RE: FIGHT CLUB
"Ja, auch. Aber letztendlich hab ich nicht aufgehört, weil ich Angst vor schweren Abstürzen oder Psychosen hatte, sondern einfach, weil ich mich selber nicht kontrollieren konnte. Selbst wenn ich nur zwei oder drei Gläser Bier getrunken hab, wurde das Risiko direkt größter, dass ich gewalttätig oder aggressiv werde. Man spürt das ja in seinem Körper. Früher war ich bei meinen schlimmsten Prügeleien immer betrunken oder völlig drauf, das meine ich mit schlechten Erfahrungen. Wie ist das bei dir? Ich nehme an im Gefängnis gab es jetzt nicht so viele Möglichkeiten an Zigaretten, Drogen oder Alkohol zu kommen, aber vorher? Du bist schon anfällig dafür, oder?" Auch wenn wir bis jetzt noch nie so direkt darüber gesprochen hatten, hatte ich da bei Lahja einfach so ein Gefühl. Vermutlich weil sie mir in meiner Jugend so ähnlich schien und weil ich auch für alles anfällig gewesen war, das meine Realität verzerrte und mich noch mächtiger und selbstbewusster fühlen ließ, als ich eigentlich war. "Dachtest du ich seh dich als noch abgefucktere Version von mir selber, oder was? Nein, ich glaubte du hast einige Fehler gemacht, aber das macht dich nicht zu einem grundsätzlich schlechten Menschen. Und ja, ich glaube auch tatsächlich, dass es das nicht gibt. Kein Mensch ist einfach nur boshaft. Einige kommen zwar sehr nah dran, aber ich glaube tatsächlich an das Gute im Menschen." Weil das so unfassbar kitschig klang, sah ich Lahja von der Seite an und konnte mir ein kurzes, hörbares Lachen einfach nicht verkneifen. Was durchaus gut damit zusammen passte, dass ich kurz darauf in das Sexleben meiner Begleitung eingeweiht wurde, was ich erneut mit einem Lachen kommentierte. "Okay, das ist definitiv ein ordentlicher Vertrauensvorschuss", scherzte ich grinsend und brauchte auch einen Moment, um wieder ernst zu werden und angemessen auf Lahjas Antworten zu reagieren. "Tut mir Leid, wenn ich damit einen Schritt zu weit gehe, aber wenn das stimmt, was du sagst, dann hört es sich so an, als hättest du deinen Freund aber als Erste im Stich gelassen, oder? Im wahrsten Sinne des Wortes." Unsicher beäugte ich sie von der Seite. "Ich will mich da nicht einmischen und vermutlich geht es mich auch gar nichts an, aber wenn du auch nur ansatzweise so bist wie ich, dann kann ich mir vorstellen, wie schwierig es ist mit dir zusammen zu sein. Und wenn ihr euch liebt- vielleicht sollte man dann über einige schlechte Entscheidungen hinweg sehen. Ich meine, ich kenne ihn nicht und ich weiß nicht, was da genau passiert ist, aber ich glaube wirklich, dass du jemanden brauchen könntest, der für dich da ist. Und so wie du über ihn sprichst, hört es sich so an, als wäre er auch gut zu dir." Weil das Wetter mich so gut gelaunt stimmte, lachte ich noch einmal auf und sah mit schief gelegtem Kopf und ironischem Blick zu meiner Begleitung. "Und du kannst es nie wissen, du bist jetzt eine anstrengende Partnerin, aber vielleicht wird er in ein paar Jahren auch depressiv und du kannst dich revanchieren. Dann hätten wir zumindest noch etwas gemeinsam." Ich breitete meine Arme ein wenig aus und zog in einer übertriebenen Geste meine Schultern nach oben, lachte aber auch dabei wieder. "Falls das zu makaber war - entschuldige. Um deine Frage zu beantworten, ich bin jetzt schon ziemlich lange mit meiner Freundin zusammen. Wir haben uns kennen gelernt, als ich 16 oder 17 war, ein oder zwei Jahre später waren wir dann ein Paar. Jetzt bin ich 26." All die innere Euphorie verging aber viel zu schnell, als Lahja über ihre Mutter sprach. Mit der Türklinke in der Hand blieb ich vor dem Imbiss stehen, sah von oben zu ihr herab und suchte nach den richtigen Worten. "Scheiße- das tut mir Leid." Ich konnte nicht einmal erahnen, wie schwer es sein musste, dass sie den Tod ihrer Mutter nicht einmal auf einen Unfall schieben konnte? Sondern, dass es in der Hand einer einzigen Person lag. Mit zusammen gebissenen Zähnen schluckte ich aber erst einmal alle weiteren Fragen runter, ging mit ihr gemeinsam in den Laden hinein, bestellte mir eine Portion Quinoa Salat, wartete auch auf Lahjas Bestellung und ging kurz darauf mit ihr und dem Essen in einer Papiertüte wieder aus dem Laden hinaus. "Ich trau mich ja fast nicht zu fragen, aber wie ist es mit dir? Glaubst du, dass es grundsätzlich boshafte Menschen gibt?"
ZACHARY WILLIAM COLES # 28 YEARS OLD # STRAIGHT EDGE
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