RE: CROSS PUB
Vielleicht hatte Noah sich noch nie zuvor so zerrissen in sich selber gefühlt wie jetzt gerade, als er in Bex weinende Augen blickte und ihre Hände sich dabei um sein Gesicht legten. Einerseits wollte er in Jubelschreie ausbrechen, er wollte diese Armee an Schmetterlingen in seinem Bauch endlich freilassen und sich daran erfreuen, dass gerade geschah, wonach er sich schon so lange sehnte. Er wollte genießen verliebt zu sein, ohne die Angst im Nacken, dass Bex sich doch gegen ihn und gegen ihre eigenen Gefühle entscheiden würde, ganz egal weshalb. Wegen ihrer Eltern, wegen den Erinnerungen an Joker, wegen den unterschiedlichen Lebensstilen: Es gab genug oberflächliche Gründe, die gegen eine Beziehung zwischen Noah und ihr sprachen, aber all die brachte sie mit ihren Worten endlich zum schweigen. Eigentlich müssten deshalb in diesem Moment alle Ängsten von ihnen beiden abfallen. In genau diesem Moment sollte es nur um ihre Emotionen gehen. Sie sollten genießen dürfen, was sie beide füreinander fühlten, denn es gab doch nichts Schöneres in dieser Welt, als zu hören, zu sehen und zu spüren wie sehr man geliebt wurde, von jemandem, den man selber ebenfalls liebte, aber stattdessen war da so viel Schmerz in ihren Blicken, so viele neue Ängste wurden auf einmal geformt. Am liebsten hätte Noah seine Hände in Bex gekrallt und sie nie wieder losgelassen - vielleicht versuchten seine Finger das auch insgeheim, so fest wie er ihren Körper gerade an seinem hielt - doch weil er wusste, dass das keine Lösung für die Ewigkeit sein konnte, verfiel er in ein langes Kopfschütteln. "Dann geh nicht, Bex. Bitte. Dann- dann bleib einfach hier. Komm mit mir. Du kannst bei mir wohnen oder bei May, bis- bis ein anderes Zimmer frei wird." Er wusste, dass das für sie niemals so leicht sein würde wie für ihn. Schon jetzt konnte man in ihren Augen erkennen wie hin und hergerissen sie war. Wie sehr sie sich vorwarf ihre Eltern so zu hintergehen, aber wie sehr es sie auch enttäuschte, dass ihre wichtigsten Bezugspersonen kein Verständnis für ihre Tochter aufbringen konnten. Noah würde es akzeptieren, wenn sie sagte, dass das keine Option sei und dass ihr keine andere Möglichkeit blieb, als auf ihre Familie zu hören und nach Russland zu gehen, vielleicht für immer. Verdammt, er würde alles akzeptieren und er würde trotzdem versuchen mit ihr zusammen zu sein, egal wie, dafür war er viel zu verliebt in Bex, aber dennoch legten sich seine Hände jetzt verzweifelt um ihr Gesicht. Fast flehend sah er ihr in die Augen, während seine kribbelnden Fingerkuppen sich in ihre warme, weiche Haut drückten und er seine Daumen sachte über ihre verweinten Wangen zog. "Oder wir gehen weg, wir beide. Ich- Vielleicht können wir nach Los Angeles gehen, zu Haily, in ihrem Haus kommen wir auf jeden Fall unter. Oder- wir gehen nach New York. Ich hab dort noch so viele Freunde, bei irgendwem können wir bestimmt ein paar Wochen bleiben. Nur solange, bis deine Eltern sich beruhigt haben. Bis sie merken, dass das hier- dass das ernst ist. Dass mir das ernst ist und dass dir das ernst ist und-" Noah hätte gerne noch weiter geredet, er hätte gerne noch viel mehr gesagt, um sie davon zu überzeugen gegen den Willen ihrer Eltern hier in diesem Land zu bleiben, aber seine Stimme versagte, als sein Blick auf ihre Lippen hinab fiel und ihm nichts anderes übrig blieb, als sich nach vorne zu lehnen und sie zu küssen. Zu lange hatte er darauf gewartet, zu oft hatte er sich diesen Moment im Kopf schon vorgestellt und obwohl er ihre salzigen Tränen schmecken konnte, begann auf einmal die Welt sich um ihn herum zu drehen. Das Herz in Noahs Brust raste, seine Knie wurden ganz weich und wenn Bex auch nur zu einem Bruchteil das fühlen würde, was er gerade spürte, dann hätten all die verbalen Bemühungen sie zum Hierbleiben zu überreden sowieso keinen Wert mehr. Das hier - dieses Gefühl, das sie in seiner Brust, seiner Kehle, seinem Kopf, auf seinen Lippen provozierte - das war das Einzige, was zählte.
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