RE: FREEDOM COVE
Nach den vielen gemeinsamen Tagen und umso mehr Erlebnissen, war Hailys Verhalten für Matt schon so normal geworden, dass er nicht mehr ständig von der Seite zu ihr sah und beobachtete wie diese junge Frau sich durch und durch verhielt wie ein kleines, hibbeliges Kind. Sie war einfach so, das hatte er mittlerweile akzeptiert und beizeiten mochte er es sogar, dass sie immer etwas fand, um sich zu beschäftigen. Dass sie immer aktiv war. Und sei es nur, dass sie durch fremde Schränke stöberte oder ihre wippenden Füße beobachtete. Es war schön zu sehen, dass Haily auch noch Freude in kleinen Dingen finden konnte und weil er versuchte sich etwas davon anzunehmen, lächelte er darüber ganz harmonisch, bis ihre direkte, offene Frage zu dem gemeinsamen Haus mit Madison ihm dann doch wieder einen leichten Dämpfer versetzte. Matts Meinung nach verarbeitete er die Trennung unheimlich souverän, er war mit sich selber im Reinen und versuchte nicht zu viel Hass in sich zu tragen, aber dass er nicht binnen weniger Tage komplett mit seinem vorherigen Leben abschließen konnte, das war auch selbstverständlich. "Bei uns hat es sich auch ein bisschen so angefühlt, als hätte das Haus uns ausgesucht, nicht andersrum. Es war einfach- es hat gepasst", antwortete er trotzdem ehrlich und ließ sogar zu, dass die Erinnerungen ihn noch einmal schwach zum Lächeln brachten, anstatt Wut darüber zu entwickeln, dass es nicht mehr so war. "Ich glaube aber auch, dass es uns wollte, Madison und mich, und nicht nur die Hälfte davon, also nein. Nein, falls ich irgendwann zurück nach Los Angeles gehen sollte - was sich im Moment noch total falsch und destruktiv anfühlt - dann nicht zurück in unser Haus. Madison hat die Schlüssel, ich hab sie ihr da gelassen und sie kann damit tun, was sie möchte. Vielleicht komm ich also wirklich auf dein Angebot zurück, wenn es soweit ist, und niste mich bei dir ein. Und für Jamie wäre das auch auf jeden Fall eine gute Option." Matt hielt mit dem Gemüseschneiden kurz inne, um den Blick zu Haily zu heben und ihr dankbar zuzunicken. "Wenn sie zurück kommt, dann braucht sie ja ein Dach über dem Kopf und ich weiß nicht, ob sie bei Madison wohnen möchte, falls die dann überhaupt noch in unserem Haus lebt, aber wenn nicht, dann wäre deine Villa Kunterbunt vielleicht genau der richtige Ort für sie. Danke, für das Angebot und die Mühe. Ich schlag es ihr vor, wenn ich das nächste Mal mit ihr rede, okay?" Matt lächelte seine aufgedrehte Hippie-Freundin noch einmal an und wollte sich gerade wieder dem Gemüse auf dem Brettchen vor sich widmen, als Hailys Stimme sich jedoch änderte und er bei einem weiteren, kurzen Augenkontakt auch bemerkte, dass sie traurig wirkte. Ausgelaugt und müde. Vielleicht war das eine unvermeidbare Reaktion auf die anstrengenden, euphorischen Tage bei dem Festival, vielleicht war es an der Zeit auch einfach mal zuzulassen sich nicht gut zu fühlen, aber bei Haily, die sowieso alles in extremen Ausprägungen tat, nahm auch das ungeahnte Formen an. So absurd und falsch, dass Matt das Messer ablegte, seinen Körper ein wenig zur Seite drehte, eine Hand in seine Hüfte stemmte und für ein paar Sekunden schweigend, unsicher in ihr Gesicht sah. "Was meinst du damit? Dass du wissen willst wie sich das anfühlt?" Er ließ Haily jedoch gar nicht so weit kommen es ihm zu erklären, bevor er schon dahin überging den Kopf zu schütteln, denn eigentlich war er sich sehr sicher, worauf sie damit hinaus wollte. "Du kannst nicht wirklich wollen, dass jemand so mit dir schläft wie Chris es getan hat, nur damit du nachempfinden kannst wie das ist, oder?" Das war so hirnrissig und falsch, dass sein Kopfschütteln nur noch energischer wurde. "Haily, es gibt ein paar Dinge, die man nicht unbedingt erleben muss und eine Vergewaltigung gehört dazu, okay? Ich weiß, dass du es selber nicht so nennen und auch nicht so sehen willst, aber- du kannst das auch nicht einfach wegdenken, Kleines. Er hat dich vergewaltigt. Er hatte gegen deinen Willen und ohne dein Einverständnis Sex mit deinem Körper, das ist eine Tatsache. Und vielleicht- vielleicht solltest du viel eher versuchen dich glücklich zu schätzen, dass du keine einzige Erinnerung daran hast, als ständig darüber nachzudenken wie das wohl ist, was er mit dir getan hat. Wie sich das wohl anfühlt." Es tat Matt selber weh, dass diese wunderbare, liebenswerte junge Frau vor ihm noch immer so sehr litt, dass er langsam die zwei fehlenden Schritt auf sie zuging, sich dicht vor sie stellte und behutsam seine Hände auf ihre Unterarme legte, um seine Finger von dort bis auf ihre Schultern zu ziehen. "Ich glaube, dass es besser wäre nicht mehr länger nach den fehlenden Erinnerungen zu suchen, um dich wieder richtig in deinem Körper zu fühlen, sondern neue Erinnerungen zu schaffen. So viele du kannst. Das ist der richtige Weg, um wieder zu dir selber zu finden. Nicht das, was du vor hast."
MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK
![[Bild: matt04.png]](https://i.postimg.cc/g2W8p0zz/matt04.png)
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