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MOUNT GLEASON
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Matthew Dawson
WHERE IS MY MIND?


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Beitrag #1
MOUNT GLEASON
Madison ahnte es selber vermutlich nicht einmal, aber mit ihrer Reaktion - mit dieser beglückwünschenden Umarmung - setzte sie etwas bei Matt in Gang, auf das er sonst wohlmöglich noch lange hätte warten müssen: Sie zeigte ihm, auf ganz selbstverständliche Art, dass diese Vaterschaft nicht nur Schlechtes beinhaltete. Natürlich hatten auch Summer, die unweigerlich durch Chas alles mitbekam, und Haily, vor der Matt die ganzen Bücher gar nicht geheim halten konnte, ihm immer gut zugeredet und ihn dazu motiviert seinen möglichen Sohn in San Francisco aufzusuchen und mit ihm zu sprechen, aber bei Madison- bei ihr hatte das so viel mehr Wert. Matt konnte gar nicht sagen weshalb, er liebte Summer wie eine Schwester und auch Haily nahm einen so besonderen Stellenwert in ihrem Leben ein, aber vielleicht hatte er genau das hier gebraucht. Madisons Zustimmung. Ihre Motivation. Vielleicht hatte er es einfach nicht gewagt diesen letzten Schritt zu gehen, weil eine Vaterschaft immer etwas gewesen war, das er nur mit ihr an seiner Seite visualisieren konnte. Etwas, das ihnen gemeinsam genommen wurde, als man seiner Frau sagen musste, dass ihr Körper nicht dazu imstande war Kinder in die Welt zu setzen. Möglicherweise hatte es sich einfach nicht richtig für Matt angefühlt diesen Weg ohne sie gehen zu müssen, vielleicht fühlte er sich ohne sie nicht bereit dazu, nicht stark genug, nicht erwachsen genug, aber als seine Frau ihn jetzt fest, warm, ehrlich in die Arme schloss, als sie ihn beglückwünschte und ihm damit das Gefühl gab, dass sie keine Sekunde an seinen Fähigkeiten zweifelte, da fühlte es sich zum ersten Mal sogar ein wenig gut an, was ihn dort erwartete. Zum ersten Mal fühlte er sich selber reif genug, um diese Verantwortung anzunehmen, und als sie kurz darauf aufstand, um sich von ihm zu verabschieden, da ließ Matt es sich nicht nehmen sie noch einmal liebevoll zu umarmen. Länger als üblich hielt er sie an sich, er bewegte seine Hand einmal langsam über ihren Rücken, für einen Moment überlegte er sogar, ob es eine Option wäre sie einfach nicht wieder loszulassen, aber als er es dann doch tat und als die Blicke der beiden sich erneut für einen kurzen Moment trafen, da spürte er auch, dass da noch immer etwas wie eine Mauer zwischen ihnen stand. Er war einfach noch nicht so weit. Ihre Nähe hatte Matt gut getan, ebenso wie ihre Entschuldigung, sie hatte ihm mit ihrem Zuspruch unheimlich geholfen und er war ihr schrecklich dankbar, dass sie genau in diesem Moment gekommen war, um ihn zu motivieren, aber er war noch nicht so weit ihr zu verzeihen. Das würde noch mehr Zeit in Anspruch nehmen und obwohl es sich so anfühlte als würde sein Herz noch einmal zerreißen, als Madison aus Matts Blickfeld verschwand und er feststellte, dass er keine Ahnung hatte, wann die beiden sich erneut über den Weg laufen würde, hielt er auch umso mehr an ihren Worten fest: Auch wenn sie nicht zusammen waren, die Erinnerung aneinander würde ihnen beiden immer helfen. Diese Liebe, die sie beide geteilt hatten, war etwas Einmaliges und es war für Matt ein absurd beruhigendes Gefühl zu wissen, dass auch sie sich wieder an alles erinnerte. Dass auch sie ihn genauso bedeutsam in Erinnerung hielt wie er das mit ihr tat. Dass auf einmal wieder alles in ihr war, was sie gemeinsam erlebt hatten.
Dennoch sprang Matt nicht sofort am nächsten Tag auf, um nach San Francisco zu fahren, sondern ließ sich Zeit, bis er sich wirklich bereit dafür fühlte. Vielleicht war ein paar Tage vor Weihnachten auch einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt, um diesem jungen Mann zu sagen, dass er sein Vater war. Was, wenn er nicht einmal von seinen leiblichen Eltern wusste? Wenn er glaubte seine Adoptiv-Eltern wären tatsächlich seine wahren Eltern? Wollte Matt ihm diese Illusion nehmen? Sollte er erst seine Adoptiv-Eltern ausfindig machen und mit ihnen sprechen? Vielleicht- ja, vielleicht fühlte sich aber auch einfach irgendetwas noch nicht richtig an. Vielleicht fehlte da etwas, von dem Matt noch nicht sagen konnte, was es war, ehe er bei seinem Sprössling vorstellig wurde. Vielleicht fehlte ihm die nötige Unterstützung. Jemanden, der ihn auffangen konnte, wenn sein Junge ihn nicht sehen und nicht mit ihm reden wollte. Matt hatte zwar unheimlich viele Freunde, einen riesigen sozialen Kreis, aber gerade jetzt, wo er sich wieder in Los Angeles befand, spürte er auch mehr als deutlich, dass die Dinge nicht mehr so waren wie sonst immer. Er vermisste etwas: Nicht nur Madison, seine Frau, die er mehr als alles andere geliebt hatte, sondern auch Kilian, seinen bester Freund. Ihm fehlte sein gewohntes Umfeld. Die zwei Personen, die immer - wirklich immer - für ihn da gewesen waren. Gerade in der jetzigen Zeit, während alle in besinnliche Weihnachtsstimmung verfielen, wurde ihm das ganz deutlich. Matt traf sich zwar mit Jamie und Troy, um gemeinsam Plätzchen zu backen, er dekorierte mit Haily das ganze Haus und trank mit Summer nicht nur einmal eine - oder fünf - Tassen Glühwein, aber dennoch fühlte er sich immer wieder einsam. Dennoch erinnerte er sich immer wieder an die Anti-Weihnachts-Veranstaltungen mit Kilian aus seiner Jugend oder an die vielen Feiertage, die er so oft gemeinsam mit seinem besten Freund und Lahja verbracht hatte, und dann auch an die Zeit mit Madison. Daran wie schön es gewesen war bei ihr zu sein. Dass er gespürt hatte wie sie seine kleine Familie endlich komplettierte. Diese Beziehung, die die beiden führten, war alles für ihn gewesen und gerade in einer Zeit wie dieser, in der ihm die Familienzugehörigkeit sowieso abhanden gekommen war, fühlte es sich für Matt falsch an seinen Sohn kennenzulernen.
Also vertagte er diese Entscheidung aufs neue Jahr, hatte sich sogar schon in seinem imaginären Kalender ein Wochenende dick markiert und traf bereits die nötigen Vorkehrungen, indem er die Karte in seinem Bus platzierte und weiterhin ständig in seinen Vaterschafts-Büchern las. Eigentlich hatte er auch Weihnachten so voll gestopft, dass er gar keine Möglichkeit haben würde Madison und Kilian zu vermissen: An Heiligabend wollte er, wie immer, lange schlafen. Danach, gegen Nachmittag, hatte er dann Jamie zugesagt, dass er sie und Troy besuchen würde. Sie wollten zu dritt gemeinsam kochen und dann auch zusammen essen, aber weil Matt wusste, dass Heiligabend für die beiden auch ihr 1-jähriges Jubiläum markierte, nahm er sich vor relativ früh das Weite zu suchen und den beiden den restlichen Abend zu überlassen. Er hingegen, er wollte dann zurück in das Haus gehen, wo Haily eine riesige, verrückte, bunte Weihnachtszelebration plante und sich dort so abschießen, dass er auch am ersten Weihnachtstag sicher nicht vor 15 Uhr aus dem Bett kam. Den Tag würde er dann auch noch nutzen, um sich mit Summer zu treffen und mit Lahja, die beiden bedeuteten ebenfalls ein haltloses Besäufnis, und wenn er am zweiten Weihnachtstag dann nicht komatös im Bett lag, dann würde er diesen Tag mit vielen seiner Freunde verbringen, die jedes Jahr den letzten Tag traditionell am Strand feierten. Mit einem mehr schlecht als recht geschmückten Weihnachtsbaum und viel Bier. Rund um die Uhr Ablenkung also, genau das, was Matt jetzt wollte und brauchte, doch letztendlich kam doch alles ganz anders, als geplant.
Er hatte sich gerade erst vor gut einer Stunde ins Bett gequält, gegen 2 Uhr in der Nacht vor Heiligabend, als penetrant sein Handy begann zu klingeln. Matt war viel zu müde, um überhaupt auf den Bildschirm zu sehen, drückte nur grummelig den Anruf weg, doch als beim dritten Versuch auch Haily neben ihm wach wurde und genervt gegen seine Schulter drückte, richtete er sich dann doch verschlafen im Bett auf und nahm das Telefonat, nach einem kurzen Blick auf das Display, an. Ian? Warum um Himmels willen sollte Ian ihn mitten in der Nacht anrufen? Gut, mit der Zeitverschiebung müsste es in New York etwa halb sieben morgens sein, aber trotzdem? Wie mechanisch kämpfte Matt sich auf die Beine, während er seinen Namen in den Hörer sprach, und lief auf leisen Sohlen aus dem Zimmer heraus, damit Haily nicht von dem Gespräch gestört wurde. Zum Glück, anscheinend, denn die Aufregung in der Stimme von Madisons Bruder war kaum zu überhören. Die genauen Hintergründe verstand Matt nicht, aber anscheinend hatte Ian kurz zuvor mit seiner Schwester telefoniert - oder eine SMS von ihr bekommen -, die besagte, dass sie am morgigen Tag Los Angeles wieder verlassen und nach New York kommen wollte, um dort den Jahreswechsel mit ihrem Bruder und ihren Eltern zu verbringen. Das war doch eine schöne Geste, dachte Matt, aber noch ehe er das aussprechen konnte, begann Ian ihm auf einmal Vorwürfe zu machen. Warum kannst du ihr nicht endlich verzeihen, Matt? Warum kannst du nicht für sie da sein? Sie braucht dich jetzt. Sie hat keine Zeit mehr, sie braucht deine Hilfe. Er hätte all seine Hoffnungen in Matt gelegt, sagte Ian, während dieser jedoch noch immer nicht verstand, worum es überhaupt ging und weshalb er sich jetzt rechtfertigen musste, für einen Fehler, den Madison begangen hatte, nicht er. Doch auch das konnte er gar nicht aussprechen, ehe der Bruder seiner ehemaligen Frau ihm schon wieder ins Wort fiel und aussprach, was Matt nie wieder vergessen sollte. Sie stirbt. Sie hat Krebs und sie stirbt, wenn sie nicht dagegen kämpft. Ich dachte du kannst sie noch umstimmen, ich dachte du bist für sie da, wenn sie dich braucht, aber das bist du nicht. Wenn du ihr jetzt nicht verzeihst, dann wirst du nie wieder die Chance bekommen das zutun. Matt hatte Ian noch nie so außer sich erlebt, so laut und wütend und vor allem verletzt wie jetzt, bei diesem Telefonat. Und trotzdem gelang es ihm nicht einmal auf seine Worte zu reagieren. Sprachlos, geschockt und auf einmal hellwach ließ er sich nur auf die kalte Treppe sinken, setzte sich auf eine der Stufen und starrte leer in die Luft vor sich. "Sie hat mir nichts davon gesagt", nuschelte Matt nach einer gefühlten Ewigkeit - und nach weiteren Vorwürfen von Ian - leise in den Hörer. "Ich wusste nicht, dass-" Doch da versagte seine Stimme wieder und erneut war es der Junge am anderen Ende der Leitung, der die Stille füllte. Matt nahm ihm seine Wut nicht übel, er verstand, dass er sie nicht gegen ihn richtete, sondern viel mehr gegen die gesamte Situation, gegen alles, aber Matt nutzte diesen Redeschwall auch, um weitere Informationen zu erfragen. Er wollte wissen was genau Madison hatte, seit wann sie davon wusste und was sie dagegen tun wollte. Er fragte wie lang man ihr noch zu leben gab und als der Bruder von ihr sich langsam wieder ein wenig beruhigt hatte, versprach Matt ihm auch, dass er mit Madison reden wollte. Er konnte zwar noch nicht deuten, was genau gerade in ihm vorging und wie er damit umgehen wollte, aber als er das Telefonat mitten in der Nacht wieder beendete, da blieb er noch lange dort auf der Treppe sitzen, um seine Gedanken zu ordnen. Um zu verstehen, weshalb sein Herz auf einmal so raste und warum ihm beinah die Luft zum Atmen weg blieb. Er liebte diese Frau, er liebte sie so sehr, noch immer, aber könnte zwischen ihnen überhaupt jemals alles wieder gut werden? War das überhaupt möglich? Wollte er das? Er fand darauf zwar in diesem Moment noch keine Antworten, aber nachdem er viel zu lange darüber nachgedacht hatte, stand er auf einmal urplötzlich auf und lief in Hailys Zimmer, um dort seine Kleidung zusammen zu raffen. Eilig stieg er in seine Jeans, zog sich Socken und Schuhe an, schnappte sich ein T-Shirt, einen Pullover und dann auch noch die Schlüssel seines alten Busses, bevor er wieder hinaus ging. Egal wie lange er hier saß und darüber nachdachte, er würde auf diese Fragen alleine keine Antwort finden. Es gab nur eines, was er jetzt gerade tun wollte, und das war mit Madison zu reden. Für sie da zu sein. Zu erfragen, weshalb sie das alles vor ihm verschwiegen hatte. Und weil Matt genau wusste, wo sie sich am frühen Morgen des Heiligabend herumtrieb - so wie jedes Jahr, das sie mit ihm in Los Angeles verbracht hatte - fuhr er mitten in der Nacht, nach nur einer Stunde Schlaf, aus der Stadt heraus, zu einem Parkplatz mitten im Wald, von wo aus man in einer zwei- bis dreistündigen Wanderung die Spitze des Mount Gleason erreichen konnte. Jedes Jahr hatte sie diese Wanderung alleine auf sich genommen, war mitten in der Nacht aufgebrochen, um dort den Sonnenaufgang zu beobachten, und jedes Jahr hatte Matt grummelig abgelehnt sie zu begleiten. Er hatte sich immer wieder über ihre Wanderungen belustigt, über ihre Selbstfindungstrips, aber als er in diesem Jahr auf den Parkplatz fuhr und als er dort tatsächlich den Bus von Madison stehen sah, zögerte Matt keine Sekunde. Nur mit einer Flasche Wasser unter dem Arm und mit der Taschenlampe seines Handys in der Hand lief er entschlossen los, auf dem schmalen, sandigen Pfad, immer weiter, stundenlang, bis er endlich - nachdem er mehrmals beinah einen Nervenzusammenbruch erlitten hatte - dort ankam, wo er hin wollte. An der Spitze. Dort, wo Madison auf einem abgebrochenen Baumstumpf saß und erwartungsvoll in den Horizont sah, auf den Sonnenaufgang wartend. Es gab so viel, was er ihr hatte sagen wollen. So vieles, was ihm auf dem Weg hierher durch den Kopf gegangen war, aber als er jetzt auf sie zuging, als sie ihn bemerkte und die Blicke der beiden sich trafen, kam kein Wort aus seinem Mund. Für ein paar zehrend lange Sekunden stand er nur dort, starrte Madison an und schüttelte schlussendlich ganz langsam den Kopf. "Du hättest es mir sagen sollen, Madison", hörte er sich selber irgendwann leise aussprechen und auch wenn seine Worte nicht viel hergaben, erkannte man in seinen Augen doch einiges.


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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22.12.2016 18:54
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Madison Lane
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Beitrag #2
RE: MOUNT GLEASON
Wenn Maddi etwas schwerwiegendes Belastete, dann war sie tatsächlich am liebsten alleine für sich. Dann klärte sie die Situation mit sich und sobald sie im Einklang war, suchte sie die Nähe zu den Menschen, die ihr am Herzen lagen. Um zu vermeiden, dass sie ihren Zwilling am Telefon anlügen müsste, wenn er Heiligabend anrief und sie fragte, wie Weihnachten mit Jamie war, schrieb sie ihm vorbeugend, die Stadt zu verlassen und zu Silvester bei ihm aufzutauchen. Er wusste, wie sie tickte und er wusste auch schon Instinktiv, wenn sie log – das war eben so bei Zwillingen. Sie hielt die Belastung nur nicht aus, sie hielt es nicht aus in Los Angeles zu verweilen und das mit all den Erinnerungen und mit ihrem Wissen. Nicht, dass Maddi nicht noch immer unfassbar Dankbar war, sich wieder an all die schönen Erlebnisse und Abenteuer in dieser Stadt zu erinnern und wie sie – wegen Matt damals – hier her gezogen war aber es erdrückte sie. Es ließ Madison keine Luft zum atmen und egal wie oft Matt darüber gescherzt hatte, zog es sie in die Natur. Zwischen den Bäumen, in den Bergen, da konnte sie sich selbst Treu bleiben und Madison hatte nie ein Problem damit gehabt, alleine zu sein. Sie würde es nicht als einsam bezeichnen, es ging ihr hier nur besser. Matt war der einzige, der in diesen Zeiten von ihr bei ihr sein konnte, ohne das sie sich dabei unwohl gefühlt hatte. Er hatte schon damals, als er in ihr Leben getreten war, das alleine sein nicht verjagt sondern viel eher mit ihr daran teilgenommen, wenn es ihr Wunsch war und er hatte vor allem dann einen Schubs gegeben, wenn sie fast aus den Augen verlor, wieder zurück zu kehren. Trotzdem hatte er auch diesen Brauch immer für sie gelassen – weil er sich nie aus dem Bett bequemt hatte. Ihren Spaziergang zum Mount Gleason um sich dort den Sonnenaufgang anzuschauen, am morgen von Heiligabend. Danach war sie absolut beruhigt und mit dem inneren Frieden wieder zu ihm ins Bett gekrochen und die beiden hatten ihr Weihnachten gefeiert, immer eigen und immer so unfassbar besonders. Auf ihren Reisen hatte sie immer wieder neue Orte erkundet und diesen Brauch für sich weiter geführt, war am Morgen des vierundzwanzigsten Dezember durch die Natur gestreift aber wenn sie schon an diesem Tag hier war, wenn sie schon nicht wusste, wohin mit sich, dann wäre es schön, sich diesen Anblick noch einmal zu ermöglichen. Wer wusste denn schon, ob und wann sie wieder hier her kam? Das war ihre Art sich zu Verabschieden auf einen Weg, vor dem sie doch auch Angst hatte. Madison konnte noch so oft die Krankheit verschweigen, sie konnte noch so oft gegen Ian reden, irgendwas zu tun, was ein Arzt ihr riet, ihre Angst blieb. Das ungute Gefühl, irgendwann nicht mehr das tun zu können, was sie wollte. In ihrem Kopf und in ihrem Herz pochten diese Sorgen und Gedanken dauerhaft, das hieß nur nicht, dass irgendwer daran Teilhaben durfte.
Es hatte jedoch jemand anderes diese Entscheidung abgenommen. Es hatte jemand dafür gesorgt, dass es auf einmal im Unterholz knackte und sie deswegen ihren Blick hob. Mit einer Decke um sich und einer guten Flasche Wein saß Maddi auf einem Baumstumpf, die Beine zum Schneidersitz gekreuzt und wartete auf den Tagesanbruch. Eine Weile war sie schon hier, nachdem sie im Bus ein paar Stunden probiert hatte die Augen zu schließen, war sie irgendwann schon eher los gegangen. Die halb leere Weinflasche verriet es genauso wie die rötlichen Finger, dass leichte Schaudern weil sie sich nach Matt umdrehte und er ihr ansehen konnte, dass seine Exfrau auch ein paar Tränen vergossen hatte. Ihre Augen waren leicht rötlich unterlaufen und glasig, als sie so starr an ihm hingen und das erste, was ihr in den Sinn kam, war so unpassend und beantwortete seine Frage nicht im geringsten. „ Ich werde Ian dafür hauen,... sobald kein Feiertag mehr ist.“ Danach kehrte sie ihm aber nicht den Rücken, sie konnte ihren Blick auch nicht von ihm abwenden. „ Mir fallen mehr Gründe ein, es dir nicht zu sagen, als es dir zu sagen – also habe ich es gelassen.“ Das Empfand sie auch jetzt noch so, er konnte es in ihren Augen sehen, trotz dass sich ihr Blick danach in dem winzigen, hellen Streifen am Himmel verlor. „ Du hast gesagt, du kannst mir noch nicht verzeihen. Das irgendwann alles wieder... hoffentlich wird wie früher, wir wieder Teil des anderen Lebens werden und das wäre es nicht. Ich wollte nicht du denkst, ich bin nur deswegen da, um mich zu Entschuldigen. Oder das du deine Überlegungen überdenkst, weil vielleicht keine Zeit mehr ist. Das fühlt sich falsch an und du weißt das doch auch selbst. Deswegen bin ich so schnell gegangen. Ich will dich nicht belügen und ich will auch kein Mitleid oder eine Standpauke, was man alles machen kann, dagegen... Ian hatte gehofft, du stimmst mich um. Ich weiß das, weil er will, dass ich mich behandeln lasse aber das ist Schwachsinn. Ich möchte das nicht und es ist nicht mehr deine Aufgabe. Selbst wenn – wenn etwas anders zwischen uns wäre... wir wollten so lange zusammen sein, solange es besser gemeinsam ist und das wäre es in ein paar Wochen, Monaten oder in einem Jahr nicht mehr. Vielleicht ist das... alles genau so wie es passieren sollte. Weder dir noch Jamie wollte ich alles unnötig schwer machen. Nein, Jamie weiß es auch nicht – ich wollte ihr Briefe schreiben, ganz viele, über jeden guten und vielleicht weniger guten Tag und es reicht, wenn sie dann traurig ist, wenn es so weit ist aber ich wollte nicht, sie denkt, dass ich sie vergessen hätte.“ Wieso sie alles los wurde? Weil Matt verstehen sollte, dass sie ihre Entscheidungen durchaus alleine und bei vollem Bewusstsein traf. Das es kein Trotz vor, ihm nichts zu sagen, sie hatte darüber nachgedacht und sie hatte sich einiges durch den Kopf gehen lassen, noch bevor sie in Los Angeles angekommen war. Deswegen drehte sie sich danach auch wieder in seine Richtung, auf die Gefahr hin, dass die beiden wieder viel mehr Unsicherheiten und Ängste in den Augen des anderen fanden, als gut für sie war. „ Immerhin hat dich das hier rauf gescheucht, dass ist ja wie ein... unfassbar spätes Weihnachtsgeschenk. Das weiß ich zu würdigen, du bist immerhin ein Murmeltier, dem ich hier oben noch nie Frohe Weihnachten gewünscht habe.“ Als wenn ihn das von all dem Ablenken konnte, was eben aus ihrem Mund gekommen war. Ihr Lächeln war so fern und abwesend, sie konnte sich doch nicht einmal selbst damit Ablenken.
22.12.2016 22:03
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Matthew Dawson
WHERE IS MY MIND?


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Beitrag #3
RE: MOUNT GLEASON
Zwischen den Blicken der beiden und den Worten, die Madison erklärend an Matt gewandt aussprach, passierte so schrecklich viel. So viele Emotionen rasten durch seinen Körper, und dennoch hielt er sich an die Unpassendste davon, indem er seine Lippen zu einem schiefen Lächeln verzog. Humor. Diese Situation schrie nach Trauer, Enttäuschung, nach Vorwürfen, vielleicht sogar nach Wut, nach Unterstützung, Liebe, Zuneigung, doch Matt konnte nichts anderes tun, als leise zu lachen und den Kopf dabei zu schütteln. Weil er nunmal so war. Weil sie beide so waren. "Weißt du, was das einzige ist, was ich in dieser elendig langen Wanderung hier hoch in mir selber gefunden hab? Das Abendessen von gestern. Kein Scherz. Ich musste mich zwei Mal übergeben, weil es so scheiße anstrengend war diesen Berg hoch zu laufen. Und wenn ich nicht gerade dabei war meinen Mageninhalt auszuleeren, dann stand ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch." Matt wandte für einen Moment den Blick von Madison ab, um mit seinen Augen langsam die Kontur der Berge nachzuzeichnen, die endlose Weite zu betrachten, die Freiheit zu spüren, aber auch das konnte ihn gerade nicht erreichen. Der Anblick war atemberaubend, das schon, und auch auf der Wanderung hatte es immer wieder Momente gegeben, in denen er glaubte zu spüren, weshalb Madison so gerne ganz allein durch die Natur lief, so früh, dass niemand ihr auf dem Weg entgegen kam, aber trotzdem fühlte sich sein Kopf viel zu weit weg an. Er glaubte sich gar nicht recht auf das einlassen zu können, was Madison ihm immer zeigen wollte, doch in Wirklichkeit hatte er genau das unterbewusst gerade durchgestanden. Diesen Prozess der Selbstfindung. Vor ein paar Stunden waren seine Gedanken noch völlig wirr gewesen, er hatte nicht gewusst wie er auf seine ehemalige Frau reagieren sollte, was er ihr sagen mochte. Seine Emotionen schienen so ungreifbar, ganz weit weg, aber während seiner Wanderung hatte er jegliches Szenario in seinem Kopf bereits durchgespielt. Er hatte sich vorgestellt wie er ihr die von Madison bereits erwartete Standpauke gab, wie er sie wütend anschrie, weil er mehr Ehrlichkeit, mehr Offenheit von ihr erwartete. Ebenso hatte er vor seinem inneren Auge gesehen wie er vor ihr in Tränen ausbrach, wie er sie anflehte alles zu tun, was in ihrer Macht stand, um diesen Krebs zu bekämpfen. Um einfach hier bei ihm zu bleiben. Und er hatte sich vorgestellt wie er sie in den Arm nahm, wie er sie küsste, mit seiner Liebe erdrückte. All das hatte in seinem Kopf bereits existiert, all diese Emotionen hatte Matt schon spüren und in sich selber ausleben können. Zurück blieb jetzt nur noch sein offener, ehrlicher, wahrer Charakter, die grenzenlose Zuneigung, die er noch immer für diese Frau empfand, und die Erkenntnis, dass er noch nicht bereit war sie zu verabschieden. Die körperliche Schwäche und die dadurch fehlende Energie in ihm, die verhinderte jedoch jegliche theatralische Versuche sie hier zu halten. Matt fiel vor Madison nicht auf die Knie, er bettelte nicht, er überschüttete sie nicht mit Vorwürfen und er stellte auch keine Erwartungen an sie. Stattdessen ging er bloß ganz langsam, ganz ruhig auf sie zu, er legte sachte eine Hand auf ihre Schulter, ehe er sich neben ihr auf den Boden sinken ließ, mit einem tiefen Atemzug, und versuchte mit der Luft, die er daraufhin ausatmete, auch all den Schmerz loszuwerden. Erfolglos. "Ich will das nicht. Ich will nicht, dass deine letzte Erinnerung an mich ist wie ich dir auf die Nerven gehe, also wenn du mein Mitleid nicht hören möchtest und nicht meine Standpauke und wenn du dir auch nicht anhören willst wie ich versuche dich zu belehren oder dich anzuflehen, dann lass ich das. Dann tu ich das nicht. Ich will dir auch keine Vorwürfe machen, Madison. Wenn du entschieden hast mir nicht davon zu erzählen, dann hattest du mit Sicherheit deine Gründe dafür und das respektiere ich, das verstehe ich sogar. Ich weiß zwar nicht was ich in deiner Situation getan hätte, darüber will ich auch gar nicht nachdenken, aber ich kenne dich. Ich weiß wie du bist. Und deshalb glaube ich dir auch, dass du lange über deine Entscheidung nachgedacht und dass du sie ganz klar, ganz bewusst getroffen hast. Es steht mir nicht zu daran zu zweifeln, das weiß ich, das möchte ich auch nicht, ich möchte nur- ich würde gerne wissen warum. Ist das okay? Warum, Madison? Du bist die stärkste Person, die ich kenne. Du hast jeden Kampf aufgenommen, immer, du hast über Jahre hinweg jeden Tag mit dir selber gekämpft, warum jetzt nicht mehr? Warum gibst du dich plötzlich auf? Warum ist es okay das alles hier zurückzulassen-" Mit einer langsamen Handbewegung deutete Matt einmal um sich, auf die Landschaft, auf den makellosen Ausblick und die ganz langsam aufgehende Sonne am Horizont. "Sag mir warum. Und sag es mir so, dass ich es verstehe. Ich muss es verstehen, Madison, sonst werde ich wahrscheinlich den Rest meines Lebens damit verbringen, dass ich mich frage, was ich hätte tun können. Oder ob ich irgendetwas hätte ändern können." Matt sah von unten wieder in die Augen seiner Frau, noch immer ruhig und absurd gefasst. "Ich werde sonst jeden Heiligabend-Morgen verfluchen, an dem ich lieber im Bett geblieben bin, anstatt mit dir zusammen zu sein."


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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23.12.2016 22:40
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Madison Lane
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Beitrag #4
RE: MOUNT GLEASON
So gerne hätte sie sich darauf Vorbereitet, wie es war, wenn die Menschen von ihrer Krankheit erfuhren. Madison war immer unnahbar für die meisten Menschen, die ihren Weg im Leben gekreuzt hatten aber selbst die, die sie so Nahe an sich heran ließ, wie Matt, die hatten immer jemand Starken sich gegenüber gesehen. Einen Gesprächs- oder auch Streitpartner auf Augenhöhe aber jetzt? Jetzt hatten alle das Bild von Menschen im Kopf, die man kannte, die vom Krebs gezeichnet waren und sie wollte das nicht. Maidson konnte das selbst nicht Ertragen. Tief schob sie die Luft aus ihren Lungen und sie schaffte es nicht mal, wie eben, ihn anzuschauen oder die nötige Haltung zu bewahren, die ihr sonst so wichtig war. Die blauen Frau sah verloren auf den Waldboden, gegen den Horizont. Ihre Blicke streichelten die Baumspitzen und am Ende hob sie die Schultern und ließ den Kopf ein wenig in den Nacken sinken. „ Du bist ätzend – du stellst die schwersten Fragen. Du machst das nicht mal mit Absicht, ich weiß das aber...“ Maddi schüttelte den Kopf und Lächelte sanft, es war nicht das erste Mal, dass Matt sie dort traf, wo es am meisten weh tat aber diesen Wundenpunkt, den trafen die wenigsten bei ihr. „...ich weiß auch jetzt, wie oft das schon vorgekommen ist. Glaub mir, ich freue mich gerade, dass du dich zweimal Übergeben hast und ich wäre noch etwas weiter gewandert, hätte ich das kommen sehen.“ Kurz schweiften ihre Blicke zu ihm, denn er wusste, wie Ernst ihr das war. Seine Fragen nahm sie ihm nicht böse, sie schenkte ihm das selbe Verständnis wie er ihr. Matt hatte ihr ganz viel über Respekt beigebracht, gegenüber den Menschen, die man liebte. Nicht umsonst durfte sie ihn nie wieder aus der Wohnung werfen, nachdem sie es zweimal getan hatte aber ihre Ventile hatte er ihr nie genommen. Wenn sie etwas zu sehr Berührte, dann reagierte Madison schon immer mit Wut und Garstig sein darauf und genau das musste sie raus lassen. Wenn sie ihn an das kommen lassen sollte, was darunter zu finden war, musste das erst raus. Mit einer Hand hielt sie den Wein, mit der anderen rieb sie sich über die Stirn und dann stützte sie ihren Kopf darauf und rieb sich den Hals. „ Ich habe unzählige Kriege mit allem und jedem Geführt, gerne und immer wieder gerne aber das ist was anderes Matt. Das ist ein... unfairer Gegner. Drei Monate ist es her, dass ich weiß, dass da etwas in mir ist. Was nicht zu mir gehört. Was mich von innen kaputt macht. Körperlich. Mit Absicht. Die Ärzte wollen mich aufschneiden, gucken.... was da los ist und dann? Was, wenn schon mein ganzer Körper voll ist? Dann darf ich da bleiben, in der Klinik und nicht wieder raus. Dann bin ich nicht mal mehr in der Lage da raus zu kommen. Wie sieht dieser Kampf aus Matt? Operationen? Chemo? Mir die Haut verbrennen lassen, mich Bestrahlen lassen? Ich will das nicht, weil ich weiß, dass das mich beides kaputt macht. Man kann siegen, ich weiß das aber in ein paar Jahren, dann sagt man mir, dass es wieder so weit ist? Das ist damit nicht getan.“ Je mehr sie sprach, desto dünner wurde ihre Stimme und das Kopfschütteln dafür stärker. „ Ich müsste alles ändern – mein Leben ist nun anders. Wo soll ich denn bleiben? Ich will... nirgendwo bleiben.“ Schon wieder, sie wusste das selbst, suchte Madison einen Ort der es sich zu bleiben lohnte in ihrem Leben aber in ihrem Leben würde sie das zu sehr Einschränken. „ Ich weiß nicht ob ich das Überhaupt so erklären kann, dass du mich verstehst aber Matt, jeder unserer Tage war immer genau so richtig – wie er war. Mit allen Eigenarten. Das hat es doch besonders gemacht. Jeder Kerl der aufgestanden wäre, mit mir hier her zu laufen, der wäre nicht mein Traummann gewesen – warum nicht? Wen verfluche ich denn dann, wenn ich wieder unten bin? Oder auf wen stürze ich mich, um ihm den Schock des Lebens zu verpassen, mit meinem kalten Körper, als Rache weil er im warmen Bett geblieben ist? Ich bin so froh über all das, es kommt doch bei uns nie auf die Stunden an, die wir gemeinsam hatten – dafür habe ich zu oft geschmollt – sondern was wir daraus gemacht haben. Wie Glücklich das gemacht hat. Oder, irre ich mich? Wärst du nur ein bisschen weniger Matt, dann hätte ich mich nie so in dich verleiben können." Sie hatte doch gesehen, wie es ihr ergangen war, als sie sich nicht an all die Zeiten und Prozesse der beiden erinnern hatte können. Was da jetzt in ihrem Kopf zu den beiden existierte, toppte jede Hollywood Romanze um längen.
24.12.2016 01:19
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Matthew Dawson
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Beitrag #5
RE: MOUNT GLEASON
Matt versuchte wirklich Madison zu verstehen. Er gab alles dafür, während er ihr stumm lauschte, und wartete sehnsüchtig darauf, dass irgendeine Erklärung aus ihrem Mund kam, die für ihn plausibel und nachvollziehbar klang - die ihm ermöglichte hinter ihr zu stehen und ihre Entscheidung vielleicht sogar zu unterstützen, anstatt unaufhörlich darüber nachzudenken wie er sie doch zum Kämpfen und damit auch zum Überleben animieren könnte - aber letztendlich blieb ihm nichts anderes übrig, als erst sachte und dann immer energischer den Kopf zu schütteln. Das reichte nicht. Das reichte einfach nicht, verdammt. Ja, er kannte seine ehemalige Frau, und ja, ihr Gedankengang war nachvollziehbar, er wusste wie schwer sie sich mit Schwäche tat, aber war das ein Grund einfach aufzugeben? "Nein", hörte sie ihn leise sagen, fast flüsternd, ehe Matt den Blick vom Horizont wieder abwandte und stattdessen in das angespannte, traurige Gesicht von Madison sah. Ganz ruhig und warm. "Das ist vielleicht ein unfairer Gegner in dir, Madison, aber- nicht unbesiegbar." Er hatte in dem Gespräch mit Ian zumindest so viel in Erfahrung bringen können, dass er diese Worte jetzt mit voller Überzeugung sagen konnte. "Und deshalb- nein. Nein, ich verstehe dich nicht, und nein, das reicht mir nicht. Das akzeptiere ich nicht. Ich brauche mehr von dir, als das. Ich weiß nicht, was in den letzten zwei Jahren in deinem Leben passiert ist, Madison, aber- bist du unglücklich? Bist du unzufrieden? Einsam? Bist du ausgeglichen mit dem, was du bist und hast? Tust du genau das, was du tun möchtest? Weil- wenn ich zurückdenke an uns damals, vor deinem Unfall und vor deinem Gedächtnisverlust, an die Frau, die du warst, dann sehe ich in ihr nicht das, was ich jetzt in dir sehe. Meine Madison hätte nicht einfach so kampflos aufgegeben. Meine Madison hätte dem Krebs verdammt nochmal in den Arsch getreten. Das wäre wahrscheinlich die schwierigste, härteste Auseinandersetzung ihres Lebens gewesen, aber sie hätte nicht einfach alles hingeschmissen und sich ihrem Schicksal gefügt. Das hätte sie nicht getan." Oder? Es gelang Matt einfach nicht zu visualisieren, dass seine Frau damals nicht alles versucht hätte, um an dem verrückten, bunten, aber so glücklichen Leben der beiden festzuhalten. Weil er es genauso getan hätte. Lag ihre Resignation also daran, dass es dieses Leben der beiden jetzt nicht mehr gab? Nicht nur ihn an seiner Seite, sondern auch das Haus, Jamie, die Zukunft, die Visionen, die Hoffnungen? Das Gefühl Zuhause zu sein? Angekommen zu sein? Alles, was ihr einst so wichtig gewesen war? Genau das war es nämlich, was Matt so schrecklich beängstigte: Der Gedanke daran, dass er etwas an ihrer Entscheidung hätte ändern können, wenn es ihm nur gelungen wäre ihr damals zu verzeihen. Wenn er vielleicht etwas anders gemacht hätte, früher. Wenn er sie nach ihrem Gedächtnisverlust nicht so überfordert hätte. Wenn er in ebendieser Nacht des Unfalls damals nicht mit ihr aus der Stadt heraus gefahren wäre. Matt war so nicht, das Gefühl der Reue kannte er eigentlich nicht - seiner Meinung nach würde alles irgendwann einen Sinn ergeben -, aber wie könnte er einen Sinn darin finden, dass die Frau, die er so liebte, bald sterben würde? Wie könnte er jemals seinen Frieden damit schließen? Ganz langsam hob er seine Hand, ganz behutsam legte er seine Finger um ihre und drückte sie sachte, warm mit seinen, zog den Daumen zärtlich über die weiche Haut auf ihrem Handrücken, ehe er erneut den Kopf schüttelte. "Ich hab unsere Beziehung immer so gesehen wie du, Madison. Das weißt du auch. Es kam nie darauf an jede Sekunde zusammen zu verbringen, wir mussten nie alles miteinander teilen, wir mussten nicht vierundzwanzig Stunden am Tag aufeinander hängen, aber- wir hatten damals auch immer dieses riesige, ewig lange Konstrukt der Zukunft vor uns. All unsere Pläne. Und irgendwie- waren die auch in den letzten zwei Jahren nie ganz weg, für mich zumindest nicht. Es hat sich falsch angefühlt eine Zukunft ohne dich zu visualisieren, also habe ich einfach in den Tag hinein gelebt und nicht darüber nachgedacht, was in zwanzig Jahren passiert. Oder nächstes Jahr. Nächsten Monat. Nächste Woche. Sogar Übermorgen war für mich immer zu weit vorausgeschaut. Aber ich hab in den zwei Jahren nie ganz mit uns abgeschlossen, Madison, es war immer beruhigend zu wissen, dass es dich irgendwo da draußen gibt und dass es dir gut geht. Und- ich habe einfach eine scheiß Angst davor, was passiert, wenn das nicht mehr so ist. Der Tod ist so endgültig. Also- nein. Nein, ich brauche einen besseren Grund, um deine Entscheidung zu akzeptieren und ich brauche vor allem das Gefühl, dass es nichts gibt, was ich tun könnte, um dich umzustimmen."


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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25.12.2016 13:38
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Madison Lane
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Beitrag #6
RE: MOUNT GLEASON
Als die Hand von Matt sich auf ihre zubewegte, als sie spürte, wie sanft sein Daumen ihre Haut berührte, konnte er hören wie schwer und tief sie Luft holte. Verdammt, was war denn nur los? Schon jetzt war sie so Schwermütig oder was? Das was sie nicht sein wollte. Das was eine Krankheit wie Krebs auch mit sich brachte. Jetzt schmerzte doch all seine Nähe, seine Zuneigung und auch seine Worte nur noch so viel mehr. „ Matt, dass...“ Und schon versagte Maddis Stimme, auch erneutes Luftholen oder der Blick gegen den heller werdenden Horizont konnten ihr heute nicht das Herz oder den Geist leichter machen. Deswegen das Cap der guten Hoffnung, vielleicht reichte der Weg hier her nicht, vielleicht reichte kein einziger Weg mehr in ihrem Leben. Stumm fanden die Tränen endlich einen Weg ihre Wangen hinunter, dass erste und letzte Mal hatte sie bei Ian zugelassen, so über diese Krankheit zu Trauern. „ Ich bin leider nicht deine Maddi, ich weiß, dass ich damals alles gegeben hätte – nach vielen, nervigen Worten von dir, nach einer Zeit meines Rückzuges und all dem, was wir durchgemacht haben, wenn es mir nicht gut ging. Das ist etwas anderes. Deine Maddi hätte dich aber auch nicht betrogen. Es ist so viel passiert in den letzten Jahren und ich kann dir nicht nehmen, dass du damals etwas hättest an meiner Entscheidung ändern können – es ist leichter, etwas für jemanden zu tun weil man ihn nicht alleine lassen will. Das war das Leben von uns, von dir und mir damals aber ich bin anders als du. Ich habe den Gedanken nicht wieder zugelassen, gemeinsam unsere Zukunft zu realisieren, weil ich das kaputt gemacht habe, was uns besonders gemacht hat. Dieses Vertrauen, der andere könnte einem nie so Schaden. Einem nie so weh tun. Ich bin Endgültiger als du Matt, schon immer gewesen.“ Sie drückte ihr Kreuz durch, weil sie sich immer so klein Fühlte mit all ihren Schwächen, Ecken und Kanten. „ Ich bin nicht unglücklich mit meinem Leben jetzt, es ist einfach nur anders. Das ist nicht wie damals in der Wohnung, dem Zimmer, der Höhle...“ Sie zwang sich zu einem Lächeln bei dieser Erinnerung. „...wo ich gelebt habe, bis wie uns über den Weg gelaufen sind. Du hast mir gezeigt, man kann sein Leben Lieben lernen, auch die schlechten Zeiten und du hast mir gezeigt, was es kann und bedeutet, zu Lieben. Wirklich zu Lieben – manchmal sogar ein bisschen sich selbst. Das nimmt mir keiner weg. Auch, wie es ist, Zuhause zu sein und ich bin angekommen, in mir, wirklich. Diese Reisen, diese vielen, fremden Menschen – ich mag das. Das mag ich an meinem Leben. Das mag ich, wie es ist und ich habe mir vorgestellt, das einfach immer zu tun. Bis ich irgendwann durch Altenheime reise, vielleicht schreibe ich Bewertungen. Ich wusste, dass sich kein bleiben anfühlt, wie bei dir zu bleiben. Bei Jamie und dir.“ Das tat so weh, zuzulassen, sich daran zu Erinnern, was Madison sorgfältig verarbeitet hatte. So sehr, dass sie sogar ihre Hand unter seiner drehte und feste ihre Finger mit seinen verkreuzte. Um zu merken, er war hier, er war bei ihr, jetzt. „ Dieses lustige Selbstfindungsding, dass soll dazu da sein, mir zu überlegen, wie es weiter geht aber was ich einfach nicht sehen kann, wie ich in einer Stadt bin, in einem Krankenhaus, gefesselt ans Bett und ab und an schneien ein paar Freunde vorbei. Vielleicht ist es tatsächlich die Angst alleine zu sterben aber das ist okay, weil... du und ich, wir sind egoistisch geworden. Du kannst dir nicht vorstellen, wie es ist, wenn ich nicht mehr da bin aber du kannst mir doch noch nicht einmal verzeihen. Ich will nicht kämpfen, weil das was sich gerade gut anfühlt, dann nicht mehr geht. Weil mein Körper, meine Stärke, vielleicht meine Haare, das werde ich verlieren und dann? Das... ich kann das nicht ertragen. Mir wird schlecht bei dem Gedanken, ich will weinen, schreien, die Augen schließen, manchmal schon das es jetzt einfach vorbei ist.“ Sie hob die Schultern an und sah ihn von der Seite an. „ Es wird dich keine Antwort überzeugen, dass weiß ich, oder was könnte ich je sagen, was dich überzeugt?“ Gab es bei diesem Gespräch ein Ende? Und wie konnte das aussehen.
26.12.2016 01:27
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Matthew Dawson
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Beitrag #7
RE: MOUNT GLEASON
Matt verstummte ganz automatisch, als er sah wie schwermütig Madison auf einmal wurde. Wie sich erst die Tränen in ihren Augen sammelten und dann irgendwann in Rinnsalen an ihren Wangen hinab liefen. Er wollte ihr so gerne helfen, er wollte sie unterstützen und für sie da sein, aber jetzt gerade, da machte Matt alles nur noch schlimmer. Jetzt gerade saß seine ehemalige Frau weinend neben ihm und alle Worte, die sich nach und nach in seinem Kopf formten, würden den Schmerz nur unerträglicher machen und genau das hatte er doch nicht gewollt. Nicht hier, nicht jetzt. Nur einmal konnte er nicht verhindern, dass sich seine Zähne aufeinander pressten und dass haltlos hinaus kam, was er einfach nicht an sich halten konnte. "Scheiße Madison, mich interessieren deine Haare nicht! Oder wie stark du noch sein kannst, nachdem die Ärzte die Medikamente in deinen Körper gepumpt haben. Das alles und noch viel mehr wirst du auch verlieren, wenn du tot bist!" Seine Frau würde wissen, dass Matt unheimlich selten so aus der Haut fuhr und eigentlich hatte er auf dem Weg hier hoch doch schon mit seiner Wut abgeschlossen, glaubte er zumindest, aber diese Worte ließen sich einfach nicht verhindern. Er wandte zwar direkt danach reumütig den Blick von ihr ab, entschuldigte sich nuschelnd und stand sogar auf, um sich ein paar Meter von ihr zu entfernen, dabei auch gezwungenermaßen seine Hand aus ihrer zu ziehen, und regungslos in den Horizont zu starren, doch Matt war eben auch nur ein Mensch. Auch er wurde manchmal von seinen Gefühlen übermannt und brachte nicht ständig nur Harmonie mit sich. Wie könnte er auch, bei dem Gedanken daran, dass Madison wohlmöglich in absehbarer Zeit sterben würde?
Und es brauchte auch tatsächlich eine ganze Zeit lang, in der Matt ihr durchgehend den Rücken zuwandte und wortlos in den Himmel sah, in Richtung der aufgehenden Sonne, bis er sich endlich wieder zu seiner Frau drehte und langsam auf sie zuging. "Es tut mir Leid", sagte er erneut, diesmal nur aufrichtiger und deutlicher, während er achtsam vor ihr in die Hocke sank, seine Hände auf ihre Knie legte und ganz offen und ehrlich in ihre Augen auf sah. Seine Stimme klang ruhig und gefasst, so als hätte er soeben lange über seine folgenden Worte nachgedacht. "Vielleicht werde ich dir niemals verzeihen können, was passiert ist, Madison, vielleicht werde ich dir immer unterschwellig einen Vorwurf daraus machen, das weiß ich nicht. Das kann keiner von uns voraussehen. Aber jetzt gerade, da interessiert mich das alles einen Scheißdreck. Das hier ist größer als unsere Beziehung je sein könnte, es geht um dein Leben, und wenn du mich dabei brauchst, dann bin ich für dich da. Immer. Mein Vertrauen in uns hat vielleicht gelitten, aber mein Vertrauen in dich - niemals. Deshalb bin ich hier und deshalb bin ich auch diesen elendigen Berg hoch gelaufen: Weil du mir unheimlich viel bedeutest und weil du mein Leben mit deiner Anwesenheit so bereichert hast. Du bist einer meiner Lieblingsmenschen, Maddi, das wird sich auch nie ändern, dafür habe ich zu viele wunderschöne und wertvolle Erinnerungen mit dir teilen dürfen. Das nimmt mir keiner mehr weg." Behutsam zog Matt einmal seine Hände von ihren Knien über ihre ineinander verschränkten Unterschenkel, dann langsam wieder zurück, ehe er fortfuhr. "Es hat mich auch unheimlich verletzt, dass du deine Krankheit vor mir verschweigen wolltest. Ich verstehe zwar, warum du das getan hast, aber ich möchte nicht, dass die letzte Erinnerung, die ich an dich habe, unser Gespräch auf dem Dach ist. Und ich finde außerdem - selbst wenn du das nicht möchtest - dass ich ein Recht darauf habe dich mit Mitleid oder auch mit Standpauken zu überschütten. Ich finde, wenn du wirklich diese Entscheidung triffst, dass du nichts gegen die Krankheit tun möchtest, dann solltest du zumindest auch die Stärke besitzen mit den Reaktionen darauf zu leben." Matt gab seiner Stimme ganz bewusst einen leicht provokativen Unterton, weil er wusste, dass er Madison auf die Art schon immer hatte erreichen können. "Und eine Reaktion von mir ist, dass ich mich so lange wie möglich an deine Fersen hefte, denn es kommt vielleicht nicht auf die Masse der Sekunden an, die wir miteinander teilen, aber es kann auch nicht schaden sich noch ein paar davon zu bunkern, oder? Du willst in einer Woche in New York sein? Bei Ian? Okay, dann komme ich mit dir. Und du wirst nicht nur meine Gesellschaft aushalten müssen, sondern auch all die Attraktionen auf dem Weg, von denen ich glaube, dass man sie im Leben unbedingt gesehen haben sollte. Den weltgrößten Schaukelstuhl zum Beispiel. Die Cadillac Ranch. Elmers Flaschen-Baum-Ranch. Den schiefen Wasserturm in Texas. Den Meteor Krater. Den Route 66 Schuh-Baum. Und die größte Ketchupflasche der Welt. Nur ein paar Beispiele natürlich, meine Liste ist lang. Und ja, es ist mir egal, ob du mich mitnehmen möchtest oder nicht. Wenn du mir die Tür von deinem Auto versperrst, fahre ich halt mit meinem hinter dir her und nerve dich jedes Mal, wenn du aussteigst. Wäre aber eine unkluge Idee, weil es eigentlich sowieso unverantwortlich ist diese lange Strecke in einer Woche alleine fahren zu wollen, ohne mal das Steuer tauschen zu können. Und außerdem, zu guter Letzt, glaube ich, dass du jemanden wie mich gerade ganz gut gebrauchen kannst. Anstandshalber frage ich dich aber trotzdem: Was sagst du dazu?" Nein, Matt tat das natürlich nicht nur, um noch ein paar Abenteuer mit Madison zu erleben, bevor sie ins Gras biss, und es war ihm sehr wohl bewusst, dass auch sie das schnell durchschauen würde: Er wollte die Zeit mit ihr auch, um alles tun zu können, was in seiner Macht stand, um sie umzustimmen. Er wollte mehr Zeit, um sich selber mit dieser Krankheit eingehend auseinanderzusetzen und wirklich zu verstehen, was da in ihr vorging. Er wollte einfach mehr Zeit, verdammt, und er hoffte zutiefst, dass Madison ihm wenigstens das zusagen würde.


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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27.12.2016 11:34
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Madison Lane
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Beitrag #8
RE: MOUNT GLEASON
Während Matt ihr den Rücken zugewandt hatte, musste Maddi erst verarbeiten, was da aus ihm heraus geplatzt war. Es änderte nichts an ihrem Entschluss, an ihrer Entscheidung, im Gegenteil, es bestärkte sie – denn es spielte diesmal keine Rolle, ob er damit klar kam, sondern sie selbst. Sie würde das nicht verkraften und sie war sich selten so Sicher gewesen und in diesen Zeiten trug Maddi fast Scheuklappen. Sie war nicht zu erreichen für andere Wege und Lösungen. Sie wollte ihren Tod nicht, sie mochte ihr Leben aber wenn – wenn dann doch wenigstens so, wie sie sich das vorstellte. Als er wieder zu ihr kam, war sie deswegen wenig darauf vorbereitet, was für eine Idee er vorbereitet hatte. Was er sich da ausgemalt hatte zu tun. Für sie war es nun einmal doch wichtiger, dass er ihr verzeihen konnte, bevor sie Amerika verlassen wollte aber die Prioritäten der beiden waren eben auch verdammt unterschiedlich in dieser Situation. Tatsächlich erreichte er dann eine Reaktion von ihr, als er sie so Provozierte und auch wenn sie ahnen konnte, dass er das mit Absicht tat, wusste sie auch, Matt sah das genau so und sie fiel darauf rein. Ihre Augenbrauen wölbten sich nach oben und ihr Kinn rechte sich ein wenig, auch wenn die Tränen zwar getrocknet waren aber noch immer in ihren rötlichen Augen zu sehen war, dass sie geweint hatte. „ Achso – ich muss mich also deiner Reaktion dazu stellen und dich geht das sehr wohl etwas an? Das ist mein Körper und meine Entscheidungen, wo ich auch zu stehe, ich wollte nur keine vorschnelle Reaktion von dir aber gut, ich kann damit durchaus umgehen.“ Hätte sie ihren Stolz denn nicht einmal runter Schlucken und ihr Ego klein halten können? Nach dieser patzigen Antwort, die in typischer Madison Manier aus ihr heraus gekommen war, konnte sie nicht mehr zurück rudern, als er ihr sagte, wie sein für sie da sein aussehen würde und sie konnte doch auch nur ahnen, dass alles sollte auch passieren, um sie umzustimmen. Er würde tatsächlich Standpauken halten, er würde sein Missmut darüber heraus lassen. Er würde ihr Fragen stellen, die sie nicht hören wollte und Ian würde sich ins Fäustchen lachen. Zumindest so lange, bis sie ihn zwischen die Finger bekam, wenn die beiden in New York ankamen. „ Du bist ganz schön von dir überzeugt, wenn du davon ausgehst, genau so jemanden wie dich brauche ich an meiner Seite auf dem Weg zu Ian aber gut. Du lässt ja doch nicht locker und das wäre Umwelt Verschmutzung, wenn du mit deinem Bus auch noch hinter mir her fährst und Geld Verschwendung auch noch. Wenn wir aber da sind und ich weiß noch immer, was ich möchte, wirst du mich herzlich Verabschieden, in den Bus steigen und damit – ganz verantwortungsvoll in mehr als einer Woche –„ Ja auch dieser Seitenhieb hatte sie Provoziert, wenn man damit einmal anfing, konnte sich das zäh durch ein Gespräch mit ihr ziehen. „...wieder zurück fahren. Ob du ihn Jamie gibst, ob du ihn verkaufst, ist mir egal aber du wirst mir das beste Wünschen und nicht noch einmal versuchen, mich umzustimmen. Okay? Außerdem... weil ich nicht weiß, wem ich das sonst in die Hand legen soll, sage ich dir, wo du alles finden kannst, was ich mir... danach... wünsche.“ Sie wagte es kaum auszusprechen, denn hier ging es darum, was sie sich wünschte, wenn sie Tod war und es war deutlich schwer für sie, Matt zu sagen, über was Maddi sich schon alles Gedanken machte und was sie alles plante zu tun. Ian könnte das nur nicht und auch ihre Eltern nicht, Jamie war zu jung und eigentlich hatte sie das irgendeinem Freund in die Hände legen wollen aber Matt fühlte sich an, wie der einzige Mensch, der dieser Aufgabe so gerecht wurde, der sie so umsetzen würde, mindestens mit so vielen Details und Emotionen, wie sie es sich ausmalte. „...ich will vorher festlegen, welche Hilfen ich in Anspruch nehmen möchte und welche nicht. Ich will... schon regeln, ob es irgendwo die Möglichkeit auf aktive Sterbehilfe gibt. Wer von mir was bekommt, wie... wie die Beerdigung sein soll, wo, mit welcher Musik, was gesagt wird. Das... dafür wollte ich eigentlich die Reise nutzen aber ich habe schon angefangen und... das alles würde ich dann in deine Hände geben. Ich werde deine Reaktion akzeptieren und du... meine? Was sagst du?“ Sie war sich nicht wirklich Sicher ob er sich darauf einließ aber ihr schien der Deal fair. „ Und danach... was muss man Heiligabend nach Sonnenaufgang unbedingt noch mal getan haben? Wir können sofort mit deinem Programm beginnen, wenn du möchtest.“ Damit Versicherte sie ihm zumindest, jeden Blödsinn von ihm mit ihm zu veranstalten. Wie sie sich dafür noch verfluchen würde.
28.12.2016 00:04
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Matthew Dawson
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Beitrag #9
RE: MOUNT GLEASON
Matt versagte kläglich an dem Versuch ein besonnenes Gesicht zu wahren, ganz automatisch hoben sich seine Mundwinkel zu einem schiefen, schwachen Lächeln, weil gerade genau das in Madison erweckt wurde, was er immer so enorm an ihr geliebt hatte. Wie erwartet stieg sie auf die Provokation ein, bissig, stolz und stark wie sie nunmal war. Diesen Kampfeswillen, den Matt jetzt in ihr spürte und den sie ihm gegenüber so großartig ausleben konnte, den musste er nur irgendwie auf ihre Krankheit zentrieren. Auf ihr Leben. Mit Sicherheit hatte sie den am Anfang auch gehabt, er konnte sich nicht vorstellen, dass seine Frau jemals völlig kampflos resignieren würde, aber irgendwo in ihrem bisherigen Kampf gegen Ärzte und gegen die grauenhafte Wahrheit, dass da etwas in ihr existierte, gegen das sie wohlmöglich mit all ihrer Stärke nicht ankam, war sie dann eingeknickt. Matt jedoch, er war noch immer ein elender Optimist, in allem, und da war auch die Krankheit seiner ehemaligen Frau keine Ausnahme. Er kannte noch nicht alle Fakten, er wusste nicht wie ihre Chancen aussahen und was genau das alles mit sich bringen würde, aber bisher hatte Matt auch in den schrecklichsten, grauenhaftesten Zeiten immer irgendwie seinen Optimismus bewahren können. Er suchte noch immer nach dem Guten, in allem. Wenn er das nicht tun würde, dann säße er doch jetzt gar nicht hier, vor Madison, die ihn so verletzt hatte wie noch nie jemand zuvor, um sie zu einem weiteren, vielleicht letzten gemeinsamen Road Trip zu drängen. Er sah, dass die nötige Kraft in ihr steckte, er musste nur einen Weg finden sie auf ihren Körper, auf ihr Leben, zu projizieren und dafür würde er gerade tatsächlich alles tun. Wirklich alles. Denn auch, wenn er ihr niemals verzeihen konnte, wenn es immer irgendwie wehtun würde Madison anzusehen und in ihren Augen zu entdecken, was er in ihr verloren hatte, fühlte es sich einfach falsch an in einer Welt zu leben, in der sie nicht existierte. Das war nicht richtig. Das konnte noch nicht das Ende gewesen sein. Nicht für Madison, sie hatte noch so viel zu sehen, so viel zu erleben. Nicht für Jamie, die unter ihrem Verlust schrecklich leiden würde. Nicht nur Ian, der seine starke Zwillingsschwester doch brauchte. Und auch nicht für Matt, der sich trotz seines ständigen Optimismus nicht vorstellen konnte jemals irgendetwas Positives an ihrem Tod finden zu können. Er hatte jetzt zwei Jahre nicht mit ihr gesprochen, er hatte sie zwei Jahre nicht gesehen, nicht ihre Stimme gehört, er hatte sie zwei Jahre nicht berühren, nicht greifen können und doch fürchtete er sich so dermaßen vor der Endgültigkeit des Sterbens. Ihres Sterbens. So sehr, dass er sogar ihre Bedingungen mit einem zögerlichen Nicken hinnahm.
Man hatte deutlich erkennen können wie sich dabei sein Blick auf einmal änderte, wie aus dem schiefen Grinsen ein eher erschrockenes Starren wurde, aber er wusste auch, dass eine Diskussion mit Madison nicht einfach war. Er wollte diese Woche mit ihr gemeinsam in einem Bus? Er wollte ihr zeigen, was ihr bald fehlen würde, durch den Besuch bei dem größten Schaukelstuhl der Welt und einem unheimlich uninteressanten Meteor Krater? Dann musste er dafür auch etwas geben. Und so makaber das auch war, wenn sie im Gegenzug ihre Beerdigung von ihm wollte, dann würde sie diese bekommen. Letztendlich ging es dabei ja nicht nur um Formalien oder darum ihr einen würdigen Abschied zu kredenzen, sondern vor allem darum, dass Matt ihr damit eine Last abnahm. Er wollte nicht, dass sie sich auch noch damit herumschlagen musste, wem sie diese Aufgabe gewissenhaft anvertrauen konnte, ohne zu viel von dieser Person zu verlangen - wie es zweifelsohne bei Jamie oder Ian der Fall gewesen wäre - und obwohl Matt die Vorstellung grauenhaft fand überhaupt darüber nachzudenken, was Madison sich für die Zeit nach ihrem Tod wünschte, stimmte er letztendlich zu. Sein Optimismus war sowieso felsenfester Überzeugung, dass es niemals dazu kommen würde. Madison würde kämpfen und sie würde siegen und dieser schreckliche, unangenehme Druck auf seiner Brust würde über kurz oder lang wieder verschwinden. Daran glaubte er ganz fest. Etwas anderes, an das er glauben konnte, blieb ihm doch auch nicht.
"Okay. In Ordnung. Ich bin mir sicher es wird ein wundervolles Gespräch mit dir durchzusprechen welche Lieder du auf deiner Beerdigung spielen möchtest und wie viele Büsche und Blumen ich samt Wurzeln auspflanzen muss, damit keine Pflanze für dein Ableben stirbt, aber- okay. Ich übernehme diese Dinge für dich." Matt war sich noch nicht sicher, ob sein ironischer Unterton in einer Situation wie dieser angebracht war, aber wann hatte er jemals etwas darauf gegeben taktvoll zu sein? Taktlosigkeit lag ihm so viel besser. "Im Gegenzug krieg ich die gesamte Woche bis Silvester und das Recht alle Reaktionen an dir auszulassen, die ich für richtig halte. Außerdem versprichst du mir, dass du dich auf meine Pläne einlässt und schön alles mit mir durchmachst, was ich unbedingt sehen oder erleben möchte auf dem Weg." Wie bei einem förmlichen Deal hob er eine Hand von ihrem Bein, um sie in Madisons Richtung zu strecken und ihre Vereinbarung durch einen Handschlag zu besiegeln. Genau darauf hatte er auch gewartet, denn noch während ihre Hände gegeneinander gedrückt waren, lehnte er den Kopf ein wenig zur Seite und lächelte dasselbe provokative Lächeln von eben. "Und damit fangen wir heute gleich an. Ich möchte, dass du zu Jamie gehst. Und ich möchte, dass du ihr erzählst, dass du krank bist." Wenn er mit etwas niemals scherzen würde, dann mit dem Wohlergehen von Jamie und er tat das hier gewiss nicht nur deshalb, weil er Madison an ihre Grenzen bringen wollte, vor allem nicht an Heiligabend, aber auch wenn seine ehemalige Frau das anders sah, war er der festen Überzeugung, dass seine kleine Tochter-Schwester mehr brauchen würde, als ein paar Briefe. "Eigentlich bin ich gleich mit ihr verabredet, zum Plätzchen backen und essen, aber ich möchte, dass du stattdessen zu ihr gehst und dass du ihr erzählst, was los ist. Von Angesicht zu Angesicht. Ohne Briefe. Ich weiß, dass du sie schützen willst, Madison, und dass du es nur gut mit ihr meinst, ich weiß auch, dass sie schon unheimlich viel durchmachen musste, aber sie ist kein kleines Kind mehr. Du musst sie vor nichts schützen. Ich finde, dass sie den Respekt und die Aufrichtigkeit von dir verdient hat sich darauf einzustellen, was vielleicht mit dir passiert. Ich weiß, wovon ich spreche, mir wolltest du schließlich auch nichts davon sagen. Das wird hart, auf jeden Fall, aber- sag es ihr. Sprich mit ihr. Tröste sie. Zeig ihr, dass es okay ist und dass du sie liebst. Wenn sie dir sagen will, dass du kämpfen sollst, dann hat sie ein Recht dazu. Hör es dir an. Bitte. Es wäre leichter dich davor zu verschließen, aber der einfache Weg war noch nie dein Weg. In Ordnung? Ich gehe in der Zeit einkaufen, ich besorge ein paar Lebensmittel, ich hol ein paar meiner Sachen, zeichne unsere Ziele in die Straßenkarte ein und dann komm ich am Nachmittag und wir fahren los? Einverstanden?" Mit großen, offenen, erwartungsvollen Augen sah Matt Madison an und zog in weiteres, letztes Mal seine Hand über ihr Schienbein.


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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31.12.2016 16:31
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Madison Lane
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Beitrag #10
RE: MOUNT GLEASON
Das es so schnell gehen würde, diesen Handschlag zu bereuen, hatte Madison tatsächlich nicht erwartet. Er konnte genau sehen, wie die Farbe aus ihrem Gesicht wich und ihre Hand sich immer fester um seine schloss. Mit Sicherheit jaulte er gleich auf, wie grob sie zu ihm war aber er war das selber Schuld und sie würde auch noch fester und länger drücken, wenn ihr danach war. Sie hatte komische Besichtigungen im Kopf, sie konnte sich sogar Vorstellen in blöden Enterprise Kostümen den Krater zu besichtigen, um es spannender zu machen und ja, sie würde sich sogar mit ihren kreativen Ideen einlassen, um seine Vorhaben zu ergänzen aber das hier? Was er jetzt verlangte? Erst konnte sie nichts sagen sondern ließ lediglich irgendwann seine Hand doch wieder in Frieden aber dann plusterten sich ihre Wangen auf und die Augen verengten sich. „ Du bist...“ Eine richtige Beleidigung fand sie leider nicht, weil was er wollte war sein gutes Recht. Vielleicht konnte er das sogar besser Beurteilen als sie selbst, denn er steckte in der selben Situation wie Jamie – nur – das würde Madison das Herz brechen und Jamie ebenso. „...Penner. Echt jetzt.“ Garstig sein hatte sie gerade angefangen und das fühlte sich so viel besser an, als das weinen zuvor, also blieb sie dem Tenor auch Treu aber schließlich nickte sie doch. „ Ich werde es ihr sagen, ich werde ihr sagen, was mein Plan ist damit umzugehen aber dann... dann fahren wir nicht heute noch. Dann... kommst du nach dem Einkaufen und allem dazu, wir Essen gemeinsam und solange sie wach bleiben will und will, dass wir da sind, bleiben wir. Wenn du das kannst und wenn das für dich in Ordnung ist? Ansonsten teilen wir den Abend auf, wie sie das möchte. Ich will euch auch nicht das Fest verderben. Was ich will, dass ich noch da bin, wenn... sie noch irgendwelche Fragen hat und wenn... sie... mich braucht. Zumindest ein bisschen noch.“ Immerhin gab es zig Menschen, mit denen sie sich vorstellte, dass Matt lieber den Abend verbrachte als mit ihr. Auch wenn er eine Woche mit ihr weg fahren würde, war noch immer nicht alles gut zwischen den beiden und es ging nicht darum auf Familie zu machen sondern er wollte sie umstimmen, gar nicht gegen den Krebs zu kämpfen. Sie musste ihm aber nicht detailliert Erklären, warum sie ihm anbot, Madison heute noch zu meiden. „ Morgen rufe ich Ian an, den kleinen Verräter und sage ihm Bescheid, dass wir beide kommen.“ Dann konnte der sich schon mal in Sicherheit bringen. „ Wir schlafen direkt in dem Bus, dann können wir auch zeitig los und ich muss nicht warten, bis du dich aus irgendeinem warmen Bett bequemt hast.“ Ja, darauf musste sie herum reiten, auf irgendwas musste sie doch auch patzig sein dürfen, wenn er ihr schon den Sonnenaufgang mit so einer Last auf den Schultern beschwert hatte. Denn nachdem alles geplant war, legte sich eine schwere Stille nieder. In ihrem Kopf formten sich zig Wege, Jamie von ihrer Krankheit zu erzählen und sie erinnerte sich einmal mehr daran, wie es war, die Nachricht zu bekommen. Wie es war, den Facharzt aufzusuchen und im Wartezimmer Frauen zu sehen, die weinten, die Kopftücher um ihre Köpfe gewickelt hatten, damit das fehlende Haar nicht so krass auffiel und die so viel mehr dem Tod Nahe und Unglücklich aussahen als Hoffnungsvoll. Natürlich war das nicht bei allen so aber Madison war das so heftig aufgefallen, was auch sie erwartete, sie hatte das Wartezimmer verlassen ohne den Termin abzusagen oder einen neuen zu vereinbaren. Sie war einfach nicht mehr ans Telefon gegangen, wenn die Sprechstundenhilfe anrief. Schmerzen nach einer Operation und Trägheit nach einer Chemo hätte sie ausgehalten aber das, was da auf sie wartete? Niemals, dass würde sie nicht aus sich machen lassen.
Wie bei Matt schien aber auch keine Angst oder Sorge der Welt das Verständnis bei Jamie wecken zu wollen, warum Madison nicht kämpfen wollte. Das rothaarige Mädchen weinte in ihren Armen, als sie ihr aber genauso auflistete, welche Hilfsmöglichkeiten es schon gab. Welche Top Ärzte – von Schulmedizin bis Naturheilverfahren. Madison hatte fast vergessen, wie gut Jamie auf jedem Fachgebiet war, durch ihre Wissbegierde aber dennoch. Immer wieder musste Jamie einsehen, dass Madison einen Entschluss für sich gefasst hatte und klammerte sich nur noch mehr an ihr fest, bis auch die erwachsene Frau schon wieder zu weinen begann. So saßen sie auf dem Sofa, in dem neuen und so liebevoll wirkenden, neuen Zuhause von Jamie bis Matt ankam. Der Abschied von Jamie wäre grauenvoll und auch wenn Maddi beruhigt sein müsste und ihr sagte, wie Stolz sie war, wie gut sie im Leben angekommen zu sein schien, es wurde ihr deutlich, mit wie viel Kummer sie ihre Schultern beschwert hatte. Genau das hatte sie nicht gewollt. Das jetzt schon jeder Blick von Jamie so leidend schien, denn weniger standhaft als Matt, ebbte die Bitte ab, doch zu Kämpfen und zurück blieb nur Traurigkeit und dieses Mitleid, was Madison so schlecht ertrug. Ob es richtig war Matt zu bitten, das noch länger als Nötig auszuhalten? Ja, denn wenn sie es schon Wissen musste, dann brauchte sie nun auch noch eine starke Madison, die sich immer und immer wieder selbst zwang, Jamie die Sorge zu nehmen, ohne sie an ihrer Seite und mit der Gewissheit, irgendwo auf der Welt ging es Maddi schon gut, nicht weiter glücklich sein zu können. Einmal gab Matts kleine Tochter-Schwester auch von sich, sie zu wenig besucht zu haben und zu wenig Wertschätzung ihr Gegenüber gezeigt zu haben und weil Madison nicht wusste, wie sie ihr diesen Schwachsinn aus dem Kopf streichen konnte, war sie es, die Matt die Türe öffnete und ihn Wütend anstarrte. Er wusste, es hatte nichts mit wirklicher Wut zu tun – sondern damit, dass Maddi eben nicht mit jeder Reaktion umgehen konnte und das sie verdammt nochmal Hilfe brauchte, Worte zu formen, die es für Jamie besser machen konnten. Sie verwies ihn kurz auf den Flur, indem sie die Tür halb hinter ihrem Rücken schloss. „ Sie ist nicht mal halb so hartnäckig wie du sturer Bock und sie... akzeptiert, was ich möchte aber sie... fängt jetzt schon wieder an, nach etwas zu suchen, was sie falsch gemacht haben könnte. An Tagen, wo sie lieber bei ihrem Freund war als mich zu besuchen oder wenn ich mal in der Stadt war und sie für die Uni gelernt hat, statt etwas trinken zu gehen mit mir. Was... Wie ändere ich das?“ Hoffentlich konnte er ihr irgendwas geben, was ihr dabei half, diese Gedanken in Jamie zum schweigen zu bringen.
02.01.2017 00:23
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