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MOTEL
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Blaze
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Beitrag #19
RE: MOTEL
Achtundvierzig Stunden waren nun schon vergangen, seitdem Blaze geblendet von der Wut auf seine Freundin eingeprügelt hatte. Und dadurch auch knapp achtundvierzig Stunden, seitdem sie spurlos verschwunden war. Er selber hatte versucht sich nach dem Vorfall abzulenken, indem er mit ein paar Drogen-Freunden in einer verranzten Kneipe abhing, aber als sein Rausch langsam abflachte, verpuffte auch die Wut aus ihm. Dass Lahja ihn hintergangen und belogen hatte, das ließ sich seiner Ansicht nach nicht bestreiten, und dass Blaze dieses Verhalten verletzte war offensichtlich, aber selbstverständlich wurde ihm mit der Zeit auch langsam bewusst, dass seine maßlos gewalttätige Reaktion ungerechtfertigt war. An sich war das keine Seltenheit: Auf Drogen tat Blaze ständig Dinge, die er im nüchternen Zustand niemals wagen würde, doch üblicherweise bereute er seine überdrehten Entscheidungen hinterher nicht. Warum auch? Das Hochgefühl, das Adrenalin, die Endorphine, der sogenannte Kick, das war alles ein verführerischer Teil seiner regelmäßigen Fehltritte und Überreaktionen, genau so wollte und brauchte er es, aber das hier? Das war anders.
Blaze liebte es sich mit Lahja zu streiten - wie sie beide dabei leidenschaftlich und exzessiv handgreiflich wurden - doch eigentlich waren sie dabei immer ebenbürtige Gegner geblieben. Er hatte sie nie schwer verletzt und sie ihn ebenfalls nicht. Weshalb das an dem heutigen Abend anders gewesen war, welcher Teufel sich an diesem Abend in seinem Gehirn eingenistet hatte, das konnte er selber letztendlich nicht mehr sagen. Vielleicht war es nicht mehr und nicht weniger, als die Angst davor Lahja zu verlieren. Seine Partnerin, seine Seelenverwandte. Diejenige, die jedes Down ein bisschen erträglicher machen konnte und mit der sich jedes High so gut anfühlte wie nie zuvor. Daher realisierte Blaze nach ein paar Stunden auch, dass er besagten Teufel lieber nicht kennen gelernt hätte und so begab er sich - viel früher als für seine Verhältnisse üblich - im Dunklen auf den Heimweg, um nach Lahja zu sehen, mit ihr gemeinsam den guten Stoff zu rauchen und über die Gleichgültigkeit und Wärme des Heroin diese Auseinandersetzung einfach zu vergessen. Wie schon so oft zuvor.

Das war zumindest der Plan. Die Wirklichkeit, die sah jedoch brutal anders aus, denn anstatt Lahja im gemeinsamen Bett vorzufinden, war der Bauwagen leer. Weit und breit keine Spur von ihr. Blaze lief über den gesamten Platz, klopfte sogar bei bekannten Nachbarn, versuchte herauszufinden, ob sie irgendwo Unterschlupf gesucht hatte, aber nichts. Und auch in den einschlägigen Kneipen, die sie normalerweise oft gemeinsam besuchten und wo er deshalb ebenfalls nach ihr Ausschau hielt, konnte er sie an diesem Abend nicht finden. Niemand hatte sie gesehen, keine Nachricht von ihr war zurück geblieben, und obwohl er versuchte sich innerlich dagegen zu wehren, kamen automatisch die destruktiven Gedanken zurück. Hatte ihr scheiß Ex-Freund wieder etwas damit zutun? War sie bei ihm? Was tat sie gerade mit ihm? Küssten sie sich? Schliefen sie miteinander? Betrog sie Blaze? Waren die vergangenen anderthalb Jahre für sie nur Ablenkung gewesen? Nur Spaß? Ohne Bedeutung? Diese Gedanken waren wie eine dunkle Abwärts-Spirale: Immer mehr steigerte Blaze sich in Lahjas möglichen Betrug hinein und rutschte daher tiefer und tiefer in seine Wut.

Dieselben Fragen liefen in Blaze Kopf seit zwei Tagen in einer Dauerschleife, zwischendurch konnte er sich nur mithilfe der Drogen ablenken und beruhigen. Sich für ein paar Minuten in Geborgenheit und Glück hüllen, bevor die bittere Realität ihn wieder ergriff und er unruhig im Bauwagen gegen die Tür starrte, darauf wartend, dass Lahja endlich wiederkehrte. Das tat sie aber nicht. Sie war wie vom Erdboden verschluckt und je mehr Zeit verging, desto paranoider und wütender wurde Blaze. Und das trug selbstverständlich auch dazu bei, dass er erneut völlig überreagierte, als ihn endlich ein Lebenszeichen seiner Freundin erreichte.
Ein gemeinsamer Freund von ihnen, ebenfalls ein Dealer, lief ihm abends zwischen einigen heruntergekommenen Kneipen in East Los Angeles über den Weg und völlig nebensächlich fragte er ihn auf einmal nach Lahja. Weshalb sie nicht mehr bei Blaze wohnte, sondern in einem Motel rumhing. Und wer sie so zugerichtet hatte. Die Konversation wirkte belanglos, ehrliches Interesse füreinander war in Drogen-Kreisen sowieso meistens geheuchelt, und so zögerte der andere Typ auch nicht ihm das Motel und sogar die genaue Zimmernummer zu nennen. Deren Probleme waren schließlich nicht seine Probleme, und dass Blaze sich daraufhin unruhig und wütend abwandte, das interessierte ihn ebenfalls kaum. Drama und Tragik und Trennungen und Handgreiflichkeiten waren in diesem Umfeld keine Seltenheit.

Etwa dreißig Minuten später stand Blaze also genau dort, wo Lahja sich aktuell aufhielt und das nicht einmal allein, sondern tatsächlich mit ihrem Ex-Freund. Das Kokain, das Blaze auf dem Weg hierher noch geschnupft hatte, ließ ihn am ganzen Körper erzittern, aber es gab ihm auch die nötige Entschlossenheit und Selbstüberschätzung, um seine geladene Waffe auf die beiden zu richten und darüber hinaus auch noch die Sicherung zu lösen. Er stand völlig unter Strom, die Wut und die Aggressivität nahmen seinen Körper ein, Egoismus und Arroganz benebelten seine Sinne. Blaze könnte an diesem Abend für nichts garantieren, sein Finger lag bedrohlich fest auf dem Abzug der Waffe, denn noch nie zuvor hatte er sich so verraten und verletzt gefühlt. Lahja hatte ihn hintergangen, immer wieder, und sie tat es auch jetzt noch, nachdem er ihr eine Lektion erteilt hatte. Es war als trete sie ihn und seine Ängste mit Füßen. Als wären tatsächlich all die gemeinsamen Versprechen und Visionen der letzten Monate nur Heuchelei. Ursache seiner Wut waren daher nicht die Drogen, und auch keine fälschlichen Besitzansprüche, sondern einzig und allein seine Gefühle für Lahja. Dass er sie wirklich liebte und wirklich begehrte. Auf seine eigene destruktive Art.
Aber eben dies war auch der Grund dafür, dass sie ihn mit ihren weichen, vertrauten Worten durch die Aggressivität hindurch noch erreichen konnte. Schon als sie das Wort Baby aussprach, änderte sich etwas in dem Blick von Blaze. Seine Augenlider zuckten, starr sah er in das Gesicht seiner Freundin. Er wollte ihr so gerne glauben, er wollte es wirklich, aber der Teufel in ihm ließ keine Ruhe. "Verarsch mich nicht", raunte er ihr zu, mit vor Adrenalin schwer pochendem Herzen. "Lüg mich nicht an, du Hure. Das hier war doch von Anfang an was du wolltest! Du hast dir über Monate hinweg meine Drogen rein geballert und nur drauf gewartet, dass du wieder zu diesem Wichser zurück gehen kannst." In der Wut schloss sich die Hand von Blaze noch einmal fester um die Waffe, die mit dem Lauf noch immer auf Zac gerichtet war, und doch konnte man in seinen Augen erkennen, dass er Lahjas Worten Glauben schenken wollte.
02.09.2018 21:14
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MOTEL - Zac William Coles - 16.08.2018, 16:57
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