RE: MALIBU
Der Raum, der Summer durch den langen Tisch vor ihrem Gesicht verborgen blieb, zeigte eine Spur der Verwüstung. Zwei Männer lagen regungslos auf dem Boden, unter ihnen breitete sich langsam eine Blutlache aus, tränkte ihre Kleidung in dicke, rote Körperflüssigkeit. Einige andere waren verletzt, eine Frau schrie wie am Spieß und konnte einfach nicht damit aufhören. Viele waren durch die große Terrassentür nach draußen geflohen oder hatten sich in anderen Zimmern in Sicherheit gebracht, dabei wurden Stühle und Tische umgerissen, Gläser und Teller fallen gelassen, die jetzt alle auf dem Boden lagen. Ich hatte keine Ahnung woher Summer kam und wie sich ein Anblick wie dieser auf sie auswirken würde, deswegen war ich instinktiv allem voran darauf bedacht, dass sie ruhig blieb und nicht hektisch aufstand, doch die ersten Sekunden vergingen sowieso wie in Trance. Ein monotones Piepsen saß mir dank der lauten Schüsse noch in den Ohren und der Schmerz, der von meinem Arm ausging, schien meinen ganzen Körper nach und nach zu betäuben. Unter anderem richtete ich auch deswegen meinen Blick so fest in die geschockten Augen von Summer und konzentrierte mich auf ihre Emotionen - weil ich darauf hoffte, dass der Schmerz nachließ, wenn ich ihm einfach keine Beachtung schenkte. Doch so einfach war das nicht und im selben Moment, in dem Summer auf die Stelle an meinem Oberarm starrte, aus der rotes Blut sickerte, zog sich auch ein erneutes, so schmerzhaftes Ziehen durch mich hindurch, dass ich für einige Sekunden meine Augenlider und Zähne aufeinander presste. Um die Blutung zu stoppen hielt ich die ganze Zeit meine Hand auf die Wunde gepresst, doch als ich es schaffte die Augen wieder zu öffnen und sah wie Summer zitternd auf ihrem Handy tippte, löste ich meine Finger, holte aus und schlug ihr das Telefon einfach aus der Hand. "Keine Polizei! Und keinen Krankenwagen!", stieß ich in hartem Tonfall aus, lieferte ihr dazu aber keine weitere Erklärung. Doch auch wenn ich dadurch die erste Gefahr eliminiert hatte, war mir vollkommen bewusst, dass eine Schießerei wie diese nicht unbemerkt bleiben würde. Hier waren zu viele Personen von Außerhalb, die nichts mit den illegalen Drogengeschäften zutun hatten: Escorts, Kellner, Köche. Wenn nicht irgendjemand von ihnen den Notruf wählte, dann mit Sicherheit die Nachbarn. Und wenn es eines gab, das gerade ich nicht riskieren konnte, dann dass ich hier einem Cop in die Arme lief. Mit schmerzverzerrtem Gesicht drückte ich meine Flache Hand wieder auf die blutende Wunde, sah dabei hilfesuchend um mich, aber blieb letztendlich wieder an den Augen von Summer hängen. "Kannst du fahren? Du musst mich hier weg bringen, okay? So schnell wie möglich. Mein Auto steht draußen." Keuchend stand ich vom Boden auf, der langsam nachlassende Schock und der Blutverlust sorgten dafür, dass meine Knie sich ganz weich und schwach anfühlten und ich mich mit der Hüfte für ein paar Sekunden an den Tisch lehnte, um das Gleichgewicht zu behalten. Noch immer sah ich Summer dabei durchgehend in die Augen. "Hast du schon einmal tote Menschen gesehen? Wenn nicht, dann guck mich an, während du aufstehst. Sieh nur mir in die Augen."
CHARLES LUCAS THOMPSON # 34 YEARS OLD # CRIMINAL
![[Bild: chas01.png]](https://i.postimg.cc/9Q6PrBYh/chas01.png)
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