RE: JUGENDZENTRUM
Lahja hatte an dem Abend mit Kilian zusammen die Kneipe gemacht, so lange, bis sie einfach von dem Tag und der Ereignissen erledigt und erschöpft war. Das Hotel war schon für diese Nacht gezahlt, morgen würde sie aber mit den Habseeligkeiten, die sie noch hatte zu Kilian kommen und wieder bei ihrem Vater daheim einziehen. Weil an dem Tag so vieles passiert war, ließ sie es sich nicht nehmen, Noah ein kurzes Update zu schicken – immerhin hatte er sie regelmäßig im Gefängnis besucht. Die beiden hatten nur noch nicht darüber gesprochen, wie und wann sie sich danach wieder sehen wollten, denn Lahja räumte sich erst etwas Zeit ein, in der Freiheit wieder zurecht zu kommen und ihr Leben halbwegs zu Ordnen. Während sie mit ihrem Vater arbeitete, sah sie ihn immer wieder von der Seite an, als könnte sie nicht fassen, dass sie sechs Monate einfach weg gewesen war. Ihre Emotionen waren durcheinander gewühlt und auch als sie in ihrem alten Zimmer war, fühlte sich das alles noch so unwirkich an. Was machte sie nun mit ihrer Zeit? Wohin mit sich? Sie sprach mit Kilian darüber, dass sie etwas ratlos war aber auch er könnte ihr dabei nicht helfen. Also nahm sie sich die Dinge vor, die noch zu ihrer Bewährung gehörten. Sich melden, einen Bewährungshelfer kontaktieren, die Termine ausmachen. Einen Therapie Platz suchen, denn sie war noch lange nicht am Ende, wenn man nach der Gefängnispsychologin ging und sie wollte es zumindest versuchen. Die Wartezeiten waren ewig und sie hoffte, sie würde einfach so lange zurecht kommen. Sie würde das durchhalten und Anwenden können, was sie schon gelernt hatte. Zum einen musste sie an dem Gewaltproblem weiter arbeiten zum anderen auch weiter aufarbeiten, was in ihrem Leben alles drunter und drüber gelaufen war. Trotzdem, das waren alles Dinge, die mit ein paar anrufen erleidgt waren und da saß sie nun. Zu viel Zeit, zu wenig Aufgaben. Wenn sie das Geld vom Erbe nun nicht mehr nutzen könnte, um sich ein faules Leben unter Drogen zu machen, müsste sie sich einen Job suchen. Aber erstmal galt es einen Teil davon sinnvoll anzulegen und so suchte sie das Jugendzentrum in Compton auf, um dort mit dem Leiter über ihren Einfall zu reden. Er freute sich natürlich über die Unterstützung und in dem Gesprächsverlauf, als Lahja ihm ihre Beweggründe mitgeteilt hatte, bot er ihr an, an der Theke ab und zu auszuhelfen. Sie hätten ohnehin immer zu wenig Freiwillige. Lahja würde in einen weiteren Berufszweig schnuppern, obwohl sie bezweifelte, dass ihr die soziale Arbeit lag. Alles war aber besser, als nach dem Gefängnis nicht zu Wissen, was sie tun sollte und deswegen nahm sie auch das Angebot an. Das Team war nett und überschaubar, bisher war sie noch keinen alten Gesichtern über den Weg gelaufen und ihr Leben pendelte sich irgendwo ein. Sie hatte Matt besucht, auch mit ihm aufgearbeitet, was sie verpasst hatte und Rede und Antwort stehen müssen, was sie getan hatte. Kilian sollte Recht behalten, dass er sich aber in erster Linie freute, sie wieder zu sehen. Auch mit Madison schloss sie Freiden, wenn Lahja auch unglaublich schwer verzeihen konnte, das musste sie auch lernen. Außerdem war Madison doch nun ein Teil der Familie, irgendwie. Einen Tag traf sich Lahja auch mit April, was unglaublich komisch war aber die beiden kamen Zurecht, wenn man das so nennen durfte. Sie wollten sich wiedersehen, es tat Lahja gut, über ihre Ma erzählen zu können aber es war auch komisch, sich April als die neue Frau an der Seite ihres Vaters vorzustellen. Immerhin sollte sie sie dann auch daheim manchmal sehen, mit Kilian zusammen – sie bat die beiden einfach am Anfang etwas Rücksicht zu nehmen, bis sie sich gewöhnt hatte und nicht irgendwann turtelnd durch den Flur zu laufen. Sie bat die beiden sich vorerst nur bei April zu treffen, um Lahja die Chance zu geben, die Schwester ihrer Mutter als auch diese kennen zu lernen. Es war auch komisch zu Wissen, das April im Bilde war, was sie alles vebrochen hatte, das sie im Gefängnis war. Die kleine scheute sich noch etwas davor, das zu sagen. Sie hatte Angst, die Menschen sahen sie dann mit anderen Augen. Auf der Arbeit in dem Jugendzentrum und auch in der Rockkneipe, in der sie an der Bar und bei der Musik aushalf, sagte sie nichts darüber. Außer den Vorgesetzen. Bald wäre es an der Zeit Noah wieder zu sehen, sie wollte sich die Tage bei ihm melden aber gerade stand sie hinter der Theke und richtete den Blick auf die Tür, als drei neue Leute den Raum betraten. Ihre Schicht hatte sie mit Zac zusammen, die beiden hatten zumindest schon mal den selben Musikgeschmack und Smalltalk hielten die beiden auch gelegentlich. Für sie war es nur auch schwer, neue Menschen kennen zu lernen. Das war es für Lahja schon immer und außerdem hatten sie die sechs Monate vielleicht doch verändert, die Menschen, die ihr Vertraut waren, die wussten mit ihr umzugehen aber sie hatte Sorge um den ersten Konflikt mit jemand anderes, den sie nicht kommen sehen würde. Leider tat sie das gerade auch viel zu spät, die drei Leute, die den Laden betraten waren Bekannte von früher. Von der Schule. Gerade als sie Zac sagen wollte, sie würde etwas im Lager erledigen, um dieser Konfrontation zu entfliehen, hörte sie aber jemanden ihren Namen sagen. Na, ist die Knastbraut auch wieder da. angespannt strich sich Lahja durch die Haare, darauf bedacht, sich nicht provozieren zu lassen. Zu Lächeln und einfach nicht hin zu hören. Aber die drei machten sich einen Spaß daraus, stichelten sie weiter und amüsierten sich. Schlägertussi, Assoziale und was noch die Lippen der anderen verließ, dass sorgte zwar dafür, dass ihr Herz schneller in der Brust pochte aber das war es nicht, was Lahja aus dem Konzept brachte. Als einer der dreien sie aber als Mörderin bezeichnete, weil sich solche Sachen so gerne aufbauschten, konnte sie nicht mehr und auch wenn diese Idioten ihr selbstgefälliges Ziel erreicht hatten, die Kleine war das erste mal seid der Therapie wieder richtig verzweifelt. Das altbekannte Gefühl war wieder in ihr, das rauschen in ihren Ohren, der leicht schwammige Blick und sie musste hier raus. Hier weg. Sie würde nicht wieder auf einen Menschen los gehen. Nein! Sie drückte die Hände auf die Ohren, öffnete mit dem Ellenbogen die Tür nach hinten und in der kleinen Küche im hinteren bereich, brach es aus ihr heraus. Sie war keine Mörderin! Aber die Bilder von der Verhandlung, von dem Abend, irgendwie kam alles auf einmal wieder hoch. An manchen Tagen passierte das einfach so aber gerade gepaart mit den Kommentaren wurde Lahja dadurch wieder zu einer Explosiven Zeitbombe. So sehr sie versuchte zu Atmen, runter zu zählen, etwas mit ihren Fingern zu umklammern, irgendwann traf die Faust den Fliesenspiegel in der Küche. Sie hatte wieder zugeschlagen, wenn auch nur gegen etwas Materielles aber... es war ihr erster Schlag mit einer Faust, den sie nicht unter kontrolle hatte. Der nicht beim Sport war sondern einfach so. Dabei blieb es nicht, sie merkte gar nicht, wie ihre Knöchel aufplatzten, der Rausch, der so lange unterdrückt gewesen war. Das Gefühl. Das kam allem Anschein nach doppelt wieder, wenn so lange unter verschluss blieb. Dazu kam, sie hatte das Gefühl, wenn sie aufhören würde, würde sie daran zerbrechen. Sie wollte das doch nicht wieder tun. Das sollte die Vergangeheit sein. Lahja wusste jetzt schon, sie müsste so schnell es ging mit jemandem Reden. Ihr Vater, Noah, irgendwer... der eine Ahnung hatte, was dieser Ausraster in der Küche für sie bedeutete.
|| DESTRUCTIVE » 23 YEARS OLD » DRUG ADDICTED ||
I need to feel something before I'm just nothin'.
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