 |
JUGENDZENTRUM
|
Verfasser |
Nachricht |
Zac William Coles
THINKING STRAIGHT
Beiträge: 281
Registriert seit: Jun 2015
|
RE: JUGENDZENTRUM
Die neue freiwillige Aushilfskraft - Lahja hieß sie - und ich hatten uns eigentlich von Anfang an ganz gut miteinander verstanden, in unserem Musikgeschmack schnell ein ähnliches Interesse gefunden und damit auch etwas, worüber wir reden konnten, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie noch ein wenig Zeit brauchte, um wirklich aufzutauen. Ich schob es auf den neuen Job, die neue Umgebung und die vielen neuen Leute, die sich untereinander alle schon kannten, dass sie sich immer mal wieder nachdenklich zurückzog, aber das war nicht alles. Ihr Blick wirkte manchmal so hart und abgeklärt, so als hätte sie in ihrem jungen Alter schon viel erlebt und viel gesehen, aber nach drei gemeinsamen Arbeitsschichten wollte ich ihr definitiv noch nicht zu nahe treten und sie danach fragen. Abgesehen davon hatte ich auch genug andere Dinge, die momentan meine Zeit in Anspruch nahmen, ganz vorneweg beschäftigte ich mich gerade damit, dass ich neues Equipment für mein Box- und Selbstverteidigungstraining hier im Jugendzentrum bestellen durfte. Irgendjemand hatte eine große Summe Geld gespendet, um den ziellosen Jugendlichen in dieser Einrichtung neue Perspektiven zu geben, und ein Teil davon floss auch in das sportliche Angebot. Dieses kostenlose Training bot ich jetzt schon ein knappes Jahr lang an und bekam dafür auch nur gute Resonanzen, deswegen hatte der Leiter des Jugendzentrums mir einen bestimmten Betrag zugesprochen, den ich für neue Utensilien nutzen durfte, und genau das nahm auch heute wieder meinen Kopf in Anspruch. Die Liste an Dingen, die wichtig wären, hatte ich eben kurz vor meiner Schicht eingereicht und wartete jetzt nur noch auf die Bestätigung.
Daher merkte ich anfangs auch gar nicht, wie sich die Stimmung im Raum verspannte, als drei Jugendliche hinein kamen, denen Lahja nicht unbekannt war. Erst, als immer wieder doofe Kommentare und daraufhin lautes Gelächter ertönte, sah ich von dem Waschbecken auf, in dem ich gerade ein paar Gläser durchspülte und wechselte mit dem Blick zwischen der neuen Aushilfe und den drei jungen Personen, die ich schon mehrmals hier gesehen hatte. Lahjas Blick wirkte mit einem Mal noch härter als üblich, ihre Muskeln verspannt, aber das war auch kein Wunder, wenn man solche Beleidigungen über sich ergehen lassen musste. Viel eher wunderte es mich, dass sie überhaupt nicht darauf reagierte, nicht darauf konterte, sondern diese Erniedrigung lieber regungslos über sich ergehen ließ. Zumindest so lange, bis jemand sie als Mörderin betitelte und ich deutlich sehen konnte, wie dabei etwas in ihr brach. Doch noch ehe ich mich in den Konflikt einmischen konnte - ganz einfach aus dem Grund, dass ich selber ebenfalls von dieser Beleidigung überfordert war, weil ich nicht einschätzen konnte, ob das tatsächlich der Wahrheit entsprach - verschwand sie in der Küche. Unsicher verfolgte ich sie mit meinem Blick, sah daraufhin noch einmal zu den drei Jugendlichen, die in schallendes Gelächter ausbrachen, doch statt mich mit ihnen auseinander zu setzen, zog ich lieber meine Hände aus dem Spülbecken und verschwand ebenfalls hinter der Tür, durch die Lahja soeben geflohen war. Eigentlich erwartete ich, dass ich sie dahinter in Tränen aufgelöst vorfinden würde, aber mir bot sich ein völlig anderes, unerwartetes Bild. Sie stand am Rande der Küche, die Muskeln im Körper zum Bersten gespannt, und schlug immer wieder mit der Faust auf die harten Fliesen ein. Rotes, schmieriges Blut sammelte sich schon dort an der Wand, von der aufgeplatzten Haut über ihren Fingern und Knöcheln, aber dennoch traf ihre Faust immer wieder die harte Oberfläche, ohne einmal mit der Wimper zu zucken. "Lahja!", versuchte ich sie zu unterbrechen, ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, aber sie schien so im Rausch ihrer Wut, dass sie meine Stimme gar nicht hörte. Sie bemerkte mich erst, als ich auf sie zuging, nach ihren Handgelenken griff und mich - sobald ich sie in meiner Gewalt hatte - zwischen sie und die Wand stellte. "Scheiße, ist alles okay bei dir? Was soll das? Was ist passiert?"
ZACHARY WILLIAM COLES # 28 YEARS OLD # STRAIGHT EDGE
![[Bild: zac04.png]](https://i.postimg.cc/tgR61mn8/zac04.png)
|
|
06.07.2015 00:03 |
|
Nachrichten in diesem Thema |
|
|  |