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JOE'S BAR
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Nele Hensley
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Beitrag #61
RE: JOE'S BAR
Es war nicht so, dass Nele alleine gar nichts auf die Reihe bekam. Er war nicht so, als wäre die junge Frau geistig nicht bei sich und irgendwie doch. Irgendwie hatte sie sich doch so wenig unter Kontrolle, bei einer Manie oder einer Depression. Sie würde alleine nie ein Menschenwürdiges Leben führen können. In der Klinik, in England bei ihren Eltern hatte das geklappt. Es gab keine richtigen Medikamente gegen eine bipolare Störung ihres Ausmaßes aber in einer Einrichtung mit Pflegern, die am Tag nach ihr sahen und etwas zum ruhig stellen oder aufpushen, je nach Bedarf, war es ihr eigentlich gut gegangen. Sie hatte sich etwas sortiert bekommen. Ihre Mutter holte sie gelegentlich ab, um mit ihr Unternehmungen zu tätigen – eher wie bei einem Haustier aber okay, so ging sie eben mit den Defizieten ihres Kindes um und in der Klinik knüpfte sie soziale Kontakte. Auf lange Sicht war sogar so was wie eine Außenwohngruppe eine Überlegung, ihre Mutter wehrte sich am meisten dagegen aber Nele hatte doch das Gefühl, sich richtig entschieden zu haben. Gegen die Verhandlung, gegen den Kampf auf Selbstbestimmung, den Zac ihr angeboten hatte. Es gab kein rauf und runter, es gab keine Exzesse in ihrem Leben aber dafür konnten die Ärzte auch ihre Depressionen ganz gut in Schach halten. Ganz Gesund würde Nele nie wieder werden, dass Versprach ihr auch niemand mehr aber die quälenden Gedanken, die konnte man verstummen lassen. Die konnte man Ertragbar machen.
Wahrscheinlich hätte sie ihren Frieden damit gefunden, wenn sie nicht ein Verhängnisvolles Wiedersehen, auf die Eskalation ihres Lebens mitgenommen hätte. Aiden war in den Phasen der Manie wie Gift für sie, pure Verführung und nach einem harten Kampf mit sich selbst, erlag sie doch den bösen Zungen in ihrem Kopf. All die Vernunft, all die Arbeit und Mühe der Pfleger und Therapeuten wurde in dieser Nacht zu Schutt und Asche. Schon nach der ersten Line, nach den ersten Anzeichen von Alkohol in ihrer Blutbahn verlor Nele erneut die Kontrolle über ihr Dasein. Sie würde irgendwann verstehen, wie vielen Menschen sie damit weh getan hatte, wie viele sie vor den Kopf gestoßen hatte aber jetzt wollte sie wieder Leben. Mit einem Mal kam ihr das Leben in der Klinik wieder vor, wie ein Käfig. Ihre Einschränkungen und Grenzen wie, als wollte man ihr das Leben zwar ermöglichen aber wie in einem dieser Spiele – wo man die Kugel durch ein Labyrinth befördert aber mit Mauern zu beiden Seiten, gezwungen dahin zu steuern, wo der Spieler einen haben wollte. Nein, das war verdammt nochmal ihre Existenz und um genau das zu Fühlen, brach Nele erneut aus. Aiden nahm sie mit auf die Tour und auch wenn sie Objektiv gar nicht sah, was hier vor sich ging, bezahlte sie ihn und auch den Rest der Band mit ihrem Körper. Schnell hatte sich herum gesprochen, wie offen und Tabulos Nele war und diese Störte das mit Nichten. Kein Mensch konnte ihre Energie teilen, ihrem Tatendrang folgen oder auch ihrer Lust standhalten. Das Leben wurde erneut eine große Party, die nie enden wollte – zumindest Glaubte Nele das. Die Depressionen hatte sie schon längst verdrängt, als sie Aiden bat, ihn mit sich nach Hause zu nehmen und bei sich Leben zu lassen. Auch ihre Eltern konnten daran nichts ändern. Nachdem sie Erfahren hatten, dass ihre Tochter erneut geflohen war aus der Klinik, gab auch ihre Mutter auf. Sie gaben ihr Kind Endgültig auf. Sie würden daran sonst zerbrechen und um ihr Gewissen zu bereinigen, überwiesen sie ihr etwas Geld aber kaum ein Anruf von ihr wurde mehr angenommen. Eigentlich warteten sie darauf, dass die Polizei aus den Staaten ihnen die Traurige Mitteilung zukommen ließ, dass sie ihre Tochter irgendwo Identifizieren müssten. Selbstmord, Ausgeraubt, Vergewaltigt – alles Szenarien, die ihrer Mutter schon durch den Kopf gegangen waren und weswegen ihr Vater sich schon so lange von ihr abgewandt hatte. So kam es auch, dass am 23. Dezember niemand den Hörer abnahm, als sie wirklich Hilfe brauchte. Als sie alleine, mit einem Rucksack und einer angebrochenen Flasche Schnaps auf der Straße vor Aidens Wohnung stand und der ihr deutlich machte, sie war nicht weiter erwünscht. Wut, Vorwürfe und dann Hilferufe erwiderte er einfach nicht. Nele war aus der Dusche gestolpert, als sie auch schon aufgefordert war, ihre Sachen zu packen und bald schon bebten ihre Lippen bläulich, von der Kälte der Stadt, die sich wegen des feuchten Körpers sogar durch die Klamotten schlich. Wer kam als erstes in den Sinn? Zac. Auf dem Klingelschild suchte sie vergebens nach seinem Namen, seine Nummer hatte sie schon vor ewigen Zeiten gelöscht. All die Party Bekanntschaften die sie hatte, würden sie zwar rein lassen aber – heute? So, wie sie aussah? Mit den Rucksäcken, die schon verrieten, mit einer Nacht auf dem Sofa war es nicht getan? Krampfhaft darüber nachdenkend, was sie nun tat, fuhr sie im Neonlicht der Straßenbahnen durch die Gegend. Zog sich ein paar Nasen auf den Bahnhofstoiletten, die sie sich mit den Pennern und Junkies teilte. Der brennende Schnaps leerte sich zunehmend und eigentlich hatte sie schon vor, ihre wenigen Sachen in eine Ecke des Clubs zu werfen, wo sie auch sonst immer war und einen Kerl zu finden, der betrunken genug war, nicht zu sehen, welchen Balast sie mit zu ihm nach Hause schleppen wollte – als ihr auf dem Weg dahin ein Anhaltspunkt kam. Die Einrichtungen in denen Zac gearbeitet hatte, die hatten über die Feiertage abgespeckten Dienst und die durften ihr eh nicht sagen, wo er nun lebte. Die Uni genauso wenig, wenn er nicht eh fertig mit dem Studium war aber auf dem Weg ins Herzen der Partyszene, kam Nele an einem der Kneipenviertel vorbei. Das war ihre Chance. Dunkel erinnerte sie sich, dass Zac ihr gesagt hatte, Lahjas Vater habe eine Kneipe genau hier. Noch immer Lebensmüde wenig bekleidet stand sie auf, schulterte den Rucksack und verlor fast das Gleichgewicht. Nele hatte gar nicht gemerkt, wie viel Schnaps ihre Kehle schon passiert hatte und wie viel durcheinander sie noch Konsumiert hatte, fehlte ihren Erinnerungen schon längst – besonders wenn man es auf die letzten Tage rechnete. In der Manie gab es etwas wie Trauer und Stillstand nicht aber unterbewusst, da war sie Gestresst von ihrem Leben. Von dem Rauswurf. Von der Frage, wohin jetzt. In der Manie gab es aber auch keine Scham, keinen Gedanken, dass Lahja vielleicht gar nicht so froh war, sie zu sehen. Das weder sie noch Zac sich noch in Los Angeles aufhielten. Es gab nur einen Gedanken, der zu einem Plan wurde an dem sie sich festhielt – genauso als sie die Klinke der Kneipentür herunter drückte und fast genauso schwungvoll ins Innere stolperte. Kaum jemand war so geübt, so durch auf den Beinen zu bleiben wie Nele und so steuerte sie den Tresen an, legte die Ellenbogen darauf und fixierte – wenn auch schwammig – den Mann hinter der Theke. „ Hallo – ich suche Lahja. Kann mir hier jemand dabei Helfen? Die Kneipe hat - vor zwei Jahren zumindest - ihrem Dad gehört...“ Das Sprechen war gar nicht mal so einfach durch das beben ihrer Kieferknochen, wieso sie noch immer nicht auf die Idee gekommen war, sich wenigstens eine dicke Jacke über zu ziehen? Weil sie eben ja noch in der kuscheligen Bahn gefahren war und davor? Davor hatte man sie aus der warmen Dusche in die Obdachlosigkeit geworfen. Vielleicht aber doch nicht so schlecht, denn der Blick des älteren Herren auf dem Barhocker neben ihr, der stieß ihr nicht mal so übel auf. Der hatte auch, wie die meisten jungen Leute, kein Problem mit dem Rucksack auf ihrem Rücken oder aber der Reisetasche zu ihren Füßen. Etwas mehr drückte sie ihr Kreuz durch, betonte ihre Hüfte ein wenig mehr aber nichts konnte mehr an ihrem Schwanken ändern. Daran, dass sie kaum mehr in der Lage war, die Augen scharf zu Stellen.
30.12.2016 00:45
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