RE: LAHJA # MATT
Eigentlich hätte mir schon in dem Moment, in dem Kilian mir das erste Mal über den Weg lief, klar sein müssen, dass heute noch verdammt viel Ärger auf mich warten würde. Wenn es meinem besten Freund nicht gut ging, dann war das immer ein schlechtes Omen, das hatte sich schon seit meiner Jugend so in mir eingebrannt. Damals bedeutete das, dass er im Laufe des Abends noch mindestens eine Prügelei anzetteln würde und ich am nächsten Morgen mit Schmerzen im ganzen Körper aufwachen musste. Was das heutzutage hieß, konnte ich nicht genau sagen, aber als er mir von April erzählte und von dem Gespräch der beiden, legte sich die Gewissheit in mir nieder, dass ich mich besser auf einen großen Knall einstellen sollte. Das war einfach so. Das musste so sein. Kilian selber wäre vermutlich am naheliegendsten, aber stattdessen war es eine andere Stimme, die nach den offiziellen Feierlichkeiten meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Lahja. Ganz falsch mit meiner Vermutung lag ich also nicht, es blieb ja in einer Familie. Eigentlich hatte ich mir vor der Hochzeit schon vorgenommen, dass ich heute vor allem Madison meine Aufmerksamkeit schenken würde, schließlich war das unser Abend und wir beide wussten, dass ich normalerweise auf einer Party ständig durch die Gäste stromerte und viel zu wenig Zeit mit den Leuten verbrachte, die es eigentlich verdient hatten. Heute sollte das anders werden, deshalb hielt ich mich auch bewusst im Hintergrund, während Zac und Lahja einander laut anschrien. Obwohl einiges davon mich so hart traf, dass ich Madison mehrmals einen kritischen Blick zuwarf. Sex? Zwischen den beiden? Eine Dreier-Beziehung mit Noah? Und dann auch noch ein versuchter Selbstmordversuch? Okay. Wow. Die Situation entspannte sich zwar schnell wieder, weil Zac seine Begleitung einfach stehen ließ, sich von uns verabschiedete und danach verschwand, aber trotzdem- das musste doch genug Drama für den ganzen Abend gewesen sein. Und das musste erstmal verarbeitet werden.
Falsch gedacht allerdings. Es verging gar nicht so viel Zeit, bevor Lahja erneut die Aufmerksamkeit auf sich zog. Meine zumindest. Ich kannte diesen typischen Blick in ihrem Gesicht, mit dem sie auf Jamie zuging, bereit einen erneuten Konflikt herauf zu beschwören, und eigentlich wollte ich einschreiten, bevor es so weit kommen konnte, aber zu spät. Als ich hinter Lahja stehen blieb, hörte ich jedes verdammte Wort, mit dem sie versuchte Jamie irgendwie zu verletzen, warum auch immer. Natürlich warf auch ich Gus einen kritischen Blick zu, denn auch ich hörte das gerade ganz offensichtlich zum ersten Mal, aber als Jamie zwischen den Menschen verschwand und er Lahja gefährlich nah kam, stellte ich mich dazwischen. Wenn ich wenigstens eins verhindern wollte, dann eine gewaltsame Auseinandersetzung. Und ich wusste wie leicht man meine Quasi-Nichte dazu provozieren konnte. "Ich mach das hier schon, kümmer du dich lieber um Jamie", sprach ich ihm zu. So gern ich mich wirklich an diesem Abend aus allem herausgehalten hätte, das mich eigentlich nichts anging - scheiße, das war doch auch nicht ich selber. Ich konnte gar nicht anders, als mich Lahja in den Weg zu stellen und sie mit hoch gezogenen Augenbrauen mit meinem Blick zu fixieren. Dieser Streit ging zwar nicht um mich, aber natürlich ging mich das etwas an, verdammt. Das war ebenso meine Familie, wie Madison. "Könnte ich mal bitte mit dir reden, Lahja?" Ohne Widerworte zuzulassen deutete ich in Richtung des Meeres und ging mit ihr gemeinsam ein Stück darauf zu. Bis wir weit genug von der feiernden Meute entfernt waren, dass man in angenehmer Lautstärke miteinander reden konnte. "Willst du mir irgendetwas sagen? Willst du mir das vielleicht erklären? Oder soll ich anfangen?"
MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK
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