RE: SPIELPLATZ
Ich hatte keine Ahnung, was ich Lahja auf all das antworten konnte. Vor vielen Jahren war ich zwar auch auf die falsche Bahn geraten, hatte Drogen konsumiert, ein paar Vorstrafen wegen Körperverletzung am Hals, aber das hatte nie solche Auswirkungen genommen wie bei ihr. Ich war nie so tief in illegale Geschäfte hinein gerutscht, war nicht im Gefängnis, musste nicht um mein Leben fürchten. Scheiße, ich kannte nicht einmal Leute, bei denen das so war, wie sollte ich ihr damit helfen können? Gerade die Tatsache, dass ich mich völlig machtlos fühlte, sorgte dafür, dass ich mich innerlich sowie äußerlich erneut verspannte. Meine Kiefer pressten sich so fest aufeinander, dass man es an meinen Wangen deutlich sehen konnte, während ich noch immer starr in die Dunkelheit blickte. "Das ist- ich weiß nicht, was ich dir dazu sagen soll, Lahja", sprach ich nach ein paar Sekunden der Stille verbissen aus und schüttelte langsam den Kopf. "Ich hab keine Ahnung, wie ich dir helfen kann." Es gab aber eine Sache, die mir so schwer auf die Brust drückte, dass mir keine andere Möglichkeit blieb, als es anzusprechen. So hart das auch war. "Ich kann dich nicht mit den Kids arbeiten lassen, wenn du Drogen mit dir herum trägst, Lahja. Oder wenn du welche konsumierst. Ich will dir das nicht wegnehmen, wirklich nicht, und ich weiß auch wie wichtig dir der Job ist, aber- wenn ich sehe, dass du irgendetwas mit dir dahin bringst- oder wenn du selbst drauf bist, dann- hab ich keine andere Wahl, als es dem Chef zu sagen. Das weißt du, oder?" Ich fühlte mich darüber so unfassbar grauenhaft, dass ich mir selber mit der Hand einmal fest über die geschlossenen Augenlider rieb, als könnte ich dadurch die Spannung in mir lösen, aber versagte dabei kläglich. "Es tut mir Leid, Lahja, aber- versuch wenigstens selber stark zu sein. Du willst doch eigentlich gar nichts nehmen, oder? Sieh dich doch an. Wie weit du schon gekommen bist. Was du schon für Fortschritte gemacht hast. Du hast eben wieder schwarz gesehen, das stimmt, und du hast die Kontrolle verloren, aber erst, als du es dir selber erlaubt hast. Merkst du das? Du warst wütend, wegen allem, aber du hast es geschafft dich bei einem Bekannten einzuquartieren und genau zu planen, wann und wie du aggressiv werden darfst. Du bist nicht einfach auf irgendjemanden losgegangen, der dir gerade auf der Straße entgegen gekommen ist. Merkst du, was das für ein großer Schritt ist? Setz das nicht leichtfertig aufs Spiel. Vielleicht wirkt es im Moment so, als würde auf einmal wieder alles über dich herein brechen, aber du bist immer noch für dich selber verantwortlich. Und du kannst dafür sorgen, dass nicht wieder alles so wird wie früher."
Das alles war eigentlich schon schwierig genug, aber viel leichter wurde es auch nicht, als Lahja meine Frage zu Noah beantwortete und damit auch all das aufklärte, weshalb wir bei der Hochzeit von Matt und Madison so wütend auseinander gegangen waren. Selbst dabei starrte ich durchgehend in die Dunkelheit, so lange, bis sie aussprach, dass ihr Freund auch mich kennen lernen wollte und mein Kopf sich verwirrt in ihre Richtung wandte. Was war denn das zwischen uns? Und was sollte das noch werden? "Ich glaube nicht, dass ich das wirklich will, Lahja. Deinen Freund kennen lernen." Einfach weil es nur fair war auch mit ihr ehrlich zu sein und weil ich schon seit einigen Wochen wusste, dass Lahja Gefühle für mich hatte, die sich jetzt auch noch immer in ihrem Blick spiegelten, atmete ich einmal tief durch. "Ich hab nochmal mit Nele geschlafen, nachdem das alles passiert ist, und sie hat es eben auch schon wieder versucht. Das ist die manische Episode in ihr, ich weiß das, aber wir waren zehn Jahre ein Paar, das- ist nicht einfach so vorbei. Und ich weiß nicht, was ich will. Also egal, was du von mir erwartest oder möchtest, ich glaube nicht, dass ich dir das im Moment geben kann." Was aber auch nicht hieß, dass Lahja mir völlig gleichgültig war, überhaupt nicht. Im Gegenteil. Und ich merkte auch, dass sie gerade jetzt jemanden brauchte, während der Rest ihrer Familie so mit sich selber beschäftigt war und ihr Freund sich auf einmal auch von ihr abwandte. Nur die Rolle, die ich dabei einnehmen würde - als Freund, Partner oder nur als Trainer - die konnte ich mir noch nicht recht zuordnen. "Ich wohne im Moment alleine, Nele hat eine eigene Wohnung. Wenn es dir hilft nicht ständig bei einem Bekannten zu sein, der dich für sein Sofa mit Pillen bezahlen lässt, dann kannst du gerne mit zu mir kommen, bis das da wieder abgeklungen ist." Ich deutete mit meinem Blick und einem Nicken auf eine geschwollene Stelle in ihrem Gesicht. "Und wenn du das auch noch willst, dann sollten wir wieder anfangen zu trainieren. Du brauchst das. Und das weißt du auch."
ZACHARY WILLIAM COLES # 28 YEARS OLD # STRAIGHT EDGE
![[Bild: zac04.png]](https://i.postimg.cc/tgR61mn8/zac04.png)
|