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BIG SUR BAY
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Noah Scott
Unregistered
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RE: BIG SUR BAY
Ganz selbstverständlich griff ich stützend nach Maggis Körper, als sie plötzlich stolperte und in meine Richtung fiel. Eigentlich wollte ich auch gerade über ihre Ungeschicktheit auflachen, aber bevor ich dazu kam, befreite sie sich schon wieder eilig aus meinen Armen und sah so peinlich berührt von mir weg, dass ich unsicher meine Schultern hochzog und ihr ratlos ins Gesicht sah. Die Frage, die mir auf der Zunge lang, musste ich jedoch gar nicht stellen. Die beantwortete sie mir unaufgefordert einfach von selber und sorgte damit auch dafür, dass ich sie nur noch verwirrter ansah, während sie sich schon wieder in Bewegung setzte. "Okay, halt." Schnell eilte ich Maggi hinterher und hielt sie noch einmal am Handgelenk auf, um ihr in die Augen sehen zu können. "Nur, damit wir das aus der Welt schaffen: Du machst in meiner Beziehung gar keine Probleme. Lahja und ich haben Probleme, ja, aber das ist nichts, was du verhindern könntest. Dass ich letzte Nacht ein bisschen- angespannt war, das stimmt, aber- das hat auch nichts mit dir zutun. Ich mag dich. Ich mag es auch dich in den Arm zu nehmen und wenn du an meiner Schulter schlafen willst, dann kannst du das tun, ohne dich dafür zu entschuldigen. Lahja ist diejenige, die sich zusammenreißen muss, nicht du. Okay?" Bevor sie darauf reagieren konnte, legte ich aber noch einmal meinen Kopf ein wenig zur Seite. "Es sei denn- du willst das nicht oder du fühlst dich unwohl dabei, wenn- ich dich in den Arm nehme. Oder so. Dann sag mir das einfach, okay? Wenn du das nicht magst, dann halte ich mich zurück." Ich nickte ihr einmal ermutigend zu, hob meine Mundwinkel wieder zu einem schwachen Lächeln und behielt das auch bei, als sie mir meine Fragen beantwortete und von dem Teil ihres Lebens erzählte, den sie mir bisher verschwiegen hatte. "Nein, ich wollte dir das gar nicht zum Vorwurf machen, das ist schon okay. Aber- dir geht es jetzt gut? Bei deinem Vater? Du sagst das ist komisch, nachdem man so lange auf der Straße gelebt hat, aber ist das- ein gutes komisch?" Weil sie wieder vor mir lief, gelang es mir nicht in die Augen von Maggi zu sehen, die meistens so viel mehr verrieten, als Worte. "Und du hast dann auch wirklich auf der Straße gelebt? Nicht in solche besetzten Häusern wie dem von Haily?"
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07.03.2016 21:38 |
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Apple Jean White
Unregistered
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RE: BIG SUR BAY
Okay – sie machte hier schon mal nichts kaputt. Wobei sie sich eigentlich hätte freuen sollen, wenn es so wäre. Das Gefühlsleben von jungen Menschen konnte ja so anstrengend sein, warum war denn das nur so? Statt sich aber sofort wieder in ihr Schneckenhaus zu verkriechen, wie die letzten Jahre – nickte sie. Nicht nur das. Darüber hinaus begann sie ihm zu sagen, wie sie sich dabei fühlte, weil er danach fragte. Männer fragten in ihren Augen nicht danach – hatte sie auch noch nie jemand, Zuneigung oder eher Anfassen, dass war jetzt lange Zeit ihr Beruf gewesen. Natürlich fragte da niemand nach, was sie dabei dachte oder wollte und das machte Noah zu einer Ausnahme für Apple. „ Ich... habe ziemlich gut an deiner Schulter geschlafen.“ Formulierte sie sehr vage, versuchte es auch mit einem kleinen Lächeln, um dann doch die Schultern wieder etwas anzuheben. „ Das ist alles sehr fremd für mich, verstehst du? Auf dem Land, da sind die Menschen... auch... herzlich aber eben anders. Ansonsten... kenne ich das auch nicht.“ Vielleicht wäre seine weitere Frage aufschlussreicher und ließ sich ganz gut damit verbinden. „ Nein, ich habe immer alleine einen Platz zum schlafen gesucht und gelebt. Fast immer. Da ist vielleicht auch der Knackpunkt... mit der Nähe. Wenn man auf der Straße entscheidet, alleine zu Leben, dann ist das etwas gefährlicher. Wenn mir jemand zu nahe kam, dann musste ich eher Angst haben, dass er mir meine paar Sachen klauen will oder mir von hinten ein Messer in den Rücken rammt – für etwas Geld oder so. Deswegen habe ich nie Drogen genommen oder Alkohol getrunken, viel zu gefährlich. Das brauchte ich auch, in dem Heim, das war nicht nur ein paar blöde Wörter auf dem Flur... und ich wäre lieber gestorben, als da noch mal hin zu kommen.“ Ja, so Ernst meinte sie das. „ Jetzt ist da mein Vater und er möchte gerne, dass ich wieder... in die Gesellschaft finde und Schule nachhole. Das ich eben das Leben habe, was ich ohne ihn nicht führen konnte aber ich weiß noch nicht, wie ich damit klar komme, weißt du?“ Jetzt konnte sie nicht anders, als ihn prüfend anzusehen. Hatte er sie verstanden? Dabei sah aber auch Noah, wie durcheinander sie eigentlich war und immer tiefer bekam er einen Einblick, warum ihr ihr eigenes Leben zu viel wurde und warum das hier die beste Idee war, die er hätte haben können. Wenn auch das Feilchen, verursacht von seiner Freundin, nun dunkel ihr Auge auf der hellen Haut umkreiste.
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07.03.2016 22:58 |
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Noah Scott
Unregistered
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RE: BIG SUR BAY
Natürlich war das, was Maggi mir erzählte, nicht so leicht nachzuvollziehen für jemanden, der nie so gelebt hatte wie sie. Weder auf der Straße, noch als Einzelgänger. Ich hatte es schon immer gemocht mit vielen Menschen zusammen zu wohnen, ich hatte viele Freunde und vor allem hatte ich immer ein Dach über dem Kopf und musste keine Angst haben um den Neid anderer Personen. Dass jemand mir hinterrücks etwas wegnahm. Diese besetzten Häuser, in denen ich jetzt schon seit einigen Monaten lebte, die vertraten ja eine ganz andere Mentalität, als das harte Leben auf der Straße. Weil ich durch Maggis Worte aber trotzdem immer besser verstehen konnte, weshalb sie so war wie sie nunmal war und weshalb sie so handelte wie sie das tat, nickte ich ihr verständnisvoll zu, als sie mir in die Augen sah. "Ja, ich denke schon. Wahrscheinlich ist das erstmal schwer da wieder rein zu finden, wenn man diese Dinge so lange nicht hatte, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Ein Bett, eine Dusche. Schule." Der Wald vor uns wurde immer lichter, das Meeresrauschen in unseren Ohren immer lauter und nach ein paar steilen Schritten den Abhang hinab kamen wir endlich in der schönen Bucht an, die jetzt schon mehrmals ausgeschildert gewesen war. "Deshalb hattest du auch nie- eine Beziehung? Oder enge Freundschaften?" Ich erinnerte mich noch daran wie absurd ich das bei unserem ersten Treffen gefunden hatte, aber selbst das ergab jetzt Sinn. Und das beschäftigte mich auch so sehr, dass ich immer öfter in das Gesicht von Maggi sah, anstatt auf das wunderschöne blaue Meer, auf den hellen Sand oder die steilen Klippen rechts und links von uns, während wir uns dem Wasser immer mehr näherten. Bis wir ein paar Meter davon entfernt im Sand stehen blieben und ich den Rucksack auf dem Boden ablegte. "Darf ich fragen, was die anderen Kinder im Heim denn gemacht haben, dass du da absolut nicht wieder hin wolltest? Du musst nicht darüber reden, wenn du nicht willst, aber- vielleicht kann ich dich dann besser verstehen."
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08.03.2016 10:47 |
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Apple Jean White
Unregistered
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RE: BIG SUR BAY
Apple war es unheimlich, wie Noah weiter versuchte, in ihr inneres zu schauen und hinter ihre Handlungen. Entweder wollten die Menschen das gar nicht und es machte auch so unglaublich angreifbar. Wissen über einen Menschen, das war Macht über einen Menschen – so funktionierte das aber sie hatte diese Hippies nun auch kennen gelernt. Deren Einstellung. Die hatten gar kein Interesse daran, anderen Menschen einen anderen Willen aufzuzwingen. Sie Fremd zu steuern oder sie zu manipulieren. „ Warum bist... oder ist auch Haily so. Wenn man hinter einen Menschen schauen will, dann verfolgt man damit ein Ziel, eine Absicht. Macht kann es nicht sein, was ist es dann?“ Man konnte so vieles damit anfangen, sich so viel erzwingen. Sie selber hatte so oft die Männer erpresst, die statt mit der Frau daheim mit Minderjährigen Mädchen schliefen – weil sie es konnte und nun wurde ihr Weltbild so durcheinander gebracht. „ Ich kann... das nicht begreifen und ich habe Angst, dass ich den Grund zu spät herausfinde.“ Unsicher sah sie Noah von der Seite an, sein hübsches Profil mit der Traumhaften Kulisse im Hintergrund. Sie setzte sich neben ihn in den Sand und legte die Arme um ihre Knie, wobei sich ihr Blick im Wasser verlor. Ob Chris schon versuchte, sie zu erreichen und wie er wohl tobte, wenn er begriff, dass ihr Handy mit Absicht ausgeschaltet war? Sie senkte den Kopf, sah in ihren Schoß und hob die Schultern an. „ Ich traue Menschen nicht, wie soll man dann eine Beziehung führen? Und was hat eine Beziehung oder eine Freundschaft dann für einen Sinn?“ Das lag eigentlich ziemlich nahe und sie musste nicht mal etwas von ihrem inneren dafür hergeben. Apple war noch immer vorsichtig. So lange, bis er fragte, was passiert war und sie ihren Blick zur Seite abwandte. Das nahm sie noch immer mit und das ließ sie sich auch ganz anspannen – nicht wütend wie Lahja sondern unbehaglich. Schmerzhaft. „ Der Moment, wo ich nicht mehr konnte, war, als ich zwei Mal den selben Arm gebrochen bekommen habe... ich bin vom Arzt aus sofort getürmt.“ Weitere Details ersparte sie Noah – oder sich selber.
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08.03.2016 11:20 |
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Noah Scott
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RE: BIG SUR BAY
Fragend sah ich Maggi an, weil ich in diesem Moment erst realisierte, dass sie nicht nur einfach eine Einzelgängerin war, sondern dass sie auch tatsächlich das Konzept von Beziehung und Freundschaften nicht verstand. "Warum sind wir- was? Interessiert? Nett? Offen?" Ich zog mir meine gespreizten Finger durch die Haare, sah kurz in Richtung des Meeres, verharrte da ein paar Sekunden mit meinem Blick, aber schaute dann wieder in die hübschen Augen von Maggi. Nicht, weil ich erst nach der Antwort auf ihre Frage suchen musste, sondern weil ich erst die richtigen Worte dafür finden wollte. "Ganz vorne angefangen: Ich mag Menschen. Ich mag es unter Menschen zu sein, mit anderen Personen zu reden, ihre Geschichten zu hören, in ihrer Nähe zu sein, von ihnen zu lernen. Ich mag Kommunikation, Körperkontakt, das alles. Für mich gibt es nichts Schöneres im Leben, als Beziehungen und Freundschaften. Mit jemandem zusammen zu sein, mit dem man lachen kann, mit dem man auch ernst reden kann, der mich kennt und den ich ebenfalls kenne. Menschen, die mir vertrauen und denen auch ich vertraue. Das macht mich glücklich. Also- nein. Wenn ich dich näher kennen lernen will, dann geht es dabei nicht um Macht. Es geht nicht einmal um mich, sondern- um dich. Ich will wissen, wer du bist und warum du so bist wie du bist. Weil ich dich mag, weil ich finde, dass du ein guter Mensch bist, und weil ich sehr gerne- mehr Vertrauen zu dir aufbauen würde." Konnte man das verstehen, wenn man sich so lange vehement gegen andere Menschen gewehrt hatte? Und wenn man immer wieder so enttäuscht wurde wie Maggi? Als sie den Blick von mir abwandte, um auf meine Frage zu antworten, rutschte ich ganz bewusst näher auf sie zu und legte sanft, tröstend meine Hand auf ihren Rücken. "Das ist scheiße, dass man das mit dir gemacht hat, aber- nicht jeder ist so, Maggi. Ich würde dir niemals wehtun. Und ich würde auch nie zulassen, dass dir jemand anders wehtut." Als sie mich daraufhin wieder ansah und ich in ihr blaues Auge schauen musste, lachte ich unwillkürlich leise auf. "Nochmal. Ich würde nicht zulassen, dass dir nochmal jemand wehtut. Wenn ich es verhindern kann." Mit leichtem Druck zog ich meine Finger über ihren Rücken, streichelte liebevoll über ihre Wirbelsäule bis hin zu ihrer Schulter. "Das sind Freundschaften. Dafür sind Freundschaften da. Also wenn du nach irgendeinem Grund suchst, weshalb einem so etwas wichtig ist: Weil man auf einmal nicht mehr alleine sein muss. Weil man sich nicht so- anders und komisch fühlt, wenn man weiß, dass andere Menschen einen genau so mögen." Ich lächelte sanft, in der Hoffnung, dass sie meine Sichtweise vielleicht ein bisschen verstehen konnte. "Wie ist das mit deinem Vater? Oder dem Rest deiner Familie vorher? Konntest du da auch nicht so ein großes Vertrauen aufbauen?"
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08.03.2016 17:34 |
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Apple Jean White
Unregistered
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RE: BIG SUR BAY
Natürlich versuchte sie ihm Aufmerksam zu Folgen und natürlich hatte sie so was schon mal bei ihren aktuellen Mitschülern mitbekommen oder eben bei anderen Menschen aber sie hatte sich nicht so gesehen. Viel eher stand sie über der Dummheit, sich wie ein offenes Buch von jemandem lesen zu lassen. Klar schwang da bei der siebzehnjährigen auch viel Angst mit. Noch ließ sie sich das aber nicht Anmerken – dachte sie zumindest. „ Und... was hat man dann davon? Also... die Freundschaft ist der Lohn dafür, dass man sich öffnet? Das man jemand Vertrauensvollen kennen lernt? Was... wenn derjenige dann doch... alles ausplaudert oder man sich irgendwann nicht mehr versteht?“ Man kannte das doch. Beste Freunde waren eben das genau nicht mehr und dann begann das Reden hinter dem Rücken, über Sachen, die man im Vertrauen los geworden war. Womit er sie erneut eher erreichte, dass sie doch nicht davon ausgehen musste, jeder würde ihr etwas tun und sie kühl auflachte. „ Und wie unterscheidet man das?“ Man spürte einfach, wie viel sie auf der Straße oder in ihrem Leben mit angesehen hatte und ja, das hatte ja auch sie so abgebrüht lassen werden, Chris Freundin selbst aus dem Weg zu räumen. Gerade neben Noah schämte sie sich tatsächlich und zog die Beine enger an sich heran. „ Ich werde nicht... aus dir schlau.“ gestand sie leise, weil aber auch viel zu schön war, wie er ihr den halt gab, den ihr nie jemand hatte geben können oder wollen, ließ sie sich seitlich, ganz langsam, an ihn sinken. Immer wieder schaute sie dabei verunsichert in seine Augen. „ Das... war nicht nur ein Kind im Heim, das waren alle und das war auch nur der Moment, wo ich... nicht mehr konnte. Menschen sind grauenvoll und das einzige was hilft, ist genau darin besser zu sein, als andere.“ Ja, sie hatte ja nicht nur eingesteckt – Apple selber hatte auch grauenvolle Dinge getan. Ihr blaues Auge hatte sie schon fast wieder vergessen, bis sie ihre Finger hob und die Schultern hob, ebenso mit einem Lächeln. „ Meinst du, sie hätte dir auch etwas getan?“ Konnte ihr das dabei helfen, Lahja besser einzuschätzen und ihre Schwächen? Warum grub er denn nun noch weiter? So konnte sie sich ja gar nicht auf ihren Plan fixieren. Weil seine Schulter und seine Nähe nun eh schon in kauf genommen wurden, nutzte sie das auch um ihre Arme irgendwie um seinen zu legen, die Knie noch immer angezogen. Warum sie das tat? Keine Ahnung. „ Meine Eltern... habe ich unheimlich gerne gehabt. Ich hab meine Eltern geliebt aber... dann haben die Polizisten mir auf der Wache gesagt, dass das gar nicht meine Eltern sind. Meine Großeltern konnte ich nicht mehr danach fragen, was das heißt. Angehörige gab es nicht. Ich werde also nie raus bekommen, warum sie... das getan haben? Warum haben sie mich von meinem Dad weg geholt. Er sagt... weil sie mit der Beziehung nie einverstanden waren aber wieder muss ich mich nur auf die Worte von jemandem verlassen. Aber ich bin froh, sehr froh, einen leiblichen Vater zu haben und... ich will ihn kennen lernen und eine Familie. Wie damals. Nur... das mit der Vertrauen dauert, ich weiß nicht einmal, ob er mir wegen dem Feilchen und wegen dem Weglaufen noch die Chance gibt, ihn kennen zu lernen.“ Wer wusste denn das?
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09.03.2016 00:58 |
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Noah Scott
Unregistered
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RE: BIG SUR BAY
"Richtig. Die Freundschaft ist der Lohn dafür, dass man sich öffnet." Ich nickte ihr einmal langsam zu, lächelnd. "Und weißt du, was das Schöne an einer Freundschaft ist? Anders als bei der eigenen Familie? Du kannst dir deine Freunde aussuchen. Du kannst entscheiden, wer es wert ist einen Platz in deinem Leben zu haben und für wen es sich lohnt- auch mal einzustecken. Denn klar, wenn du andere Menschen in dein Leben lässt, dann musst du auch damit rechnen, dass sie mal Fehler machen oder dass sie dich kritisieren oder auch, dass du dich eventuell über die Jahre mit ihnen auseinander lebst, aber das ist okay. Die schönen Zeiten, die du mit jemandem teilen kannst, die wiegen das alles wieder auf. Für mich zumindest. Ich meine- die Beziehung zu Lahja: Im Moment ist das schwierig, wir streiten uns viel und das gestern- das hat mich mehr mitgenommen, als ich gerne hätte. Aber bereue ich deshalb die ganze Zeit, die wir zusammen hatten? Nein. Niemals. Wenn wir- gerade wirklich an unsere Grenzen kommen und wenn wir keine Möglichkeit finden das wieder gerade zu biegen, dann wünsche ich mir doch trotzdem nicht, dass ich die Zeit einfach zurückdrehen könnte. Wir haben so viele wunderschöne Erinnerungen zusammen, für die ich auch kämpfen werde, aber wenn es nicht funktioniert und wenn das jetzt hässlich zwischen uns vorbei geht - mit Vorwürfen und Auseinandersetzungen und was-weiß-ich - dann bin ich trotzdem immer froh, dass wir uns hatten. Verstehst du? Die wenigsten Freundschaften oder Beziehungen halten ein Leben lang, aber auch das ist okay. Wirst du jetzt ein bisschen schlauer aus mir? Oder was verwirrt dich immer noch?" Ich lächelte vorsichtig, weil das indirekt doch schon bedeutete, dass sie sich für mich interessierte. Dass sie so etwas wie eine Beziehung zu mir aufbaute, dass sie mich mochte und - wenn auch ganz langsam - Vertrauen entwickelte. "Ich weiß nicht, ob Lahja mir auch was getan hätte. Sie hat mich schonmal geschlagen, mitten ins Gesicht, aber- das hat sie danach völlig fertig gemacht. Wenn sie so wütend wird wie gestern, dann- hat sie da manchmal keine Kontrolle mehr über sich. Du konntest dich ja aber ganz gut gegen sie verteidigen." Unsicher sah ich in Maggis Gesicht, blieb mit meinem Blick noch einmal an ihrem lila-blau verfärbtem Auge hängen. "Meinst du das, wenn du sagst, dass man grauenvoller sein muss als die anderen? Hast du- auch irgendjemandem wehgetan? Absichtlich? Oder dich nur gewehrt?" Beruhigend legte ich daraufhin meine Hand auf ihre, drückte ihre Finger sanft mit meinen und lächelte nochmal aufmunternd. "Dein Vater wird dir das bestimmt verzeihen, wenn du ihm sagst, was los ist. Dafür sind Eltern doch eigentlich da. Und wenn nicht, dann gehst du einfach zu deinen Freunden und wir finden gemeinsam eine Lösung wie wir das alles wieder gerade biegen können."
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09.03.2016 15:36 |
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Apple Jean White
Unregistered
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RE: BIG SUR BAY
Dieses Gespräch und die Worte nachzuvollziehen, die seinen Mund da verließen, dass war gar nicht so einfach und deswegen starrte sie eine Weile auch nur auf das Meer. Es kam ihr nun so falsch vor, was sie angefangen hatte – Noah zu benutzen um an seine Freundin heran zu kommen. Nur... er hatte schon so komisch und irgendwie verletzt auf ihre eine Lüge reagiert und wie würde das sein, wenn er alles wusste? Dann würde... er sie nie wieder sehen wollen und das... warum war denn das belastend? Eigentlich störte sie das herzlich wenig. Apple gab sich dennoch Mühe, ihm auch weiter zuzuhören und auch folgen zu können. „ Das... also ich verstehe dich vielleicht jetzt besser aber das ist so viel auf einmal.“ Sie musste leise Lachen, weil das für jemanden, der nie anders gelebt hatte, sicher nicht besonders schwer sein musste. „ Das klingt so... dumm.“ Begründete sie ihr auflachen in einem doch eher unpassenden Moment. Noch immer an ihn gelehnt, wenn auch langsam und umsichtig, zog sie ihre Schultern an. „ Eigentlich mag ich noch nicht mal, in den Arm genommen zu werden.“ Gestand sie deshalb leise, was auch ihr Verhalten im Bus erklärte. „ Aber ihr... seid so anders und einnehmend. Wie... passt das damit zusammen, dass deine Freundin... allem Anschein öfter so ist, wie heute Abend?“ Wie konnte jemand wie Noah denn mit jemandem wie Lahja in einer Beziehung stecken und das so lange schon? „ Du musst mir sagen, wenn ich etwas... nicht fragen soll.“ Das war wohl dazu da, ihr eigenes Gewissen zu beruhigen denn Noah sprach sie gerade auf ihre Schattenseiten an. Zumindest gab sie sich Mühe, sie so aufrichtig wie irgend Möglich zu beantworten. „ Ich habe gar nicht die Statur dazu, mich ziemlich gewaltbereit zu wehren.“ Lachte sie erneut auf, weil sie das auch nicht von seiner Freundin vermutet hätte. „ Nein, ich habe... wirklich Wissen von Menschen schon des öfteren Genutzt, um mir Schutz oder einen Vorteil zu verschaffen. Bei einem breitschultrigen Mann hilft meist ein Tritt, du verstehst schon.“ Lächelte sie vielsagend. Ja, auch das hatte sie schon öfter getan. Auch noch andere Dinge, um grobe Freier von sich fern zu halten aber das behielt sie für sich, das war eine Wahrheit für die sie nicht bereit war. „ Frauen... kenne ich meistens Hinterlistiger. Sie heucheln viel.“ Uh, wie sie sich da gerade selber beschrieb, scheiße. „ Aber... wie gesagt, ich weiß meistens, wie ich das schlimmste vermeiden kann und ich... habe auch einiges getan, um mir einen Vorteil zu verschaffen.“ Ja. Das passte. Das ließ sie auch nicht in einem falschen Licht dastehen. Dennoch, sie ging so kategorisch vor, die Menschen in Sparten zu unterscheiden, dass man eine Vorahnung bekam, mit wie vielen miesen Aktionen sie sich schon konfrontiert gesehen hatte. Als Noah über ihren Vater redete, schüttelte sie lediglich den Kopf – bis er sagte, er wäre dann noch da, um eine Lösung mit ihr zu finden? Wirklich? Mit großen und ungläubigen Augen sah sie dann doch in Noahs Gesicht und probierte etwas darin zu finden, was ihr seinen Plan verriet. Einen Grund. Eine Absicht. Eine Falle. Da war aber nichts als Aufrichtigkeit. „ Du hast ihn ja nicht erlebt... letztens... aber... Danke.“ Sie stand schon fast total neben sich.
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10.03.2016 00:14 |
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Noah Scott
Unregistered
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RE: BIG SUR BAY
Unsicher sah ich Maggi in die Augen und hielt mit meiner Hand auf ihrem Rücken kurz inne. Sie mochte es nicht in den Arm genommen zu werden? War das eine indirekte Aufforderung ihr nicht mehr so nah zu kommen? Wenn dem so wäre, dann würde sie doch aber selber Distanz zwischen uns schaffen und ihren Kopf nicht so ruhig auf meiner Schulter liegen lassen, oder? "Wenn ich irgendetwas mache, was du nicht willst, dann sagst du es mir, ja? Im Gegenzug sag ich dir dann auch, wenn du irgendetwas fragst, das ich nicht beantworten will." Davon gab es aber herzlich wenig, denn Haily hatte mir beigebracht, dass es gut war zu reden. Über alles. "Um ehrlich zu sein frag ich mich manchmal selber, wie das bei Lahja und mir funktionieren kann, aber- dann komm ich wieder ein paar Tage zu ihr, wir verbringen ganz viel Zeit miteinander und- sie muss einfach nur auf eine ganz bestimmte Art lachen und dann bin ich wieder so verliebt wie am ersten Tag." Ich schüttelte langsam den Kopf, weil sich das so dumm anhörte. "Keine Ahnung. Das klingt vielleicht komisch, aber ich glaube nicht, dass wir eine Beziehung führen könnten, wenn wir uns jetzt erst kennen lernen würden. Früher waren wir beide noch so anders, aber- dann sind wir miteinander gewachsen, es ist so viel passiert, wir haben so viel gemeinsam überstanden und- die erste Liebe vergisst man sowieso nie. Das schweißt zusammen. Ich kenne sie besser, als jeder andere, und sie mich. Oder- sie kannte mich besser." Überfordert von mir selber zog ich meine Stirn zusammen und sah regungslos auf den Sand zwischen meinen Füßen, weil ich genau in diesem Moment erst realisierte, dass dem vielleicht gar nicht mehr so war. Sie kannte mich nicht mehr so gut wie ich dachte. Oder? Sonst würde sie mir doch nicht so misstrauen. Um mich aber nicht in diesen Fragen zu verlieren, schüttelte ich noch einmal meinen Kopf und versuchte den Gedanken dadurch auch aus meinem Kopf zu verbannen. "Und jetzt sind wir eben dieses Paar, von dem niemand so recht verstehen kann, warum wir überhaupt zusammen sind, aber- ich glaube bei Lahja muss man sich einfach die Zeit nehmen, um sie kennen zu lernen und sie zu verstehen. Sie wirkt unsympathisch auf den ersten Blick, ich weiß. Arrogant und wütend und egoistisch, aber das ist sie gar nicht. Überhaupt nicht. Und wenn man sie erstmal richtig kennt, dann weiß man das auch." Wieder schüttelte ich langsam meinen Kopf, ehe ich wieder zu Maggi sah und entschuldigend lächelte. "Tut mir Leid, ich will dich damit auch nicht so zureden. Gehst du mit mir schwimmen?" Ohne auf ihre Antwort zu warten, löste ich mich schon langsam von ihr, stand auf, klopfte mir den Sand von den Beinen und zog mir danach meinen Kapuzenpullover und mein T-Shirt aus. "Ist dein Vater letztens so wütend geworden? Oder warum sagst du das?"
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10.03.2016 10:59 |
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Apple Jean White
Unregistered
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RE: BIG SUR BAY
Sie sollte ihm nur sagen, wenn ihr etwas unangenehm war? Wieder sah sie ihn fragend an, dann würde er das lassen? Nicht weiter versuchen? Seinen Willen durchsetzen? Was er ihr alles über Lahja sagte, dass verinnerlichte sie aber irgendwie klang das doch auch schön. Da waren zwei Menschen, die sich ewig kannten und auch wenn die Welt dagegen stand, hatten sie sich doch gefunden. Was also hatte Lahja nun an ihrem Vater zu suchen? Was wollte sie von ihm? Sie hatte doch so einen tollen Partner? Eventuell sah Noah etwas in ihr, was gar nicht da war. Es tat ihr auch Leid, wie er allem Anschein nach die Erkenntnis hatte, dass seine Freundin ihn nicht verstand und zu ihrer Überraschung sah sie ihn Mutmachend an. „ Manchmal wächst der eine eben nicht so schnell wie der andere...“ Verstand er, was sie meinte, dass er eventuell auch Lahja etwas warten musste? Erkannte sie sich darin, gerade, weil er ihr so viel neues beibrachte? Zum Glück lenkte er davon ab, auch wenn sie noch sagte. „ Kein Problem... ich dachte darum... geht es dann auch bei Freundschaften. Das man sich sowas auch anhört.“ Unsicher sah sie zu Boden, um dann selbst aufzustehen und die bunten Klamotten von Haily los wurde. Wenn sie sich auch ein wenig Genierte. Wie merkwürdig. Apple hatte sich vor unzähligen Männern ausgezogen aber die hatten sie auch am Straßenrand eingesammelt, weil sie genau das von ihr sehen wollten. Jetzt machte sie sich Gedanken ob Noah das gefiel, was er sah. In Unterwäsche suchte sie also eher schnell den Weg ins Wasser. Bei der Frage zu Chris drehte sie sich zu ihm herum. „ Ohja, verdammt wütend und... er... ich weiß nicht was er dieses mal tut. Keine Ahnung.“ Was sollte sie ihm denn sagen? Das ihr Vater ein herrischer Gangster war? Das sie sich fragte, bei dem dünnen Band, was sie bisher herstellen konnte, wie weit er ging? Nein – so war sie nicht. Eigentlich vermisste sie gerade da, egoistisch zu sein.
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10.03.2016 11:45 |
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