RE: PARKPLATZ
Das, was Apple da gerade alles erzählte, das legte sich so drückend auf mir nieder, dass ich mich kaum mehr bewegen konnte. Regungslos stand ich da, die Arme vor meiner Brust verschränkt, sah ihr ins Gesicht und wurde dabei auch Zeuge davon wie sie immer mehr in sich zusammen brach. All die Grausamkeiten, die man ihr im Heim angetan hatte, die vielen Verletzungen, ganz abgesehen von den Demütigungen. Und dann diese Flucht davor, um stattdessen in die Arme irgendwelcher pädophilen Arschlöcher zu rennen, die ein fünfzehnjähriges Mädchen für Sex bezahlten. Allein schon bei der Vorstellung wurde mir so übel, dass ich in dem Moment den Blick von ihr abwenden musste, um mir nicht bildlich vorzustellen, wie das wohl ausgesehen haben mochte. So viel Grausamkeit in so einem kurzen Leben und das wirklich Erschreckende war, dass alles davon der Wahrheit entsprach. Das sah ich in ihrem Gesicht, an ihren zusammen gezogenen Schultern, an dem Zittern in ihrer Stimme, in ihrem Körper, und letztendlich auch an den Tränen, die sich in ihren Augen sammelten. Ich hatte Maggi als eine starke, einsame und verschlossene junge Frau kennen gelernt und gewissermaßen war Apple auch genau das, aber gleichzeitig steckte da noch viel mehr in ihr. Das merkte ich jetzt deutlicher denn je. "Fuck." Kopfschüttelnd war das das Einzige, was ich heraus brachte, als ich mich verzweifelt von ihr abwandte. Hin und her gerissen wie ich darauf reagieren sollte. Sie war siebzehn Jahre alt, sie hatte mich belogen und das, was gestern Nacht zwischen uns passiert war, hätte nie passieren dürfen. Aber andererseits, sie hatte vielleicht einen anderen Namen und sie war nicht zwanzig Jahre alt, aber sie war doch noch immer die selbe Person. Darüber hinaus hatte sie mich nicht belogen, was ihr Leben anging, sie hatte nur- Dinge ausgelassen. Sie war doch immer noch die Maggi oder Apple, die ich in kürzester Zeit so sehr in mein Herz geschlossen hatte und darauf kam es doch an. Das war wichtig. Und deshalb drehte ich mich auch wieder in ihre Richtung, löste meine Arme aus der Verschränkung und ging auf sie zu, um ihren Körper fest an mich zu drücken. Eine Hand drückte ich gegen ihre Wirbelsäule, die andere gegen ihre Schulter und hielt sie so einfach dicht an meiner Brust. "Ich- weiß überhaupt nicht, was ich dir sagen soll, Apple. Das hätte nicht passieren dürfen, das alles. Das- scheiße, das tut mir so Leid für dich." Und das sollte es nicht einmal gewesen sein? Da gab es noch mehr? Das war nur der Anfang? Fest pressten sich meine Kiefer aufeinander, aber noch immer ließ ich sie nicht los. "Wenn ich- Kann ich irgendetwas für dich tun? Kann ich- das irgendwie besser machen? Kann ich dir helfen?" Wie gerne ich zurückgehen und diesem Wichser richtig fest in den Arsch treten würde, aber wenn dieser Mann wirklich ein Arbeitskollege ihres Vaters war, dann blieb mir nicht einmal mehr das.
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