SAN FRANCISCO UNION SQUARE

[Noah Scott]

Während ich tatsächlich morgens zum wach werden schon meinen ersten Joint rauchte und mir dabei meine Kleidung anzog, sinnierte ich gemeinsam mit Apple über das geplante Abendessen. Letztendlich entschieden wir uns für vegane Lasagne, weil viele Leute hier im Haus vegan lebten und weil man davon zwei oder drei große Schüsseln zubereiten konnte, die dann auch für alle reichten. Außerdem war die Zutatenliste überschaubar und zu viel Arbeit würde das auch nicht werden. Nachdem das feststand suchten wir uns also ein nettes, eher alternatives Café in der Nähe, wo wir ausgiebig frühstücken und hinterher noch einen Kaffee im To-Go-Becher mitnehmen konnten, um uns für den Shopping-Trip zu wappnen. Mit der Zeit ließ dann auch diese unangenehme Spannung zwischen uns immer mehr nach, denn ich hatte Apple noch mehrmals versichert, dass alles in Ordnung war, dass ich sie gerne bei mir hatte, dass wir uns immer noch Freunde nennen konnten und vor allem, dass sie aufhören sollte sich ständig bei mir zu bedanken. Das war selbstverständlich und jetzt konnte ich ja schließlich auch verstehen, weshalb sie gelogen hatte. Nur mit dem Thema Intimität tat ich mich wie immer schwer und schaffte es daher auch nicht unsere Küsse am Strand anzusprechen, um auszuschließen, dass sowas noch einmal geschah. Aber Apple war ja nicht dumm, wahrscheinlich würde sie schon von selber merken, dass ich das nicht noch einmal wiederholen wollte. Nicht mit so einem großen Altersunterschied.
Frisch gestärkt und durch den Kaffee natürlich auch wach und munter, machten wir uns also gemeinsam auf den Weg in die Innenstadt, raus aus dem Hippieviertel und eher dorthin, wo man nicht ganz so bunte und verrückte Kleidung finden würde. Anfangs fand ich es auch noch ganz amüsant mit Apple durch die Gänge zu laufen und mich zwischen den ganzen Klamotten mit ihr umzusehen, aber es dauerte auch nicht lange, bis ich in ihren Interessen ein Schema erkannte. Kurz und knapp war alles, was sie mir fragend entgegen hielt, aufreizend und oft sogar einfach nur billig. Weite Ausschnitte, eng anliegende Stoffe, ganz kurze Röcke oder Shorts, dazwischen immer mal wieder aufwendige Dessous, also genau die Art, die man eigentlich nur kaufte, um sie auch präsentieren zu können. Als Apple dann auch noch zwischen den Strapsen suchte, blieb mir gar nichts anderes mehr übrig, als energisch den Kopf zu schütteln. "Willst du nicht lieber etwas suchen, das- deinem Alter eher angemessen ist?" Verdammt, wie umschrieb man das denn, ohne direkt Kritik an ihr zu üben? Sie konnte ja nichts dafür, dass sie sich während der letzten beiden Jahre ständig so offenherzig kleiden musste. "In San Francisco wird es auch nur ganz selten richtig warm, vielleicht- solltest du also lieber etwas suchen, in dem du nicht frierst?"