RE: FABRIK
Troy hatte schon längst mitbekommen wie schüchtern und zurückhaltend Jamie war - er hatte sie schließlich schon mehrmals stottern hören, wenn sie auf die Frage von jemand anderem reagieren musste - deshalb sah er auch jetzt nur ganz ruhig in ihre Augen, ohne sie als geistig nicht ganz fit abzustempeln, und nickte langsam. Er konnte dennoch nicht verhindern, dass seine Mundwinkel sich ein wenig hoben, als sie sich unnötigerweise erneut bei ihm vorstellte. "Ich weiß. Die Neuen sind immer ein bisschen wie Zirkuspferde hier, immer im Mittelpunkt. Wenn die Arbeit zu langweilig wird, sucht man sich halt gerne etwas anderes, womit man sich beschäftigen kann. Wenn du wüsstest wie oft ich schon über dich geredet hab." Nicht nur mit den Sozialschmarotzern hier, sondern auch mit seinen anderen - weißen - Arbeitskollegen. Man tauschte sich eben aus, über das, was man wusste. Hatte schon jemand mit ihr gesprochen? War sie nett? Wo kam sie her? Mochte man sie oder war das eher jemand, den man schnell wieder heraus ekeln wollte? Die Latinos schienen sich für Letzteres entschieden zu haben, bei ihm und seinen Kollegen sah das jedoch anders aus, auf sie alle wirkte Jamie zwar ein wenig unsicher und zurückgezogen, aber gleichzeitig auch sehr höflich und respektvoll. Die älteren Kollegen hatten vielleicht ein paar Probleme damit, dass sie studierte und mussten daher ihren überlegenen Status hier in der Fabrik unter Beweis stellen, aber sie schien sich sowieso nicht wie etwas Besseres zu fühlen, nur wegen ihrer Intelligenz. Im Gegenteil sogar. Und Troy, er war eh schon beim ersten Aufeinandertreffen viel zu lange mit seinen Blicken an ihr hängen geblieben, weil sie optisch genau dem entsprach, was ihm in einer Frau gefiel. Sonst hätte er auch gar nicht so viel Aufwand betrieben, um sie vor weiteren Belästigungen zu schützen. "Ich bin Troy, hi. Und du musst dich nicht bei mir bedanken, eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass man sich gegenseitig mit Respekt behandelt." Er konnte es nicht lassen dabei einen harten, verärgerten Blick in Richtung des Mannes zu werfen, der gerade die Scherben und die Essensreste eilig im Mülleimer entsorgte und dann auch noch den Rest vom Boden wischte. "Aber einige scheinen das hier mit dem Respekt nicht so groß zu schreiben. Wie gesagt, ich hoffe es kommt nicht noch einmal vor, aber wenn doch, sag mir einfach Bescheid. Ich kümmere mich dann darum." Wie genau das aussah, wenn Troy das in die Hand nahm, das führte er weder für Jamie, noch für die auf einmal sehr schweigsam gewordenen Mexikaner aus, sondern schüttelte stattdessen ein letztes Mal den Kopf und wandte endgültig den Blick ab von der Meute, die sowieso schon viel zu viel Aufmerksamkeit von ihm bekommen hatte. Als der Latino ein letztes Mal aufstand, um die übrige Unordnung zu beseitigen, entschuldigte er sich tatsächlich bei Jamie, bevor er sich umdrehte, aber auch das ließ Troy unkommentiert. Vermutlich hoffte er dadurch auf Gnade, aber sein reumütiges Verhalten konnte ihn jetzt auch nicht mehr vor den Konsequenzen schützen. "Macht so ein morgendlicher Sprint dich für den Rest des Tages satt? Wenn nicht, komm. Du kannst was von mir haben, wenn du möchtest. Erwarte kein 5-Sterne-Menü, aber wenn man Hunger hat schmeckt alles, oder?" Er zuckte kurz mit den Schultern, bevor Troy zu seinem Spind ging und aus seinem Rucksack eine große Tupperdose, gefüllt mit zwei großen Erdnussbutter-Marmeladen-Sandwiches und ein paar Schokoriegeln, sowie eine Flasche Cola herauszog. Und dann auch noch seine Zigaretten, denn wenn er noch länger all die Latinos ansehen musste, dann würde ihm sein Essen sofort wieder hoch kommen. Stattdessen steuerte er direkt die Tür nach draußen an und suchte sich dort einen Platz auf der halbhohen Mauer am Rande der Fabrik.
TROY CHAMBERS # 25 YEARS OLD # ARYAN BROTHERHOOD
![[Bild: troy04.png]](https://i.postimg.cc/NjkTjwF1/troy04.png)
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