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GREEN VALLEY
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Noah Scott
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Beitrag #1
GREEN VALLEY
Ich war so sehr auf Apple fixiert, darauf ihr liebevoll über den Arm zu streicheln und sie dadurch hoffentlich ein wenig zu beruhigen, während mir gleichzeitig noch durch den Kopf ging, was mit Haily passiert war, dass ich gar nicht schnell genug reagieren konnte, als der Schaffner die Tür öffnete und uns erwartungsvoll ansah. Mit großen Augen blickte ich erst ihm ins Gesicht, dann zu Apple, die nach ihrem Ticket kramte, und wollte mich eigentlich schon dafür entschuldigen, dass ich keins besaß - in dem guten Glauben, dass jeder Mensch in gutes Herz hatte und dass auch der Schaffner die Dringlichkeit unserer Situation verstehen würde - als Apple aber schon urplötzlich den Nothebel zog und dann auf einmal an meinem Arm riss. Sie hatte doch nicht-? Das hatte sie nicht getan?! Doch, hatte sie. Aus dem einfachen Grund, dass sie genau so hätte reagieren müssen, wenn sie selber kein Ticket besitzen würde. Der Schaffner hätte ihre Personalien kontrolliert, hätte festgestellt, dass sie erst 17 Jahre alt wäre und dann, wegen des fehlenden Tickets, jemanden kontaktiert. Eigentlich ihre Erziehungsberechtigten, aber die gab es schließlich nicht mehr. Das hätte sie dann auf direktem Weg zurück in ein Heim gebracht und obwohl ich diese jetzige Situation ganz anders geklärt hätte, folgte ich ihr trotzdem blind den Gang hinab und dann sogar durch das zerbrochene Fenster nach draußen. Wütend hörte ich den Schaffner hinter uns schreien, aber ich drehte mich kein einziges Mal zu ihm um, sondern sah nur auf Apple, die vor mir rannte und mir durch dichte Büsche den Weg wies. So weit, bis nichts mehr zu hören war, abgesehen von unserem eigenen keuchenden Atmen, und wir uns einigermaßen sicher sein konnten, dass niemand mehr hinter uns war. Im Schutz einiger Bäume blieb wir endlich stehen und weil mein Herz vor Überanstrengung so schwer schlug, ließ ich meinen Oberkörper erstmal schwer atmend nach vorne sinken, stützte meine eigenen Hände auf den Knien ab und schnappte mehrmals tief nach Luft. Bis ich genug davon hatte, um mich wieder aufzurichten, Apple anzusehen und schwer zu nicken. "Danke. Das hättest du nicht tun müssen für mich, aber- Danke." Erschöpft rieb ich mir mit dem Ärmel meines Pullovers den Schweiß von der Stirn, ehe ich das Kleidungsstück ganz auszog und nur im T-Shirt die Hände in meine Hüften stemmte. So als könnte ich dadurch eventuelle Seitenstiche verhindern. "Wo- wolltest du überhaupt hin? Mit dem Zug, meine ich. Was war dein Ziel? Hattest du überhaupt ein Ziel?"
20.08.2016 19:51
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Apple Jean White
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Beitrag #2
RE: CENTRAL STATION
Auch sie war total außer Atem nach der überstürzten Flucht und lehnte sich an einen der Bäume, Rang nach Luft und betrachtete den Boden zu ihren Füßen. Langsam wurde sie schon paranoid, es hätte nicht einmal sein müssen, dass ihr Ausweis kontrolliert wurde, nur weil Noah kein Ticket hatte. Das war sogar eher unwahrscheinlich. Sie wollte aber auch ihm keine Probleme machen nur wegen ihr, nur weil er sie mal wieder gesucht hatte. Also schüttelte sie den Kopf, nachdem er sich bedankt hatte. " Du sollst keine Probleme haben wegen mir..." besonders nicht finanziell, nachdem er ihr neulich noch sein restliches Geld überlassen hatte aber sie sagte dazu nichts. Ihr war nicht nach Diskussionen zumute. Eigentlich war sämtlicher Ansporn für irgendwas aus ihrem Leben gewichen und sie hatte Glück, dass sie zäh und mechanisch geworden war über die lange Zeit, die sie schon auf der Straße lebte. So das irgendein Trott schon funktionierte und so auch, dass sie einfach mal wieder Hals über Kopf die Stadt verlassen hätte. " Nein, kein Ziel. Soweit weg wie mit dem Geld möglich gewesen wäre..." Und weil sie glaubte, seinen Blick deuten zu können, woher das Geld kam, schüttelte sie den Kopf. "...ich hab dafür nicht gearbeitet. Ich hab es anders aufgetrieben." Das Joker sich als Fehler herausgestellt hatte, hatte sie ihm ja- mehr oder minder- schon gesagt. " Was machen wir denn jetzt? Ich will nicht zurück." Wollte sie wirklich nicht aber was wollte Noah nun tun?
22.08.2016 11:01
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Noah Scott
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Beitrag #3
RE: GREEN VALLEY
Irgendwo außerhalb von Los Angeles, mitten im Nirgendwo, hatte Apple den Zug zum Stehen gebracht, dort, wo in diesem Land unendlicher Weiten die Zivilisation eher spärlich war. Unsicher sah ich deshalb auch über die Landschaft hier, stellte frustriert fest, dass nicht einmal mein Handy sich mit dem Netz verbinden konnte, und zuckte dann mit den Schultern, als ich Apple wieder ansah. Mein Instinkt sagte mir, dass wir irgendwie zurück nach Los Angeles kommen mussten, dass wir vielleicht zur nächsten Farm laufen und dort um Hilfe bitten sollten, aber sie hatte sich aus einem Grund in den Zug gesetzt. Sie wollte nicht mehr in der Stadt sein, mit der sie jetzt so viele schreckliche Erinnerungen verband, und während ich mir zwar vornahm das zu respektieren, stellte uns das auch vor das große Problem, welches Ziel wir stattdessen ansteuern sollten. Oder - sie alleine. Wollte sie mich überhaupt bei sich haben? Wollte sie lieber ohne mich weiterziehen? Ich hatte doch auch gar keine Sachen bei mir, wie sollte das funktionieren? Weil ich die Antworten darauf aber gerade gar nicht hören wollte, behielt ich diese Dinge einfach für mich, schüttelte schwach den Kopf und deutete wahllos in eine Richtung. "Wir- laufen drauf los und schauen, was passiert." Motiviert nickte ich ihr zu, in der Hoffnung, dass genau das ihr vielleicht sogar helfen könnte. Bei mir wäre es zumindest so. In den letzten Monaten hatte ich gelernt wie wertvoll es war sich in der Natur zu bewegen, wie viel man über sich und über die Welt lernen konnte, wenn man mal einen Tag ziellos durch die Landschaft wanderte und wie nichtig man selber und damit auch die eigenen Probleme schienen, wenn man sich einfach mal von der Zivilisation löste. Da gab es so viel Schönes, so viel Leben. Die Welt schien viel mehr im Einklang, als in den großen, hektischen Städten. Ich wusste nicht, ob Apple das genauso sehen würde oder ob sie sich überhaupt darauf einlassen konnte, aber weil uns hier in der Einöde sowieso keine andere Möglichkeit blieb, gingen wir einfach drauf los. Eine gute Stunde lang zogen wir durchs Land, in der ich sie bewusst nicht noch einmal nach Chris fragte, sondern mir stattdessen erklären ließ, was da gestern mit Joker geschehen war, ehe sich der Himmel über uns verdunkelte, weil ein Gewitter heran zog. Die ersten Regentropfen waren schon gefallen und unsere Kleidung durchnässt, als wir zum Glück eine kleine, alte Scheune fanden, wo vor einiger Zeit wohl mal Heu gelagert wurde, in die wir flüchten konnten. An einigen Stellen kam der Regen zwar durchs Dach, aber wir hatten schnell in der Mitte einen trockenen Platz gefunden, wo ich mich mit einem tiefen Atemzug auf den Boden setzte und an meinem feuchten T-Shirt wedelte. "Vielleicht müssen wir einfach für immer hier bleiben", scherzte ich, ein Blick in Apples Gesicht verriet mir aber, dass sie das gerade nicht an sich heranlassen konnte. Verständlicherweise. "Wenn du- irgendwo auf der Welt hingehen könntest, egal wo, was wäre das?"
24.08.2016 12:36
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Apple Jean White
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Beitrag #4
RE: GREEN VALLEY
Das Gewitter passte doch nur noch um einiges besser zu ihrer Momentanen Stimmung und deswegen machte es ihr auch nichts aus, durch den Regen zu laufen und zu Schweigen. Vielleicht war es aber das tatsächlich, was sie brauchte, denn sie konnte sich in Ruhe ihre Gedanken machen und irgendwo in ihrem Herzen ahnte sie auch, dass es schön war, Noah bei sich zu Wissen. Das, was in ihrem Leben aber geschehen war, war nun an einem Punkt, der zu viel war und deswegen konnte sie auch kaum Emotionen zulassen, die ihr vermittelten, dass Leben war doch nicht nur schlecht und es würde wieder Bergauf gehen. Noah konnte noch nicht Wissen, wie fürchterlich es in ihr aussah und das Apple kaum mehr selbst die Kraft hatte, sich zu Helfen aber er würde sich davon in dieser Nacht noch ein Bild machen können. Durch den Tod von Chris, dem was er getan hatte und wie einsam sie sich nun vorkam, damit konnte ein siebzehnjähriges Mädchen nicht fertig werden. Der Strich, das mit Joker, wie das in San Francisco geendet war, Apple war einfach an ihrer Belastungsgrenze angelangt nur weil sie niemanden an sich heran ließ konnte das auch keiner so erahnen. Monoton und kühl berichtete, was sie über Joker wusste und auch wenn sie das sauer machen sollte oder traurig brachte sie keine Emotion zustande. Als die beiden endlich in einer Scheune ankamen und Noah einen Witz machte, hob sie nur eine Augenbraue an – es fühlte sich eher so an, als könnte sie nie wieder Lachen und auch die Frage danach, konnte sie ohne weiteres nicht beantworten. Es gab keinen Erstrebenswerten Ort in ihrem Leben, sie sah sich nirgendwo in einer anderen Gefühlslage als jetzt und sie zerrte den nassen Pullover über ihren Kopf, richtete die Haare, die sich durch das Wasser gelockt hatten und fiel sofort wieder in eine Haltung, in der sie sich Selbstschutz gab. Angezogene Beine und die Arme fest darum gelegt, Ihre Statur wirkte noch kränklicher und blasser als sonst, als sich ihr Blick einer undichten Stelle widmete, wo immer wieder ein Wassertropfen durch das Dach kam. Sie war außerdem Müde und ausgelaugt, immerhin hatte sie sich die gesamte Nacht um die Ohren geschlagen, in der Noah bei Lahja gewesen war. „ Ich will nirgendwo hin im Moment, ich will endlich Volljährig sein und... mein Leben irgendwie in die Hand nehmen. Ich will mich Zuhause fühlen... und dabei auch niemanden mehr angewiesen sein. Weißt du, ich hatte eine Familie, Menschen die mich geliebt haben und ich weiß, wie das ist, wenn man ein Zuhause hat... wie sich das anfühlt, wenn man dort hin zurück kehrt, egal wie blöd die Welt da draußen manchmal war und auch wenn das ebenso nicht mehr war als eine Lüge... haben mich meine Eltern geliebt und das will ich. Egal wo ich das finden kann...“ Sie sprach das nur auch so aus, als hätte sie längst den Glauben daran verloren, diesen Ort zu finden.
25.08.2016 17:01
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Noah Scott
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Beitrag #5
RE: GREEN VALLEY
Wortlos beobachtete ich Apple, als sie sich neben mir auf den Boden setzte und sich erneut so klein machte wie nur irgend möglich. Wie sie ihre Hände in die eigenen Beine krallte, sie ganz eng an ihren Körper zog und mit einem so traurigen Blick an mir vorbei gegen die Decke starrte, dass es mir beinah das Herz zerriss. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich mich das letzte Mal so machtlos gefühlt hatte, so unfähig ihr irgendetwas von diesem Schmerz zu nehmen, den sie gerade spüren musste. Nicht nur jetzt gerade, nicht nur in diesem Moment, sondern auch auf lange Sicht. Konnte ich ihr überhaupt das geben, was sie jetzt gerade brauchte? Konnte ich ihr Sicherheit geben? Zuneigung? Einen Ort, wo sie sich Zuhause fühlen konnte? "Ich liebe dich." Obwohl das eher platonisch gemeint war und obwohl ich dabei die Schultern hochzog, wusste Apple doch gar nicht recht wie viel Wahrheit eigentlich in diesen Worten steckte. "Und Haily liebt dich. Du könntest- bei uns Zuhause sein. Du könntest bei uns diesen Platz finden, den du suchst." Schon wieder zeichnete sich ein schwaches, motivierendes Lächeln auf meinen Lippen ab, als ich sie ansah, aber eigentlich wussten wir doch beide, dass es nicht dasselbe war wie eine richtige Familie. Wie dieser Ort, von dem sie sprach. Obwohl ich schon seit Ewigkeiten nur noch spärlichen Kontakt zu meinen Eltern hatte und obwohl meine Freunde schon lange meine engsten Vertrauenspersonen waren, gab es da trotzdem einen Unterschied. Und der würde auch immer bleiben. "Ich will nur, dass du weißt, dass ich für dich da bin, okay? Wenn du mich brauchst. Ich weiß nicht genau wie ich dir helfen kann und wie ich das alles- besser machen kann, aber ich bin immer noch für dich da und wenn du über- Chris reden möchtest oder wenn du dich einfach nur in einen Zug setzen und ziellos irgendwohin fahren möchtest oder wenn du denkst es würde dir helfen dich draußen in den Regen zu stellen, bis du wirklich klitschnass bist, dann- mach ich das alles mit dir. Wenn du das willst. Was immer dir hilft, um dich- ein bisschen besser zu fühlen." Ich nickte einmal vorsichtig und streckte sogar meine Hand zu Apple aus, um meine Finger sachte über ihren Unterarm zu ziehen, aber trotz der Ruhe in meiner Stimme, raste mein Kopf, genauso wie mein Herz. Würde ihr das helfen? Wäre das wirklich genug? Oder war es vollkommen falsch, was ich hier tat? Konnte sie das alleine überstehen? Ohne professionelle Hilfe? Oder sollte ich sie lieber dazu motivieren, dass sie sich in ärztliche Betreuung gab, um diesen Schock zu überwinden? "Willst du dich erstmal ein bisschen ausruhen? Etwas schlafen? Und dann- schauen wir wie es weiter geht?"
26.08.2016 16:16
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Apple Jean White
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Beitrag #6
RE: GREEN VALLEY
Viel eher schüchtern und Scheu als Selbstbewusst sah Apple in die Augen von Noah, auch nur kurz – bis er von Haily sprach und sie den Kopf senkte, den Hände zu Fäusten Ballte und sie gegen ihre Schläfen drückte. Sie konnte die Bilder aus ihrem Kopf nicht los werden und sie konnte nicht fassen, was ihr Vater getan hatte. „ Es ist... wirklich lieb von dir, dass du so viel für mich tun möchtest... versteh mich nicht falsch aber ich kann... im Moment einfach nicht.“ Apple war das doch alles zu viel, deswegen war sie davon gelaufen und deswegen hatte sie ihm am Telefon nicht gesagt, wo sie war. „ Ich weiß nicht... was gut ist und was nicht, ich... weiß nicht wo ich hin will oder soll oder was das hier besser macht. Ich Glaube nicht das irgendwas das hier besser macht. Ich wollte gehen... und wieder weiter machen wie vorher, das hat geklappt aber das kann ich nicht... wenn du da bist... ich muss nachdenken? Okay? Ist das okay?“ Apple fuhr sich mit den zittrigen Fingern über den Nacken. „ Ich... muss mich etwas ausruhen... und dann... dann sehen... können wir uns an das Tor setzen?“ Es war weniger stickig an dem offenen Tor, Apple lehnte sich an die Wand und ließ einfach ihren traurigen Blick über die Landschaft schweifen, schweigend nahm sie das Bild in sich auf, was sie so sehr an ihr inneres Erinnerte und trotzdem hatte sie selbst das Gefühl, nie wieder einen sonnigen Tag genießen zu können. So viel holte sie mit einem Mal ein und zu vieles war in den letzten zwei Jahren schief gelaufen, das Herz von einem jungen Mädchen und einer Heranwachsenden konnte das nicht verkraften und auch ihr Geist nicht. Irgendwann schlief sie zumindest mit dem Kopf an der Holzwand neben sich ein und fand so ein wenig Frieden in sich – aber nur so lange, bis sie wieder erwachte und die fürchterlichen Bilder sie wieder einholten. Es war still und schon mitten in der Nacht, nur die letzten Ausläufer des Gewitters waren noch plätschernd zu vernehmen und als Apple Noah so ansah, war ihr klar, wie schwer sie auch ihm das Leben nur machte. Sie würde ihn nur wieder und wieder enttäuschen müssen und er bemühte sich doch so sehr. Also dauerte es nicht einmal lange, wie ihr ein Gedankengang kam – eventuell war der auch schon da gewesen. Eigentlich wollte sie Noah das Bild ersparen, was sich ihm bieten würde aber sie kam sich nicht so vor, als habe sie Zeit für lange Abschiedsbriefe und so schenkte sie ihm nur einen letzten Blick, eher sie leise aufstand und an ihren Rucksack ging. Immer wieder vergewisserte sie sich, dass er noch schlief, eher sie zur anderen Seite der Scheune hinaus ging in den Regen... in ihren verschränkten Armen hielt Apple die Waffe und das war kein Zufall. Nein, sie wog das schwere Ding in ihrer Hand und es schien eine so schöne Lösung zu sein, all die Zweifel in sich zum schweigen zu bringen und in die Hölle würde sie ohnehin kommen. Vielleicht war das auch das beste, was sie je getan hatte, wenn sie sich ansah, was ihr Vater in seinem Leben alles getan hatte und mit dieser Gewissheit entsicherte sie auch die Waffe. Es war ein komisches Gefühl sowas auf sich selbst zu richten, mitten im Gewitter, mitten im Nirgendwo, mitten im hohen aber trockenen Gras, damit der Anblick für Noah nicht so fürchterlich war. Sie hoffte richtig zu treffen aber hier kam eh so schnell kein Krankenwagen hin und weil Apple nicht feige sein wollte, hatte sie sogar die Augen dabei auf, als sie die Waffe in den Mund nahm. Man hatte schon vieles von ihr abverlangt, wenn mal ein Freier sie bewaffnet abzockte – meist an die Schläfe oder an den Hinterkopf hatte man ihr die Waffe gehalten, deswegen entschied sie sich für den Weg und weil sie wusste, in welchem Winkel sie schießen musste, um die Wahrscheinlichkeit zu vergrößern, sich das Leben zu nehmen. Sie schien sich ihrer Sache auch ziemlich sicher, die weinte nicht und sie zitterte nicht mit ihren Fingern - das hier war einfach für alle das beste.
26.08.2016 22:56
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Noah Scott
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Beitrag #7
RE: GREEN VALLEY
Zehrend lang zog sich dieser Tag hin. Bis in den Abend saß ich einfach nur dort, an dem geöffneten Tor, und beobachtete das Gewitter draußen oder aber das schlafende, so ruhig und friedlich wirkende Gesicht von Apple. Irgendetwas musste ich doch für sie tun können, irgendwie musste ich hier helfen, aber im Moment fühlte ich mich so machtlos wie nie zuvor. Ich hatte so oft versucht sie auf den richtigen Weg zu bringen, ihr die richtigen Werte zu vermitteln, ich hatte versucht ihr ein Freund zu sein und ununterbrochen auf sie eingeredet, aber es war fast so als hätten all meine Worte im Moment keinen Sinn. Nichts, was ich sagte, könnte das hier besser machen und das war auch für mich so belastend, dass ich den Schmerz sogar körperlich spürte. Immer, wenn ich sie zu lange ansah, schnürte es mir die Luft ab, mein Herz schlug ganz schwer in der Brust und ich musste hilflos den Blick von ihr abwenden und tief die kalte Luft in meine Lungen ziehen, um wieder richtig atmen zu können. Apple hatte schon vorher nicht viel gehabt, nur sich selber und ihre eigenen Hoffnungen und Ziele, aber was blieb ihr denn jetzt noch? Nach dem Tod von ihrem Vater und nachdem sie auch erfahren musste, wozu er fähig war? Da war doch nichts mehr. Was konnte ich ihr sagen, um es besser zu machen? Mehrmals schob ich mir völlig verzweifelt die Hände in die Haare, ließ meinen Kopf nach vorne sinken, oder tippte nervös auf meinem Handy rum, weil ich hoffte doch irgendwo Netzempfang zu finden, aber bei dem Gewitter da draußen war das noch aussichtsloser. Wenn ich gar nicht anders konnte und wenn all die Fragen zu hart auf meine Schultern drückten, dann stand ich auf, drehte ziellos, leise ein paar Runden in der Hütte, aber ließ mich dann doch wieder an das Tor sinken und lauschte bewegungslos dem prasselnden Regen. So lange, bis auch mir die Augen zu fielen. Eigentlich hatte ich versucht das zu verhindern - warum wusste ich selber nicht, vielleicht hatte ich unterbewusst sogar eine Vorahnung - aber die ganze Situation zehrte so sehr an meinen Nerven und an meinem Körper, dass mein Kopf irgendwann gegen das Holz hinter mir sackte und ich in einen unruhigen Schlaf verfiel. Nicht lange, höchstens eine Stunde war ich weg, aber als ich die Augen wieder öffnete, blinzelnd in der dunklen Hütte um mich sah, da war niemand mehr hier. "Apple?", sprach ich rau und leise in den Raum, während ich meine müden Knochen schon aufrichtete und noch einmal mit meinem Blick die Dunkelheit absuchte. Ihre Tasche war noch da. "Apple?", fragte ich deshalb noch einmal, diesmal etwas lauter, aber ohne auf eine Antwort zu warten hatte ich mich schon auf die Füße gekämpft und war nach draußen gelaufen, um auch dort nervös um mich zu sehen. Bis ich dann tatsächlich, unweit von der kleinen Scheune in einem Feld, den Körper von ihr entdeckte. Im ersten Moment konnte ich noch gar nichts erkennen, aber da lag so eine Spannung in der Luft, dass mir erneut die Luft stockte und mein Herz schmerzhaft schwer gegen den Brustkorb schlug. Weshalb, das erkannte ich jedoch erst, als ich erneut laut ihren Namen aussprach und sie ich erschrocken in meine Richtung drehte. Das war doch nicht-?! Sie hatte doch nicht-?! "Was- was tust du da?" Welch dumme Aussage, aber mein Kopf kam nicht so schnell hinterher wie sich der Schock bei Anblick der Schusswaffe durch meinen Körper zog. "Du-- Apple-- Tu das nicht. Wehe! Wehe du tust dir was an!" Ich hob zitternd meine Hand hoch, so als könnte ich sie dadurch aufhalten, aber obwohl ich eigentlich auf sie zustürzen und ihr die Pistole aus der Hand reißen wollte, schaffte ich es nur behutsam zwei Schritte auf sie zu zu gehen. "Lass das! Du bist nicht Chris, Apple. Du bist besser. Und du brauchst ihn auch nicht, du kannst das alleine. Hör auf. Da ist noch- da wartet noch so viel Gutes auf dich."
29.08.2016 13:17
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Apple Jean White
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Beitrag #8
RE: GREEN VALLEY
Warum sie sich so viel Zeit gelassen hatte? Das wusste sie nicht einmal genau weil eigentlich war sie sich ihrer Sache so Sicher aber dann erklang auf einmal ihr Name. Noah. Verflucht, er war doch noch erwacht und statt sich Schlaftrunken zu orientieren oder gar nicht zu Registrieren, dass sie nicht mehr da war, stand er plötzlich da. Im Regen. Schon viel zu Nahe und versuchte zu verhindern, was sie vorhatte. Mit seinen Worten. Apple hatte sich mit großen Augen zu ihm gedreht, noch immer die Waffe feste umschlossen und als sie sich aus ihren Gedanken befreit hatte, stand sie eilig vom Boden auf und brachte die zwei Schritte, die er ihr Näher gekommen war, wieder zwischen die beiden. Warum hatte sie sich auch noch mit der Frage auseinander setzen müssen, wie schmerzhaft ein Schuss in den Kopf werden würde? Wie lange es dauern würde, bis sie Tod war und sie das aushalten musste? Sie hatte aber schon entschieden, alles war besser, als wie es gerade in ihr aussah. Apple hatte aufgegeben. „ Diese Welt hat nichts gutes für mich, versteh das doch... warum kannst du das nicht begreifen?“ Sie war sogar schon so weit in dieser Überzeugung, dass sie trotz, dass Noah das mitansehen müsste, die Waffe wieder an ihre Schläfe hob. „ Geh bitte wieder rein... lass mich. Ich kann nicht mehr und ich will nicht mehr – das hier passiert auch wenn du zu siehst – aber tu dir das doch nicht an.“ Das war Egoistisch aber es zeigte auch die Verzweiflung, die in diesem siebzehnjährigen Mädchen steckte. Die Ausweglosigkeit ihrer Situation oder wie sie sich zumindest fühlte. Apple tat langsam Schritte nach hinten, auf dem schlammigen Boden, um mehr Distanz zu schaffen und noch immer prasselten die Tropfen auf die beiden herunter. Wenn Noah in der Dunkelheit ihre Augen erahnen könnte, dann sah er ihren Entschlossenen Ausdruck und genauso hielt sie auch den Waffenlauf gegen ihren Kopf gepresst. Als er aber davon anfing, sie wäre nicht wie ihr Vater – da... da kam ihre eine Idee. Sie hatte es ihm nie sagen wollen, aus Scham oder aus Angst? Weil sie wollte, er dachte, sie wäre wirklich besser als Chris? Apple hatte keinen blassen Schimmer aber so würde sie ihn dazu bekommen, dass er ging, dass er sie hier alleine ließ und das er eventuell genauso erleichtert über ihren Tod war, wie über den ihres Vaters. „ Ich... ich habe sie umgebracht. Die Ex Freundin von meinem Dad. Ich habe... ihr Rattengift in ihr Heroin gemischt, damit sie... ihn mir nicht weg nehmen kann und sie war... nicht gut. Sie war eine Prostituierte...“ Genau wie Apple. „ Es hat sich... richtig angefühlt... ich bin genauso... also geh jetzt, bitte. Das ist besser – besser für alle.“ Am Ende herrschte sie ihn fast an, wenn auch noch immer die Trauer in ihrer Stimme so präsent war.

Wegen der Überforderung hatten sich nun doch Tränen in ihren Augen gesammelt, sie konnte nicht sehen ob er blieb oder ob er wirklich ging. Ob das Wirkung zeigte aber Noah müsste das doch auch endlich Begreifen. Was sie aber außer acht ließ, dass sie in diesem desolaten Geisteszustand noch immer nach hinten ging, zwar vorsichtig und nicht eilig aber sie sah die Boden Begebenheiten nicht. Also auch nicht die Abfallende Stelle, wo sie genau hinein trat und so ins Straucheln geriet, dass sie die Waffe sinken lassen musste. Es war ein menschlicher Instinkt das sie die Hände darauf vorbereitete, sich im Falle eines Sturzes, abstützen zu können.
30.08.2016 01:01
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Noah Scott
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Beitrag #9
RE: GREEN VALLEY
Unter normalen Umständen war ich alles andere als herrisch und bestimmend. Ich würde niemals körperlich auf jemanden losgehen, würde niemals rigoros meine Meinung durchsetzen oder so kopflos handeln wie ich es jetzt tat, aber als Apple vor mir stolperte, als sie für einen kurzen Moment ihren Fokus und damit auch ihre feste Entschlossenheit verlor, da stürzte mein Körper wie von selbst auf sie zu. Trotz ihrer Worte, die mich erneut völlig unter Schock gesetzt hatten, warf ich mich regelrecht auf sie, griff nach der Waffe und ließ mich sogar auf den Kampf ein, der darauf folgte, weil sie das kalte Metall einfach nicht loslassen konnte. So lange, bis einer von uns aus Versehen den bereits entsicherten Abzug berührte und sich ein ohrenbetäubend lauter Schuss löste, der nur ganz knapp meinen Arm verfehlte und uns beide erschrocken zusammenzucken ließ. Aber selbst in dem Moment kam mein eigentlich so zurückhaltender, ängstlicher Charakter noch nicht wieder zum Vorschein, im Gegenteil, ich war der Erste von uns beiden, der seine Fassung zurückerlangte und mit einem so kräftigen Ruck an der Waffe zog, dass Apples Finger nachgaben und es mir gelang das tödliche Instrument so weit wie möglich von uns weg zu werfen, irgendwo zwischen die hohen Gräser, und damit auch den schweren Druck von meiner Brust löste, der mir beinah die Luft abschnürte. Nicht, weil ich sie dadurch jetzt in Sicherheit wusste - das war sie nicht, so ein Entschluss passierte schließlich immer im Kopf und der würde auch nicht einfach verschwinden, indem ich ihr das Mittel zum Zweck nahm - aber weil ich zumindest die erste Gefahr damit aus dem Weg geräumt hatte. Und alle weiteren Versuche verhinderte ich, indem ich fest meine Arme um ihren Körper schloss, während wir nebeneinander in dem Feld lagen, und trotz all ihrer Mühen sich zu wehren, meine körperliche Überlegenheit ausnutzte, um sie bei mir zu halten. "Du bist nicht genauso, Apple. Bist du nicht." Mehrmals wiederholte ich diese Worte, anfangs noch mit zittriger, aber dann mit immer festerer Stimme, nicht nur um sie davon zu überzeugen, sondern auch mich selber. Sie hatte jemanden umgebracht. Einfach so. Sie hatte jemandem das Leben genommen, nur zu ihrem eigenen Vorteil, aber trotzdem schüttelte ich vehement meinen Kopf. Ich kannte sie doch, verdammt. Da war doch ein gutes Herz in ihr, das bloß den richtigen Weg finden musste. Sie war anders, als Chris. Ganz anders. Oder? "Lass das sein, Apple. Bitte. Bitte bleib einfach hier." Auch diese Worte sprach ich mehrmals aus, so lange bis ich meine Arme nur noch enger um sie schloss und trotz der Erkenntnis, dass sie jemanden getötet hatte, einfach daran festhielt wie sehr ich sie eigentlich in mein Herz geschlossen hatte. Ich wollte nicht ohne sie sein.
04.09.2016 14:42
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Apple Jean White
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Beitrag #10
RE: GREEN VALLEY
Als Noah sein Gewicht nutzte, seine körperliche Überlegenheit, da handelte sie schon fast nur instinktiv. Apple war oft genug in ihrem Leben überfallen worden und sie wehrte sich mit allem was ihr gegeben war und das obwohl sie doch wusste, dass er viel stärker war, wenn er seine viel größeren Hände um ihre Gelenke legte oder aber die arme fest um ihren Oberkörper schloss. Natürlich zuckte sie wegen dem lauten Waffengeräusch zusammen aber als er sie in das hohe Gebüsch warf, war der Schock verschwunden. Sie wollte noch immer nicht weiter leben und sie war noch immer fertig mit sich und dieser Welt. " Lass mich los, bitte..." flehte sie ihn an, bis ihre Kräfte schwanden- sie war körperlich einfach am Ende. Erschöpft ließ sie irgendwann einfach den Kopf auf den nassen Boden sinken und schüttelte diesen. Der Schlamm an ihrer Wange oder in den Haaren spielte keine Rolle. Apple spürte nur die fest geschlossenen arme von Noah um sich herum und irgendwo war es ein gutes Gefühl zumindest so auf der Welt zu verweilen aber ihr Wille war das noch immer nicht. Erst als sie schwer atmend an den beiden herab sah viel ihr etwas auf, was dunkel über ihre helle Haut sicherte. " Fuck... Du bist verletzt." Und auch wenn ein sehnsüchtiger Blick der Waffe galt, wollte sie sich nun aufrichten um ihm zu helfen. " Du musst mich los lassen..." sagte sie leise weil er noch immer so fest ihren Körper umschlossen hielt.
05.09.2016 20:15
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