorwagte oder ihre Existenzsuche degradierte, deshalb sah ich auch unsicher in die schönen Augen meiner Frau. "Du kannst sein, wer du sein willst. Du kannst tun, was du tun möchtest. Wir haben uns- scheiden lassen, du bist nicht mehr an mich gebunden. Wenn du morgen wirklich das Studio an Chas überschreibst, dann bist du auch nicht mehr daran gebunden. Dieses große Nichts, vor dem du stehst, das ist bestimmt beängstigend, aber- ist das nicht auch irgendwie schön? Befreiend? Und viel zu aufregend, um das alles in einem Rausch verschwinden zu lassen?" Weil ich irgendwie den Druck von Madisons Schultern nehmen musste, griff ich mit meiner anderen Hand wieder nach ihrer und wartete, bis sie mich ebenfalls ansah. "Du bist mir gegenüber zu nichts verpflichtet. Und Jamie gegenüber auch nicht. Du musst nicht die Frau sein, die ich kennen gelernt hab, darum geht es mir gerade überhaupt nicht. Es geht mir nicht um unsere Beziehung oder unsere Ehe und wenn du das Gefühl hast, dass ich dich zu sehr in eine Ecke drängen will oder dass ich möchte, dass einfach alles so ist wie früher, dann liegst du falsch. Ich will dir keinen Druck machen, ich will nur- dass du glücklich bist. Ich will, dass du deinen Weg findest und dass du die Dinge tust, die du liebst, und dass du dich in deiner Haut und in einem Leben wohl fühlst. Wenn ich dich auf diesem Weg begleiten kann, dann tu ich das, liebend gerne. Wenn nicht, dann ist das auch okay. Aber die Drogen, die sind nicht richtig. Die machen dich kaputt. Das ist nicht nur eine Phase, die irgendwann vorüber geht, das ist eine Phase, in der du hängen bleibst, bis du wirklich- alles verloren hast. Deine Stärke, deine Selbstachtung, deinen Charakter. Du wirst das alles verlieren, wenn du so weiter machst." Tief sog ich die Luft in meine Lungen, ließ sie langsam zwischen den Lippen wieder entweichen. "Was möchtest du tun, wenn du Chas morgen das Studio überschrieben hast? Was fühlt sich für dich richtig an? Das hier?" Nickend deutete ich auf das Graffiti. "Wenn ja, dann würde ich sagen: Nimm dir all deine Cans, such dir einen Ort und male einfach, so lange du kannst. Oder- vielleicht musst du tun, was dir schonmal geholfen hat: Pack dir einen Rucksack, fahr mitten in die Wälder und dann lauf einfach los. Durch die Natur. Bis dein Kopf wieder klar ist. Tu Dinge, die deinem Körper und deinem Herz gut tun, Madison." Mir war klar wie sehr ich darunter leiden würde, wenn sie jetzt tatsächlich verschwand, ohne sich bei mir zu melden, aber darum ging es nicht und das zeigte ich ihr nochmal, indem ich sanft ihre Schultern mit meinem Arm drückte. Das Wichtigste war erstmal, dass sie sich selber fand, und wir beide- das stellten wir hinten an. Als Madison mir ihren Traummann beschrieb, hatte ich sowieso keinen Zweifel mehr daran, dass wir doch wieder zueinander finden würden. Irgendwann. Vielleicht nicht heute, nicht morgen, vielleicht auch erst in zehn oder zwanzig Jahren, aber wir waren füreinander gemacht. Und im hohen Alter würden wir faltig und klapprig im Schaukelstuhl sitzen und unsere Hände so halten wie wir es jetzt gerade taten, da war ich mir ganz sicher. "Du bist schon ein bisschen wählerisch, hm?", fragte ich dennoch ironisch, amüsiert und beugte mich zu ihr hinüber, um mit meinen Lippen sanft ihre Schläfe zu küssen. Wenn Madison doch nur wüsste, dass sie damit genau unsere Beziehung beschrieb. "Meine Traumfrau wäre blond, hätte blaue Augen, sie wäre kleiner als ich, tätowiert, wahnsinnig sexy und ich steh total auf Frauen, die ihr Gedächtnis verloren haben." Ich lachte über meinen dummen Witz selber einmal leise auf. "Nein, ich weiß, wer meine Traumfrau ist. Das wäre witzlos, wenn ich sie dir jetzt beschreibe. Und ich sag dir auch nicht, weshalb ich mich so in dich verliebt habe oder- in die Madison von damals, weil dich das nur wieder unter Druck setzt. Weil du dann nur wieder denkst du müsstest genauso sein. Machen wir es so: Wenn ich nach Hause komme, dann schreibe ich all die Dinge auf einen Zettel, die ich an meiner Frau geliebt hab. Die mich dazu gebracht haben sie heiraten zu wollen, abgesehen vom Alkohol, obwohl der eine wirklich wichtige Rolle dabei gespielt hat. Und wenn du irgendwann das Gefühl hast, dass du dich in deinem eigenen Körper wieder wohl fühlst, dass du glücklich bist und weißt, wo du hingehörst, dann zeig ich dir das alles. Und dann werden wir beide sehen, ob du immer dieselbe Person warst und ob du- dich eigentlich nie wirklich verloren hast, sondern nur dachtest du hättest dich verloren. Okay?"


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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04.03.2016 12:59
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Madison Lane
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Beitrag #28
RE: TATTOO STUDIO
Madison verstand schon, was Matt ihr nahe legen wollte und das er alles daran setzte, sie nicht unter Druck zu setzen. Sie sollte ihr Leben wieder in die Hand nehmen und es nicht in die Hände von Crack abgeben. Egal, was sie dafür tun musste, dass musste aufhören. Diesmal bestritt sie das nicht, sie wehrte sich nicht dagegen aber aus dem Grund wurde sie auch verdammt Schweigsam. Das war keine leichte Einsicht, anzuerkennen, Abhängig von Drogen zu sein. Lieber wollte sie wirklich die Kraft nutzten, die er und seine Nähe ihr gaben und den Aufwind, den er ihr bescherte, indem er probierte, ihr Perspektiven zu zeigen. „ Ich... weiß nicht was jetzt hilft aber ich... werde wenigstens Anfangen, danach zu suchen.“ Versprach sie – ob nun ihm oder sich selbst, dass war wohl egal, denn er hatte ihr gesagt, wenn es ihr schlecht ging, zerrte es auch an ihm. Auf der anderen Seite... stand da noch immer so viel zwischen den beiden und... eventuell hatte sie darauf gehofft, er würde ihr wenigstens anbieten, wieder zu Jamie und ihm zu kommen. Das tat er aber nicht und deshalb fragte sich Madison, was er überhaupt wollte. Wollte er sie zurück? Sie wagte es nicht zu fragen, nicht mal nach den Worten über seine Traumfrau, weil sie Angst hatte. Vor der Antwort und wie hart sie das mitnehmen würde. Lieber Lächelte sie daraufhin und zog die Schultern an. „ Du willst nur einen Grund, warum ich noch mal vorbei komme, wenn ich Morgen alle meine Verpflichtungen los geworden bin.“ Auch das wog schwer in ihrem Herzen. Den richtigen Weg würde man von jetzt auf gleich nicht finden und die Bilder von Chas und ihr, die waren noch nicht verschwunden. Auch nicht, wie sie sich gefühlt hatte, als sie sich so langsam vor ihm ausgezogen hatte - und das auch noch so von seinen Blicken bloßgestellt. Es sorgte dafür, dass sie sich innerlich schüttelte, nur noch mehr an Matt lehnte um mit Tränen die Last kleiner werden zu lassen.
Diese Nacht verlief fast genau so weiter – mal holte sie das Geschehene ein und sie wurde unfassbar Traurig. Dann begannen die beiden wieder zu Reden, zu Blödeln um dann doch wieder Still auf das Bild zu schauen. Irgendwann kam diese Aufbruchsstimmung über beide, auch wenn Madison es immer wieder ein wenig hinauszögerte. Vor ihrem inneren Auge hatte sich ein Plan manifestiert, deshalb musste sie irgendwann entscheidend fragen. „ Ich habe eine Idee – du musst nicht mit kommen, wenn du nicht möchtest und ich frage dich auch um Erlaubnis, weil ich niemanden in Gefahr bringen will. Chas hat... das nicht verdient, das alles so läuft, wie er sich vorstellt. Er will den Laden nur als Deckmantel vor der Polizei, zur Geldwäsche... wenn wir oder ich den Laden aber gleich auseinander nehmen... und ich das als noch Besitzerin den Bullen melde, dann kann er das knicken. Mehr noch, es kostet ihn auch noch Zeit und Arbeit. Ein paar Sachen nehme ich mit, als Startgeld für... was auch immer und seinen... Einsatz lasse ich hier.“ Madison hatte entschieden, das Crack konnte sie nicht konsumieren. In der Nüchternheit hatte sie ihren Stolz wieder gefunden und Prinzipien. Damit sagte sie nicht, sie würde sich nicht irgendwo neues kaufen, von jemand anderem oder was sie vorhatte – obwohl sie es schon wusste – aber so wollte sie es nicht. Abwartend sah sie Matt an, was er davon hielt. „ Es ist auch okay, wenn du mir sagst, dass es eine doofe Idee ist. Heute... Nacht würde ich mich lieber auf dein Urteil verlassen.“ Außerdem könnte er besser Einschätzen, wie gefährlich ihr Vorhaben war.
06.03.2016 23:14
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Matthew Dawson
WHERE IS MY MIND?


Beiträge: 229
Registriert seit: Jun 2015
Beitrag #29
RE: TATTOO STUDIO
Ich erwischte mich selber in der Nacht mehrmals dabei wie ich abwesend auf das Bild vor uns starrte, mit Madison in meinem Arm, und einfach nicht zulassen wollte, dass sie ging. Dass das hier dieser Abschied war, den wir auf Jamies Ball so glorifiziert hatten. Sie musste einen Entzug machen, sie musste von den Drogen loskommen und ich wollte ihr ja auch dabei helfen, aber wo waren die Grenzen? An diesem Abend erwähnte ich nicht nur einmal einen klinischen Entzug und ich versuchte auch ihr den Druck von den Schultern zu nehmen, der sie überhaupt erst so anfällig für das Crack machte, aber jedes Mal antwortete sie nur sehr vage. Madison fühlte sich verloren und sie wusste nicht, was richtig war, aber sie war auch noch nicht dazu bereit sich ihr Problem einzugestehen und dagegen anzukämpfen, weil sie nicht wusste wofür sie überhaupt kämpfen sollte. Wer war sie denn? Wer wollte sie sein? Das war anstrengend und schwierig und gewissermaßen konnte ich ihren Konflikt ja auch verstehen, aber wo war da meine Rolle? Wie sollte ich ihr helfen? Ich konnte ihr beistehen, für sie da sein, aber ich konnte doch auch nicht schweigend mitansehen wie sie täglich konsumierte? Wie sie in der Umgebung von Jamie ihr Crack rauchte? Wie sie mir versprach selbstständig ihren Konsum einzuschränken, aber sich dann doch nicht daran hielt, weil sie nunmal- abhängig war? Sie brauchte doch diesen Entzug, verdammt. Sie brauchte professionelle Ärzte, die ihr halfen und Alternativen aufzeigten, so wie damals. Immer wenn ich kurz davor war einzuknicken, ihr zu sagen wie sehr ich sie liebte, sie zu küssen oder einfach zu bitten bei mir zu bleiben, erinnerte ich mich genau daran und tat es dann doch nicht. Ich konnte für sie da sein und sie bei jedem Schritt unterstützen, egal was kam, aber die Grundlage dafür war, dass sie sich selber gegen ihre Sucht entscheiden musste. Und das tat sie gerade nicht.
Noch mehrmals hatte Madison in dieser Nacht an meiner Schulter geweint, wir hatten ganz offen und ehrlich miteinander geredet oder auch - wie wir nunmal waren - dumme Scherze gerissen. In den unpassendsten Momenten. Ich wollte nicht, dass das vorbei war, liebend gerne wäre ich einfach hier mit ihr sitzen geblieben, tagelang, aber weil Madison sich irgendwann neben mir erhob, blieb mir nichts anderes übrig, als ebenfalls aufzustehen und immer wieder unsicher zwischen ihr und dem Bild hin und her zu blicken. Bis sie mir mit einer völlig absurden Idee erklärte, dass der Abend noch nicht vorbei sein musste. Chas? Sie wollte sich wirklich mit Chas anlegen, indem sie das Studio zerstörte? Die Idee war so waghalsig wie brilliant, denn natürlich würde es ihn von dem Ort fern halten, aber andererseits- wozu war er wohl noch fähig? Brachten wir damit wirklich jemanden in Gefahr? Zögernd rieb ich mir über den Nacken, wechselte noch einmal mit dem Blick zwischen Madisons Gesicht und dem Bild von uns beiden. "Er hätte das verdient, ohne Frage. Ich weiß nur nicht-" Kopfschüttelnd hielt ich inne, verschränkte meine Arme vor der Brust und sah der schönen Frau vor mir direkt in die Augen. Sie brauchte das doch, verdammt. Durch diese Aktion könnte sie sich bei ihm rächen und gleichzeitig ihren Stolz zurück gewinnen. Das würde sich positiv auf ihre Psyche auswirken, außerdem würde Madison ihre momentane Crack-Quelle verlieren und vielleicht- vielleicht war das der erste Schritt. Vielleicht merkte sie dadurch wie stark sie eigentlich wirklich war und dass da noch immer eine Person mit Prinzipien in ihr lebte, für die es sich lohnte zu kämpfen. Wir mussten das tun. "Okay. So wie es sich angehört hat ging es Chas nie um das Studio an sich, sondern eher um Summer. Das wird ihn trotzdem ärgern, ohne Frage, aber- vielleicht nicht genug, um sich dafür bei uns oder sonst irgendwem rächen zu wollen. Hat er irgendwelche Unterlagen im Studio? Irgendwelche Beweise gegen ihn? Dann sollten wir die erst vernichten, damit die nicht aus Versehen einem richtigen Cop in die Hände fallen und wir mehr damit in Bewegung setzen, als wir eigentlich wollten. Falls wir irgendwie dazu beitragen, dass die Beweise gegen seine Drogengeschäfte in der Hand haben, dann sind wir tot. Auf der Ebene will ich mich nicht mit ihm anlegen. Aber wenn wir einfach den Laden verwüsten, so tun als wären wir ganz normale Einbrecher und morgen die Polizei rufen, dann- sollte das eigentlich funktionieren." Fragend sah ich Madison in die Augen, weil ich nicht genau wusste, ob das so ihre Vorstellungen traf. "Schade nur, dass wir sein Gesicht nicht sehen können, wenn er rafft, was damit jetzt für Arbeit auf ihn zukommt. Und dass ihm euer- Deal absolut gar nichts gebracht hat."


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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07.03.2016 14:11
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Madison Lane
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Beitrag #30
RE: TATTOO STUDIO
Als die beiden sich Gegenüberstanden, stand sie zwar ruhig da aber in ihr war ein Sturm am toben. Eventuell sah er es in ihren Augen, bestimmt – denn er kannte seine Frau. Matt konnte sehen, wie sich endlich wieder etwas in ihr regte und wie sich endlich wieder Emotionen stellte. Da war nicht dieser Blick aus einer anderen Welt in die Realität und diesmal war da nicht mal Alkohol im Spiel gewesen – ein Bier zählte bei den beiden wohl kaum. Da war mit einem Mal etwas von der Madison, die sie ganz vor der Vergewaltigung von Chris war. Das sie sich an Chas auch noch Rächen wollte, nach allem, was heute passiert war und nachdem sie wusste, was er in ihrem Leben angerichtet hatte, schon damals – verdammt, das hatte so viel von der Madison die damals waghalsig sein Graffiti übermalt hatte und trotz des gebrochenen Armes noch immer ihm die Stirn geboten hatte. „ Okay, wir werden ihn nicht auffliegen lassen, wegen der Drogen aber wir werden ihm nicht diesen Siegeszug gönnen – er hat in dem Studio auch nichts, wegen der anderen Angestellten und er ist zu Misstrauisch.“ Immerhin arbeitete er auch mit einem Junkie wie mir zusammen, Fügte sie in Gedanken hinzu. „ Das Crack, was er mir gegeben hat... das werde ich ihm irgendwie anders zukommen lassen.“ Sie ließ offen, wie, aber nach ihren Worten konnte er sich Sicher sein, Maddi würde sich oder alle anderen nicht in unnötige Gefahr bringen. Sie würde es einfach an ihn Adressiert in den Briefkasten von Brookes alter Kneipe stecken, das schien ihr am Sinnvollsten – niemand würde seine Post öffnen. Er würde dann aber genau Wissen, wer für die Randale verantwortlich war. Das war perfekt.
Im Studio angekommen, packte sie ihre Sachen zusammen und stellte sie vor die Tür. Da war nicht viel und bei ein paar Dingen fragte sie Matt, ob er darauf acht geben konnte, wenn sie nicht da war. Ihre liebsten Zeichnungen oder die Fotos von damals. Er könnte es weg stellen, wo es ihn nicht erinnerte aber es zeugte von großem Vertrauen. Das waren Zeichnungen, die sie ihr Leben nie aus der Hand gegeben hatte und nicht nur, dass er das wusste – er wusste so auch, sie würde diese Dinge abholen kommen. Noch immer ließ sie offen, was sie vorhatte, nachdem das hier überstanden war. Unter der Theke lag ein Baseballschläger, den hatte sie immer dort, wegen ungebetenem Besuch. Matt hatte seine Frau damals ausgelacht und ja, auch jetzt sah er belustigt, wie sie ihn über die Schulter lehnte. Die Straße war Nachts kaum belebt, wegen der Malaktion war sie jedoch ohnehin passend dafür gekleidet. Matt schien das hier eher in ihre Hände zu legen, er kannte Maddis Zerstörungswut und hatte eventuell Angst, etwas abzubekommen oder aber er ahnte, wie wichtig und befreiend sich das in ihr anfühlte. Natürlich verriegelte sie danach die Türen, sie war ja nicht dumm und dann ging der Höllen Lärm auch schon los. Das Glas zersprang, sie huschte hinein. Die Kapuze über den Kopf und den Schal vor dem Mund und man gewann einen Eindruck, wie sie sich damals auf Demos oder Aktionen verhalten hatte. Wie viel Aggression in ihr Stecken konnte. Da war es harmlos, wie sie damals ein paar Stühle umgeschmissen hatte oder Matt vor die Tür verbannt hatte. Die Theke, die Spiegel, die Tische, die Auslage – alles lag in Trümmern. Die teuersten Maschinen waren verschwunden, die besten Stifte. Die Dinge, die sie mit Liebe zum Detail damals für den Laden angeschafft hatte, ohne auf das Geld zu achten. Sie wusste das nicht mal aber das ahnte sie als Person, die noch immer hervorragend in ihrem Job war.
Mit einem vollen Rucksack kam sie zu Matt zurück, fragte ihn, ob sie sich bei ihm Duschen könnte – die Kleider tauschen – damit Chas nicht sie als Verdächtige benennen konnte und man womöglich Glassplitter fand oder ähnliches. Er würde Sicher eher davon ausgehen, nicht bei Matt daheim zu Suchen, nicht nach dem, was er sich hatte ansehen müssen und nachdem sie ihm trotzdem das Studio überließ, um die Stadt zu verlassen. Die Tarnung war perfekt. Ihre Fingerabdrücke? Das wäre ein Scherz, denn sie arbeitete hier immerhin.
Als sie dann mit den nötigsten Dingen zusammen gepackt die Treppe herunter kam, saß Matt wartend in der Küche. Er schien erschöpft und zugleich unfassbar unruhig – was sie ihm nun nehmen würde. Madison ging auf ihn zu, setzte sich neben ihn und griff nach seinem Unterarm. Fuhr behutsam darüber und neigte sogar den Kopf, dass ihr die nassen Haare ins Gesicht rutschten, um ihm einen Kuss auf die freie Hautstelle zu drücken. „ Ich komme wieder – das weißt du. Nicht nur wegen der Sachen, nicht nur wegen der Traumfrau-Geschichte... sondern auch weil Jamie und du, ihr seid mir wichtig. Ich renne auch nicht davon aber ich habe etwas... wichtiges zu erledigen, hm?“ Madison probierte ihn anzulächeln, wenn das nicht so schwer wiegen würde. Wie gerne sie einfach hier geblieben wäre aber das ging nicht. Das ging auch wegen Jamie nicht. Den ersten Schritt, den musste sie alleine gehen aber danach – danach würde sie ihn nicht hier zurück lassen. Sie nahm es sich fest vor und sie war... tatsächlich voller Mut. „ Danke, danke für wirklich alles – ich war so... grauenvoll zu dir, seid dem ich aufgewacht bin, nach dem Unfall und du... hast nicht aufgegeben und auch wenn ich das heute verdient hätte, dass du nur noch Verachtung für mich übrig hast, hast du anders gehandelt und warst für mich da.“ Sie legte den Zeigefinger auf seine Lippen, damit er gar nichts dazu sagen konnte, denn er holte schon Luft. „ Alles... was noch so hier drin ist.. oder hier.“ Nacheinander tippte sie auf Herz und Kopf. „...sage ich dir, wenn ich wieder her komme, hm? Das ist nur fair.“ Sie hoffte so sehr nicht zu Scheitern in diesem Moment. Dann beugte sie sich zu ihm und gab ihm einen Kuss. Nicht einen dieser Flüchtigen sondern einen Sehnsüchtigen – diese Körperstelle hatte Chas nicht berührt und er hatte sich ein Eigentor damit geschossen. Denn das war – so wie damals – nur für die Menschen bestimmt, die ihr am Herzen lagen. Nur für Matt.
Danach machte sie sich zügig aus dem Staub. Erst vor dem Laden rief sie aufgelöst die Polizei. Ihre Sachen in einem Schließfach am Bahnhof, dass keiner mitbekam, dass sie dabei war, abzuhauen. Die Polizisten hatten Mitleid mit ihr – sie war aber auch eine gute Schauspielerin, das war schon mal gut. Weinend lag sie dem einen an der Schulter, verwirrt suchte sie nach Dingen, die fehlten – obwohl sie es genau Wusste. Die Mitarbeiter wurden heim geschickt und dann kam irgendwann der Kerl von Chas geschickt. Der schien genauso nicht zu ahnen, dass sie das alles selber Schuld war und Chas war sich zu fein, selbst seinen Hintern zu bewegen. Gut so. Mit ihrer Unterschrift war dann nämlich alles besiegelt und der Berg an Scherben sein Problem. Madison hatte im Bus die Zeit sich nach Kliniken umzuschauen. Das Diebesgut würde sie verkaufen, wenn sie wieder da war – ihr Plan war es, mit Matt in die Welt zu ziehen und es bei verschiedensten Künstlern aus ihrem Freundeskreis los zu werden. Wenn er denn dazu bereit war. In der Nähe der Kneipe stieg sie aus, warf das Crack in den Briefkasten und dann begann sie erst, das Crack wirklich los zu lassen. Mit Hilfe von Ärzten und Fachpersonal. Was für ein ekliger Begriff. In dem Entzug begann sie aber auch wieder Ideen zu bekommen, Pläne zu schmieden. Sie begann eine Route zu planen, wenn sie hier raus war und ja verdammt, Matt hatte Recht – sie würde jetzt los legen. Bis zu dem Moment, als einer der Mitbewohner das Crack in ihre direkte Reichweite brachte. Bis sie nicht widerstehen konnte und so radikal sie in die eine Richtung dachte, dachte sie auch in die andere. Ein einziger Rückfall ließ sie alle Hoffnungen fallen lassen, ließ sie sich selbst so hart ins Gericht nehmen. Nachdem sie sich gestellt hatte, flog sie mit dem anderen Typ aus der Klinik – der ihr das verdammt Übel nahm. Er durfte nicht noch mehr damit in Kontakt bringen, selber Schuld und sie gab nichts auf seine Verfluchungen. Es gab nun nur noch einen Menschen, dem sie erklären musste, sie sei gescheitert und das war Matt. Danach wartete... das Nichts erneut auf sie, sie sofort wieder zu verschlingen. Das war wohl die längste und härteste Busfahrt. Madison hatte ja auch keinen blassen Schimmer, was sie gleich, in ihrem alten Zuhause, erwartete.
07.03.2016 21:09
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