RE: NOAH # ZAC # LAHJA
Natürlich hätte mir irgendwie klar sein müssen, dass Lahja mir die Stirn bieten würde. Dass sie einen so persönlichen Angriff nicht auf sich sitzen lassen konnte. Aber was da dann tatsächlich auf einmal aus ihrem Mund kam, das traf mich so verdammt hart, dass ich für ein paar Sekunden wie in Schockstarre einfach nur schweigend ihre Augen mit meinen fixierte. All diese Bilder kamen auf einmal zurück, von dem roten Badewasser, dem ganzen Blut, das unaufhaltsam aus Neles Armen geflossen war. Immer noch nur verschwommen, aber es war da und es traf mich - nach dem eigentlich harmonischen Tag - so unvorbereitet, dass mein Herz auf einmal wieder so schwer schlug, dass mir der Schmerz beinah den Brustkorb zerriss. Das Problem war, eigentlich hatte Lahja recht, mit allem. Es gab keinen Grund ihr die Schuld zuzuschieben und dass ich mit ihr geschlafen hatte, mehrmals, obwohl Zuhause meine kranke Freundin auf mich wartete, das lag einzig und allein in meiner Verantwortung. Und ja, es stimmte sogar auch, dass ich sie tatsächlich manchmal so ansah, als hätte sie eigenhändig die Rasierklinge über die Arme von Nele gezogen, diese Schuldzuweisung war ein ganz natürlicher Schutzmechanismus, den Lahja vermutlich ebenso gut kannte wie ich. Es war leichter, wenn man die Vorwürfe auf jemand anderem abladen konnte. Nicht fair, aber leichter. Und dass sie mir geholfen hatte innerhalb der letzten Woche, auch das war wahr. Eigentlich hatte ich absolut gar keinen Grund sie so wütend anzugehen, ohne auch nur eine Sekunde in Erwägung zu ziehen, dass hier einfach ein großes Missverständnis vorlag. Doch all diese logischen Gedankengänge, die nahmen momentan nicht die Überhand, im Gegenteil. Die vergruben sich ganz tief unten in meinem Hirn und heraus kam bloß die ungerechtfertigte Wut, das Ventil für die Last, die momentan schwer auf meinen Körper drückte.
Aus dem Augenwinkel glaubte ich zu sehen, dass nicht nur Noah, Lahja und ich diese Auseinandersetzung mitbekamen, sondern dass gerade auch nach den letzten paar Worten von ihr einige Blicke in unsere Richtung wechselten. Aber nicht nur deshalb schlug ich irgendwann die Augen zur Seite, schüttelte mit fest aufeinander gepressten Kiefer den Kopf und ging einfach an Lahja vorbei, ohne noch ein Wort zu sagen. Mir fiel nichts ein, was ich ihr noch hätte sagen können. Keine Vorwürfe und nein, auch nicht einmal eine Entschuldigung. Stattdessen lief ich direkt auf Matt und Madison zu, die unseren Konflikt anscheinend ebenfalls mitbekommen hatten, und schüttelte beiden die Hand. "Danke, dass ich da sein durfte, ich hatte einen schönen Abend. Und alles Gute." Wenigstens zu dieser Höflichkeit konnte ich mich noch motivieren, bevor ich durch den Sand auf die Promenade zulief und dort dann hinter einigen Gebäuden verschwand. Eine Beziehung, Lahja und ich. Während sie gleichzeitig auch noch mit ihrem Freund zusammen war. Oder verstand ich da etwas falsch? Ich merkte selber nicht einmal, wie diese Frage mich in dieser Nacht mehr beschäftigte, als der gescheiterte Suizid von Nele.
ZACHARY WILLIAM COLES # 28 YEARS OLD # STRAIGHT EDGE
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