RE: TATTOO STUDIO
Als er über die trockene Farbe strich, sah sie Matt´s Profil an und spürte in sich eindeutig das Gefühl, was in Las Vegas schon zu erahnen war. Was Weihnachten, Silvester wieder aufgetaucht war – bis zu dem Moment, als sie mit dem Crack wieder eine Gleichgültigkeit in alles gebracht hatte, dadurch, dass alles in Hochgefühlen verschwand. Jeder Zweifel, jeder Schmerz, jedes leise Gefühl. In der Strandhütte war es dann unumstritten, wie sie sich zu ihm hingezogen fühlte und wie gerne sie auch jetzt einfach auf ihn zu gegangen wäre, ihren Kopf an seine Schulter zu lehnen, wie da auf dem Bild. Madison hatte das damals gemalt und die beiden extra in dieser Pose. Es war der ewige Beweis dafür, dass diese emanzipierte Löwenfrau sich gerne an ihn lehnte, halt suchte – das, was ihr immer und immer wieder Schwierigkeiten bereitet hatte. Es war ein Liebesbeweis an ihn. Warum sie es nie wirklich gesprayt hatte, konnte keiner der beiden erahnen aber vielleicht war das auch gut so. Denn als Maddi zwei Schritte nach hinten ging, um es sich im ganzen anzuschauen, löste sich etwas in ihr. „ Matt?“ Sie wartete, bis sie seine Aufmerksamkeit hatte. „ Danke, danke für wirklich alles. Das hier ist ein Bruchteil, den ich dir zurück geben kann... glaub mir, ich würde dir auch so gerne deine Frau mit all euren schönen Erinnerungen zurück geben.“ Das klang so verrückt, denn sie stand doch hier aber sie war doch das nicht? Oder? Unsicher fuhr sie sich über die feinen Haare am Nacken. „ Die ganzen Bilder in dem Buch, was ich darein geschrieben habe... das kam mir alles so Vertraut vor. Ich hatte... wohl auch schon vor dem Unfall... das Problem, einen Weg zu finden oder mich für einen Weg zu entscheiden. Deine Frau... ich... habe mich oft schon verloren gefühlt. Weißt du warum das so war – das zieht sich wie ein Faden, von unserem kennen lernen, davor und danach? Von allen anderen höre ich, wie Stark und Unabhängig ich war aber ich weiß, dass da noch mehr ist und ich Glaube, es gibt auch niemanden, der mir weiter helfen kann, außer du.“ So Aufrichtig wie jetzt hatte sie ihn wohl noch nie angeschaut. „ Das Bild, das hat sie immer gemalt, wenn es ihr nicht gut ging... das merke ich an den Sachen, die in dem Buch drumherum stehen. Als hätte sie sich genau da gewünscht, in diesem Bild mit dir am Strand.“ Ohja, auch wenn Maddi es nie zugegeben hätte. Leicht Lächelte sie ihn an, als sie die Hände in die Taschen des Pullis Schob. Durfte sie das zugeben? Wenn nicht jetzt, wann dann? „ Es hat auch mir... Hoffnung... gemacht. Ich dachte mir, wenn... diese Phase vorbei ist, dann wäre es genau das, was ich mir Wünsche. Das wäre der Moment, in dem man wieder anfängt, nach vorn zu schauen.“ Vielleicht sah sie etwas zu Sehnsüchtig auf den Horizont auf der eigentlich grauen Wand. „ In den letzten Wochen habe ich deine Mühe oft mit Füßen getreten, das tut mir Leid und... deswegen ist es eventuell genau das Bild geworden. Du bist immer positiv, immer voller Leben und liebst die Momente, die gerade da sind aber ich dachte mir... vielleicht brauchst auch du manchmal einen Lichtblick. Das wollte ich dir damit geben und hoffe, das tut es, weil du bist so ein großartiger Mensch. Hat Madison.... dir das auch gesagt oder... wie hat sie dich so etwas wissen lassen?“ Madison hatte sich bisher davor geziert zu Fragen, wie die beiden miteinander umgegangen waren und auch wenn er ihr Angeboten hatte, wann anders von ihren Erlebnissen zu erzählen, war sie es, die genau jetzt nach den tieferen Dingen fragte. Die ihn erstmals spüren ließ, dass sie zu begreifen schien, was die beiden füreinander Bedeutet hatten. Maddi ging sogar einen Schritt weiter, indem sie weiter sprach und diesmal von ihren Gefühlen. Man sah, wie schwer es für sie war aber im Hinterkopf existierte noch immer, dass sie bald nicht mehr die Gelegenheit hatte. Das Studio, ihr Schlafplatz, das war Morgen nicht mehr da. „ Ich wollte dich zumindest noch etwas Wissen lassen. Die lebendigsten Nächte, seid dem Unfall, die hatte ich mit dir gemeinsam. Die, die sich endlich angefühlt haben, als wäre etwas genau so richtig und als gäbe es nichts anderes, was in dem Moment Sinn macht. Als du sagtest, ich soll gehen, war das Grauenvoll und... ich wollte gar nicht gehen aber irgendwie... mache ich gerade alles falsch. Da wollte ich zumindest den Respekt vor deinem Wunsch haben, deshalb bin ich nicht zum Reden geblieben und ich wollte niemandem von euch Schaden.“ Das war gar nicht so leicht, sich so zu öffnen und auch noch Fehler einzugestehen, sich angreifbar zu machen und das alles in einem. Immer wieder sah sie Unsicher in seine Augen, dann an ihm vorbei und die Hände zu Fäusten geballt, steckte sie diese immer tiefer in die Taschen. Eigentlich sollte sie ihm jegliches Glück der Welt wünschen, auch eventuell mit einem anderen Partner aber nichts fühlte sich für sie selber gerade dabei richtig an. Nicht nur, weil sie sich selbst damit den Boden unter den Füßen entzog sondern auch weil es ihn und die Liebe zu Madison beleidigen würde. Das schien dieser Fall zu sein, den man einmal im Leben traf, wenn Überhaupt. Weil sie selber sich die Last auferlegte, sich noch immer so eingenommen von Chas – seinen Berührungen - zu fühlen, kam sie Matt nicht näher sondern setzte sich an den Fleck, wo er eben zugeschaut hatte um sich eine Zigarette zu drehen und ihr Bier zu trinken, was sie über das malen ganz vergessen hatte. Ihre Finger bebten und ihr Herz raste in der Brust, dass nur von den Worten an ihn. Das Schweigen und die Stille gerade wirkten genau richtig, weil das so wie ein Rundgang durch ihre Seele gewesen war und davon musste man sich erholen.
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