RE: TIERHEIM
Mehrere Tage hatte Noah nichts von Bex gehört und auch die regelmäßigen Hunde-Spaziergänge fielen im Moment aus, aber er versuchte das zu akzeptieren und ihr den Freiraum zu geben, den sie anscheinend gerade benötigte. Von May wurde er wenigstens immer wieder auf dem Laufenden gehalten wie es ihr ging und er wusste auch von ihr, dass Bex ihrem Freund tatsächlich noch eine Chance geben wollte. An dem Abend, nachdem er das erfahren hatte, saß er stundenlang in seinem Zimmer und tippte mehrmals eine Nachricht in sein Handy, in der er seine ehrliche Meinung dazu kundtat, aber löschte die Worte dann doch immer wieder. Oder er suchte in seinen Kontakten nach ihrer Nummer, hielt seinen Daumen oft sekundenlang über den grünen Hörer, wagte sich dann aber doch nicht sie anzurufen. Er wollte ihr so gerne sagen, dass sie zu gut war für jemanden wie Joker und dass er sie erneut enttäuschen würde, irgendwann. Er wollte nicht, dass sie jetzt mit solchen Zweifeln und einem solchen Misstrauen ihre Beziehung leben musste, aber letztendlich fand Noah nunmal immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück: Es ging ihn nichts an. Es war nicht seine Entscheidung, mit wem Bex ihr Leben teilte. Und ja, verdammt, ob er wollte oder nicht, seine Meinung zu Joker war zweifellos auch von seiner Eifersucht beeinflusst und das würde auch sie wissen. Warum gab sie sich denn auch mit jemandem zufrieden, der sie nicht ernst nahm, der sie belog und hintergang, wenn sie jemanden haben könnte, der sie wirklich aufrichtig, ehrlich und offen lieben würde? Das war doch nicht richtig. Das war nicht fair.
Gut zwei Wochen lang ermahnte Noah sich selber immer wieder und blieb auf Abstand, ehe er endlich eine Nachricht von Bex erhielt, in der sie ihn darum bat zum Tierheim zu kommen. Dass sie ihm die zerbrochene Schallplatte ersetzen würde stand auch darin und obwohl er ihr noch gesagt hatte, dass das nicht nötig wäre, zog sich jetzt doch ein Lächeln über seine Lippen, weil ihr offensichtlich genug an ihm lag, um es trotzdem zu tun. Pünktlich zur vereinbarten Uhrzeit kreuzte er also dort auf und begab sich auch auf direktem Weg zu dem Raum, in den Bex ihn bestellt hatte. Das war zwar ein wenig absurd, normalerweise trafen sie sich einfach vor dem Gebäude, aber Noah war viel zu glücklich über das Wiedersehen, als dass er so eine Kleinigkeit infrage stellen würde. Wie dumm das war, das verstand er erst, als er die Tür des besagten Raumes öffnete und sofort erschrocken stehen blieb, weil da nicht etwa Bex mit einer Schallplatte auf ihn wartete, sondern weil sie da vor ihm, auf der Kommode, gerade mit Joker schlief. Das war nicht ihr Ernst, oder? Das konnte nicht ihr Ernst sein. Hatte sie die Zeit vergessen? Hatte sie das absichtlich getan? Wollte sie Noah verletzen? So vieles ging ihm durch den Kopf, während sich unangenehm sein Magen zusammenzog, aber er konnte nichts anderes tun, als ein tonloses, kratziges "Entschuldigung" zu stammeln, sich einfach umzudrehen und die Tür ins Schloss fallen zu lassen. Wenn es eins gab, das er nicht hatte sehen wollen, das das hier und er spürte auch in seinem ganzen Körper wie sehr ihn das mitnahm. Wie traurig und wie wütend ihn das machte.
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