RE: EAST LOS ANGELES
Noch immer war es für Lahja unglaublich schwer, nicht sofort wie eine Bombe an die Decke zu gehen. Dauerhaft. Sie bereute nicht, was sie in den letzten Jahren geschafft hatte und sie hatte sich stets Bemüht, diese Wut in sich anders raus zu lassen, als in Dingen, die sie wieder einer Zelle näher brachten aber gerade zerfiel ihr sorgsam, gepflegtes Leben wieder in sich. Ruhe zu bewahren stellte sich als immer größer werdende Herausforderung dar. Da konnte nicht mal helfen, dass sie endlich eine Wohnung hatte – unabhängig von ihrem Vater oder einen Job, den sie wirklich so liebte, dass es sich anders für sie anfühlte als arbeiten oder eine elende Pflicht. Ja, sogar Sozialkompetenzen hatte sie entwickelt, auch wenn sie das in der WG mit zwei anderen Mitbewohnern auf neue Art prüfte. Absichtlich hatte sie nicht im engeren Freundeskreis nach freien Zimmern gesucht sondern eher über diese, an Bekannte von denen. Blöd war sie auch nicht und wollte nicht das eine ihrer wenigen, engen Freundschaften an einem gemeinsamen Haushalt zerbrach. Trotzdem – Arbeitskollegen stellten sich als Menschen heraus, die man gerne mal um sich hatte. Arbeitgeber als nette Bettgeschichten und auch wenn es schwer war, sich an Gemeinschaftsputzpläne zu halten, durchlief sie hier endlich mal die normalen Herausforderungen auf dem Weg zum erwachsen werden. Jeder Jugendliche der eine WG Erfahrung machte, würde da durch müssen. Endlich fühlte sich ihr Leben mal weniger extrem als ganz normal an – zumindest bis ihr Umfeld mal wieder alles kaputt machen musste. Zac außen vor gelassen. Sie war noch immer nicht darüber hinweg, wie schnell er sich Familie und Kind angelacht hatte und deswegen mied sie ihn, wie abgesprochen noch immer aber sie fand sich damit ab. So wie bei Noah würde es eventuell nie werden, denn diese Spannung zwischen Zac und ihr war nicht erloschen und nur noch Freundschaft übrig aber ein normaler Umgang wäre doch schön. Er hatte sie so Unterstützt, sie ihn im Gegenzug und die beiden verstanden einander so unfassbar gut. Nein, viel eher war es Kilian geschuldet, der sich noch mehr wie ein Teenie benahm, der nicht von hier um die nächste Ecke dachte. Das er April mit Madison betrogen hatte, dass war Grund genug nicht mehr mit ihm unter einem Dach wohnen zu wollen aber das setzte dem noch eine Krone auf. Er vögelte Nele – die Depressive, verrückte Ex von Zac und für Lahja kam das dem gleich, ihr ein Messer in den Rücken zu jagen. Immerhin hatte die so lange an Zac herum gebaggert, dass der irgendwann schwach geworden und wieder mit ihr in die Kiste gestiegen war. Trotz der Beziehung in der er mit Lahja gewesen war. Das sie nichts anderes vorher getan hatte sah sie anders. Das war doch auch was anderes. Sie hatte es nicht so Mutwillig getan und die Beziehung war doch eh schon Kaputt gewesen, es war nur Pflichtgefühl gewesen was ihn davon abgehalten hatte, Nele zu verlassen. Er hatte nur keinen Ausweg gefunden ohne sie. Was aber Nele nun mit ihrem Vater trieb war doch ekelhaft. Kilian ging nicht ein einziges Mal auf ihren Vorwurf ein, dass er so viel zu Alt für Nele war. Nein, lieber schützte er das Miststück auch noch und verriet seine Tochter mit jedem mal, wo er das tat, nur noch mehr. Natürlich wollte sie nicht, dass Nele etwas zustieß, Lahja würde nie vergessen wie sich das anfühlte, sich Schuldig zu fühlen, wenn sie sich etwas antat aber als sie wieder da war. Als es einen Weg gab, sie los zu werden, da tat ihr Vater nicht das einzig richtige sondern wollte sie weiterhin bei sich wohnen lassen? In Lahjas Zimmer? Der hatte doch echt den Knall nicht gehört. Ab dem Moment gab es in Lahja keine Ruhe mehr, kein Ventil war mehr groß genug um diesen Druck abzufangen. Wer sie Ansprach, der holte sich eine fauchende Antwort ab. Zum Glück war der Ton in der Veranstaltungstechniker-Szene ohnehin ein Rauer und man kannte Lahja ein wenig. Also hielt man den nötigen Sicherheitsabstand und ließ sie in Ruhe soweit es ging. In der WG wurde das Klima dadurch nur noch mehr Belastet. Lahja suchte förmlich nach etwas, weswegen sie sich aufregen konnte und benahm sich im Gegenzug absolut Rücksichtslos. Kam mitten in der Nacht alles andere als Leise nach Hause, hinterließ ein Chaos wenn sie sich zum Feiern bereit machte. Das reichte vom stehen lassen ihres Bieres auf der Anrichte im Bad bis hin zu Klamotten, über die man im Flur stolperte, weil sie am frühen Morgen nur ins Bett wollte. Wie immer stieg ihr Drogenkonsum in der Zeit, in der es das am wenigsten tun sollte. Sie verbot sich das zur Ruhe kommen, dachte so könnte sie Wut in Spaß verwandeln und hatte noch immer nicht verstanden, dass das nichts half. Es war nach einem Aufbau, mitten in der Nacht, als sie sich mit einigen Mitgliedern der Crew und zwei Bandmitgliedern auf den Weg in das alternative Nachtleben von Los Angeles stürzte. Schon aufgeheizt zog sie immer wieder die Nase hoch, was verriet, womit die Gruppe sich fit hielt und eine Flasche Schnaps hatten sie auch noch ergattert. Gerade Schnaps provozierte in Lahja Aggressionen und sie hatte tatsächlich überlegt, den weg zu lassen aber nach ein paar motivierenden Sprüchen von einem Arbeitskollegen und Freund, der ihre aktuelle Situation kannte, ertränkte sie lieber ihre Sorge in dem brennenden Getränk und statt zu Zögern, gönnte sie sich. So das der Blick schwammig wurde, das Urteilsvermögen sich verabschiedete und ihr die Kontrolle Schrittweise entglitt. Eigentlich hatte sie sich heute vorgenommen, nicht alleine heim zu kehren – tatsächlich war diese lange Reihe an One Night Stands weniger geworden, nachdem sie den Job nicht vernachlässigte aber Kilian hatte mal wieder alles Versaut. Weil sie dort voller Wut einfach abgehauen war, ging es ihr doch nun so und sie musste sich wen anderes suchen, wer die Wut dieses verhängnisvollen Tages abbekam – eigentlich sollte das so geschehen wie mit Zac damals aber sie hatte so wenig Selbstbeherrschung, sich zu entladen brodelte zu sehr. Dafür reichte dann im Club schon ein Kerl, der sie aus versehen anstieß und Lahja ganz unverhältnismäßig gegen seine Brust stieß – feste und grob. „ Mach doch mal die Augen auf, Penner.“ Kam es giftig zwischen ihren Lippen heraus. Sie selbst hörte sich im Rausch kaum mehr selbst Reden.
|| DESTRUCTIVE » 23 YEARS OLD » DRUG ADDICTED ||
I need to feel something before I'm just nothin'.
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