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SAN FRANCISCO KRANKENHAUS
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Gus Evans
REVOLT, REBEL, RESIST!
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Registriert seit: Jun 2015
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RE: KRANKENHAUS
Ich lächelte schwach, während ich von der Seite beobachtete wie Jamie sich immer näher an den Rand des Gebäudes hervor tastete und es letztendlich zumindest schaffte ein Bein hinüber hängen zu lassen. "Bei ihr war ich auch auf einmal weg, ja. Das war aber auch zu der Zeit, als ich so langsam verstanden hab, wie ich eigentlich funktioniere und dass mir Beziehungen leichter fallen, solange man nützlich füreinander ist. Wir haben uns damals zusammen sehr engagiert und für Tierrechte eingesetzt, aber irgendwie- mit der Zeit hat das bei ihr nachgelassen. Ich weiß nicht warum, aber sie kam aus dieser rebellischen Phase raus, wollte ihren Schulabschluss nachholen, danach vielleicht studieren und etwas Sinnvolles mit ihrem Leben anfangen. Da gabs für mich keinen Grund mehr bei ihr zu bleiben, also bin ich gegangen. Früh am morgen, ohne etwas zu sagen." Weil es damals schon genauso feige gewesen war wie jetzt bei Jamie, lehnte ich mich ebenfalls ein Stück nach vorne und sah an meinen Füßen vorbei auf den dunklen Boden, der dort unten in weiter Entfernung erkennbar war, damit ich ihr nicht in die Augen blicken musste. "Aber ich glaube sie hat damit gerechnet, das kam ja nicht von heute auf morgen, das war ja schon irgendwie- ein etwas längerer Prozess. Wie wir uns auseinander gelebt haben." Genau in dieser Position verharrte ich auch, während Jamie mir von ihren Erlebnissen mit Danny berichtete, denn aus irgendeinem absurden Grund wollte ich sie auch dabei nicht ansehen. Was diesmal allerdings nicht an ihr lag - um mich ihren zweifelnden Augen nicht aussetzen zu müssen -, sondern eher an mir selber. Denn es war so, als machte sich auch darüber ein ganz neuartiges Gefühl in mir breit. Ein unangenehmer Druck in meiner Brust und ein nervöses Kribbeln in meinem Bauch. Eifersucht nannte man es vermutlich. Bis zu ihrem letzten Satz starrte ich einfach schweigend herab, erst danach hob ich wieder den Blick und sah Jamie von der Seite in ihr Gesicht. "Aber- du mochtest ihn nicht so, dass du dir- mehr hättest vorstellen können? Oder glaubst du das wäre passiert? Mit der Zeit? Wenn das alles hier nicht geschehen wäre?" Innerlich fragte ich mich für einen Moment, wie viel einfacher unser aller Leben in diesem Moment eventuell wäre, wenn ich vor zwei Wochen zugelassen hätte, dass die beiden sich im Treppenhaus näher kamen. Wenn ich nicht dazwischen gefunkt und mit meiner Zuneigung und dann dem plötzlichen Verschwinden all diese Gefühle in Jamie noch intensiviert hätte. Aber ich war grundsätzlich niemand, der auf Vergangenes zurücksah und seine Taten bereute, denn es änderte ja nichts. Man konnte die Zeit nicht zurück drehen. "Wenigstens ist Danny glücklich aus dem Leben gegangen. Wenn er dich mochte und du ihm gegeben hast, was er wollte. Dann musste es ihm doch gut gegangen sein." Das mochte sich vielleicht makaber anhören, aber auch das gehörte einfach zu mir. Der Tod war für mich nichts Negatives oder nichts, das man bedauern musste. Eigentlich. Bis die Angst um Jamie eingesetzt hatte und ich zum ersten Mal spüren musste, wie es sich anfühlen konnte eine Person zu verlieren, die man schätzte.
AUGUSTUS EVANS # 25 YEARS OLD # HOMELESS
![[Bild: gus04.png]](https://i.postimg.cc/rw0CVHWj/gus04.png)
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05.08.2015 16:14 |
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RE: KRANKENHAUS - Gus Evans - 05.08.2015 16:14
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