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FIGHT CLUB
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Zac William Coles
THINKING STRAIGHT


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Beitrag #13
RE: FIGHT CLUB
Es war nicht so, dass ich nicht verstand, was gerade in Lahja geschah - ich kannte diese Reaktion doch auch von mir selber - aber trotzdem starrte ich sie fassungslos an, während sie versuchte all die Gefühle in ihr erst am Boxsack und dann an der Wand zu kompensieren. Möglicherweise hatte ich nicht damit gerechnet, dass sie tatsächlich so viele Schicksalsschläge durchleben musste, in so jungen Jahren. Die Krankheit ihrer Mutter, der Selbstmordversuch, anscheinend ging es danach bergauf und dann musste sie doch sterben? Das war eine unfassbare Last, die auf sie drückte und das sah ich auch in jeder Faser ihres Körpers. Und trotzdem wäre es ein riesiger Fehler meine Stellung als Autoritätsperson jetzt aufzugeben und Mitleid ihr gegenüber zu zeigen. Wenn ich wollte, dass das hier funktionierte, musste ich meine Schultern straffen, diesen gefühlskalten, emotionslosen Blick wieder aufsetzen und meinem Plan folgen. "Dreh dich um und sieh mir in die Augen", hörte ich mich selber sagen, als ihr erschöpfter, atemloser Körper sich gegen die Wand drückte. Aber natürlich hörte Lahja nicht beim ersten Mal auf mich, da passierte momentan viel zu viel in ihrem Körper, als dass sie gerade mir gehorchen würde. Demjenigen, der dafür verantwortlich war, dass diese Wut auf einmal wieder greifbar wurde. Doch ich ließ nicht locker, sondern wiederholte meine Aufforderung so oft wie nötig, bis sie endlich nachgab und sich in meine Richtung drehte. Möglicherweise, weil sie merkte, dass ich jetzt der Stärkere von uns beiden war. Dass ich durch all die Dinge, die ich über sie wusste, auf einmal Macht über sie hatte. Mit nur einem Satz konnte ich all diese Gewalt in ihr provozieren, wann immer ich wollte. "Ich will nichts von dir, Lahja. Es geht hier nicht um mich, sondern um dich. Ich hab dir gesagt, dass ich einige Dinge tun werde, die dir mit Sicherheit nicht gefallen - und das hier ist erst der Anfang. Aber ich will dir zu helfen. Ich will eine Möglichkeit finden, wie du mit dir selber und mit dem, was in dir vorgeht, klar kommen kannst." Kurz senkte ich meinen Blick auf ihre Hände, die noch immer zu Fäusten geballt waren. "Ich versuche es dir zu erklären, okay? Viele Verhaltensforscher unterstützen die Meinung, dass eine Aggression wie ein Trieb ist, also eine endogene Kraft, die von innen her Druck erzeugt. Konrad Lorenz, eigentlich ein eher fragwürdiger Soziologe, hat ein Modell aufgestellt, das ich sehr passend finde. Seiner Meinung nach kann man den menschlichen Körper mit einem Dampfdruckkessel vergleichen: Das Feuer, also die endogene Energie, erhitzt den Inhalt, Dampf entsteht und muss entwichen. Ist ein Entweichen des Dampfes möglich, kommt es zu nützlichen geregelten Reaktionen. Das wäre dann zum Beispiel eine einfache Auseinandersetzung, ein Streit, oder auch normal ausgeprägte Gefühle wie Wut, Trauer und Verzweiflung. Wenn ein Entweichen des Dampfes aber nicht so leicht funktioniert - aus ganz verschiedenen Gründen -, dann explodiert der Kessel und irrationale Handlungen sind die Folgen. Konrad Lorenz glaubte, dass man ein Ventil einbauen muss, um Dampf ablassen zu können. Das bedeutet übersetzt, dass in der Gesellschaft Situationen geschaffen werden sollten, wo man Dampf ablassen kann und dass man Aggressionen harmlos machen kann, indem sie in geregelten, bestimmten Situationen ausgelebt werden. Bei vielen Personen reicht da einfache körperliche Betätigung wie Joggen oder auch Joga, aber bei anderen - bei dir und auch bei mir - ist das nicht genug. Deswegen sind wir hier. Und deswegen muss ich tun, was ich getan hab. Ich muss herausfinden, was den Kessel in dir zum Explodieren bringt, damit wir daran arbeiten können. Verstehst du das?" Fragend lehnte ich meinen Kopf ein wenig zur Seite, in der Hoffnung, dass Lahja mir und der ganzen Theorie folgen konnte. "Mir haben diese Boxkämpfe eine Möglichkeit gegeben diese Gewalt auszuleben, die ich in mir hab, und dadurch, dass ich sie offen und bewusst lebe, verhindere ich, dass der Kessel explodiert. Das Boxen ist mein Ventil und meiner Meinung nach auch das einzige Ventil, was bei eigentlich hoffnungslosen Fällen helfen kann." Genau das war der simple Punkt, an dem ich eigentlich mit ihr ansetzen wollte: Boxtraining, lernen die Aggressionen zu kontrollieren, zu sammeln und dann gewollt heraus zu lassen. Aber nach allem, was ich gerade gehört hatte, ging das hier viel tiefer. "So wie es aussieht müssen wir aber erst einmal ganz woanders anfangen, Lahja. Weil ich dir nicht helfen kann, solange ich nicht weiß, wie deine Wut im Zusammenhang dazu steht. Ich glaube nämlich, dass du den Tod deiner Mutter noch nicht einmal ansatzweise verarbeitet hast, kann das sein? Und ich glaube ich weiß auch, woran das liegt. Sagen dir die 5 Phasen der Trauer etwas? Eine Psychiaterin aus der Schweiz hat ein Modell aufgestellt, in dem sie beschreibt, wie man mit dem Tod eines geliebten Menschen umgeht. Ihrer Forschungen nach durchlebt jeder davon der Reihe nach 5 verschiedene Phasen, unterschiedlich schwer aufgeprägt, die letztendlich dazu führen, dass man lernt mit dem Verlust zu leben. Die erste Phase ist das Nicht wahrhaben wollen, beziehungsweise die Isolierung. Das ist etwas ganz Natürliches, sowas wie ein Abwehrmechanismus des Körpers. Man weigert sich den Tod zu akzeptieren. Das kann nur ein paar Stunden dauern, vielleicht auch ein paar Tage, der Zeitraum ist nie ganz festgelegt. Die zweite Phase ist der Zorn. Man wird wütend, auf alles und jeden, auch auf sich selbst. Man versucht einen Schuldigen zu finden, jemanden dafür Verantwortlich zu machen. Die dritte Phase ist das Verhandeln, in der Regel die kürzeste Phase. Man beginnt so langsam zu verstehen, was passiert ist, hat aber keine Kraft mehr dauernd wütend zu sein. Innerlich versucht man dann ein Abkommen zu schließen. Gläubige Menschen sprechen dabei zu Gott, andere eher zu sich selber. Das sind dann solche Dinge wie Ich werde meinen Partner nie wieder respektlos behandeln, wenn du ihn mir bitte zurück gibst. Oder auch so etwas, wie du gerade angedeutet hast: Warum musste meine Mutter gehen und so ein Monster wie ich darf noch leben?. Die vierte Phase nennt man Depression, man trauert, man verzweifelt, manchmal liegt man tagelang nur im Bett. Das Leben macht keinen Sinn mehr. Vermutlich ist das die schwierigste Phase, aber wenn man das überstanden hat, dann kommt man zu Phase fünf: Akzeptanz. Man schaut nach vorne und lebt weiter. Ich glaube, dass du irgendwo zwischen der zweiten und dritten Phase feststeckst und ich glaube, dass das so ist, weil du absolut unfähig bist Schwäche zu zeigen. Ich kann dir nicht sagen, warum das so ist, aber du wehrst dich gegen die vierte Phase. Hast du jemals richtig um deine Mutter getrauert? Tränen zugelassen? Hast du Hilfe und Halt bei Freunden und Familie gesucht? Oder war es eigentlich immer nur Wut? Ich glaube, dass du dich so vehement dagegen wehrst, dass du automatisch immer zur zweiten Phase zurück geworfen wirst, weil das die einzige Emotion ist, die du dir selber erlaubst zu fühlen. Aber das heißt auch, dass du in einem Kreislauf steckst, aus dem du einfach nicht heraus kommst. Dass du deshalb diesen Schicksalsschlag nicht verarbeiten kannst. Zumindest, solange du nicht bewusst Schwäche zeigst und trauerst. Und ich glaube auch, dass das in vielen Lebenslagen bei dir so ist. Der Dampf kann aus deinem Kessel nicht entweichen, weil du absolut keine Emotionen offen zeigen willst, so als hättest du Angst davor menschlich zu sein. Deshalb staut sich der Dampf an und lässt den Kessel irgendwann explodieren." Ich war mir sicher, dass ich Lahja mit diesen ganzen Informationen maßlos überforderte, deshalb schüttelte ich einmal langsam den Kopf und versuchte noch einmal für sie zusammen zu fassen, was der nächste Schritt wäre. "Alles in allem heißt das also, dass wir genau da anfangen müssen. Du musst lernen Schwäche zu zeigen. Und du musst auch den Tod deiner Mutter verarbeiten. Was ist mit deiner Familie? Mit deinem Vater? Kannst du mit ihm darüber reden? Oder hast du Geschwister? Einen Partner? Gute Freunde? Irgendjemand, vor dem es dir nicht ganz so schwer fällt, dich zu öffnen? Außerdem will ich, dass du einen Brief schreibst, an deine Mutter. Sag ihr alles, was du ihr nicht sagen konntest. Geh alleine in dein Zimmer, fang an zu schreiben und erlaube dir selber alles zu fühlen, was dein Körper fühlen will, okay? Gehst du oft zu ihrem Grab? Oder an Orte, die dich an sie erinnern?"


ZACHARY WILLIAM COLES # 28 YEARS OLD # STRAIGHT EDGE

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18.07.2015 15:16
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