Antwort schreiben 
JOSHUA TREE NATIONALPARK
Verfasser Nachricht
Aiden Rutherford
PLEASE DON'T GO


Beiträge: 193
Registriert seit: Jun 2015
Beitrag #17
RE: JOSHUA TREE NATIONALPARK
Aiden wusste, dass es leichter für ihn wäre sich einfach davor zu verschließen wie Haily diese fehlenden Erinnerungen an Chris aufarbeiten wollte. Es wäre leichter ihr jetzt zu sagen, dass er davon nichts wissen wollte, damit es nicht auch ihn noch zusätzlich belastete, aber gleichzeitig ging das doch genau entgegen dem, was er für sie sein wollte. Und was sie auch für ihn war. Eine Vertrauensperson. Ein Ruhepol. Der Mensch, mit dem man lieber Zeit verbrachte, als mit allen anderen. Derjenige, bei dem man einfach sein konnte. Ohne Fassade, ohne Anspannung, ohne Unsicherheit. Der, bei dem es sich anfühlte wie Zuhause anzukommen. Aiden glaubte all das in Haily und in seinen Gefühlen für sie finden zu können - auch wenn es noch ein langer Weg wäre, bis er wirklich offen und frei mit ihr über alles reden konnte, was in ihm vorging -, deshalb wollte er, dass sie das auch in ihm fand. Und ein unabweisbarer wichtiger Teil davon war auch, dass man sich mit den schwierigen Phasen des Lebens auseinandersetzte, genauso wie mit den Guten. Er wollte ihr Sicherheit und Schutz bieten, gerade dann, wenn sie es benötigte, und deshalb nickte er auch sanft, nachdem er sich ihre Frage einen Moment hatte durch den Kopf gehen lassen. "Ja. Rede mit mir darüber, wenn das langsam wieder aufkommt. Ich möchte wissen, was da in dir passiert und- vielleicht- ist es ja dann auch anders. Vielleicht kann ich dir ja dann auch dabei helfen, ohne dass es zu schlimm wird. Keine Ahnung. Rede einfach mit mir." Behutsam schloss Aiden seine Arme noch enger um ihren schmalen Körper, vergrub seinen Kopf in ihrer Halsbeuge, küsste ihre weiche Haut und atmete warm dagegen. Das Zittern, das dabei durch ihren Körper ging, das leise Kichern und die kaum sichtbare Gänsehaut verleiteten ihn dazu auch selber seine Mundwinkel zu heben, mit dem Gedanken im Hinterkopf wie unglaublich schön Haily war. Äußerlich, ja, aber innerlich noch so viel mehr. Aiden fühlte sich besser, wenn sie da war. Wenn ihr vertrauter Geruch sich um ihn legte, wenn er ihre weiche Haut streicheln konnte. Jeder Zentimeter ihres Körpers, den er mit seinen Augen betrachtete, gab etwas Neues über sie preis: Das Muttermal am Hals ebenso wie die kleine Narbe auf ihrem Oberarm. Die winzigen Falten neben ihren Lippen, wenn sie lachte, und der von zu wenig Schlaf geprägte dunkle Schatten unter ihren Augen. Wenn man jemanden so liebte wie er das mit Haily tat, dann fand man Schönheit in jedem Makel, in jeder Bewegung, in jeder Pore und vielleicht war es genau das, was sie immer wieder dazu verleitete durch die Natur zu ziehen und die Pflanzen, den Boden, die Bäume und Steine so liebevoll und zart zu berühren, als hätte sie noch nie etwas Kostbareres vor sich gehabt. Haily liebte die Welt, alles in ihr, und was Aiden zuvor noch belächelt oder mit einem genervten Augenverdrehen kommentiert hatte, konnte schöner plötzlich nicht mehr sein. In diesem Moment stand er so kurz davor auf seine Zunge zu legen, was er bisher nicht hatte aussprechen können, ihr einfach zu sagen, was sie sowieso schon wusste - dass er sie liebte - aber wagte sich dann doch nicht. Diese Worte lagen so drückend auf seiner Kehle und auf seiner Brust, er hätte so viel damit freilassen können, aber schon wieder war sein Kopf stärker und stattdessen vergrub er nur noch einmal sein Gesicht in ihrer Halsbeuge, zog seine Nase durch ihre Haare und stand dann tief seufzend auf, um Haily danach ebenfalls auf die Beine zu ziehen.
Der Weg zurück zum Bus war genauso lang wie der Weg von ihm fort, aber diesmal hatte Aiden zum Glück seine Begleitung bei sich, die er fest an der Hand hielt und die ihn immer wieder zu einem Lachen und zu ein bisschen Leichtigkeit motivierte. Er ließ sich sogar dazu hinreißen Haily ein Stück des Weges auf seinem Rücken zu tragen, weil sie immer wieder in lautes Jammern über ihre körperlichen Gebrechen verfiel, und kümmerte sich zurück im Camp - als stilles Dankeschön dafür, dass sie seine Zerstörung und sein Chaos schon längst wieder in Ordnung gebracht hatte - darum das Frühstück für sie beide vorzubereiten. Wie immer aßen sie auf dem Dach des Busses und ließen sich hinterher, wie auch schon an den Tagen zuvor, einfach treiben. Mal lag Aiden auf einem Stein und hörte stundenlang Musik, mal setzte er sich in das provisorische Wohnzimmer und las in einem seiner Bücher, so lange, bis Haily auf seinen Schoß krabbelte und ihn damit zu sehr von den geschriebenen Worten ablenkte. Die beiden fanden schnell wieder zurück in ihren Urlaubsmodus und genossen noch zwei weitere Tage in absoluter Freiheit, ehe ihnen langsam die Lebensmittel und die Ressourcen ausgingen und damit dann auch die Zivilisation nach ihnen rief. Auch wenn es ihm schwer fiel hielt Aiden selbstverständlich sein Versprechen und suchte ganz von selber noch einmal das Gespräch zu Haily, um eine vorübergehende Lösung zu finden wie er von nun an mit den Drogen umging. Er wusste, dass er dabei sowieso auf sie und auf ihre Freunde angewiesen war. Nele, die mit dem wenigen Geld ihrer Eltern bisher den Konsum für sie beide finanziert hatte, gab es jetzt nicht mehr und eigenes Geld war bei Aiden schon lange nicht mehr vorhanden. Immer mal wieder hatte er beim Feiern auch ein paar entfernte Bekannte anpumpen oder ein paar Dealern aufquatschen können ihm einen Vorschuss zu geben, aber auch dort wären seine Optionen bald erschöpft. Hailys Vorschlag, dass er die Droge als eine Art Belohnung ansehen konnte, wenn er etwas Wichtiges geschafft hatte, lehnte er zwar noch immer ab, aber er ließ sich zu dem Versprechen hinreißen, dass er für den Anfang nur noch zum Feiern etwas nehmen wollte. Nicht mehr morgens, wenn er aufstand und die Müdigkeit damit bekämpfen wollte, oder einfach nur um die schlechte Laune in sich zu vertreiben. Das würde ihm schwer fallen, das wusste er jetzt schon, aber wie schwer und was er noch in Kauf nehmen würde, um sich diesem Versprechen wieder zu entziehen, das konnte Aiden noch nicht ahnen. Er hatte das doch schon einmal geschafft. Er war doch schon einmal davon losgekommen und er wusste ja auch, dass er mit seinem ständigen Konsum unheimlich viel riskierte, aber er steckte nunmal auch schon wieder viel zu tief drin in seiner Sucht. Er hatte die Kontrolle darüber verloren und obwohl er sich zwar ein paar Wochen lang dazu hinreißen konnte an seinem Versprechen festzuhalten, baute sich dabei doch ein innerer Druck in ihm auf. Jedes Mal, wenn er morgens aufstand und verzweifelt feststelle, dass er nichts ziehen durfte, schnürte es ihm die Kehle zu. Die Belastung wurde stetig größer. Und irgendwann, in lichten Momenten konnte er das schon ahnen, würde es in ihm explodieren.
Dass er Haily daran nicht teilhaben ließ lag weniger daran, dass er ihr nicht vertraute oder dass er erwartete auf Unverständnis zu stoßen, sondern viel mehr an einer anderen Eigenschaft der Sucht: Er wollte sich selber nicht eingestehen, dass es wirklich schon so weit war. Dass seine Emotionen, seine Stimmung wirklich so abhängig schienen von diesem weißen Pulver. Er hatte es tatsächlich erneut soweit kommen lassen und obwohl er Haily zwar auch versprochen hatte heimlich nichts zu nehmen - woran er sich auch hielt - ertappte er sich doch mehrmals dabei wie er zumindest ihre Kiste öffnete, wenn sie gerade nicht da war, und das Pulver darin lange betrachtete. So als gäbe es ihm schon eine Sicherheit, dass es zumindest in greifbarer Nähe war. Dass er zumindest, im Notfall, wusste wo er etwas finden konnte. Auch das blieb jedoch vor Haily verborgen und wenn sie Aiden mal danach fragte, wie es ihm so ging mit dem eingeschränkten Konsum, dann log er sie ganz ungeniert an, sonst hätte sie vermutlich schon ahnen können, weshalb die Entscheidung, vor die Chas ihn bald stellen würde, so ausging wie sie es nunmal tat: Weil Aiden keine andere Wahl hatte.


AIDEN RUTHERFORD # 28 YEARS OLD # HARDCORE

[Bild: aiden04.png]
09.02.2017 22:39
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
Antwort schreiben 


Nachrichten in diesem Thema
RE: JOSHUA TREE NATIONALPARK - Aiden Rutherford - 09.02.2017 22:39