RE: ZAC # AVA
Eigentlich war diese ablehnende Reaktion von Zac nicht mehr und nicht weniger, als der Schock, der ihn durchzog und die unerwartete Erkenntnis, dass da etwas mit seiner Verlobten und ihm passierte, das er nicht eingeplant hatte. Es ging nicht darum, dass er Ava nicht liebte oder dass er instinktiv das Kind von vornherein ablehnte, er war nur einfach überfordert, genauso sehr wie seine Freundin. Er hatte Angst, er war verzweifelt, hilfslos und er konnte nichts dagegen tun, dass diese Emotionen ihn anfangs gänzlich außer Gefecht setzten. Was sollte er denn auch anderes tun? Das hier würde sein Leben verändern, für immer, und natürlich fühlte er sich im Alter von 26 Jahren, ohne einen sicheren Job, ohne finanzielle Rücklagen und ohne handfeste Perspektiven noch nicht bereit für ein Kind. Das passte nicht in sein Konzept und er wusste, dass es bei Ava mit ihrem Studium und ihren Zukunftsvisionen nicht anders aussah, sollte man deshalb nicht auch alle Optionen in Erwägung ziehen? Sollte seine Verlobte ihm nicht wenigstens einräumen darüber nachzudenken? Hatte sie nicht auch wenigstens einen kurzen Gedanken daran verschwendet? Es war nicht so, dass für Zac eine Abtreibung die einzig logische Entscheidung war, im Gegenteil. Er wusste einfach nicht, was er tun wollte, aber deshalb wusste er auch nicht, was er Ava sagen könnte, um sie aufzuhalten, als sie sich ihm auf einmal unerwartet entzog. Dass er etwas Falsches gesagt oder getan hatte, das sah er in ihrem Blick, aber auf seine vielen Nachfragen reagierte sie gar nicht. Und obwohl er sofort aufstand, um sie aufzuhalten, zog sie sich wortlos ihre Schuhe an, nahm sich ihre Jacke und ging. Und Zac? Er konnte nichts anderes tun, als in der geöffneten Tür stehen zu bleiben und zu respektieren, dass Ava diesen Abstand jetzt brauchte. Seiner Meinung nach war das nicht richtig, seiner Meinung nach mussten sie das gemeinsam durchstehen und gemeinsam alle Möglichkeiten durchdenken, aber als er sich umdrehte, die Tür wieder schloss und dann in der stillen, leeren Wohnung um sich sah, da konnte er auch nicht verleugnen, dass diese Ruhe ihm auch die Freiheit gab den Schock erst einmal zu verarbeiten. Ganz für sich alleine.
Und das tat er auch. Normalerweise half ihm bei solchen Entscheidungen immer der Sport und die damit einher gehende körperliche Erschöpfung, aber diesmal zwang Zac sich am Küchentisch Platz zu nehmen und all die Gefühle unverfälscht zu fühlen, die sich in ihm ausbreiteten. Die Unsicherheit, ob ein Kind zum jetzigen Zeitpunkt in seinem Leben überhaupt Platz fand, und dann auch die Übelkeit, als er ernsthaft über die Alternativen nachdachte. Genauso wie für Ava fühlte sich auch für ihn eine Abtreibung nicht richtig an, dieser Fötus war schließlich ein Lebewesen. Es war sein Kind. Das von ihm und der Frau, die er so sehr liebte. Die Frau, mit der er doch sowieso sein Leben verbringen wollte. Die Umstände waren nicht optimal, auf keinen Fall, und Zac stand sogar nach geraumer Zeit auf, ging ins Schlafzimmer, setzte sich dort an den Schreibtisch und rechnete mehrmals, immer wieder, mithilfe der vielen Unterlagen und intensiver Internet-Recherche durch, ob es für die beiden irgendwie finanziell möglich wäre dieses Kind großzuziehen. Er versank regelrecht in all diesen Zahlen, ging jegliche Optionen im Kopf durch und das so gründlich, dass er richtig erschrak, als das Handy neben ihm auf einmal einen Ton von sich gab. Natürlich hatte er mehrmals versucht Ava zu erreichen, aber er wusste auch, dass seine Freundin sehr strikt war in dem, was sie tat. Wenn sie nicht mit ihm reden wollte und wenn sie jetzt erstmal Zeit für sich brauchte, dann würden auch unzählige Anrufe daran nichts ändern können, also hatte er irgendwann aufgegeben und sich lieber völlig in diese Zettel vor sich gestürzt. Bis er jetzt auf dem Display sah, dass seine Verlobte in einer halben Stunde wieder hier sein würde und er urplötzlich so schnell vom Stuhl aufstand, dass dieser beinah nach hinten umkippte.
Ohne recht darüber nachzudenken griff er nach seiner Jacke, stieg in seine Schuhe und lief nach unten, um joggend den Blumenladen ein paar Straßen weiter anzusteuern und dort einen lockeren, liebevolln Strauß mit weißen Gerbera und Wildblumen für Ava binden zu lassen. Eigentlich hatte er danach direkt wieder nach Hause eilen wollen, um rechtzeitig vor seiner Verlobten dort zu sein, aber als er am Supermarkt vorbei kam, stürzte er auch dort noch hinein, um ein paar Dinge zu besorgen, bevor er wieder nach Hause rannte, aber wegen der Verzögerung erst so spät da war, dass Ava schon vor ihm stand, als er atemlos die Wohnungstür öffnete. Für einen Sekundenbruchteil sahen die beiden einander erschrocken in die Augen und für einen kurzen Moment glaubte Zac sogar, dass diese Blumen und seine Einkäufe eine total dumme Idee gewesen waren, als er in ihr noch immer verweint wirkendes Gesicht sah, aber dann schüttelte er über sich selber den Kopf. Nein, er hatte einen Fehler gemacht. Er hatte ihr nicht die Sicherheit und Liebe geben können, die sie brauchte, und deshalb drückte er auch vorsichtig die Tür hinter sich zu und hielt den Strauß vorsichtig in ihre Richtung. "Es tut mir Leid. Es tut mir- unfassbar Leid, Ava. Ich wollte dir nicht das Gefühl geben, dass ich dich damit allein lasse. Mit- unserem Kind. Ich lasse dich nicht allein, ich bin bei dir und- Es tut mir wirklich, aufrichtig Leid." Während Zac redete, ging er langsam auf seine Verlobte zu, ohne den Blick von ihr abzuwenden, und legte schlussendlich behutsam seine Hand an ihre Hüfte, um seine Finger mit sanftem Druck in ihrer Haut zu versenken.
ZACHARY WILLIAM COLES # 28 YEARS OLD # STRAIGHT EDGE
![[Bild: zac04.png]](https://i.postimg.cc/tgR61mn8/zac04.png)
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