RE: ROUTE 66
Im ersten Moment war da nur Erleichterung und Dankbarkeit, dass er da war, um den Kopf der beiden dazustellen. Matt war Emotional, reißerisch, voller überschäumender Liebe manchmal aber gerade tat er das, was sie nicht konnte. Er behielt den Überblick einer Situation, in der sie viel zu Überfordert damit war, wie viele Emotionen in ihr vorgingen. Vielleicht hätte sie das gekonnt, wenn sie nicht eh schon so durcheinander gewesen wäre, wegen dem, was zwischen den beiden passiert war und wie sie sich dabei Gefühlt hatte – wie sie sich damit jetzt fühlte aber dann – dann sagte er etwas Folgenschweres für sie. Ja, Madison kämpfte nicht und wer nicht gegen Krebs kämpfte, der ließ die Krankheit wüten, bis sie irgendwann das Leben raubte und sie wollte sich darauf vorbereiten. Sie wollte ja sogar ihre Beerdigung planen. Dennoch. Das Wort Tod hatte für sie seid der Nachricht eine Wirkung, einen neuen Sinn, einen Stellenwert. Sie bekam nicht mit, wie sie vielleicht in alles viel zu sehr hineininterpretierte, was sie erwartete und sie bekam auch nicht mit, wie sie das alles noch nicht Ansatzweise verarbeitet hatte. Noch immer redete sie sich ein, er war es, mit seinen Ausbrüchen, Bitten und Vorwürfen, der dafür Verantwortlich war, dass sie manchmal Nächtelang den Himmel anstarrte statt zu schlafen aber Madison war noch lange nicht fertig mit dem Thema. Auch nach der Rettungsaktion wurde sie sich dessen nicht richtig bewusst.
Die beiden schafften das Tier unter Widerstand in den Wagen, sie hielt es auf ihrem Schoß in Schach, während die beiden – berechtigt – darüber nachdachten, wie sie den Weg mit dem Auto zu der nächsten Tierärztin schaffen konnten. Immerhin hatten sie betrunken schon einmal einen Unfall gehabt, wenn auch Inszeniert, wie sie nun wussten aber keiner der beiden wollte das noch einmal erleben oder diese Konsequenzen riskieren. Schnell hatten sie deshalb auch die Wildtierstation ausgeschlossen, die einige Kilometer weiter weg lag als der Tierarzt. Langsam setzte Matt den Wagen in Bewegung, nachdem er sich zu Neutralisierung ein wenig weißes Pulver in die Nase gezogen hatte. Das wirkte gegen den Alkohol und wenn die Polizei sie anhielt, war es ohnehin zu spät. Ihnen blieb auch fast das Herz stehen, als die an ihnen vorbei rauschte aber durch die Tierbefreiung hatten sie unbeabsichtigt wohl auch etwas anderes erreicht – der Streifenwagen schien zu dem Haus zu wollen, von dem sie sich gerade Entfernten. Nervös aber auch erleichternd, mit einem Lächeln, Kopfschüttelnd, sahen sie sich kurz mit großen Augen an. Das Adrenalin in ihnen sorgte dafür, dass sie unter dem Schock gar nicht anders handeln konnten. Madison wollte auch das an sich abschmettern lassen aber dieses Abenteuer sorgte dafür, dass sie sich an so vieles Erinnerte, was die beiden schon durchgestanden hatten. Mit mehr Glück als Verstand.
Die Tierärztin war dann aber wohl etwas Vernünftiger – oder einfach nicht so Tierlieb wie man für den Job sein sollte. Ihr fiel die Fahne der beiden auf, sie fragte auch, wie sie hier her gekommen seien und Madisons Fauchen brachte ihnen keine gute Verhandlungsbasis. Alles wollte sie dem Paar in Rechnung stellen, was den kleinen, armen Kerl anging und es Interessierte sie nicht, ob sie das Tier gefunden hatten und es nicht ihrer war. Viel eher zuckte sie die Schultern und teilte ihnen mit, diese Tiere seien eh Überbevölkert – dann könnte sie ihn auch einschläfern. Madison brachte das so auf, Lautstark brach sie in einen Vergleich zwischen Menschen und Tier aus. Matt sah auch hier viel eher, wie schlecht es für den Geldbeutel der beiden sein könnte, sie weiter Sprechen zu lassen. Lieber handelte er aus, dass sie sich selbst kümmern würden, sobald sie das Nötigste geleistet hätte und Madison verstummte – er hatte ja Recht. Leise Murrend und ergeben Fauchend, weil sie sich so ungern geschlagen gab, warteten sie also bis der Waschbär in einem Zustand war, mit dem sie nun alleine in dem Wagen ausharren könnten. Auch wenn das Tier schlief, machte Maddi kein Auge zu und am nächsten Morgen war sie klammheimlich aus dem Bus verschwunden um in dem Naheliegenden Supermarkt Leckerbissen zu besorgen. Waschbären aßen Fleisch und auch wenn sie selbst es nicht tat, sah man, wie sie in jede Mitgebrachte Köstlichkeit die Tabletten unterzuschmuggeln versuchte. Matt war mittlerweile ebenso erwacht aber sie war ganz fern von Reden, was zwischen den beiden passiert war oder was sie nun verzweifelt versuchen ließ, den kleinen Kerl zu Retten. Was sie dazu trieb noch einmal in den Supermarkt zu laufen, weiteres Fleisch zu kaufen und wieso sie so unermüdlich mit Augenringen dasaß, das Wildtier zu seinem Glück zu zwingen. Immer wieder dachte sie an Matt´s Worte am Abend und als ihr Nervenkleid zu dünn wurde, als ihr die Worte erneut das Herz schwer machten, da sah sie ihn endlich an. „ Es – tut mir Leid. Wir hätten einfach nur tun sollen, was du dir gewünscht hast und dann... hätten wir eine weniger Stressige Woche gehabt.“ Mit weniger Tod - fügte sie in Gedanken hinzu. Nachdem der Blick schon längst wieder auf dem Fellträger lag, der sich ihrer Pflege verweigerte, nuschelte sie hinterher. „ Das gestern war dumm – ich... Kopflos bin ich nicht und ich werde das auch nie sein.“ Das erklärte, ohne das sie es hätte müssen, warum sie gestern übereilig alles zwischen den beiden unterbrochen hatte.
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