RE: ZAC # AVA
Eigentlich hatte Zac schon seit langem eine bestimmte Vision für seine Zukunft: Er wollte heiraten, eine Familie gründen, vielleicht ein kleines Haus kaufen und der Arbeit nachgehen, die er so liebte. Er brauchte dafür nicht viel Geld und er plante auch nicht sich selber zu verändern oder von seinen beruflichen Vorstellungen und Zielen abzuweichen, um in einen lukrativeren Job zu wechseln, aber was von der heutigen Jugend oft als spießig belächelt wurde, war für ihn nunmal eine Wunschvorstellung für seine Zukunft. Insgeheim hatte er immer gewusst, dass Nele dafür nicht die richtige Partnerin war und dass sie mit ihrer Krankheit gar nicht die Möglichkeit hätte als Mutter für ihre Kinder zu sorgen, vielleicht hatte er ihr auch deswegen, trotz 10 Jahren Beziehung, nie einen Heiratsantrag gemacht. Dasselbe galt eigentlich auch für Lahja. Zac liebte sie, er begehrte sie und er wollte mit ihr zusammen sein, aber im Stillen wusste er, dass er niemals seine Ziele mit ihr verwirklichen könnte. Er sah Lahja nicht als Mutter oder als Ehefrau, sie selber sah sich auch nicht in der Rolle, und obwohl er sich oft eingeredet hatte, dass sich das vielleicht noch ändern würde, blickte er heute so erwachsen auf diese Beziehung zurück, dass er die damalige Trennung als richtig erachtete. Nach Zacs Seitensprung hatten die beiden nie wieder so recht zueinander finden können, Lahjas Vertrauen in ihn war gebrochen und trotz dass sie es noch einmal miteinander versuchten, mussten sie sich wenige Wochen später eingestehen, dass es nicht funktionierte. Vor allem nicht, nachdem Lahja aufgebrochen war, um ihre Ausbildung zu absolvieren. Sie war berechtigt misstrauisch und er genervt von ihrer gewohnten Verschlossenheit, sie stritten sich zu oft, redeten zu wenig miteinander und gaben letztendlich dann doch auf. Im beidseitigen Einverständnis.
Für Zac war dadurch eine Zeit angebrochen, die er eigentlich mal nur für sich selber nutzen wollte und auch von all seinen Freunden wurde ihm empfohlen einfach mal Single zu sein. Möglicherweise kam seine Untreue ja auch daher, dass er sich so lange in der Beziehung mit Nele gefangen gefühlt hatte. Er musste sich jetzt mal ausleben, andere Frauen treffen, zwanglosen Sex haben, daten und irgendwann, irgendwo würde er dann schon diejenige treffen, mit der er sich eine gemeinsame Zukunft vorstellen konnte und diese dann auch verwirklichen wollte. Er war doch auch noch jung, er hatte gerade erst sein Studium beendet und eigentlich war er sehr zufrieden mit seinem Vorhaben, aber dann kam doch alles anders, als erwartet. Er war noch nicht einmal recht über Lahja hinweg, als er auf Ava traf. Seine Freunde rieten ihm mehrmals er solle sich nicht so schnell wieder in etwas Neues stürzen, das hätte doch keinen Zweck, aber entgegen all der guten Ratschläge und entgegen jeglicher Vernunft, tat er es dann doch. Er konnte sich nicht einmal dagegen wehren, so schnell hatte er sich in diese bodenständige, sensible, liebenswerte und - verdammt - unheimlich attraktive junge Frau verliebt, die so viele Interessen mit ihm teilte. Die beiden passten einfach zusammen. Es funktionierte. Und das mussten auch all seine Freunde zugeben, nachdem sie Ava zum ersten Mal kennen gelernt hatten.
Objektiv gesehen festigte sich die Beziehung zwischen den beiden wohlmöglich sogar ein bisschen zu schnell, aber als Zac mit ihr zusammen zog, sah er auch keinen plausiblen Grund, weshalb er es nicht tun sollte, wenn die beiden doch so gut harmonierten und sowieso schon fast jeden Tag miteinander verbrachten. Worauf sollten sie denn warten? Die Möglichkeit war perfekt und für ihn sogar kostengünstiger, wenn er dafür seine eigene kleine 1-Zimmer-Wohnung kündigte. Und auch das funktionierte. Die beiden waren verliebter denn je und obwohl langsam so etwas wie eine Routine in ihr Leben kam, schwand doch nichts von der Anziehungskraft und dem kribbelnden Verliebtsein. Auch nach einigen Monaten fühlte er sich zu Ava so hingezogen wie zu Beginn und als sie dann nach ihren bestandenen Prüfungen auf dem Heimweg betrunken das Thema Heirat anschnitt, erregte sie damit auch in Zac, dass er ernsthaft darüber nachdachte. Ihm war wohl bewusst, dass die meisten Paare mehrere Jahre warteten, um so einen großen Schritt zu gehen, und er verstand auch, weshalb das so war, aber die beiden waren nunmal nicht wie die meisten Paare. Die beiden waren anders. Mit Nele und Lahja war es ihm nie gelungen eine Zukunft zu visualisieren, er hatte nie wirklich vor seinem inneren Auge sehen könnten wie er mit ihnen eine Familie gründete und noch in 20 oder 30 Jahren glücklich war, aber bei Ava konnte er das. Er sah sie als seine Frau, als Mutter, er sah sich an ihrer Seite und das Leben, das die beiden zusammen führen könnten. Und es gefiel ihm. So sehr, dass er einige Tage später tatsächlich ein Juweliergeschäft betrat, um dort unter all den Optionen einen silbernen, filigranen Verlobungsring zu kaufen. Er war nicht besonders teuer, Ava und Zac legten beide nicht viel wert auf diese unnötigen Investitionen, aber er würde ihr gefallen. Und viel wichtiger war auch wie er ihr den Antrag machte, nicht womit. Er wollte eine wunderschöne Erinnerung für die beiden erschaffen, deshalb plante er auch schon mehrere Tage im voraus, und entschied sich letztendlich für ein typisches Date der beiden, damit sie nicht sofort Verdacht schöpfte. Über die Monate hinweg war es immer eine Tradition geblieben, dass die beiden einmal wöchentlich zusammen ausgingen. Dass sie dafür Pläne schmiedeten, sich schick machten und die Zeit füreinander einräumten, ohne dabei von etwas anderem abgelenkt zu werden. Gerade, als die beiden zusammen gezogen waren, merkten sie schnell, dass sie zwar jetzt unheimlich viel Zeit miteinander verbrachten, aber nie wirklich nur füreinander da waren. Immer waren sie anders abgelenkt, entweder weil einer von beiden lernen oder arbeiten musste oder auch nur, weil nebenbei der Fernseher lief, wenn sie auf der Couch lagen. Bei ihren Dates merkten sie dann aber wie sehr sie sich noch immer begehrten, wie sehr sie sich liebten und wie glücklich sie miteinander waren und genau dieses Ritual nutzte Zac dann zu seinen Gunsten. Normalerweise achteten die beiden zwar auch bei ihren Dates auf gesunde Ernährung, wenn sie ein Restaurant besuchten, aber an diesem Tag entschied er sich ganz bewusst dagegen. Mit einer geliehenen Vespa holte er Ava am frühen Abend an der Uni ab, setzte ihr einen mintfarbenen Helm auf den Kopf und fuhr mit ihr ohne ersichtliches Ziel durch die Stadt. Dabei hielt er sich vor allem in der Nähe des Strandes auf, dort wo der Wind ihnen um die Nase blies und ein bisschen der Eindruck erstand sie wären an der italienischen Riviera unterwegs, oder fuhr bewusst an ein paar Orten vorbei, die für die beiden eine besondere Bedeutung hatten. Am Ende ihres Trips befanden sie sich schon auf halbem Weg nach San Diego, in San Clemente, wo Zac die Vespa an der Strandpromenade abstellte und dann gemeinsam mit seiner schönen Freundin den Ort ein wenig erkundete. Sie liefen den langen Pier hinunter, alberten miteinander zwischen den Palmen oder bummelten durch die kleinen Shops am Straßenrand, ehe sie in einem italienischen Restaurant einkehrten, in dem er vorher schon einen Tisch reserviert hatte. Statt gesundem Salat und ausgewogener Vollwertkost, drängte er Ava heute zu einer großen Pizza und bestellte ihr sogar eine Flasche Wein dazu, ehe sie noch mit einer Portion Tiramisu den wahrlich perfekten Abend ausklingen ließen. Immer wieder waren sie während des Essens mit den Blicken aneinander hängen geblieben und immer wieder setzte Zacs Herz einen Schlag aus, wenn seine Freundin dann leise, verliebt kicherte. Er liebte sie an diesem Abend noch mehr, als je zuvor, und als die beiden danach das Restaurant verließen, noch einmal langsam am Strand hinab liefen und er sie erneut den Pier herunter zog, war er sich auch mehr als sicher, dass er genau die richtige Entscheidung traf. Und trotzdem war er unheimlich aufgeregt, als er - am Ende des Piers angekommen und nachdem sie sich dort noch lange in den Armen gelegen und den Sonnenuntergang beobachtet hatten - auf ein Knie sank und um die Hand von Ava anhielt. Es würde für immer eine seiner liebsten Erinnerungen bleiben wie sie ihre Hände vor das Gesicht schlug, wie man in ihrem Gesicht deutlich erkennen konnte, dass die Emotionen sie maßlos überforderten, und sie dann lachend und weinend zugleich vor ihm auf den Boden sank, um ihn fest in die Arme zu nehmen. Sie würde ihn heiraten. Die beiden würden heiraten. Er war noch nie so glücklich, so voller Energie gewesen. Es hatte sich noch nie zuvor alles so richtig angefühlt wie in diesem Moment, den sie so lange hinauszögerten wie möglich. Bis spät in die Nacht saßen sie einfach dort, am Ende des Piers, eng aneinander gedrückt und sinnierten entweder über ihre gemeinsame Zukunft oder waren ganz still, berührten sich einfach nur und küssten sich immer wieder verliebt.
Die Reaktion von Avas Eltern war dann zwar selbstverständlich ein großer Dämpfer und auch, als die beiden sich gemeinsam vor den Computer setzten und mit Zacs Mutter in England skypten, war sie ebenso nicht besonders glücklich darüber, dass ihr Sohn eine Frau heiratete, die sie noch nicht einmal persönlich kennen gelernt hatte, aber trotzdem ließen sie sich nicht die Freude nehmen. Sie würden trotzdem ihre Pläne verwirklichen, denn dabei ging es nunmal nicht um seine oder ihre Eltern und es ging auch nicht darum, ob sie die beiden finanziell oder mental unterstützten, sondern nur darum, ob sie glücklich waren. Zac und Ava. Und das waren sie, sie wollten das. Alles andere war unwichtig.
Auch nach ein paar Wochen schwebten die beiden noch auf Wolke 7 und planten immer mal wieder etwas für ihre kleine, intime Feier, aber umso absurder war es auch, dass Ava sich an diesem Tag gar nicht bei Zac meldete. Es war nichts passiert, die beiden hatten sich nicht gestritten und es gab eigentlich keinen Grund ihn mit Nichtachtung zu strafen, weshalb ging sie also auch nach mehreren Versuchen noch immer nicht an ihr Handy? Langsam begann der junge Mann sich Sorgen zu machen und weil auch Avas Freundinnen, die er kurz darauf kontaktierte, den ganzen Tag noch nichts von ihr gesehen hatten, fuhr er in der Mittagspause mit einem unguten Gefühl im Bauch nach Hause. Da waren völlig haltlose Ängste, die ihm durch den Kopf gingen, und er versuchte auch durchgehend sich einzureden, dass mit Sicherheit alles in Ordnung sei, aber als er die Tür geöffnet hatte, schaffte er es noch nicht einmal ihren Namen auszusprechen, weil direkt ein lautes Schluchzen durch die Wohnung hallte und sein Blick dadurch sofort auf seine im Badezimmer zusammengekauerte Freundin fiel. "Scheiße, Ava?! Ist alles okay?" Achtlos ließ er seinen Rucksack und den Schlüssel einfach auf den Boden fallen, ebenso wie sein Cap, und stürzte auf sie zu, um vor ihr in die Hocke zu gehen und seine Hände um ihr schmales Gesicht zu legen. "Was ist los? Was ist passiert, Babe? Warum weinst du so?" Dass da etwas auf dem Boden lag, was ihm eventuell die Antwort darauf liefern könnte, dafür hatte er gar keinen Blick.
ZACHARY WILLIAM COLES # 28 YEARS OLD # STRAIGHT EDGE
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