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SAN FRANCISCO TIERHEIM
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Noah Scott
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Beitrag #11
RE: TIERHEIM
Noah fühlte sich so verloren wie er dort angespannt und regungslos im Zwinger stand, immer darauf bedacht vehement den Blicken von Bex auszuweichen, um nicht zu viel von sich preiszugeben. Um ihr nicht zeigen zu müssen, wie verletzt er von ihrem Verhalten wirklich war. Eigentlich sollte das okay sein, eigentlich sollte er offener mit seinen Gefühlen umgehen können - das war doch ein wichtiger Teil dieses Hippie-Lebens, das er so gerne für sich beanspruchte - aber ähnlich wie Bex hing auch Noah noch in einer Zwischenwelt fest, vielleicht würde er das auch immer tun. Er wäre niemals das parolenschwingende, allumfassend Liebe verbreitende Blumenkind, das in einer Kommune lebte und nie an sich zweifelte. Er würde niemals das klischeemäßige Bild eines Hippies erfüllen, das in der Gesellschaft fest im Kopf verankert war - dafür war er zu anders aufgewachsen, hatte andere Hintergründe, andere Werte - aber genau deshalb konnte Bex ihn auch augenblicklich erreichen, als sie wieder die Stimme erhob. Diese Zweifel, verdammt, die kannte er doch zu gut. All seine alten Freunde aus New York, die Hardcore Kids, die konnten sich nur über das Leben belustigen, das er jetzt lebte, und ja, natürlich war es unter dem Gesichtspunkt anfangs umso schwerer gewesen seinen Platz hier zu finden. Seine Daseinsberechtigung. Auch jetzt noch, so wie heute, zweifelte er manchmal daran, wer er war und wo er denn hingehörte, aber gleichzeitig machte ihn das eben auch unheimlich sensibel und verständnisvoll für das, was Bex gerade durch den Kopf ging, und ganz unwillkürlich geschah dadurch, dass sein Herz wieder weicher wurde. Zugänglicher. Vorsichtig wagte er es zu ihr zu schielen, sie zu betrachten, gemeinsam mit dem Hund, doch je mehr Zeit verging und je mehr sie von sich und ihren Gefühlen preisgab, umso fester blieb sein Blick an ihr hängen. Fühlte sie tatsächlich so wie sie gerade beschrieb? Mochte sie Noah wirklich mehr, als er ahnte? Und warum hatte er das nicht bemerkt, wo er doch sonst so sensibel dafür war? Hatte das was mit seinen Selbstzweifeln zutun, damit, dass er einfach ständig nur Ablehnung erwartete? Oder vielleicht auch damit, dass er sich bei ihrem letzten Treffen mit den Drogen so für diese Feinheiten betäubt hatte? Wäre der Abend anders verlaufen, wenn er einfach er selber gewesen wäre? Die Fragen in Noahs Kopf häuften sich nur mehr und mehr, aber mit jeder wurde auch deutlicher, dass sie beide etwas verloren hatten, das ihre Freundschaft am Anfang so ausgezeichnet hatte: Sie waren nicht mehr ehrlich und offen miteinander gewesen. Sie beide hatten Gefühle und Gedanken zurückgehalten, sie beide hatten Zweifel angehäuft, aber nicht geklärt. Probleme visualisiert, aber nicht nach einer Lösung gesucht. Da stand so viel unausgesprochen zwischen ihnen, das ganz offensichtlich nicht nur ihn verletzt hatte, sondern, ja, auch Bex. Und das durchaus mit Recht.
Noah war gar nicht aufgefallen wie sich sein Körper mehr und mehr in ihre Richtung gedreht hatte, wie er jetzt regelrecht mit den Augen an ihr hing und auch die Arme nicht mehr so verschlossen vor sich hielt, aber als die Stimme von Bex versiegte und sich ihr Blick im Fell des Tieres verlor, ging er ganz bewusst ein paar Schritte auf sie zu und ließ sich vor ihr ebenfalls auf den Boden sinken, damit er sie an Größe nicht so überragte. Sachte streichelte auch er erst über den Rücken des Hundes, so als könnte er in seinem Fell Mut und die richtigen Worte finden, ehe er einmal tief einatmete und mit einem langsamen Kopfschütteln ebenfalls begann zu reden. "Ich wusste nicht, dass- du dir so viele Gedanken machst, Bex. Und so viele Zweifel hast. Vielleicht- wahrscheinlich hätte ich das merken müssen, aber ich war in der letzten Zeit zu sehr auf mich selber fixiert, glaube ich, dass das irgendwie- untergegangen ist. Habe- ich dir denn jemals das Gefühl gegeben, dass du in meine Welt nicht hinein passt?" Tief füllte er seine Lungen mit Luft, bevor Noah ebenfalls versuchte im Kopf zurückzudenken und ganz vorne anzusetzen, um sich zu erklären. An dem Punkt, an dem er begonnen hatte seine Unsicherheiten vor Bex zu verbergen. "Weißt du, du hast so viel darüber erzählt, was dir wichtig ist bei einem Date oder auch in einer Beziehung, sogar davon wie Joker dich damals erobert hat, dass ich- mir selber einen riesigen Druck gemacht hab. Ich wollte doch nur ausnahmsweise mal alles richtig machen, ich wollte, dass du mich auch so magst wie ich dich mag, aber hab dabei anscheinend ganz vergessen, dass ich das einfach nicht bin. Und nicht kann. Der Noah, der ich war, als wir im Theater waren: Das bin ich. Ein bisschen schüchtern, ein bisschen nervös, ein bisschen ängstlich und unsicher. Ich fand die Gespräche, die wir an dem Abend hatten, wunderschön und ich mochte es einfach mit dir zusammen zu sein, etwas zu erleben, etwas Neues zu entdecken. Das hat mich glücklich gemacht, aber- als ich dann hinterher zuhause im Bett lag, da hab ich versucht das zu vergleichen, mit den Vorstellungen und den Erwartungen, die du eigentlich an ein Date hast, und irgendwie- irgendwie waren da so wenig Parallelen. Der ganze Abend, da war einfach nichts anders als sonst. Wir waren wie zwei gute Freunde, die zusammen ausgegangen sind und das hat mich verunsichert. Ich dachte- ich hatte das Gefühl ich müsste mehr investieren und- das wollte ich dann auch tun, bei unserem zweiten Date. Ich wollte eine Situation schaffen, in der es ganz deutlich ist, dass ich dich mehr mag, als nur eine gute Freundin, weil ich dachte- ich dachte genau das wäre es, was dich an mir oder an uns zweifeln lässt. Dass ich dir zu wenig gebe. Zu wenig tue. Dich vielleicht sogar zu wenig umgarne." Das klang so absurd, dass sich sogar kurz ein schwaches, ironisches Lächeln über seine Lippen zog, ehe Noah jedoch wieder in Kopfschütteln verfiel. "Ich hab diesen Plan Ewigkeiten vorher schon durchgekaut, wie ich dich da mit auf dieses Dach nehme und wir da gemeinsam sitzen und ich dir näher komme, ich hab mir das so oft vorgestellt, aber- du standest dann auf einmal überraschend in meinem Zimmer und du wolltest mit mir ausgehen und- ich hatte zu wenig Vorlaufzeit. Ich konnte mich nicht darauf vorbereiten, ich war auf einmal wieder so nervös und- und ich glaube ich habe einen Fehler gemacht, den ich nicht hätte tun sollen, Bex." Weil er sich jetzt nur umso mehr dafür schämte und darüber ärgerte, starrte Noah wieder auf den Boden zwischen ihnen und drückte unsicher seine Hände ineinander. "Ich hab- an dem Abend Pep gezogen. Speed. Mehrmals. Normalerweise- das ist normalerweise nicht meins, überhaupt nicht. Früher hab ich das ein paar Mal gemacht, aber- schon damals konnte ich mich nicht so für chemische Drogen begeistern und das hat sich auch nicht geändert, aber- Lahja hat ein bisschen was hier vergessen und ich dachte- ich dachte ich könnte mir damit die Anspannung nehmen. Die Nervosität. Und ja, das konnte ich auch, alles war auf einmal leichter, aber- das Zeug macht auch verdammt egozentrisch. Und unsensibel. Ich hab dich völlig aus dem Blick verloren, ich hab aus dem Blick verloren auf die Kleinigkeiten zu achten und das- das war falsch. Das war sowas von falsch. Mich hat das zu selbstsicher gemacht, in meinen Vorstellungen und Plänen, und- falls ich dir damit das Gefühl gegeben habe, dass es mir nur noch darum geht dich rumzukriegen, dann- tut mir das unfassbar Leid, Bex. Du glaubst gar nicht wie Leid mir das tut. So bin ich nicht und so werde ich auch nie sein." Dafür nahm Noah sogar all seinen Mut zusammen, hob seinen Kopf und sah ihr ehrlich, aufrichtig in die Augen. "Und- bevor du irgendetwas sagst, nur eine Sache noch: Zwischen Lahja und mir, da war nichts. Da lief nichts. Wir sind nur noch Freunde, mehr nicht, und was ich dir schon einmal gesagt hab - dass ich überhaupt keinen Kopf für so etwas hab, wenn ich verliebt bin - das stimmt auch immer noch. Ich hab kein einziges Mal in Erwägung gezogen sie zu küssen oder mit ihr zu schlafen oder- was weiß ich. Mit Zweisamkeit meinte ich bloß, dass wir zusammen waren, die meiste Zeit in meinem Zimmer, um zusammen zu kiffen, zu reden und Musik zu hören oder Filme zu gucken. Mehr nicht. Nur-- Ich wollte das nur kurz klarstellen."
27.02.2017 19:28
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SAN FRANCISCO TIERHEIM - Noah Scott - 19.09.2016, 12:28
RE: TIERHEIM - Rebekka Smirnow - 20.09.2016, 00:49
RE: TIERHEIM - Noah Scott - 07.10.2016, 13:37
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RE: TIERHEIM - Rebekka Smirnow - 06.03.2017, 00:25