MOTEL
Verbissen presste Zac seine Kiefer aufeinander, als Lahja die gängigen Anlaufstellen sofort ablehnte. Nicht wegen ihrer Sturheit allerdings, sondern weil sie wahrscheinlich sogar recht hatte, mit dem, was sie da sagte. Die Polizisten würden ihre Anzeige aufnehmen, dazu waren sie verpflichtet, aber danach? Eine junge Frau, aus minderen Verhältnissen, unter Drogen stehend, vorbestraft, so aussehend wie sie es tat: Die Cops würde das einen Scheiß interessieren. Die Welt war ein grauenhafter Ort, misshandelte Frauen gab es hier viele, und doch keine ausreichenden Gesetze, die jemandem wie Lahja nun dauerhaft Sicherheit und Schutz bieten würden. Wenn sie eines der absoluten Bullenschweine vor sich sitzen hatte, dann würde der sich selbstgerecht in seinem Sessel zurücklehnen und sie darauf hinweisen, dass ihr Wort gegen das ihres Freundes stand. Ohne Zeugen könnte er da leider auch nichts tun. Schon allein bei dem Gedanken daran kochte die Wut in Zac erneut so hoch, dass Lahja spüren würde wie sich sein Körper unangenehm verspannte. Bis dann das Auto vorfuhr und er seine Ex-Freundin - trotz des kritischen Blicks des Fahrers - vorsichtig auf dem Rücksitz unterbrachte. Mürrisch wurde sie zwar darum gebeten auf die Polster aufzupassen, aber zumindest schien der Mann zu erkennen, dass die junge Frau Hilfe brauchte.
"Krankenhaus?", fragte der Fahrer deshalb auch von selber, als Zac sich auf die andere Seite des Wagens neben Lahja auf den Sitz sinken ließ, aber tatsächlich hielt er noch einen Moment inne und sah fragend zu seiner Ex-Freundin. Die grobe Behandlung der Wunden könnte er auch selber vornehmen, er hatte das bei sich selber schließlich auch oft getan, aber in einem Krankenhaus würde man Lahja eventuell auch anderweitige Hilfestellung geben. Wenn sie wohlmöglich an eine engagierte, freundliche Krankenschwester geriet, die sich ihrer annahm und sie mit einem Frauenhaus in Verbindung brachte oder mit anderen Hilfsstellen für Frauen, vielleicht würde Lahja dann auf sie hören. Und sich helfen lassen. Doch das war es letztendlich auch, was Zac umstimmte, denn er wusste wie schwierig es für Lahja war sich in Schwächemomenten anderen Personen gegenüber zu öffnen. Fremden Personen erst recht. So wie damals bei Chris, war Zac sich auch diesmal sicher, dass sie über diese tätliche Misshandlung sprechen und sich Unterstützung suchen musste, aber er hatte auch Angst davor, dass er sie zu schnell dazu drängte. So schnell, dass sie ihr Vertrauen in ihn verlor und sich beim nächsten Mal vor seiner Hilfe verschloss. Deshalb schüttelte er letztendlich doch nachgiebig den Kopf und lehnte sich zum Fahrer nach vorne, um ihm die Adresse eines billigen Motels zu nennen, das ganz in der Nähe des Fight Clubs lag. Da wusste er zumindest, wo die Verbandsmaterialien aufbewahrt wurden und könnte es auf dem Weg zum Motel schnell einsammeln.
Zac nutzte den Moment der Ruhe, um sich das T-Shirt unter seinem Pullover auszuziehen, das Stück Stoff zu einem festen Ballen zu drehen und es Lahja in die Hand zu drücken, damit sie es gegen ihre Stirn pressen konnte. Erneut versuchte er dabei erfolglos in ihre Augen zu sehen. "Das wird Ava nie wieder tun, das verspreche ich dir", sprach er dunkel, leise und noch immer angespannt in den Raum hinein. Aber Zac hatte das Gefühl damit wäre es nicht getan und weil er sich natürlich auch für seine Verlobte verantwortlich fühlte, sprach er danach genauso unruhig weiter. "Es tut mir Leid, Lahja. Ehrlich. Wenn ich gewusst hätte, dass sie- so etwas tut-- Oder wenn ich auch nur geahnt hätte, dass sie anscheinend so wütend ist, darüber dass wir uns sehen, dann-- Ich hätte es nicht so weit kommen lassen, okay?" Unabweislich war aber auch, dass das hier letztendlich nicht ihre Schuld war, und auch nicht die Schuld von Lahja oder ihm selber, sondern einzig und allein die von Blaze. Er hatte seine eigene Freundin aus Eifersucht so zugerichtet. Und dennoch, als Zac seine Ex-Freundin noch einmal betrachtete, da konnte er nicht mit Sicherheit beantworten, ob das hier jetzt auch das Ende ihrer Beziehung bedeutete. Das sollte es, ohne Frage, aber was, wenn ihr Rausch abgeflacht war? Wenn sie neuen Stoff benötigte? Wenn sie kein Geld mehr hatte? Wie tief ging ihre Abhängigkeit wirklich?
Zac vermied aber sie jetzt schon mit diesen Fragen zu belasten, sondern verhielt sich ruhig, bis sie vor dem Motel ankamen, er den Fahrer bezahlte und dann erstmal alleine nach draußen ging, in die Rezeption hinein. Absichtlich hatte er sich eines der Motels ausgesucht, deren Türen allesamt in einen Innenhof in der Mitte des U-förmigen Komplexes führten, damit er Lahja nicht durch eine hell beleuchtete Lobby zum Zimmer führen musste. So viel Blut sah man hier sicher auch nicht gern. Stattdessen besorgte er alleine einen Zimmerschlüssel, bezahlte auch schon im voraus für die ersten drei Tage, und ging dann zum Auto zurück, um Lahja nach draußen zu helfen. Die Tasche mit dem Erste-Hilfe-Kasten, den er tatsächlich zuvor schnell aus dem Club geholt hatte, nahm er ebenfalls in die Hand und brachte seine Ex-Freundin vorsichtig in das gebuchte Zimmer.
"Nur dass du Bescheid weißt: Das ändert nichts daran, dass du mit irgendjemandem reden und dir Hilfe suchen musst. Und falls ich das Gefühl hab, dass du doch einen professionellen Arzt brauchst, dann gehst du mit mir zum Krankenhaus, ohne Widerworte, okay?" Eindringlich sah Zac in Lahjas Augen und wartete auf ihre Zustimmung, ehe er die Tür hinter ihnen beiden schloss.
ZACHARY WILLIAM COLES # 28 YEARS OLD # STRAIGHT EDGE
![[Bild: zac04.png]](https://i.postimg.cc/tgR61mn8/zac04.png)
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