RE: ROUTE 66
Was Matt noch fehlte war tatsächlich das fundierte Wissen über das, was Madison und ihn mit dieser Erkrankung erwartete. Er war niemand, der sich gerne durch Bücher quälte und alle Fakten in Erfahrung brachte, wenn er mit einer Problematik konfrontiert wurde - und selbst wenn, dann wäre ihm in den wenigen Tagen seitdem er von dem Krebs erfahren hatte gar keine Zeit dafür geblieben - sondern stürzte sich lieber kopfüber und blind in das Chaos hinein. Immer. Ihm blieb nur das Basiswissen, das man sich mit der Zeit so aneignete: Über die Krankheit Krebs, über eine Chemotherapie und die möglichen Folgen. Er wusste, dass man Madison wohlmöglich die Brust amputieren müsste, er wusste, dass sie in dem Prozess wohlmöglich ihre Haare und vor allem ihre Kraft verlieren würde, er kannte ein paar Risiken, aber all diese Details und Statistiken und die grausame Realität, mit der seine ehemalige Frau sich bereits konfrontieren musste und die ihre Ängste nur mehr schürte, die war ihm noch fremd. Das sah man Matt jetzt auch deutlich an, als er vor ihr saß und kaum wusste damit umzugehen, dass diese unglaublich attraktive Frau, die immer unverschämt gut mit ihrem Körper umzugehen wusste, jetzt auf einmal versuchte eben diesen vor ihm zu verbergen.
Für Matt würde das alles nichts ändern, daran zweifelte er keine Sekunde. Er liebte ihre Brüste, natürlich tat er das, aber die Liebe, die er für die Frau dahinter empfand, die war so viel stärker. So viel größer. Und schon längst nicht mehr auf Äußerlichkeiten basiert, absolut nicht. Es machte ihm keine Angst, ob man ihr wohlmöglich die Brust abnahm, ob man ihre Brustwarze retten oder rekonstruieren konnte oder nicht. Seine einzige Angst war bloß die, was diese Dinge mit ihr anstellen würden. Könnte sie sich selber je wieder lieber? Könnte sie je wieder glücklich in den Spiegel sehen? Würde es Matt auch danach noch gelingen die Leichtigkeit aus ihr heraus zu kitzeln und sie in die Gegenwart zu zerren, weg von den Sorgen der Zukunft und dem Leid der Vergangenheit? Würde sie das Leben noch lieben können? Oder läge da ständig das Gefühl über ihnen, dass sie sich in ihrem Körper nicht mehr Zuhause fühlte? Und die Angst davor, dass der Krebs zurückkehren könnte? Wie viel würde das in ihr ändern? Und war Matts Liebe für das Leben dann noch immer groß genug für sie beide? Das machte ihm Angst und weil alles, was Madison gerade sagte, dachte und verkörperte genau diese Ängste in ihm unterstützten, vergingen tatsächlich ein paar zehrend lange Sekunden, in denen er regungslos und angespannt in ihre Augen sah. Zärtlich bewegten sich seine Daumen dabei über ihre Wangen und versuchten die Tränen von ihrer Haut zu vertreiben, aber es brauchte etwas, bis er langsam den Kopf schüttelte und seine Finger behutsam von ihr löste, jedoch nur, um nach der Decke zu greifen, in die er sich gewickelt hatte, und sie stattdessen achtsam um ihre Schultern zu legen. Ganz sanft zog er sie vor ihr zusammen, nicht um irgendetwas zu verbergen - zumindest nicht vor ihm - sondern hauptsächlich, um einerseits etwas gegen ihr Zittern zutun, aber andererseits ihr auch das Gefühl zu nehmen so ausgeliefert zu sein. Dass ihm selber ihr Anblick nichts ausmachte und dass er sich vor diesem Tumor in ihr nicht fürchtete, das zeigte er ihr, indem er danach näher an sie heran rutschte, seine Hände erst langsam über ihre Oberschenkel zog, über ihre Knie, und dann erneut nach ihren Fingern griff, um sie sanft mit seinen zu drücken.
"Du bist die schönste Frau, die ich je gesehen hab, Madison. Und daran wird nichts etwas ändern können, vor allem keine Äußerlichkeiten, okay?", sagte er leise, sanft, während er versuchte ihr tief in die Augen zu sehen und behutsam mit seinen Daumen über ihre Handrücken streichelte. "Ich hab keine Angst vor deinem Tumor und ich hab auch keine Angst davor, ob man ihn sehen oder spüren kann. Es ändert für mich nichts, ob du nur noch eine Brust hast oder gar keine oder was mit deiner Brustwarze passiert. Nichts an dir könnte für mich je ekelhaft sein. Okay, klar, eitrige Wunden, steh ich jetzt nicht so drauf, aber Madison, du bist die Frau, der ich sogar freiwillig eitrige Wunden eincremen würde, jeden Tag, bis wir sterben. Ich würde dir Pickel ausdrücken und deine Fußnägel schneiden und deine Hornhaut abraspeln, wenn du dazu irgendwann nicht mehr in der Lage sein solltest, oder dir den Schnodder aus der Nase ziehen, wenn der unwahrscheinliche Fall eintritt, dass du dir beide Arme brichst und dich dann auch noch erkältest. Versprochen." Vorsichtig zog Matt seine Mundwinkel hoch, lächelte Madison schwach an, ehe er noch ein wenig näher rutschte und seine Arme ebenfalls unter die Decke schob, wenn auch nur, um die Hände an ihre Taille zu legen und dort sachte über ihre Haut zu streicheln. "Ich habe kein Angst vor irgendwelchen körperlichen Veränderungen, es gibt andere Dinge, die mir Angst machen, aber das nicht. Gleichzeitig- weiß ich aber auch, dass das bei dir anders ist. Ich weiß, dass dir das Angst macht und ich weiß, dass du das nicht willst und glaub nicht, dass ich das nicht ernst nehme oder nicht verstehen kann, ja? Wenn du nicht möchtest, dass ich dich berühre, dann ist das okay. Wenn du dich unwohl dabei fühlst dich auszuziehen, dann ist das auch in Ordnung. Wenn du nicht mit mir schlafen möchtest- kein Problem. Wir haben Zeit. Ich möchte nur nicht-- Schließ mich nicht wieder aus, okay? Das hier, das jetzt gerade - wie du mit mir redest und mich teilhaben lässt - bleib dabei. Bitte. Du weißt gar nicht wie viel das wert ist. Mach nicht wieder dicht vor mir, Madison. Auch wenn es sich am Anfang so anfühlt als würde es nur noch schwerer, wenn du darüber redest, macht es doch alles so viel leichter. Wirklich." Eine Hand ließ er noch immer an ihrer Taille ruhen, mit der anderen griff Matt aber jetzt erneut nach ihrer, um sie diesmal zu sich zu ziehen, ihre Fingerspitzen sachte auf seine Brust zu legen und sie über seine Haut zu bewegen. Ganz unschuldig und vorsichtig, aber so, dass Madison spüren musste wie schön seine Wärme war. Wie gut sich das anfühlte. Und wie schwer sein Herz schlug, als er ihre Hand liebevoll dagegen drückte. "Wir können das schaffen, gemeinsam. Egal was kommt. Wir haben doch auch sonst immer alles geschafft."
MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK
![[Bild: matt04.png]](https://i.postimg.cc/g2W8p0zz/matt04.png)
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