KILIAN'S FLAT

[Zac William Coles]

Zum Glück hatte ich diese Kontrolle und Selbstbeherrschung mit der Zeit perfektioniert. Ein paar Jahre vorher und ich hätte spätestens in dem Moment selber die Fassung verloren, als Lahja mich ganz offensichtlich und absichtlich anrempelte, heutzutage musste ich aber nur einmal tief durchatmen und schon war das wieder vergessen. Gut, wenn sie das jetzt brauchte, dann bitte. Wir hatten ja schließlich schon ganz andere Gefechte miteinander ausgetragen. Kommentarlos ging ich also auch in ihr Zimmer vor, blieb aber in der Tür erst einmal erschrocken stehen, weil ich diesen Raum zwar unordentlich kannte, aber auch nicht so unordentlich. Das sah nicht so aus als hätte sie sich nur drei Tage nicht darum geschert, sondern direkt mehrere Wochen. Aber auch das ließ ich unkommentiert und nutzte diesen kurzen Moment der Stille lieber dazu, um meine Reaktion nochmal zu überdenken. War es falsch, was ich gesagt hatte? Konnte ich mich da überhaupt so raushalten? Diese Zweifel wurden noch größer, als ich mich neben meiner Freundin aufs Bett setzte und mir ruhig anhörte, was sie dazu zu sagen hatte, denn ja, verdammt, sie hatte ja recht. "Entschuldige. Das war nicht ganz richtig, was ich gesagt hab, und nein, ich kann auch nicht von dir erwarten, dass du so tust, als wäre nichts, obwohl es dir nicht gut geht. Das will ich auch nicht. Es ist nur-" Wie ließ sich das jetzt am Besten formulieren? "Okay, vorneweg erstmal: Es freut mich, dass dir unsere Beziehung so wichtig ist und dass du deinen Stress nicht an mir auslassen willst, aber für mich gehört das dazu. Man ignoriert seinen Partner nicht einfach, aus welchen Gründen auch immer. Vor allem nicht über drei Tage hinweg. Das funktioniert nicht. Du hättest mir auch am Telefon sagen können, was los ist, aber Hauptsache ist, dass du mit mir redest. Wenn es dir gut geht, aber vor allem auch, wenn es dir nicht gut geht." Langsam nickte ich ihr zu, in der Hoffnung, dass sie das verstand, ehe ich mich wieder auf das eigentliche Thema besann. "Und was ich eigentlich eben meinte: Es ist verdammt hart zu hören, wie schlecht es dir geht, wegen Noah und- wegen irgendwelcher Frauen in seinem Leben, die dich eifersüchtig machen. Dass du deshalb so die Kontrolle verlierst und drei Tage nicht mit mir redest oder dich bei mir meldest. Sowas passiert nämlich nur, wenn man wirklich viel für jemanden empfindet und ja, ich weiß, dass es Noah gibt und dass du ihn liebst, aber- ich könnte halt auch darauf verzichten, das immer wieder zu merken oder zu sehen. Verstehst du? Das- vielleicht funktioniert das einfach nicht. Diese polyamore Beziehung oder wie du es nennen willst. Vielleicht funktioniert das für dich nicht, weil du nicht damit klarkommst, dass es noch andere Frauen gibt, vielleicht funktioniert das für mich auch nicht, weil ich am liebsten so tun würde als gäbe es Noah nicht, und vielleicht funktioniert das auch für ihn nicht, weil er anscheinend andere Prioritäten setzt und dir nicht mehr so viel Wertschätzung zeigt wie du verdient hast." Was für ein offensichtlicher und vor allem unfairer Seitenhieb auf Noah, der nur noch fieser wurde, indem ich genau in diesem Moment meine Hand auf Lahjas Bein schob.