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JOE'S BAR
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Kilian Thomas Carter
THE MISTAKES OF MY YOUTH
Beiträge: 147
Registriert seit: Jun 2015
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RE: JOE'S BAR
Es löste einen ganz absurden Zwiespalt in mir aus, all diese Dinge aus Lahjas Mund zu hören. Wieder wechselte mein Körper zwischen völliger Anspannung und dem dringenden Bedürfnis sie endlich in den Arm zu nehmen. Auf der einen Seite zog sich alles in mir zusammen, als ich daran dachte, dass sie mit einer völlig fremden Person so viele intime Details über unsere Familie und unsere Erziehung geteilt hatte, auf der anderen Seite war ich maßlos stolz auf sie, dass sie überhaupt den Mut aufbringen konnte an ihren persönlichen Defiziten zu arbeiten. Mal pressten sich meine Kiefer aufeinander, während ich ziellos die Straße hinab starrte und versuchte mein schwer schlagendes Herz zu beruhigen, mal sah ich ihr regelrecht liebevoll von der Seite in die Augen, ließ mich selber spüren wie sehr sie mir eigentlich gefehlt hatte. Dass die Spannung zwischen uns letztendlich gänzlich brach war auch ihr Verdienst, indem sie meinen Arm mit ihrer Hand anhob und sich selber tief in meiner Schulter vergrub, auf der Suche nach Zuneigung, die sie sechs verdammt lange Monate nicht mehr spüren konnte. Obwohl ich mich im ersten Moment auch damit überfordert fühlte, meine Schultern sich bei dieser plötzlichen Nähe zusammen zogen, schafften es ihr Tränen dann doch, dass ich meine Tochter fest an meinen Körper drückte, mit meinem Daumen sanft das salzige Wasser von ihrem Gesicht entfernte und mich seitlich zu ihr herüber lehnte, um ihr zärtlich einen Kuss auf den Kopf zu drücken. "Ich hab dich vermisst", nuschelte ich leise gegen ihre Haare und auch alles andere bedachte ich mit einem vorsichtigen Nicken. Unter anderem auch deswegen, weil ich es einfach nicht ertragen konnte noch länger mit ihr zu diskutieren. "Ich verspreche dir, dass ich dir Bescheid sage, wenn wieder etwas mit mir ist. Aber es geht mir gut, ehrlich, und ich pass auf mich auf. Ich verspreche dir auch, dass jetzt vieles anders wird, okay? Es- tut mir Leid. Ich wollte nie, dass das so endet. Dass wir dich so verwirren und dass du dich so allein fühlst und als müsstest du schon so schnell erwachsen sein. Dass wir dir zu wenig Beachtung schenken. Ich war einfach- überfordert, viel zu oft. Bin ich immer noch. Ich dachte als Vater kennt man immer die richtige Antworten, aber so einfach ist das nicht, da ist verdammt viel falsch gelaufen. Das weiß ich. Wir müssen es endlich beide hinkriegen, dass wir einander wieder vertrauen können." Dass Lahja wieder bei mir einzog wäre ein Anfang, der mich zwar über alle Maßen erfreute, aber gleichzeitig auch beängstigte. Wir konnten einander nicht einfach ausweichen, wenn wir mal wieder zu viel füreinander wurden. Wir bekamen alles voneinander mit, aber vielleicht- vielleicht war die Zeit dafür jetzt wirklich die Richtige. "Wenn du bei mir einziehst, dann gibt es aber einige Regeln, für uns beide. Die können wir zusammen aufstellen und wir können auch darüber reden, aber sobald sie existieren müssen wir uns auch daran halten, in Ordnung? Damit das funktioniert." Das beinhaltete nicht nur, wie wir in Konfliktsituationen miteinander umgehen sollten, sondern auch, dass ich darüber in Kenntnis gesetzt werden wollte, wo sie sich aufhielt, wenn sie mal eine Nacht nicht nach Hause kam. Möglicherweise mochte das zu drastisch sein, bei einer erwachsenen Tochter, aber gerade die Sorgen um Lahja hatten mich immer wieder an meine Grenzen getrieben. Wenn ich wenigstens wusste, wo sie war - das wäre ein Anfang. "Ich verspreche dir auch, dass ab jetzt keine Entscheidungen mehr alleine getroffen werden. Auch nicht, wenn es um Brooke oder Chris geht. Wir reden darüber und wir finden zusammen eine Lösung, wenn wirklich irgendetwas passiert, ja? Wir kriegen das alles hin." Es war immer wieder in Momenten wie diesen, dass ich motiviert war, unseren Umgang miteinander völlig umzukrempeln, aber heute hatte ich das Gefühl, dass wir es tatsächlich schaffen konnten. Nicht nur, weil sich so viel in Lahja verändert hatte, sondern auch in mir. Ich hatte doch auch gezwungenermaßen spüren müssen, wie grauenhaft es sich anfühlte meine Tochter nicht in meiner Nähe zu haben, das wollte ich nicht noch einmal so lange aushalten. Abgesehen davon stabilisierte sich langsam auch mein Umfeld wieder. Das, was ich mit April hatte, das war gut. Das half mir. Und auch Matt und ich näherten uns langsam wieder an. Vielleicht würde jetzt tatsächlich alles gut werden. Deutete nicht alles daraufhin? Selbst, dass Lahja nicht um ihr Geld kämpfte - das ihr mit Sicherheit vieles einfacher machte - sondern direkt bereitwillig eine Lösung ansprach? Als ich meine Tochter diesmal ansah, war ich tatsächlich so stolz auf sie und ihre Entwicklung, dass ich ein Lächeln nicht mehr verhindern konnte. "Deine Großeltern würden sich im Grab umdrehen, eine bessere Entscheidung könntest du also nicht treffen." Noch einmal drückte ich ihren Körper mit meinem Arm sanft an mich.
KILIAN THOMAS CARTER # 40 YEARS OLD # JOE'S BAR
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05.07.2015 17:16 |
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