RE: LOS ANGELES » SAN FRANCISCO
Noch immer verwirrt von meiner eigenen Reaktion senkte ich den Blick erneut auf das Messer und auf Jamies Hand, die sie fragend dorthin ausstreckte. Auch das löste etwas in mir aus, das ich von mir nicht kannte. Ich beäugte ihre Finger kritisch - ihre helle, weiche, porzellanartige Haut - und das Messer, das ich vorher selber noch nie so gesehen hatte, wurde auf einmal zu einer Gefahr. Für mich war es das nie gewesen, nur ein notwendiges Hilfsmittel, nie etwas, womit ich jemanden verletzten könnte, weil ich das nie beabsichtigt hatte. Aber als ich ihrer Bitte nachgab und das Messer in ihre Hand legte, spürte ich erneut diese unbekannte Unruhe in mir. Ich fixierte ihre Finger regelrecht mit meinem Blick, um jede falsche Bewegung mit der scharfen Klinge schnellstmöglich unterbinden zu können. Nicht, dass sie mir etwas tun würde oder sich selber - das glaubte ich nicht - aber wenn es ihr aus Versehen herunter fiel? Wenn sie neugierig ihren Finger zu fest daran drückte?
Erst eine bestimmte Aussage ihrerseits lenkte mich davon ab, ließ mich den Blick in ihre Augen heben, zog sich unangenehm durch meinen Körper. Sie mochte mich vielleicht ein bisschen? Dieser Kuss war keine überstürzte Reaktion aus Dankbarkeit? Sondern genau das, was ein solcher Kuss zwischen zwei Personen eigentlich ausdrückte? "Tust du nicht", warf ich ein, ein bisschen zu schnell, ein bisschen zu forsch. So wie mit dem Messer wollte ich sie vor etwas bewahren, das nicht gut für sie war. Doch Jamie konnte und würde das nicht verstehen, das merkte ich in der Sekunde, in der die Worte meinen Mund verlassen hatten und ich wandte den Blick von ihr ab, um auf der anderen Seite aus dem Fenster zu sehen und da draußen nach den passenden Worten zu suchen. Ein paar Sekunden vergingen, ehe ich resignierend tief durchatmete und unsicher wieder zu Jamie sah, die Stirn in Falten gelegt. "Ich kann verstehen, dass du denkst, dass du mich magst. Aber ich glaube du magst eher das, was ich für dich bin. Dass ich- dir helfe und mit dir rede und Zeit mit dir verbringe. Dass ich einfach bei dir bin, während alle anderen dich im Stich lassen. Versteh mich nicht falsch, das tu ich auch wirklich gerne, sonst wäre ich nicht hier, aber- das heuchelt dir falsche Gefühle vor. Ich bin nicht der Richtige für dich, Jamie."
AUGUSTUS EVANS # 25 YEARS OLD # HOMELESS
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