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KRANKENHAUS
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Matthew Dawson
WHERE IS MY MIND?
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RE: KRANKENHAUS
Mit einem resignierenden Nicken nahm ich hin, dass Madison sich heute lieber ausruhen und nicht mit mir gemeinsam die Flure dieses Krankenhauses unsicher machen wollte, wenn es mich auch ein wenig dämpfte. Nach den Worten das Arztes ging ich davon aus, dass es genau die Dinge wären, welche die Erinnerung in ihr antrieben und je mehr Zeit wir miteinander verbrachten, desto schneller wäre sie wieder meine Frau. Dass sie sich jetzt schon bei dem ersten Versuch dagegen wehrte, ernüchterte mich, aber selbstverständlich versuchte ich auch ihren Wunsch zu akzeptieren und nachzuvollziehen. Sie hatte vier Wochen im Koma gelegen und jetzt erinnerte sie sich an nichts. Sie war müde und ausgelaugt, das war verständlich. Und sie war überfordert. Doch was sie danach von mir verlangte, das traf mich so unglaublich hart, dass mein ganzer Körper sich erneut verspannte, ich meinen Rücken durchdrückte und Madison mit einem schweren Druck auf der Brust ansah. "Die Tage wiederkommen?", wiederholte ich ihre Frage verbissen. Die Tage? War das ihr Ernst? Es wäre schon schwer genug sie jetzt hier allein zu lassen, nachdem wir vielleicht grade einmal eine viertel Stunde miteinander geredet hatten, aber mehrere Tage ohne sie sein? Obwohl ich es sogar in den letzten vier Wochen nichtmal einen Tag ohne sie geschafft hatte? Nein. "Mein bester Freund und ich, wir haben eine Kneipe, ich arbeite also nachts. Und- ich würde dann morgen Nachmittag wieder zu dir kommen? Nachdem ich ein paar Stunden geschlafen hab." Wenn sie mich tatsächlich nicht sehen und auch nicht mit mir reden wollte, dann konnte sie mich rauswerfen, das war okay, aber ich würde mir nicht nehmen lassen meine Frau wenigstens täglich einmal kurz zu sehen. "Ich- wenn ich jetzt gleich nach Hause gehe, dann rufe ich alle an und sage ihnen, dass du erstmal ein wenig Ruhe brauchst. Ich telefoniere auch mit deinen Eltern und- vielleicht kommen sie in ein paar Tagen. Ich will dich nicht überfordern, aber es könnte dir vielleicht helfen sie zu sehen, oder? Und deine Zeichnungen, die such ich dir auch zusammen und bring sie dir dann morgen mit. Wenn du möchtest, dann- ich schreib dir meine Handynummer auf. Falls dir noch etwas einfällt, das du haben möchtest oder was du wissen willst, dann ruf mich einfach an, okay?" Steif erhob ich mich vom Stuhl und suchte nach einem Blatt Papier zwischen einigen Unterlagen und Grußkarten, auf dem ich meine Nummer notieren konnte. Wenn es auch ein weiterer schwerer Dämpfer war, dass meine Frau sich jetzt schon darum sorgte nicht neben mir schlafen zu wollen, nickte ich auch darüber verständnisvoll. Mir blieb doch gar nichts anderes übrig, als diese Sorgen von ihr zu akzeptieren. "Wir haben noch ein zweites Zimmer, wo einer von uns schlafen kann. Vielleicht ist es besser, wenn du in unser Bett gehst, einfach- weil das dein Alltag gewesen ist. Und ich weiche darauf aus, das ist schon in Ordnung. Ich kümmer mich natürlich um alles, bevor du nach Hause kommst." Vorsichtig legte ich den Zettel mit meiner Nummer auf ihrem Nachttisch ab, ehe ich noch einmal unsicher nickte. Wie verabschiedete man sich von seiner Frau, die ihren Mann nicht erkannte? Alles fühlte sich falsch an. Es fühlte sich sogar falsch an noch einmal ihre Hand zu nehmen und deshalb rieb ich mir nur selber über den Nacken und lehnte den Kopf ein wenig zur Seite. "Okay, ich- wie gesagt- wenn du etwas brauchst, dann ruf mich einfach an. Ich kann jederzeit vorbeikommen, Madison. Ansonsten- sehen wir uns morgen." Der Druck auf meiner Brust verstärkte sich wieder, aber ich blieb tatsächlich bei meinem Vorhaben und verließ den Raum ohne sie noch einmal zu berühren. Ich wäre so gerne bei ihr geblieben, wirklich. Nach vier Wochen ohne meine Frau hätte ich gerne viel mehr Zeit mit ihr verbracht, aber als ich aus dem Zimmer ging und tief durchatmete, spürte auch ich, wie die Spannung von mir abfiel.
Wie schwer das alles noch werden würde, das merkte ich im Laufe der folgenden Tage immer mehr. Jeder Tag ohne ihr Gedächtnis war noch schwerer zu verkraften, als der Vorherige. Immer wenn mein Telefon klingelte, schlug mein Herz ganz schnell, weil ich darauf wartete, dass jemand mich anrief, um mir zu sagen, dass Madison wieder alles wusste. Wenn ich sie im Krankenhaus besuchte, dann sah ich jedes Mal fast sehnsüchtig in ihre Augen und hoffte darauf, dass sie mich endlich wieder mit diesem Blick ansah, den ich von ihr kannte. Aber nichts. Nichts davon geschah. Die Erinnerung kam auch nach ein paar Tagen noch nicht zurück, obwohl ich ihr all die Fragen beantwortete, die sie wissen wollte. Ich redete viel über unser gemeinsames Leben, auch über die Dinge aus ihrer Kindheit, die ich von ihr wusste. Ich erzählte Madison viel von ihrer Oma, die immer eine so große Bedeutung für sie gehabt hatte, und auch von ihrem Bruder Ian, von seiner Krankheit. Ich kam ihrem Wunsch zwar nach und bat all unsere Freunde ihr im Moment ein wenig Zeit zu geben, aber auch über diese Personen redete ich mit ihr. Damit sie einen möglichst guten Eindruck von dem Leben bekam, das sie eigentlich lebte und das sie erwarten würde, wenn wir gemeinsam in unser Haus zurück kehrten. Aber bisher tat sich trotz allem nichts in ihrem Kopf.
MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK
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22.09.2015 21:25 |
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