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KILIAN'S FLAT
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Kilian Thomas Carter
THE MISTAKES OF MY YOUTH
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RE: KILIAN # LAHJA
Nickend erhob Kilian sich wieder vom Boden, griff wie selbstverständlich nach Neles Tasche, um sie sich über die Schulter zu legen, und half dann sogar ihren müden Beinen, die in den letzten Tagen so wenig beansprucht wurden, beim Aufstehen, indem er seine Hand vorsichtig um ihren Oberarm legte und sie dadurch stützte. Ebenso wie die junge Frau neben ihm schenkte er dem meckernden Clark keinerlei Beachtung mehr, er sah sich nur noch einmal in der kleinen Wohnung um, kontrollierte dass Nele auch nichts vergessen hatte, und ging dann mit ihr gemeinsam aus der Tür hinaus. Sollte der alte Mann ruhig noch ein bisschen zetern oder über seinen Suff auf dem Küchentisch einschlafen, irgendwann würde er schon bemerken, dass sich sonst keiner mehr in seinen vier Wänden befand. Kilians eigene Probleme waren viel gewichtiger als das, denn auf dem Weg nach unten spürte er deutlich wie sich unter Neles Fragen sein gesamter Körper verspannte. Jahrelang hatte er es vermieden über Jeany zu reden, wann immer er es umgehen konnte. Er hatte sich weder Lahja mitgeteilt, noch April. Nach ihrem Tod hatte er sogar versucht sich von jeglichen Gedanken an sie abzuschotten, aber diese junge Frau neben ihm, die wühlte das alles wieder auf. Nicht erst seit gerade, sondern schon seit Tagen. Sie holte das alles wieder hoch und gewissermaßen, obwohl sie das sicherlich nicht beabsichtigte oder gar ahnte, half sie ihm damit auch Jeanys Verlust zu verarbeiten. Endlich. "Nein. Nein, ich war- nicht die ganze Zeit an ihrer Seite, das war- damals war alles sehr kompliziert", hörte er sich selber gedämpft stottern, während Kilian langsam neben Nele her lief. Er würde jetzt nicht seine gesamte Lebensgeschichte ausbreiten, aber zumindest die wichtigsten Fakten versuchte er für sie zusammen zu fassen. "Die ersten fünf Jahre von Lahjas Leben hab ich nicht einmal gewusst, dass sie existiert. Wir waren als Jugendliche lange zusammen, aber- als sie schwanger geworden ist hat sie sich von mir getrennt. Und als ich dann von Lahja erfahren hab, stand einfach zu viel zwischen uns. Für mehrere Jahre haben wir eigentlich nur nebeneinander her gelebt, bis dann eben- bis das mit ihrer Krankheit passiert ist. Ich glaube sie hatte auch viel früher schon Probleme damit, als wir noch jung waren und als es unsere Tochter noch nicht gab, aber als Jugendlicher- als Jugendlicher kommt man nicht so schnell auf die Idee, dass jemand wirklich krank sein könnte, weißt du? Da denkt man sich- okay, die Drogen, diese Selbstzerstörung, das gehört irgendwie dazu. Zum Erwachsenwerden. Da hab ich mir keine Sorgen darum gemacht, dass irgendetwas in ihr vielleicht nicht richtig ist. Als Lahja dann aber- 15 oder 16 Jahre halt war, hat Jeany, ihre Mutter, versucht sich das Leben zu nehmen. Mit Tabletten. Ich hab sie gefunden, in ihrer Wohnung, gerade noch rechtzeitig, sie hat überlebt. Das war damals allerdings alles- echt hart. Sie hat dann selbstverständlich auch eine Therapie gemacht, ich hab versucht für sie da zu sein, wir sind sogar alle zusammen wieder nach Los Angeles gezogen - wir haben da noch in New York gelebt - weil wir dachten die Sonne und das Leben hier, das wäre bestimmt gut für sie und eigentlich war es das auch, ja, aber- sie hatte nur ein paar Monate später einen Unfall. Einen Autounfall. Daran ist sie dann gestorben." Angespannt rieb Kilian sich über den Nacken, den Hals, dann über seine Brust, während er ziellos in die Dunkelheit vor ich starrte. Jeany war es damals gerade wieder gut gegangen, sie hatte sich gerade wieder lebendig gefühlt und bis heute konnte er nicht verarbeiten, dass man ihr das genommen hatte. "Sie war eine tolle Mutter, das war sie wirklich. Sie hat eine unheimlich starke Tochter groß gezogen, also, Nele, lass dir von nichts und niemandem sagen, dass du Dinge nicht kannst, die sich für dich im Herzen richtig anfühlen, okay? Natürlich war das damals hart, insbesondere für Lahja, aber wenn du bereit bist gegen diese Krankheit in dir zu arbeiten, um das zu erreichen, was du wirklich möchtest, dann kannst du das schaffen. Ganz bestimmt. Was hast du gesagt wie alt du bist? Vierundzwanzig? Und du bist einfach bereit dich jetzt schon damit zufrieden zu geben, dass du niemals etwas im Leben erreichen wirst? Das ist Schwachsinn. Und wenn dir ein Arzt genau das sagt, dann such dir einen neuen Arzt. Und wenn dir deine Eltern genau das sagen, dann scheiß auf deine Eltern. Und wenn Zac dir das jemals gesagt hat, dann wurde es auch verdammt nochmal Zeit, dass ihr eure Beziehung beendet. Diese Gedanken, die sind so zermürbend und ich weiß auch von Jeany wie schwer es ist etwas dagegen zu tun, aber du bist nicht einfach ein hoffnungsloser Fall, Nele. Niemand ist das. Was ist denn für dich so schlimm daran in eine Therapie zu gehen? Dich behandeln zu lassen? Warum hasst du das so sehr? Hast du das Gefühl das macht dich weniger menschlich? Oder kannst du es einfach nicht leiden zu wissen und zu spüren, jeden Tag, dass du krank bist?" Das war etwas, womit auch Kilian jetzt noch öfter zu kämpfen hatte, mit seiner HIV-Infizierung. Die Gewissheit, dass man etwas im Körper trug, das man dort nicht wollte, aber dennoch nie wieder loswerden würde.
KILIAN THOMAS CARTER # 40 YEARS OLD # JOE'S BAR
![[Bild: kilian02.png]](https://i.postimg.cc/nVNqdkNQ/kilian02.png)
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31.01.2017 15:05 |
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