RE: CROSS PUB
Obwohl ich versuchte das vor Lucy so gut es ging zu verbergen, auch für mich waren die letzten Wochen verdammt hart gewesen. Alles. Immer wieder das Gefühl zu haben ihr nicht helfen zu können. Die Angst, dass sie sich noch einmal etwas antun könnte, die dafür sorgte, dass ich sie ständig wie ein Wachhund fixierte. Die Unsicherheit, wie es weitergehen würde. Mit ihr und mit uns. Aber das Schlimmste war und blieb bei ihr zu sein, aber gleichzeitig auch nicht wirklich bei ihr sein zu können. Lucy tat zwar alles, um mir irgendwie begreifbar zu machen, was in ihr vorging, aber immer wieder stieß ich an meine Grenzen. Jedes Mal, wenn sie mich mit Chris verglich. Wenn es ihr Angst machte nur neben mir zu liegen. Oder wenn sie weinte, weil eine unachtsame Berührung meinerseits irgendetwas in ihr auslöste. Doch selbst dann nickte ich, schob all meinen Frust beiseite und sagte ihr ich könnte sie verstehen und sie solle sich einfach Zeit lassen. In Wirklichkeit war das aber nicht so leicht. Es ging dabei nicht einmal um Sex, zum ersten Mal seit langer Zeit war das selber für mich völlig fern, viel eher ging es um diese Distanz zwischen uns. Um die Spannung zwischen unseren Körpern. Darum, dass ich mich immer wieder fragte, ob es jemals so werden würde wie vorher, und jedes Mal erneut an der Ungewissheit verzweifelte. Lucy wurde mir gegenüber zwar offener, aber das so unheimlich langsam und immer wieder mit Rückfällen, dass ich innerlich nach und nach daran zerbrach. Über einen Monat hatte es gedauert, bis sie nicht mehr vor einer Berührung unserer Hände sofort zurück schrak oder es zulassen konnte, dass sich unsere Schultern auf dem Sofa berührten. Ich würde Lucy zu nichts drängen, das machte ich ihr auch immer wieder deutlich, aber mein Herz konnte das nicht so einfach akzeptieren, wie mein Kopf. Und genau dieser Schmerz, der einfach nicht vergehen wollte, suchte nach Linderung. Wenn man einmal drogenabhängig war, dann ließ einen das Verlangen nie wieder los, das hatte ich in meinem Entzug gelernt. Diese Sucht war ständig da, nur die Intensität konnte sich verändern. Und das tat sie. Langsam aber stetig wurde es immer schwieriger der Versuchung zu widerstehen. In unregelmäßigen Abständen - meistens nach einer Zurückweisung von Lucy oder nachdem sie mal wieder hemmungslos geweint hatte - starrte ich gedankenverloren in irgendeine Ecke und dachte darüber nach wie leicht es wäre das alles ein bisschen einfacher zu machen. Chemisch Glückshormone zu erzeugen. Mit ein bisschen gelblich-weißem Pulver. Bis jetzt hatte ich es aber jedes Mal geschafft diese Stimme in mir zum Schweigen zu bringen. Ich konnte meine Fortschritte nicht aufs Spiel setzen und vor allem konnte ich das Lucy nicht antun. Nicht nochmal. Und vor allem nicht jetzt. Mit dieser lobenswerten Einstellung sollte ich aber schneller an meine Grenzen stoßen, als gedacht.
Dieser Tag hatte schon völlig absurd begonnen, mit einem panischen Erwachen meinerseits, weil Lucy weder neben mir lag, noch auf der Luftmatratze. Bisher war es noch kein einziges Mal vorgekommen, dass sie die Wohnung bereits verließ, während ich noch im Bett lag. Auch nach einem Monat sagte sie mir noch immer genau, wo sie hin ging, damit ich mir keine unnötigen Sorgen machen musste. Damit mein Herz nicht so raste wie jetzt, ich nicht unruhig aus dem Bett sprang und völlig neben mir stehend durch das Zimmer lief. Bis ich ihren Zettel fand. Es war zwar auch ungewöhnlich, dass sie unerwartet morgens arbeiten musste, aber zumindest mein Puls konnte sich wieder ein wenig beruhigen und als ich kurze Zeit später eine SMS von ihr bekam, in der sie mich darum bat am Abend mit ihr auszugehen, war ich mir zumindest sicher, dass ihr nichts geschehen würde. Wenn sie von sich aus noch einen Schritt weiter gehen wollte, dann musste es ihr doch entsprechend gut gehen. Nichts, worum ich mich sorgen musste. Die Unruhe in mir kam erst langsam zurück, als wir gemeinsam in der Bar saßen, ein paar Gläser Bier in unseren Körper geflossen waren und Lucy damit begann mich über andere Frauen auszufragen. Ich verstand noch nicht weshalb - unter anderem sicher auch, weil ich im Moment gar keinen Kopf dafür hatte diese Frauen so anzusehen, wie sie mich gerade dazu drängte -, es dämmerte mir erst langsam, als sie auf dem Weg zur Toilette bei einer dieser Frauen stehen blieb. Was genau sie sagte blieb mir durch die Entfernung verborgen, aber eigentlich blieb kein Zweifel, als Lucy schulterzuckend die Bar verließ und stattdessen die dunkelhaarige Dame auf mich zukam, mit einem verführerischen Lächeln auf den Lippen, und sich dicht neben mich an die Theke stellte. Das konnte doch jetzt nicht wirklich ihr Ernst sein. Versuchte sie gerade tatsächlich mir eine andere Frau abzuschleppen, weil sie es nicht schaffte zu verstehen, dass ich nicht Chris war? Dass ich ihr nie antun würde, was er getan hatte? In dem Moment, in dem mein Handy vibrierte und mir eine Nachricht von Lucy genau diese Vermutung bestätigte, setzte irgendetwas in mir aus. All der Frust der letzten Wochen - alles, was ich in Kauf genommen und für diese wunderbare Frau getan hatte - zentrierte sich auf diese Situation. In einem Zug trank ich mein Bier leer, warf einen Geldschein auf die Theke, der all unsere Kosten großzügig decken würde und stand auf. "Kein Interesse", wies ich die dunkelhaarige Frau ab, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen, und folgte Lucy nach draußen. "Das kann doch nicht dein verdammter Ernst sein!", rief ich so laut, dass die Personen, die rauchend vor der Tür standen, mir alle einen kurzen Blick zuwarfen. Lucy war bereits ein Stück die Straße runter gegangen, aber auch bei ihr kamen meine Worte noch an und während sie sich in meine Richtung wandte, ging ich direkt auf sie zu. Wütend und verzweifelt zugleich. "Was soll das? Glaubst du, ich will das? Glaubst du, du tust mir damit einen Gefallen? Willst du deine- Schonfrist noch ein bisschen herauszögern? Verstehst du eigentlich ansatzweise, wie es mir geht? Hast du auch nur ansatzweise versucht dich in meine Lage zu versetzen?"
AIDEN RUTHERFORD # 28 YEARS OLD # HARDCORE
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