RE: KILIAN # APRIL
April war hier und jetzt gerade an ihrer Grenze dessen, was heute noch Möglich, Ertragbar und ihr überhaupt Zumutbar war. Der Streit mit ihm letzte Woche – von jedem Wort bis hin zu der Ohrfeige, das Strippen, die Angst um ihre Wohnung und das sie diese Existenz wirklich verloren hatte, die Hilfe von ihrer Mutter, die SMS von ihrem Exmann, die Absagen von dem Job, den sie immer machen wollte und in dem sie Aufging und sich Wohl fühlte, das schlafen in einem Schlafsack mit Obdachlosen, diese vielen Existenzen von denen sie nun auch eine war und jetzt kam das. Jetzt kam dieses Geständnis aus ihm heraus, viel zu spät und auf einmal viel zu viel auf einmal. Ihre Hand in seiner, die fühlte sich gut an, das fühlte sich verdammt richtig an aber sie wollte doch nicht aus einer Emotion heraus handeln. Nicht Abhängig sein. Also schüttelte sie am Ende doch nur den Kopf. Für ihn, der so offen nie Redete und dem das so schwer viel, musste das sein, wie ein Schlag ins Gesicht aber April musste an sich denken. „ Ich kann... das nicht.“ war das einzige, was aus ihr herauskam und sie kehrte ihm viel zu schnell, fluchtartig den Rücken um sich ihren Rucksack zu schnappen und die Flasche und sich mit schnellen Schritten von hier zu entfernen. Sich nicht mal mehr umzudrehen. Deswegen sah sie auch nicht, dass Lahja in dem Augenblick hier ankam um zu schauen, ob sie noch Helfen könnte und sie ihren Vater nur in Schockstarre fand, weil die blonde Halbschwester ihrer Ma gerade davon geeilt war. Was war denn da schon wieder los? Diesmal keine Ausreden, sie nagelte Kilian darauf fest, endlich Wissen zu wollen, was da los war und Kilian redete tatsächlich! Bei dem Sturen Kopf konnte man sich ja nie sicher sein ob er nicht lieber einen Streit vom Zaun brach statt seiner Tochter zu sagen, was Phase war. Ihr stand fast der Mund offen, sie sah zu dem Fleck an dem April verschwunden war und pieckste seid Ewigkeiten ihrem Vater mal vorwurfsvoll vor die Brust. Er hatte sie geschlagen? Obwohl Lahja wusste, wie sehr er sich das mit Jeany nachtrug. Was hatte er denn ihr nicht alles gepredigt? Zum Glück wollten die beiden immer ehrlich miteinander sein und auch seine Tochter war nicht dumm und spürte, wie sehr ihn das gerade belastete und deswegen setzte sie sich nach ein paar unüberlegten Kommentaren hin, in den Sand um mit ihm zu Reden. Das er sich überlegen sollte, ob er mit der Liebe noch mal so leichtfertig umgehen sollte wie bei Jeany. Das die beiden durch seine Art doch viele schöne Momente verpasst hatten und ihr das bei Noah nun auch klar geworden war. Obwohl sie Kilian erst mal nicht sagte, dass sie trotzdem heute Abend mit Zac kommen würde, denn dann würde das die Aufmerksamkeit auf sie lenken und zu viele Fragen würden kommen. Sie sagte ihm auch, ihr sei April wichtig. Das er verdammtes Glück hatte, sie getroffen zu haben und das es ihr von seiner Geschichte her ein bisschen wie Schicksal vorgekommen war und ja, Lahja sah das als eine neue Chance für ihren Vater. Deswegen fand seine Tochter auch, es wäre ruhig mal an der Zeit, dass der Junge Kilian seine Taten wieder gut machen sollte und sich auch mal rein hängen musste. Das es mit einmal Gefühlsausbruch nicht getan wäre. Wie Vernünftig sie doch sein konnte, wenn sie denn wollte!
April schloss ihre Sachen an einem der Fächer am Strand ein, sie brauchte jetzt jemanden, der sie kannte und vor allem jemanden, der sie Verstand. Deswegen würde sie sicherlich nicht zu ihrer Mutter gehen sondern zu einer alten Freundin. Also musste es aber auch aussehen, als habe sie ein Dach über dem Kopf und es ginge nur um den Stress mit Kilian. Zum Glück hatte ihre liebste Arbeitskollegin von damals Zeit für sie, auch wenn es schmerzte zu hören, wie sehr die Patienten und alle sie vermissten, kam sie schnell zu dem Thema, für das sich alle Frauen auch so schnell Begeistern ließen. Zwischenmenschliche Beziehungen. Sie schilderte alles, was da passiert war – zumindest weitgehend an Worten, nur um den Stripperinnen Job musste sie sich herum winden. Also ging es vordergründig um den Streit und um die Emotionen. Dabei tranken die beiden Wein, ihre Zunge wurde immer lockerer und als sie irgendwann die Ohrfeige erwähnte, wurde ihr auch mal der Kopf gewaschen, dass sie das sicher nicht verdient hatte. Aber auch die Frage, was sie nun mit den ganzen Gefühlen anfangen wollte. Ob sie bereit war, Kilian und auch irgendwie Lahja als einen Teil ihrer Familie gehen zu lassen? War sie? – nein war sie nicht! Kurzerhand degradierte die Freundin sie in die Dusche, in ein Kleid, angemessen für eine Hochzeit am Strand – Sommerliche Farben die ihrer Figur schmeichelten. Machte ihr die Haare, während sie sich schminkte und Besprachen, bei immer mehr Wein, was April ihm sagen sollte. Ohje, das fühlte sich ja an wie in der High School. Die Freundin war sogar so engagiert, sie setzte April mit dem Auto wieder am Strand ab, damit sie es sich allein auf dem Weg nicht anders überlegte und nach dem letzten Glas Rotwein, war sie froh in dem Sand die Schuhe in der Hand zu halten statt darauf zu laufen. Sie stürmt aber trotzdem nicht die Hochzeit sondern setzte sich erst mal in etwas Abstand auf eine der Mauern, die den Gehweg abgrenzten und beobachtete das treiben. Beobachtete zwischen den Menschen auch Kilian, ihr Herz schlug viel schneller, wenn sie ihn sah und sie wusste auch, was das zu Bedeuten hatte aber was das für ihr ganzes Leben zu heißen hatte? Konnte sie über ihren Schatten springen, nachdem einige der Anwesenden sie oben Ohne gesehen hatten? Mit eher gesenktem Blick mogelte sie sich deswegen durch die Gesellschaft, bis sie doch auffiel und ein anerkennendes Pfeifen durch die Lippen einer der Gäste von dem Junggesellenabend kam und er rief Kilian, dein Tanzmäuschen ist da. Sie konnte ja nicht ahnen, dass alle etwa so einen Humor wie Matt hier pflegten. Wundervoll! Es machte das ganze nicht einfacher, als die Blicke der beiden sich trafen – denn sie spürte auch noch viel mehr Augenpaare auf ihrer Haut. Auch die von Matt, April schluckte und noch eher sie sich dem Mann zuwandte, wegen dem sie hier war entschuldigte sie sich bei seinem besten Freund und Gratulierte ihm. Wenigstens das ließ sich trotz des Alkohols ganz gut über die Bühne bringen. Danach ging sie aber doch zu Kilian hinüber „ Ich hätte dich nicht stehen lassen sollen – das war nur einfach – zu viel? Unsere Streitgespräche scheinen länger zu dauern...“ sie versuchte schwach zu Lächeln „... aber gibst du mir noch einen Moment oder... soll ich dich in Ruhe feiern lassen und wann anders kommen?“ sie sah sich nicht wirklich im Recht hier Anwesend zu sein. Deswegen streckte sie die Hand auch nur zaghaft nach seiner aus, um da anzuknüpfen, wo sie sich eben so los gerissen hatte. Ihr Herz klopfte so stark in der Brust und ihr Blick war starr vor Anspannung aber da lag auch so viel Emotion hinter.
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