RE: ROUTE 66
Schon oft hatte sie versucht so Kopflos zu sein wie Matt, schon oft hatte sie probiert diese positive Einstellung ebenso zu verinnerlichen wie er aber am Ende – war sie das einfach nicht. Madison war anders und auch wenn es ihm in der Beziehung immer wieder gelungen war, ihre Zweifel auszuschalten und ihr die Leidenschaft zu entlocken, die da auch in ihr steckte, basierte das auf etwas anderem. Das basierte darauf, dass sie ihm Vertraute und das sie darauf Vertraute, dass er wusste, was in diesem Moment das beste für sie beide war. Weil die beiden viel mehr ein zusammen dargestellt hatten, als ein einzelnes Existieren. Sie hatten, wie auch in ihrem Freundeskreis öfters angemerkt, etwas so kitschiges Erschaffen und gelebt, was sie nie zugegeben hätten und auch wenn sich dieser Kuss so gut anfühlte, wenn sie aufatmete, schon fast erleichtert, als er ihren Rücken gegen den Bus drückte und sein Körper auf so vielen Stellen des ihren aufkam, dass es ihr Sinne und Geist vernebelte – mehr als jeder Whiskey – die bösen Geister in ihr verstummten einfach nicht. Sie hatte Matt verletzt. Es tat ihm weh sie anzusehen. Er hatte ihr noch nicht verziehen. Alles was heute passierte, würde auch Morgen noch Konsequenzen haben und nur einmal konnte er ihre Fingerspitzen an seiner Wange spüren, so Sehnsüchtig und Liebevoll wie damals, eher Madison wieder die Kontrolle zurück erlangen konnte. Eher genau diese Finger sich gegen seine Brust drückten und sie den Kopf zur Seite drehte, um den Kuss zu beenden. Die blonde Frau hatte gespürt, wie er seine Hände sich von ihrem Bauch nach oben auf ihre Brüste schieben wollten und spätestens da kehrte alles zurück, was sie auf diesen Trip gebracht hatte. Er war nicht dafür hier, er war auch nicht bei ihr, damit die beiden miteinander neben oder miteinander in dem Bus schliefen und so vieles mehr – er war hier weil sie krank war. Weil er sie davon überzeugen wollte, sich von einem Arzt untersuchen zu lassen. Sie selbst ertastete den Tumor täglich, sie wusste wo er saß und sie war auch der Meinung ihn im Spiegel sehen zu können – sie konnte das hier nicht. Es würde sie doch nur noch Sichtbarer für ihn Krank machen. „ Matt – das – das geht nicht. Das ist nicht gut.“ Ihr gelang es nicht einmal ihn anzuschauen und weil Madison in solchen Gefühlslagen wenig Blick für Fakten hatte, dass es viel zu kalt und Nass hier draußen war, begann sie zu Flüchten. Sie verschränkte die Arme vor ihrem Oberkörper, senkte den Kopf und steuerte eine Himmelsrichtung an, die ihr richtig vorkam. Die Kälte und der Regen sollten ihre Gedanken abkühlen, damit sie auch in den letzten Tagen nicht schwach wurde, sich zu etwas hinreißen ließ, was nicht richtig wäre. Schon so oft hatte Matt an ihren Grenzen gekratzt aber das was er versuchte in den beiden zu finden, war nicht mehr da. Was er versuchte, festzuhalten, würde es doch so nicht mehr geben. Wie Jamie würde auch er sich irgendwann damit auseinander setzen, damit Frieden zu finden, dass es nicht mal mehr eine Chance auf die gemeinsame Zukunft gab. Doch als sie so strikt durch den Regen lief, wurde ihre Aufmerksamkeit mit einem Mal unterbrochen. Da war ein Tier, was gequälte Geräusche von sich gab? Je weiter sie kam, desto eindeutiger ihre Vermutung und da war Tatsächlich ein Waschbär, eingeklemmt in einer Falle, sicher schon viel zu lange und versuchte nur noch halb Lebendig sich gegen die Eisenschellen zu wehren. Madison musste nicht lange überlegen um auch im Regen auf die Knie zu sinken und verzweifelt, an allen Stellen auf einmal, zu versuchen zu handeln. Das waren Momente wo sich bei ihr jegliche Logik ausschaltete, was sie in Panik versetzte und sie sogar Hilflos nach Matt rief. Damit er den Überblick behielt, ihr dabei half, mit seiner Körperkraft – die ihr fehlte, während sie das Tier zu Beruhigen versuchte. „ Wir müssen in eine Tierklinik, einen Tierarzt, ich weiß nicht... Wildtierstation.“ Die Fachkundige Ahnung hatte sie zwar aber sie war so aufgebracht und aufgeregt wie selten zuvor. Was, wenn das Tier jetzt hier in ihren Augen sterben würde? Für gewöhnlich war sie ein Mensch der das verstehen konnte aber in diesem Augenblick hatte Madison sogar Tränen in den Augen, dass das Tier es nicht schaffen könnte, das wollte sie nicht wahrhaben.
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