RE: EAST LOS ANGELES
Haily war kein Mensch, der sich das Recht heraus nahm, über Gefühle von anderen Menschen bestimmen zu wollen. Natürlich spürte sie, wie abweisend er war, als sie sich so dreist auf seinem Schoß eingefunden hatte. Es wäre ein schlechter Scherz, wenn man davon ausging, dass dieses verrückte, aber eben dafür gleichermaßen feinfühlige Fabelwesen, ein falsches von einem ehrlichen Lachen nicht hätte unterscheiden können. Trotzdem nahm sie das so hin, trotzdem unterließ sie es, jetzt schon wieder, ihre Zweifeln, mithilfe ihrer Lippen, an ihn heran zu tragen. Nein – Aiden wusste, dass Haily sich darüber Gedanken machte, was mit ihm los war – das sie verstanden hatte, in ihm Veränderte sich etwas und wenn er dazu bereit war, dann würde er es mit ihr teilen. Wenn es sie betraf, würde er irgendwann, sobald er die richtigen Worte oder den Mut oder auch einfach nur den Willen dazu fand, endlich ihre Sorgen begraben. Darauf verließ sie sich, das bedeutete nämlich, jemandem zu Vertrauen und ihm auch die Macht zu schenken, selbst zu Entscheiden, was er mit ihr teilte und was nicht – damit gab man auch in die Hand des anderen, verletzbar zu sein. Haily machte das nichts aus. Menschen könnten Fehler machen, Menschen konnten einander weh tun oder sich anders Entscheiden als sie. Ihre Vorstellungen waren ja nicht das Maß aller Dinge, das sollte jeder für sich herausfinden. Trotz allem war sie weniger Überrascht als einfach nur Glücklich, als dieser Ruck durch ihn hindurch ging und sich seine Körpersprache veränderte. Als er endlich wieder in ihre Augen blickte und als er sie, von sich aus, Näher an sich heran zog. Wohlig kam da ein Schnurren aus ihrer Kehle, ein wenig triumphal lag ihr Blick auf Aiden. Nicht überheblich oder spöttisch, es war ein gemeinsamer Sieg, wie sie fand, als er endlich zuließ, was Haily ihm immer wieder bieten wollte. Als sie ihren Arm angewinkelt auf seinem Rücken abgelegt hatte und seinen Nacken zärtlich Kraulte, weil er sein Gesicht vor ihr verbarg, probierte sie diese Worte in sich aufzusaugen – ebenso das Gefühl, was sie dabei, in jedem noch so kleinen Winkelchen, in ihrem Körper spürte. „ Ich würde dir so gerne... ein paar dieser Zufriedenen, Ruhigen und Freien Momente in mir einfangen und schenken. Versteh mich nicht falsch, ich mag den grumpy Aiden und ich würde dich nicht ändern wollen – ich bin nämlich auch froh, dass es dich gibt, genauso wie du hier sitzt. Manchmal glaube ich nur, du hast das öfter Verdient... und manchmal glaube ich, dass du nicht dafür Verantwortlich bist, dass du sie nicht in dir selbst einfach so finden kannst.“ Nein, Aiden war Oberflächlich ein Proll und ein Macho und auch manchmal ein richtiges Arschloch aber es gab da noch ein paar Facetten. Mehrere Gesichter und einige davon gingen tief, gerade diese könnten ein Licht dort gebrauchen, wo er sie so Perfekt zurück zu halten wusste. Nicht weil er sich nicht auch so selbst gern haben konnte sondern weil er Angst hatte, dass man sie Zerstörte. Genau so malte sich zumindest Haily ein Bild, zu ihm, in ihrem Kopf. Sie mochte das gern, es half ihr, sich in jemanden hinein zu fühlen, wenn sie nach der richtigen Idee kramte und voller Phantasie begann. „ Du darfst auch Lachen aber das war alles Schicksal – von der wilden Entführung bis, dass ich über dieses leerstehende Haus gestolpert bin...“ Ja klar, wenn hier jemand über ein Haus stolpern konnte, dann war das Haily. „...du musst mich ja auch nicht gehen lassen. Das klingt nämlich so Endgültig und das geht nicht. Es ist zwar ein hartes Los, was ich da gezogen habe aber ich vergesse nicht, was ich Menschen gesagt habe. Dir sagte ich, dass ich wieder komme und solange ich das nicht zurück nehme, musst du mich nur ab und an mal los lassen. Damit ich ein paar neue Farben für meine Welt sammeln kann, um sie dann zu verteilen.“ Haily sog auf ihren Reisen alles auf, wie ein Schwamm, was sie toll fand und egal ob jemand wollte oder nicht – teilte sie das mit den Menschen um sich herum. Jeder nahm das anders auf aber immerhin, sie hatten etwas in sich aufgenommen – gerade in dieser Gesellschaft war der Input grau und trist. Gar nicht ihr Geschmack. Wieder ruhiger stimmte sie, als er dann begann, neben seinen Empfindungen auch von ihrer Wirkung auf ihn zu sprechen. „ Das... was so Merkwürdig ist, wir finden das jetzt zusammen heraus... ich kenne die unfassbar Pflegeleichte Haily, wenn sie krank ist...“ Ha, da hatten nach letzter Woche alle laut gelacht. „...aber das war noch ein wenig anders. Ich bin Neugierig und ich bin... weiß nun, ich finde das positiv komisch.“ Schmunzeln sowie Nickend sah sie ihn an, diese Redewendung vom Morgen traf es auf den Punkt. Sehr präzise.
War aber auch völlig unbedeutend, als er sie zu sich zog und Küsste. Wie ihr kleines Herzchen in der Brust auf und ab hüpfte, das war so schön und sie würde es ihm gleich nachmachen aber jetzt wollte sie ausnutzen, wie sich ein Kuss mit ihm anfühlte, wenn er sich so öffnete, wie es gerade passiert war. Umso wehleidiger war sie, als die Jungs den Raum betraten und sie sich auf dem Sofa zurück warf, mit einem Fuß auf den Boden stampfte, um Lachend zu probieren, garstig an die Band gewandt, in Worte zu fassen, dass sie störten. Das man zum Schimpfen Ernst sein musste, hatte Haily noch nie verstanden und auch schon immer doof gefunden. Ihre Eltern hatten nicht mit sich Verhandeln lassen aber nun war sie Erwachsen und durfte das tun und lassen wie sie wollte. Wie ein Erdmännchen richtete sie sich auf, als Aiden andeutete, sie hätte den Hass in ihm vernichtet. Aufmerksam zog sie die Augenbrauen nach oben, die Lippen zu einem größer werdenden Grinsen geformt. „ Du hast das so gewollt – denk dran. Wenn ich eines auch total drauf habe, dann, dir vom allerfeinsten auf den Keks zu gehen.“ Aiden ahnte schon verheerendes aber er war viel zu lahm, um sich vor Haily in Sicherheit zu bringen. Seine Band Kollegen lachten, als sie mitansahen, wie der eher reservierte und ernsthafte Mensch von seinem blonden – was auch immer – total abgeknuddelt wurde, die beiden auf den Boden rollten und sie auch noch begann, ihn mit dem Zeigefinger zu pieksen. Ohja, genau nach Aidens Geschmack, sich kindisch auf dem Boden zu bekriegen, vor Zuschauern auch noch und während Haily ihren eigenen Einfall mit so lautem Lachen oder Kichern würdigte. Bevor er jetzt, statt auf der Bühne, vorzeitig Haily anschreien konnte, hoppste die auf das Sofa, vergrub ihn unter einem großen Kissen und was er noch von ihr sah, wie sie schlitternd aus der Tür des Raumes verschwand. „ Ich geh Apple suchen, vergiss nicht, stay grumpy.“ singsangte sie lachend vor sich her. Bei dem waghalsigen aber erfolgreichen Versuch, sich ein Bier aus dem Kasten der Bands zu klauen, hatte sie sämtliche Klamotten der Bands durcheinander gebracht und es rollten auch ein paar wenige Flaschen auf dem Boden herum. Den Höhepunkt seiner Laune würde Haily damit verpassen, denn je länger er sich ihrem Chaos widmen mussten, desto amüsanter fand der Rest – oder welche die dazu kamen - das.
|| LOSING HERSELF » 25 YEARS OLD » DIFFUS ||
Just remember to laugh as much as you cry,
and I promise you will find yourself when you are least expecting it.
|