RE: JUGENDZENTRUM
Diese Distanz zu Ava, die Zac doch eigentlich gar nicht haben wollte, war unheimlich nervenzehrend für ihn. Es fühlte sich absurd an nachts alleine im gemeinsamen Bett zu schlafen, morgens neben niemandem aufzuwachen und mit niemandem reden zu können, wenn er spätabends nach einem anstrengenden Tag bei der Arbeit und einem anschließenden Besuch bei seiner Tochter nach Hause kam. Es war niemand mehr da, der ihm liebevoll den Nacken kraulte, wenn er mal wieder vor Anspannung schlaflos im Bett lag, und niemand, den er in den Morgenstunden zärtlich wecken konnte. Das zweifellos Schlimmste war jedoch, dass Zac seine Tochter alleine kennen lernen musste, denn in all seinen Vorstellungen, in all seinen Plänen für die Zukunft, hatte er dabei immer Ava neben sich visualisiert. Das erste schwache Lächeln auf Scarletts Gesicht, die ersten Geräusche, wie sie zum ersten Mal versuchte nach Zacs Finger zu greifen oder der Moment, in dem er endlich - nach mehreren Tagen - seine Tochter aus dem Inkubator nehmen und in seinen Armen halten durfte. Das waren alles Momente, die er mit seiner Verlobten teilen wollte, er wollte dieselbe grenzenlose Freude, die er in sich spürte, auch in Avas Augen sehen, und er wollte, dass diese Erlebnisse sie für immer miteinander verbanden, so wie es bei den meisten Eltern war. Wenn Zac dort im Krankenhaus stand, bei seiner Tochter, dann schienen jegliche andere Probleme im Leben so unbedeutend, so nichtig, das müsste Ava doch auch merken. Nichts und niemand war wichtiger, als Scarlett, und sie brauchte jetzt ihre Eltern. Beide. Sie brauchte eine intakte Familie, ein sicheres Umfeld. Trotz allem hielt Zac aber sein Versprechen und ließ seiner Verlobten den Freiraum, den sie gerade benötigte, indem er sie weder zu einer Entscheidung drängte, noch ständig Kontakt zu ihr aufnahm. Die Kommunikation zwischen ihnen drehte sich fast ausschließlich um die gemeinsame Tochter und um die Besuchszeit bei ihr, nur gestern Nacht war er schwach geworden und hatte nach mehreren schlaflosen Stunden im Bett dann doch Avas Nummer gewählt, um ihr verzweifelt zu sagen, dass er sie liebte und dass sie ihm fehlte, aber ihre müde Stimme klang noch immer so distanziert. Unsicher und ratlos. Sie brauchte noch Zeit. Und Zac blieb nichts anderes übrig, als das hinzunehmen, aufzulegen und weiterhin darauf zu vertrauen, dass ebendiese Zeit die Wogen zwischen dem jungen Paar wieder glätten würde.
Bis dahin versuchte er so viele Stunden wie möglich mit Scarlett zu verbringen, denn während er zwar spürte, dass der Stress und die Unsicherheit bezüglich seiner Zukunft und seiner Beziehung ihn manchmal wieder an die Grenzen seiner Belastbarkeit trieben, merkte er auch, dass seine Tochter ihn immer wieder erdete. All die Anspannung fiel von ihm ab, wenn er einfach nur bei ihr sein und liebevoll über ihre weiche Haut streicheln oder leise mit ihr reden konnte, und auch am heutigen Abend zog sich ein vorfreudiges Lächeln über seine Lippen, als er die Arbeit verließ, um sie zu besuchen. Ein Lächeln, das jedoch plötzlich erstarb, als Zac aus der Tür hinaus ging und aus dem Augenwinkel erkannte, dass dort niemand geringeres als Lahja direkt auf ihn zukam. Sein Schritt wurde langsamer, bis ihm gar nichts anderes übrig blieb, als vor ihr stehen zu bleiben, weil ihr Körper ihm den Weg versperrte. Unsicher hatte er seine Stirn zusammen gezogen, er spürte wie sein Herzschlag sich beschleunigte, aber Zac sagte nichts, bis sie ihre Entschuldigung abgeschlossen hatte und ihm erwartungsvoll in die Augen sah. Er war nicht wütend auf sie, damit hatte er in den letzten Tagen bereits abgeschlossen. Was hier passiert war, lag nicht in ihrer Verantwortung. Scarlett ging es gut, Ava hatte gesundheitlich ebenfalls alles überstanden und dass er gerade um seine Beziehung kämpfen musste, damit hatte Lahja nichts zutun. Er hatte seine Verlobte über Wochen hinweg belogen, nicht sie, und weil Zac deutlich in ihren Augen sehen konnte welche Vorwürfe seine Ex-Freundin sich noch immer machte, schüttelte er langsam den Kopf. "Ich weiß, dass du das nicht wolltest, Lahja. Niemand wollte das. Und ich weiß auch, dass du nur versucht hast mich aufzuhalten, ich bin also derjenige, der dich überhaupt erst in die Situation gebracht hat." Unsicher zog er die Schultern an, ehe er den Blick kurz auf ihren Rucksack senkte und dann wieder in Lahjas Augen sah. "Unserer Tochter geht es gut. Scarlett. Sie hat immer noch zu kämpfen manchmal, sie ist auch immer noch im Krankenhaus, aber sie ist stark. Und Ava, Ava hat auch alles überstanden. Gesundheitlich." Das, gepaart mit einem schwachen Lächeln, sollte ihr zumindest die Schuldgefühle nehmen, aber dieselben Bedenken, die Lahja durch den Kopf gingen, teilte auch Zac. Er wusste nicht, ob seine Verlobte das wollte, diesen Kontakt zwischen ihm und seiner Ex-Freundin. Er wusste nicht wie Ava darauf reagieren würde und weil es doch im Moment so wichtig war ihr verlorenes Vertrauen wieder zu gewinnen, schüttelte er den Kopf. "Tut mir Leid, ich muss ins Krankenhaus, ich bin eigentlich gerade auf dem Weg zu Scarlett. Es ist nett, dass du vorbeigekommen bist, wirklich, und dass du dir solche Sorgen gemacht hast. Ich bin nicht sauer auf dich, aber- da gibt es ein paar Dinge, die ich erst klären muss, bevor ich Zeit hab für- das hier." Unsicher deutete er einmal auf sie, dann auf sich selber. "Gib mir einfach ein bisschen Zeit, okay?" Versöhnlich legte Zac eine Hand an Lahjas Schulter, schob sich schon an ihr vorbei, ohne auf das angekündigte Geschenk einzugehen, aber er ging gerade einmal zwei Schritte, ehe er doch zweifelnd stehen blieb, sich noch einmal zu Lahja drehte und sie fragend ansah. Sie war hier, Ava nicht. Und sie würde vielleicht auch die Freude mit ihm teilen können, wenn seine Freundin dafür noch nicht bereit war. Konnte das so verwerflich sein? "Vielleicht-- vergiss das. Willst du mitkommen?" Er tat das nicht, um seiner Verlobten vor den Kopf zu stoßen, überhaupt nicht. Er wollte sie auch nicht hintergehen, aber Lahja war nunmal eine wichtige Person in Zacs Leben. Sie hatte in den letzten Monaten all seine Sorgen und all seine Zweifel mitbekommen, sie hatte ihn aufgebaut und motiviert. Und sie hatte es nicht verdient jetzt so unter diesen Schuldgefühlen zu leiden. "Du hast gesagt du hast etwas für Scarlett, oder? Dann solltest du ihr das auch selber geben."
ZACHARY WILLIAM COLES # 28 YEARS OLD # STRAIGHT EDGE
![[Bild: zac04.png]](https://i.postimg.cc/tgR61mn8/zac04.png)
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