RE: JOSHUA TREE NATIONALPARK
Anscheinend hatten Aiden und Haily ganz unterschiedliche Vorstellungen davon wie sie diese Reise erleben wollten, denn tatsächlich lag es ihm unheimlich fern während des Urlaubs Gespräche über seine Mutter oder seinen Drogenkonsum zu führen. In seinem Kopf sollte das hier viel eher ein Aufschub dessen sein. Ein bisschen Freiheit, bevor sie dann in ein paar Tagen in die Realität des Alltags zurückfanden und dort auch erst thematisierten, was nunmal alles noch gesagt werden musste: Wie es weiterging, wie sie sich diese Beziehung vorstellten, was sie voneinander erwarteten. Und ob das alles überhaupt funktionierte, denn auch dessen war er sich noch längst nicht so sicher wie die blonde Frau hier neben ihm. Aiden war zu sehr Realist - oder Pessimist - um darauf zu vertrauen, dass Liebe in einer Partnerschaft das einzig wichtige Element war und auch die Zweifel in seinem Kopf waren noch nicht vollends verstummt. Haily war es mit diesem Trip zwar gelungen diese negativen Gedanken in ihm vorerst zum Schweigen zu bringen und ein wenig Platz zu schaffen für eine dringend benötigte Flucht aus der Realität, aber irgendwann würden Aidens Ängste ihn wieder einholen. Es sei denn es gelang ihr noch vorher einzugreifen und etwas grundlegend in seinem Denken zu verändern.
Jetzt gerade war er aber noch lange nicht so weit und deshalb vernahm sie auf ihre Aussage zu seiner Mutter auch nur ein grummelndes, unwilliges Geräusch aus seiner Kehle. Für einen Moment spannte sich sogar sein Körper an, aber Haily rutschte gerade noch rechtzeitig zu ihm, bevor die Stimmung vollends kippte und statt cuddly Aiden wieder grumpy Aiden aus ihm wurde. Nichts konnte ihn so beruhigen wie ihre warmen Berührungen, ihre großen, runden, wunderschönen Augen oder ihr warmer Atem, der bei jedem Kichern unweigerlich auf seine Haut traf. Und das Marihuana trug sicher auch seinen Teil dazu bei, denn die beiden ließen es heute tatsächlich ganz ruhig und ganz langsam angehen, so dass genug Zeit blieb nebenher den Joint zu rauchen oder immer mal wieder einen Schluck Wein zu trinken, während Haily auf Aidens Schoß saß und die beiden nach und nach ihre Körper noch einmal ganz neuartig erforschten. Mit einer Wertschätzung, die er sich vorher noch nicht getraut hatte so offen zu präsentieren. Hier in der Einsamkeit allerdings, fern jeglicher Zivilisation, da konnte Aiden sich wirklich etwas mehr zeigen, er konnte seine Anspannung fallen lassen und so vorsichtig, zärtlich mit ihr umgehen wie selten zuvor. Immer mehr Kleidungsstücke lösten sich von ihren Körpern und immer mehr verschmolzen die beiden dabei ineinander, bis sie dann hier in der Wildnis, während der Himmel noch rot über ihnen leuchtete, zum ersten Mal seit einer Ewigkeit wieder miteinander schliefen. Ganz vorsichtig zwar - Aiden achtete immer darauf, dass er nicht ihr Schlüsselbein oder ihren Arm in Mitleidenschaft zog, er wusste ja wie Haily auf Schmerz reagierte - aber dennoch war der Sex an diesem Abend, an diesem Ort, mit dieser Frau eine der schönsten Erfahrungen, die er je machen würde. Das spürte er schon in ebendiesem Moment so deutlich, dass er gar keine andere Wahl hatte, als sich innerlich selber einzugestehen, dass sich seine Gefühle für sie schon längst verselbstständigt hatten. Er konnte gar keinen Einfluss mehr darauf nehmen, ob und wie sehr er Haily liebte und anstatt sich dagegen zu wehren, wie sonst immer, verleitete ihn dieser Trip dazu es einfach zu akzeptieren. Hier mitten im Nirgendwo würde ihnen doch sowieso nichts in die Quere kommen: Keine Verpflichtungen, keine anderen Personen, keine Realität. Es gab nur sie und ihn und eine Welt, die sie sich selber errichteten.
Viel Zärtlichkeit, viel Liebe, viel Sex gehörte da ebenso dazu wie Frühstücks-Pancakes zum Abendessen, lange Mitternachts-Spaziergänge unter dem endlosen Sternenhimmel oder stundenlang im hinteren Teil des Vans liegen, eng umschlungen, um dort imaginär Visionen eines besseren Lebens an die Decke über ihnen zu malen. Wenn Haily kurzsichtig sagte, dass sie am liebsten für immer hier bleiben wollte, dann ließ Aiden sich gerne dazu hinreißen ihre gemeinsame Zukunft in Abgeschiedenheit der Außenwelt zu visualisieren, aber sie beide wussten auch, dass sie das auf Dauer nicht glücklich machen würde. Weder sie, noch ihn. Spätestens dann, wenn er die nächste Nase Kokain zog, spürte er in sich das drängende Verlangen wieder unter Menschen zu gehen, sich zum Bass lauter Techno-Musik zu bewegen oder auf einer Hardcore-Show wild um sich zu schlagen. All das gab es hier nicht. Hier gab es nur Frieden und Ruhe, hier gab es eine Haily, die mit ihrem Körper kichernd Schnee-Engel in den Sand zeichnete, die ihm die Schönheit der Natur präsentierte, ein bisschen Leichtigkeit an ihn abgab und das einfache Leben mit Aiden zelebrierte, aber so schön das auch war sie dabei zu beobachten und sich davon anstecken zu lassen, brauchte er mehr als das. Mehr als Lagerfeuer im Sand, gegrillte Marshmallows bis ihnen schlecht wurde und Herumklettern zwischen Felsformationen. Er brauchte eine Welt, in der er auch das herauslassen konnte, was er sich noch immer nicht wagte vor Haily zu präsentieren: Diese Dunkelheit in ihm. Diesen Hass. Immer, wenn die Gesprächsthemen auch nur ansatzweise etwas anschnitten, über das Aiden nicht reden wollte, dann verschloss er sich direkt wieder vor ihr. Seine Schultern spannten sich an, seine Gesichtszüge wurden auf einmal ganz hart und nur noch garstige Geräusche kamen über seine Lippen. Oft genug verdrehte er über Haily die Augen oder wandte sich einfach von ihr ab, wenn irgendetwas aus ihrem Mund drohte die Ruhe in ihm zu zerstören, aber merkte dabei nicht einmal, dass sie eigentlich genau das beabsichtigt hatte mit dieser Reise. Sie wollte ihm näher kommen, sie wollte ihn verstehen, sie wollte mehr über ihn wissen. Während er aber noch immer Angst davor hatte, dass das, was dann zum Vorschein kam, sie früher oder später von ihm weg treiben würde.
AIDEN RUTHERFORD # 28 YEARS OLD # HARDCORE
![[Bild: aiden04.png]](https://i.postimg.cc/15YrZSg4/aiden04.png)
|