RE: JOE'S BAR
Es gelang ihr nicht, zu verbergen, dass sie ihren Vater prüfend von der Seite anschaute. Sie war es nicht gewöhnt, dass er ehrlich zu ihr war – so in allen Dingen. Um sie nicht zu überfordern, seine Tochter zu schützen, das hatte sie nun langsam verstanden. Also wer sagte ihr, dass er seine Gesundheit nicht herunterspielte? Aber er sah gut aus, jetzt erst sah sie ihm an, dass April ihm allem Anschein nach wirklich gut tat, woran sie das fest machte, vermochte sie nicht einmal zu sagen. „ Wenn... noch mal was nicht in Ordnung ist, kann ich dir das Versprechen jetzt auch abnehmen, dass du mir dann Bescheid sagst? Von Jeany... habe ich mich zuerst fast nicht richtig verabschieden können, als sie sie beschlossen hatte, sich das Leben zu nehmen.“ sie hatte so ein Glück gehabt, sich mit ihrer Ma noch zu versöhnen und sie als Hilfe an ihrer Seite zu vermissen und nicht nur mit ratlosem Hass zurück zu bleiben. „Ich wusste nie, was mit... euch beiden wirklich los ist. Wenn es dir nicht gut geht, dann möchte ich das... auch Wissen. Diese Lügen haben doch schon so viel kaputt gemacht. Meine Therapeutin sagte zu mir, ich sehne mich danach, mich bei euch Sicher zu fühlen aber... ich traue dir nicht. Das muss... aufhören?“ konnte sie mit Kilian darüber sprechen, was sie mit der fremden Personen aufgearbeitet hatte oder nahm er es ihr übel, dass sie mit jemandem geredet hatte, den das doch alles nichts anging? „ Zuerst habe ich versucht mich gegen die Therapie zu wehren, jetzt denke ich, etwas besseres hätte ich nicht tun können. Ich habe viel über mich und uns gelernt. Dad, ich wollte nie... jetzt schon so Erwachsen sein, ist das... Egositisch? Diese Aussetzer waren auch immer ein Zeichen... euch die Verantwortung dafür zu geben um mich wieder... wie eine Jugendliche zu fühlen. Dafür ist zu viel passiert, dafür ist das alles zu schwer aber sie sagte mir, ich habe... das noch nicht aktzeptiert, Erwachsener zu sein, durch die Umstände.“ Lahja hatte sich auch vorgenommen ihrem Dad näher zu bringen, was in ihr vorging. Vielleicht brauchte sie wirklich auch ab und an nicht nur einen Freund wie Matt oder Noah, selbst niemanden wie Jeany, die ihr immer versucht hatte mit gutem Zureden etwas entgegen zu setzen. „ Ich habe euch auf der Nase herum getantz, ich weiß nicht, ob das nach dem Gefängnis noch... funktioniert aber sie sagte, ich habe nie gelernt, Regeln ernst zu nehmen, Grenzen zu respektieren. Die kamen auch immer... viel zu krass oder viel zu lasch und von zu vielen Seiten und nie stimmig.“ Die drei waren sich eben nie einig gewesen, was die Erziehung anging und das hatte Lahja verwirrt und zu jemandem gemacht, der immer ein Schlupfloch fand. Das hatte sie bei Noah in der Beziehung doch auch gespürt, wie sie sich immer wieder aus Situationen gewunden hatte, je nach Auslegung. Gab sie ihrem Dad also gerade ein Stück seiner Verantwortung zurück? Etwas zu sagen? Vielleicht, sie ging sogar noch ein Stück weiter. „ Ich würde... glaube ich noch mal nach Hause ziehen.“ nickte sie langsam auf seine Frage. „ Nicht, weil ich nichts finde oder wegen dem Geld, einfach weil... ich mich nicht selber belügen kann. Weil noch wer da ist, der zumindest ein wenig ein Auge darauf hat.“ natürlich war er Abends und Nachts arbeiten, dass hatte sie schon damals viel zu sehr ausgenutzt aber vielleicht half das ja? Es musste komisch für ihn sein, dass es freiwillig aus ihrem Mund kam. Der Chaos-Magnet, der sich nicht an Regeln hielt, unterwarf sich in vollem Bewusstsein. Weil sie Angst hatte, nicht alleine klar zu kommen. Wenn das nicht ein riesen Schritt war. „ Wenn die beiden kommen, dann komm ich zu dir? Meinst du, du schaffst das... ohne das ich dich selber in Gefahr bringe, wenn ich damit zu dir komme? Mit der Schuld immer für Chaos verantwortlich zu sein, kann... ich nicht mehr... Leben...“ das hatte sie doch schon bei Noah immer so verfolgt und weil sie sich gerade wirklich endlich mal klein machte vor Kilian, wie es für eine Tochter normal war, nahm sie seinen Arm ganz zaghaft und legte ihn um ihre Schulter um sich dann dagegen zu lehnen, fast schon bettelnd sah sie ihn an, dass er das jetzt einfach zuließ. Denn genau das war es, was ihr so gefehlt hatte und auch wenn Kilian mit ihren Tränen nicht umgehen konnte, gelang es ihr nun loszulassen und endlich die letzten sechs Monate, in denen sie darum gebangt hatte, ihr Vater wolle sie nach ihrer Tat nicht mal mehr ansehen, raus zu lassen. Lahja war jemand anderes geworden, für die anderen Menschen kühler und distanziert. Nur ihrem Dad gegenüber müsse sie endlich die Gefühle zulassen, nichts in Wut und Ablehnung verpacken sondern ihn dazu beanspruchen, wozu er da war – seiner Tochter immer halt zu geben. Sie dann zu lieben, wenn sie den Eindruck hatte, niemand sonst auf der Welt konnte das. Wie Jeany das getan hatte. Während sie sich an seinem Arm festhielt, weil sie Angst hatte, er würde ihr das zu schnell wieder nehmen, nickte sie wegen des Erbes „ Der Ausraster war... in einem Kreis, wo ich nicht hingehört habe. Ich habe viel zu viel Koks genommen, mit irgendwelchen Schnöseln. Diesmal waren es nicht... die Freunde von damals und ausgerastet bin ich, weil mich der Kerl darauf Aufmerksam gemacht hat, wo ich herkomme. Ich will das Geld... zumindest einen Teil... besser nutzen. Jeder, der aus Compton kommt und aufwächst hat dieselbe Chance verdient, wie dieser Sohn reicher Eltern. Es gibt ein Jugendzentrum hier, das Equitment ist nur alt oder kaum vorhanden. Deswegen chillen die Leute da nur zum kiffen oder ticken, abziehen oder prügeln.... ich will es modernisieren. Will da selber auch arbeiten, solange ich noch keinen Ausbildungsplatz habe und danach auch Ehrenamtlich. Opa und Oma würden sich verdammt ärgern, dass damit die Assozialen gefördert werden aber Ma wäre sicher auch Feuer und Flamme dafür gewesen.“ Lahja wusste, wie die Vergangenheit von Matt und Kilian hier ausgehsen hatte und auch was sie hier erlebt hatte, war nicht gerade ihnen klar, dass es manchmal einfach an Frust, Neid und Langeweile lag, dass man so viel Mist gebaut hatte. „ Wenn ich einen Lehrer finde, Bewerbungstraining ein mal die Woche oder... ein kleines Sportangebot?“ Lahja war nie so gewesen, sich über die anderen Gedanken zu machen aber es wurde Zeit, ihrem Leben Sinn zu geben.
|| DESTRUCTIVE » 23 YEARS OLD » DRUG ADDICTED ||
I need to feel something before I'm just nothin'.
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