RE: CASINO
Emma versuchte es so gut wie möglich zu verbergen, aber dass Lenn so distanziert auf sie reagierte verletzte die junge Frau zutiefst. Er sah sie kaum an, seine Stimme klang ablehnend und seine Körpersprache vermittelte dasselbe Gefühl. Da war nichts mehr übrig von der Intimität und der Nähe aus Las Vegas und obwohl Emma wusste, dass das weniger ihr und viel mehr dem Spiel geschuldet war, auf das er sich jetzt schon vermutlich seit Stunden konzentrierte, straffte sie doch ihre Schultern erneut und ließ kurz den Blick sinken. Hätte er ihr noch mehr Zeit eingeräumt, wäre wahrscheinlich schon wieder ein schnippischer Kommentar aus ihrem Mund gekommen, aber das konnte er gerade noch abwenden, indem er den Stuhl nach hinten schob, aufstand und sie vor die Tür geleitete. Das gab Emma genug Zeit, um noch einmal tief durchzuatmen und sich darauf zu besinnen, dass er es jetzt war, der Hilfe benötigte. Ob er wollte oder nicht. Er war es, der in einer Situation und in seiner Sucht steckte, die ihm nicht gut tat und als sie draußen vor ihm stehen blieb, da hatte sie so viel Kraft und Entschlossenheit fassen können, dass man es deutlich in ihren Augen erkennen konnte. "Ich bin nicht gekommen, um mich mit dir zu streiten. Ausnahmsweise. Es sei denn, natürlich, du provozierst es." Emma gelang es sogar ihre Lippen zu einem schwachen Lächeln zu verziehen, als sie zu Lenn aufsah und sich langsam noch einen Schritt auf ihn zu bewegte. Eigentlich war sie doch wegen etwas völlig anderem hier, aber sein Gesicht wirkte so müde, so ausgelaugt und so überarbeitet, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse hinten an stellte. Auch das war definitiv nur eine Ausnahme. "Du spielst also wieder, hm?" Sie achtete penibel darauf, dass ihre Stimme nicht vorwurfsvoll oder provokativ klang, sondern ganz ruhig und viel eher besorgt. "Seit wann?" In Emmas Natur lag eigentlich, dass sie nun ihre Hände vor seine Brust schlug und ihm lauthals vorwarf, dass er völlig dumm sei sich dieser Sucht einfach so hinzugeben. Eigentlich sollte sie ihn nun daran erinnern, was bei dem illegalen Pokerspiel geschehen war und dass er sich in Gefahr begab, wenn er sich so sehr auf etwas fixierte, aber statt ihren Emotionen freien Lauf zu lassen, griff sie diesmal behutsam nach seinem Arm und hob ihn vorsichtig an, um einen kurzen Blick auf Lenns Uhr zu werfen. "4.51 Uhr", las sie leise vor, ehe sie mit großen, offenen Augen wieder in sein Gesicht sah. "Spielst du heute schon die ganze Nacht? Glaubst du nicht es wäre langsam an der Zeit ins Bett zu gehen?" Sie wollte ihn nicht bevormunden, aber weil Emma schon glaubte, dass es wohlmöglich genauso bei ihm ankam, drückte sie ihre Finger ein wenig fester in seinen Arm, um ihn im Notfall - falls er wütend fliehen wollte - aufhalten zu können.
|