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FLAT BAKER STREET
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Emma Sophia Roberts
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Beitrag #6
RE: WOHNUNG BAKER STREET
Auch das hier war eine Situation, in der ich bei einem Film genervt die Hand gegen meine Stirn schlagen würde, weil das dumme Mädchen tatsächlich dem Mörder vertraute. Der Typ hatte eine Waffe, verdammt. Der hatte gerade jemanden umgebracht. Und das alles hier war doch keine Tat aus Affekt, das war geplant. So kalt wie der Mann wirkte, so ruhig wie er war, der hatte mit Sicherheit nicht gerade aus Versehen jemanden getötet, zum ersten Mal. Der war gefährlich und die dumme Frau sollte viel eher nach dem Seifenspender greifen, um ihm den auf dem Kopf zu zerschlagen, oder vor ihm weglaufen, aber anstatt all die Dinge zu tun, die auf dem gemütlichen Sofa ganz logisch schienen, tat ich genau das, was er von mir verlangte. Ich gehorchte. Weil ich keine andere Wahl hatte, als das zu tun. Weil mein Körper so unter Stress stand, weil ich solche Angst hatte und weil mir dieser Mann vor mir Sicherheit versprach und das der einzige kleine Ausweg war, an den ich mich klammern konnte. Mit zitternden Knien stand ich vom Boden auf, als er leise ins Schlafzimmer ging, um meine Sachen zu holen, und in dem Moment brach alles plötzlich aus mir heraus. Meine Augen füllten sich mit Tränen, ich musste mir das Handtuch wieder vor den Mund drücken, um nicht hörbar zu schluchzen, während mir unaufhaltsam die salzige Flüssigkeit an den Wangen hinab lief. Alles kam auf einmal zusammen, mein ganzes Leben stellte ich in diesem Moment infrage, jede Entscheidung, die ich während der letzten Tage getroffen hatte. Warum war ich überhaupt hier, verdammt? Warum befand ich mich in der Wohnung eines fremden Mannes und nicht in meinem Zuhause in Las Vegas? Warum hatte ich mich jemals von meinem Ehemann getrennt? Hinzu kam dann auch noch die unglaubliche Demütigung, als dieser fremde Mörder mir mein Kleid entgegen warf und mit geöffneter Tür von mir erwartete, dass ich mich umzog. Ja, ich verdiente mein Geld damit vor anderen Leuten meine Kleidung fallen zu lassen und ich war auch sicher nicht prüde, aber das hier- das war etwas völlig anderes. Während mir die Tränen noch immer gnadenlos an den Wangen hinab liefen, wandte ich ihm meinen Rücken zu, ließ das Handtuch fallen und zog mir stattdessen das knappe, helle Kleid wieder an. Die hochhackigen Schuhe klemmte ich mir zwischen die Finger, aus Angst davor irgendwelche ungebetenen Geräusche zu verursachen, und bevor ich mich wieder zu ihm drehte, wischte ich mir mit meinem Arm noch einmal über die verweinten Augen, erfolglos, weil die Tränen einfach nicht nachlassen wollten, ebenso wie mein ängstliches Zittern. "Was- was ist mit dem anderen Mann? Du- du warst nicht alleine, oder? Was ist, wenn er mich sieht?" Ich flüsterte noch immer so leise wie ich konnte, unterdrückte jedes schluchzende Geräusch in meiner Kehle, und bewegte mich langsam auf den fremden Mann zu, ohne ihn noch einmal anzusehen. Dieser Typ machte mir Angst, es machte mir Angst ihm folgen zu müssen, durch die Küche zu gehen, ich hatte Angst vor dem, was ich da sehen musste und trotzdem verkreuzte ich ganz eng die Arme vor meiner zitternden Brust und machte mich dazu bereit ihm blind zu vertrauen.
23.02.2016 12:04
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FLAT BAKER STREET - Lenn Damien Parker - 21.02.2016, 03:09
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