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ROUTE 66
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Matthew Dawson
WHERE IS MY MIND?


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Beitrag #1
ROUTE 66
Bei Matt hatte die letzte Flasche Wein, die Madison so triumphal in das provisorische Bett brachte, genau das bewirkt, was sie bewirken sollte. Er war zwar auch schon vorher betrunken, aber die letzten paar Schlucke gaben ihm dann tatsächlich so sehr den Rest, dass er schnell in einen tiefen, gleichgültigen Murmeltier-Schlaf fiel und auch am Morgen erst als Letzter von allen aufwachte. Dass Madison schon viel eher vor ihm und vor seiner Nähe geflüchtet war, das konnte er zu dem Zeitpunkt noch nicht wissen und im Gegensatz zu seiner ehemaligen Frau machte er sich im Laufe des Tages auch kaum mehr Gedanken darum. Dafür war er viel zu kurzsichtig. Wenn ihn absurde Gefühle trafen, so wie gestern Abend so dicht neben Madison, dann sprach er das ohne Scham aus, er teilte sich mit und suchte vielleicht sogar nach Bestätigung, aber so schnell wie solche Gefühle kamen, waren sie auch schon wieder fort. Er fragte sich nicht, ob diese Anspannung zurückkehren würde und ob er überhaupt schon bereit war gemeinsam mit der Frau, die er so sehr geliebt hatte, durch das ganze Land zu reisen, eine Woche lang, nur zu zweit. Er zweifelte nicht an seiner Entscheidung und als sie abends auf dem ersten Rastplatz ankamen, als Madison und er sich dort ihr Schlaflager hinten in ihrem Bus herrichteten und sie dabei schon wieder so nah beieinander lagen, sah er sie daher anfangs nur völlig verwirrt an, als sie das Thema der gestrigen Nacht auf einmal wieder zur Sprache brachte. Er spürte zwar auch, dass sich gerade wieder komische Gefühle in ihm ausbreiteten, jetzt wo sie zur Ruhe gekommen waren, still nebeneinander atmeten und sein Bein schon wieder so kribbelte als wolle es einfach ihres berühren, aber bei ihm war die Anspannung schon deutlich schwächer geworden. Der gemeinsame Tag hatte dazu beigetragen, dass er auch ganz ohne Alkohol die Schönheit der Situation erkennen konnte. Die beiden waren den ganzen Tag Richtung Osten gefahren, hatten hier und da ein paar kurze Stops eingelegt, einmal in einer verlassenen Geisterstadt und dann noch bei ein paar anderen Attraktionen, die am Wegesrand ausgeschildert waren. Sie hatten gemeinsam gelacht, miteinander geredet und im Auto sogar zusammen zu alten 70er-Rock-Songs gesungen. Sie hatten Spaß gehabt, gemeinsam, und genau das war auch einer der Gründe, weshalb es Matt so wichtig gewesen war diese Reise mit Madison zu machen. Sie konnte das anscheinend noch nicht erkennen, aber dieser Prozess wie sie sich stetig wieder näher kamen, wie sie wieder ein Verhältnis zueinander aufbauten, eine Freundschaft, genau das hatte er so gewollt und beabsichtigt. Und um das auch ihr begreiflich zu machen, drehte Matt sich mit einem schwachen Lächeln auf der Matratze zur Seite, er winkelte einen Arm unter seinem Kopf an und betrachtete die Frau neben ihm lange, ehe er antwortete. "Du tust es doch gerade schon, Madison. Genau das hier. Mit jeder Minute, die wir zusammen verbringen, kommen neue Erinnerungen dazu, schöne Erinnerungen. Und der Rest, der wird dadurch- unwichtiger. Weniger präsent. Also ja, ich will immer noch diese Reise mit dir machen und wenn es sich komisch anfühlt neben dir zu liegen, dann möchte ich das trotzdem so lange tun, bis es nicht mehr komisch ist." Weil er jedoch das Gefühl hatte, dass Madison überhaupt nicht nachempfinden konnte, was genau in seinem Kopf und vor allem auch in seinem Herzen geschah, atmete Matt einmal tief durch und ließ sich dabei mit dem Rücken wieder auf die Matratze sinken. "Ich gebe dir keine Schuld, an gar nichts. Du bist nicht Schuld daran, dass es nicht funktioniert hat, genauso wenig wie du Schuld daran bist, dass es sich jetzt komisch anfühlt neben dir zu liegen. Es hat einfach nicht gepasst, damals. Es war einfach nicht richtig. Ich hab Fehler gemacht, du hast Fehler gemacht, dann hab ich wieder Fehler gemacht, dann du und letztendlich- sollte es einfach nicht sein. Du hast mir weh getan, Madison, das schon. Und ja, wenn ich dich jetzt ansehe, dann tut es auch immer noch ein bisschen weh, aber das ist nichts, was ich irgendwie beeinflussen kann. Ich kann nicht einfach sagen: Okay, jetzt tut es nicht mehr weh. So gerne ich auch würde, das funktioniert nicht. Ich möchte doch überhaupt nicht, dass das noch immer zwischen uns steht und ich möchte doch auch endlich damit abschließen, aber- während mein Kopf dir schon längst verziehen hat, schon ein paar Tage, nachdem das alles passiert ist-" Matt erinnerte sich sogar noch an genau diesen Moment, auf dem Burning Man Festival, an dem er seinen Frieden damit geschlossen hatte. "Schafft mein Herz das einfach nicht. Noch nicht." Erneut sah Matt durch die Dämmerung in ihr Gesicht, unsicher ob Madison den Unterschied verstand und ob sie nachempfinden konnte, was er ihr damit sagen wollte. "Mach dir keine Vorwürfe, okay? Es hätte nicht funktioniert, früher oder später hätte uns irgendetwas anderes das Genick gebrochen. Und ich weiß wie Leid es dir tut, dass es so passiert ist wie es dann eben passiert ist. Wirklich. Wir müssen jetzt einfach abwarten, wir müssen versuchen die Zeit zusammen zu genießen, Spaß zu haben und vielleicht- vielleicht erledigt sich dann alles von selber. Und ansonsten musst du halt einfach noch mehr Zeit schaffen." Kurz lächelte Matt sie schief an, weil er damit genau das Thema aufgriff, das Madison gar nicht hören wollte, zog dann aber schwach seine Schultern hoch. Er glaubte ganz fest, dass die Zeit seine Wunden von selber heilen würde, doch Madison schienen noch ganz andere Dinge zu belasten, die Matt erst jetzt wieder aufgriff, während er sich noch einmal zur Seite drehte, um sie direkt ansehen zu können. "Haily also, hm? Ist sie mit ein Grund, warum das für dich komisch ist neben mir zu liegen?" Kopfschüttelnd zeigte er ihr, dass das Thema für ihn gar keine Rolle spielte und dass seine Hippie-Freundin seinerseits keinen Einfluss auf diese Anspannung in ihm nahm. "Ist das- Denkst du viel darüber nach? Stört dich das?"


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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10.01.2017 01:30
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Madison Lane
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Beitrag #2
RE: ROUTE 66
Madison hätte einfach ihren Mund halten sollen, sie hätte einfach die Augen schließen sollen und so tun als ob sie schlafen würde. Denn das, was nun alles seine Lippen verließ, war so viel mehr als worauf sie gefasst war. „ Ich habe vergessen, dass du immer sehr gut darin bist – zu sagen... was so in dir los ist und womit du ein Problem hast...“ Gab sie zu und sah im dunklen zu ihm, das schwache Lächeln gelang dabei leider mehr schlecht als Recht. Das blieb auch so, als sie versuchte, darüber einen Scherz zu machen. „ Das mit der Zeit, dass war emotionale Erpressung und das tut man nicht.“ Nein, nichts konnte ihr nun dabei helfen, wie sie sich selbst damit Überforderte. Vielleicht war es das, was es viel schwerer machte und was sie eigentlich hatte auf Matt abwälzen wollen. Er hatte sich den Trip überlegt, er hatte dahinter gestanden, die ganze Zeit schon und er hatte auch nicht so ein Problem mit seinen Emotionen wie Madison. Auch jetzt hoffte sie, auf sein Verständnis und das sie sich wie eine Jugendliche nach dem Whiskey der beiden ausstreckte, den er ihnen beiden zu Weihnachten geschenkt hatte und fragend den Blick anhob. Er war nicht dumm und er kannte sie besser als jeder andere, um mit ihm wirklich darüber zu Reden, was in ihr vorging, müssten sie sich erst ein wenig in der Nacht verlieren, ein wenig in der brennenden Flüssigkeit und sie brauchte Zeit darüber nachzudenken, was sie ihm sagen wollte und vor allem wie. „ Vielleicht sollten wir schon mal ein wenig davon kosten, immerhin will ich die Flasche mit dir leeren in der Zeit und ich Glaube, darüber zu sprechen, warum es komisch ist neben dir zu schlafen ist ein perfekter Grund damit anzustoßen.“ Er brachte zumindest genau das, was er damals auch in der Lage war ihr zu geben. Matt und seine Art, gepaart mit Alkohol hatten schon manche Geheimnisse aus ihr heraus locken können. „ Ich musste mich in den letzten Jahren nicht mehr wirklich mit den Gedanken anderer Menschen auseinander setzen und das ist auch etwas, was ich sehr mag. Alles was wichtig ist, passiert hier drinnen...“ Sie deutete auf ihre Schläfe und Matt hatte sie zwar mit einbezogen in ihre Entscheidungen, als die beiden ein Paar waren aber es war nichts neues, wie wichtig Madison immer war, am Ende sich selbst Treu zu bleiben. Vielleicht hatte die Ehe der beiden, die Beziehung sie beeinflusst aber wenn, dann hatte er sie das nie spüren lassen. Das merkte sie erst jetzt, als sie reflektierte, ob alles so war, wie noch vor einigen Jahren oder nicht. „ Mein handeln beeinflusst nur das, was mich am nächsten Morgen erwartet. Ich... ich kann mir selbst nicht mal verzeihen, dass ich dich mit deinem besten Freund betrogen habe.“ Man konnte sogar genau sehen, wie sehr ihr das zusetzte und wie es sie selbst schmerzte. „ Das ist so gegen alles, was ich bin... das ist so gegen alles, was meine Prinzipien sind. Waren. Wieder sind. Es fühlt sich an, als wäre da jemand ganz anderes am Steuer gewesen, als das passiert ist aber das ist nicht so – Matt ich war das und ich will nicht, dass ich irgendwann noch mal so einen Fehler begehen kann, den ich mir einfach nicht Verzeihen werde. Deswegen will ich auch nicht hören das du Fehler gemacht hast.“ Madison stellte schon immer sehr hohe Ansprüche an ihr eigenes handeln und dennoch hob sie verzweifelt die Schultern und sah an die Decke des Busses. „ Natürlich ist das scheiße, wenn ich daran denke, dass du mit Haily in dem Bus durch die Gegend gereist bist und ihr das geteilt habt, was wir gemacht haben und natürlich habe ich heute anstelle von mir auch öfter gesehen, wie das zwischen euch beiden passiert ist und trotzdem ist das nicht richtig. Ich gönne dir das auch von Herzen. Nur – irgendwie – da ist so viel anders auf einmal. Du weißt doch, wie schlecht ich damit umgehen kann, wenn sich etwas ändert, an das ich mich gewöhnt habe.“ Das wagte nicht einmal sie auszusprechen aber ertappt hatte sie sich dabei schon, dass sie Matt schon längst vor ihrem inneren Auge mit Haily die Dinge im Alter durchleben hatte sehen, die die beiden geplant hatten. „ Diese Reise hier fühlt sich einfach an, als wäre ich an einem falschen Platz und ich habe vielleicht gehofft, dir geht es genauso – dabei weiß ich das besser. Was... warum willst du so zwingend, dass ich zu den Ärzten gehe? Wie denkst du, ich soll das anstellen, wenn ich da herum liege und zu nichts mehr in der Lage bin?“ Sie konnte sich das nicht einmal ausmalen, vielleicht konnte er das. " Wir waren schon immer unterschiedlich und ich um einiges radikaler als du. Du sollst das jetzt auch nicht falsch verstehen aber vielleicht habe ich mich auch bei dir nochmal aufrichtig entschuldigt aber dir nichts von der Krankheit gesagt, weil es mir viel schwerer fällt uns irgendwann mal Freundschaftlich zu sehen. Es fällt mir leichter da nur noch Haily zu sehen. Die Reise hier ist bestimmt auch eher möglich weil ich dir gegenüber noch so ein verdammt schlechtes gewissen habe - selbst wenn ich kämpfen und Siegen würde und Jamie nie hängen lassen würde, unser Verhältnis habe ich immer eher so gesehen wie in den letzten Jahren." Es war nicht leicht so ehrlich zu sein aber gleichzeitig fühlte Madison sich um einiges leichter.
11.01.2017 00:54
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Matthew Dawson
WHERE IS MY MIND?


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Beitrag #3
RE: ROUTE 66
Schweigend hörte Matt ihr zwar zu, ganz ruhig wartete er, bis Madison alles gesagt hatte, was sie sagen musste, aber am Ende ihres langen Monologes konnte er nicht anders, als ein wenig unsicher ihr Gesicht zu betrachten. "Ich weiß nicht genau, ob ich das richtig verstanden habe, aber versuchst du mir gerade zu sagen, dass das mit einer Grund dafür ist, weshalb du einfach resignierst und akzeptierst, was diese Krankheit mit dir macht? Weil du dich selber im Spiegel nicht mehr erkennen kannst? Weil du nicht verstehen kannst, weshalb du mit Kilian geschlafen hast? Und weil du dir das nicht verzeihen kannst? Spielt das auch eine Rolle in deiner Entscheidung oder verstehe ich dich da gerade falsch?" Matt wusste wie hart Madison mit sich selber ins Gericht ging, immer, doch während es in ihrer Beziehung noch geholfen hatte einfach einen lustigen Witz zu reißen, einen dummen Spruch zu sagen, mit ihr zu lachen oder sie kitzelnd zu attackieren, um diese Spannung ab und zu aus ihr zu nehmen, reichte das diesmal nicht. Diesmal ging Matt einen anderen Weg - einen Weg, den er früher schonmal eingeschlagen hatte, aber viel seltener -, indem er ich aufsetzte und seine ehemalige Frau ganz aufrichtig ansah. "Erstens: Ob ich dir verzeihe oder nicht, wird und darf dir nicht dabei helfen, ob du dir verzeihst, Madison. Du musst in dir selber deinen Frieden schließen, das kann nicht von mir abhängig sein. Ja, ich verstehe, dass es das einfacher machen würde, aber der wichtige Faktor musst du selber sein, nicht ich. Zweitens: Verzeih dir endlich, Madison! Menschen machen Fehler. Haben sie schon immer, werden sie immer. Weißt du, als ich mir damals den Bus genommen hab und weggefahren bin, da war ich so wütend und so enttäuscht und traurig, ich hab mich so verloren gefühlt, aber- einen Tag später stand ich auf einem Festival, das so absurd, aber auch wunderschön war, dass ich es gar nicht in Worte fassen kann. Ich war noch nie an einem Ort, wo so viel Liebe in der Luft lag, so viel Optimismus und Lebensfreude, und- es hat sich falsch angefühlt da zu stehen und traurig zu sein. Oder wütend. Das wollte ich nicht. Also hab ich mich damit auseinander gesetzt, was genau mich traurig und wütend macht, wie es dazu gekommen ist und ob ich etwas daran hätte ändern können, und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass- nein. Nein, ich hätte nichts daran ändern können. Und ich wollte auch nichts daran ändern. Weil alles, was vorher passiert ist, mich genau an diesen Ort gebracht hat, zu genau diesem Zeitpunkt und genau da wollte ich in genau dem Moment sein. Und damit- war es einfach in Ordnung. Damit hat mein Kopf verziehen. Dir, aber vor allem auch mir selber, denn ob du es nun hören willst oder nicht, das war genauso meine Schuld wie es deine Schuld war. Ich hab zu viel von dir erwartet, ich war nicht geduldig genug, ich hab nicht recht auf deine Bedürfnisse gehört, ich hab einfach nicht verstehen wollen, dass dein Kopf und damit auch deine Gefühle zu einem ganz anderen Zeitpunkt zurückgefallen sind, und dass du nicht all die Erinnerungen und Emotionen, die ich habe, in ein paar Wochen aufholen kannst. So funktioniert das nicht. Was uns passiert ist, das wollte niemand, Madison. Du nicht, ich nicht, Kilian wahrscheinlich auch nicht, aber es ist trotzdem passiert und das ist okay. Hätte es anders passieren können? Weniger verletzend? Ja, wahrscheinlich schon - das ist auch das Problem, was mein Herz noch hat und warum es auch jetzt noch weh tut - aber es ist nicht anders passiert. Es ist genauso passiert wie es eben passiert ist. Du kannst daran nichts ändern, ich kann daran nichts ändern und auch Kilian kann daran nichts ändern. Was bleibt mir also für eine Wahl? Entweder kann ich mir oder dir das ewig vorwerfen, ich kann mich in meinem Selbstmitleid suhlen, ich kann zulassen, dass mich das wütend macht oder traurig oder hasserfüllt, oder aber ich gehe in mich und versuche meinen Frieden damit zu finden. Ich breche das alles hinab auf eine ganz wichtige Erkenntnis, die mich sowieso schon immer unheimlich bereichert hat: Menschen machen Fehler. Menschen sind nicht perfekt. Wir machen nicht immer alles richtig. Wir alle haben unsere Makel. Wir alle sind irgendwie ein bisschen kaputt. Wir verändern unser Bewusstsein mit Drogen, wir trinken uns bis zur Besinnungslosigkeit. Wir sind egoistisch, wir sind gierig, wir lassen uns von unserem Umfeld beeinflussen, wir lassen uns auch von unseren Hormonen beeinflussen, wir sind triebgesteuert und manchmal ergeben wir - sogar für uns selber - ganz wenig Sinn. Und das alles ist okay. Das muss okay sein. Das gilt für jeden, das gilt für dich und das gilt auch für mich, für alle. Das Leben wird so viel leichter, wenn man das akzeptiert, Madison. Hast du nicht in den letzten beiden Jahren auch ganz tolle, ganz aufregende Dinge erlebt? Auf deinen Reisen? Hast du nicht neue Freunde gefunden? Neue Menschen kennen gelernt? Schöne Kunst geschaffen? Die Welt besser kennen gelernt? Jedes Ende ist auch immer der Anfang von etwas Neuem. Und nur damit du es nicht falsch verstehst: Nein, für mich war dieses Neue sicher nicht meine Zukunft mit Haily." Das klang so absurd, dass Matt um die letzten vier Worte sogar Anführungszeiten in die Luft malte und dabei den Kopf schüttelte. "Ich hab mit Haily nie das geteilt, was wir geteilt haben. Das kann ich auch gar nicht. Haily ist nicht du und ich liebe Haily auch nicht wie ich dich geliebt habe. Ich denke mit ihr nicht über unsere Zukunft nach, ich plane keine gemeinsamen Reisen mit ihr, wenn wir alt und grau sind. Ich plane nicht einmal wirklich bei ihr einzuziehen oder so. Ich lebe halt grad da, weil es nahe liegt, weil es sich so angeboten hat, weil ich keinen Job habe, weil ich es nicht leiden kann alleine zu sein und weil ich, natürlich, auch gerne bei ihr bin, aber nicht, weil wir gemeinsam auf irgendetwas hinarbeiten, Haily und ich. Da ist kein großes Wir. Da ist ein Sie und ein Ich und versteh mich nicht falsch, das ist wunderschön, das hat mir unheimlich geholfen und ich liebe, wer sie ist und wie sie ist, aber diese Dinge, die du anscheinend visualisierst, die gibt es nicht. Haily und ich, wir haben beide eine große Liebe verloren, als wir aufeinander getroffen sind, und wir haben uns gegenseitig geholfen das zu verarbeiten und an dem Guten im Leben festzuhalten, aber mehr nicht. Du bist bis jetzt die einzige große Liebe, die ich je hatte, Madison, es gab in meinem Leben nie jemanden, neben dem ich lieber geschlafen habe, als neben dir, und genau das ist auch ein Grund, warum ich möchte, dass sich das nicht mehr komisch anfühlt. Und auch, warum ich möchte, dass du kämpfst. Weil ich nicht so dumm bin zu glauben, dass ich so etwas noch einmal erleben darf. Ich möchte, dass du noch jahrelang in dieser Welt existierst, Jahrzehnte, gerne auch Jahrhunderte, ich möchte, dass du Abenteuer erlebst und glücklich bist und Freundschaften schließt und ich möchte zumindest die Möglichkeit in meinem Körper spüren, dass wir irgendwann an irgendeinem Ort unter unbestimmten Umständen wieder zueinander finden. Ich mag es die Option im Hinterkopf zu haben, dass es mir irgendwann nicht mehr weh tun wird bei dir zu sein, dich anzusehen oder dich zu berühren. Dass ich dich irgendwann wieder so lieben kann wie ich dich vor gar nicht allzu langer Zeit geliebt hab und dass all unsere Pläne irgendwann noch wahr werden. Ob das wirklich so kommen wird? Keine Ahnung. Ob es doch noch mehr solcher großen Lieben gibt? Weiß ich auch nicht. Vielleicht finde ich irgendwann eine Frau, die besser zu mir passt, als du es je getan hast, und vielleicht findest du irgendwann einen Mann, den du mehr liebst, als du mich je geliebt hast, und dann ist das auch okay, aber alles, was ich jetzt zu diesem Zeitpunkt weiß, ist, dass sich das zwischen uns ziemlich einzigartig anfühlt. Und wenn ich dir jetzt einfach sage Okay, du bist krank, du hast eine Entscheidung für dich getroffen, das akzeptiere ich, in einem Jahr wird es dich wahrscheinlich nicht mehr geben, dann ist es als würde ich diese Liebe endgültig aufgeben. Und das kann ich nicht. Das ist das Schönste, was ich je erleben durfte und damit einfach so abzuschließen, würde es so nichtig machen. Also bin ich hier, bei dir, und ja, auch wenn du mir jetzt sagst, dass es sich für dich falsch anfühlt hier zu sein und dass es leichter für dich wäre mich einfach in eine Zukunft mit Haily zu verabschieden und mit uns abzuschließen, dann werde ich trotzdem hier sein. Die ganze verdammte Woche, die du mir versprochen hast. Ich werde alles tun, was ich tun kann, ob du es nun willst oder nicht, und ich gebe erst auf, wenn du mir keine andere Wahl mehr lässt." Matt liebte es zu reden, das wusste niemand besser als Madison, aber selbst für ihn war das ein so enormer Brocken gewesen, dass er danach erst einmal tief durchatmen musste und auch endlich nach dem Whiskey griff, um einen großen Schluck aus der Flasche zu trinken, ehe seine Augen wieder auf die seiner ehemaligen Frau trafen und er mit einem ironischen, dummen, typischen Matt-Satz all diesen Worten ein bisschen Magie nahm. "Gibt es sonst noch irgendwas, was du von mir wissen willst? Ich bin anscheinend gerade voll im Flow."


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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11.01.2017 17:11
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Madison Lane
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Beitrag #4
RE: ROUTE 66
Durch seine Worte erreichte Matt etwas ganz anderes, als er vielleicht bezwecken wollte. Madison war immerhin die letzten zwei Jahre wieder ganz auf sich alleine gestellt gewesen und sie hielt auch sehr fest an ihren Entscheidungen und Gedanken. Es war ja nicht so, dass das alles leichtsinnig getroffen worden war und wenn er auch damals immer einen Weg gefunden hatte, sie zu erreichen, ob nun durch dämliches Albern oder seine ernsten Worte, so wie jetzt, erreichte er sie damit nicht wirklich. Bis auf eine Sache, derer sie sich ganz Sicher war, schüttelte sie immer wieder mal den Kopf und wechselte zwischen seinem schönen Gesicht und der Bettdecke hin und her. Solange, bis er mit einem Schluck des Whiskeys und einem dummen Kommentar seine Rede beendete. Leider wühlte sie sogar das am Ende noch mehr auf, ließ sie die Zähne zusammen beißen und auch wenn noch keiner so richtig dahinter gestiegen war, dieses Verhalten der beiden glich sehr dem, wie sie zu Beginn des Kennen lernens aufeinander gewirkt hatten. Beide waren viel zu Überzeugt, die Beziehung hätte etwas an ihren Charakteren geändert, zumindest Madison sah das so aber eigentlich – eigentlich waren sie im Grunde noch immer die Menschen, die sie auch damals gewesen waren nur mit einer wunderschönen Erfahrung mehr. Mit dem Glauben können an eine Liebe, wie sie sie beide offen angezweifelt hatten damals. Weil sie die Vorstellung fürchterlich fand, er machte sich Gedanken darüber, er hätte etwas an ihrer Entscheidung ändern können, nicht gegen den Krebs anzugehen, begann sie auch damit und ein Entschiedenes Nein verließ ihren Mund. „ Das eine hat mit dem anderen wirklich nichts zu tun Matt....“ Vielleicht musste sie ihm doch sagen, was sie auch Jamie erzählt hatte. Wo der Knackpunkt gelegen hatte, diese Entscheidung zu treffen – denn mit einem hatte Matt Recht. Eigentlich hatte sie ihren Gegner kennen lernen wollen, bevor sie vor ihm kapitulierte. „...ich war schon... beim Arzt. Ich wollte schon... Gewebeproben nehmen lassen und das alles aber in dem Wartezimmer, da... saßen so viele Frauen, die schlecht aussahen. Wie Schatten. Die Schmerzen hatten. Die geweint haben. Die einfach so aus dem Leben gerissen aussahen und schwach. Einige haben mich auch von der Seite angesprochen, ich weiß nicht warum sie dachten, mir könnte das Helfen oder Mut machen aber es war genau das Gegenteil. Ich brauche mich nun nicht in einen Raum zu setzen, mit lauter fremden, die das auch haben.“ Immer wieder sah sie ihn nur kurz an, denn es war gar nicht mal so einfach darüber zu Sprechen, was ihr da im Kopf herum gegangen war. Zumindest nicht mit ihrem Ex-Ehemann. Bei Jamie war das deutlich einfacher gefallen. „ Ich wollte nicht auch bald so sein, will ich noch immer nicht und...“ Maddi schloss die Arme fester um ihren Oberkörper, als wollte sie beisammen halten, was ihr gehörte und sich schützen vor äußeren Einflüssen. Dann war das eben so, dass ihr Gegner sich weiter ausbreitete aber so lange war sie wenigstens noch ein Mensch, dem sie aufrichtig im Spiegel begegnen konnte. „ Ich bin aufgestanden und gegangen. Ich wollte nicht Wissen, welche Tumor-Art, wie weit fortgeschritten, wo Überall. Das hilft mir alles nicht, wenn ich doch nicht auch irgendwann so da sitzen will oder auch weinend aus diesem Arztzimmer zu diesen Frauen kommen möchte. Ich hab nie wieder einen neuen Termin gemacht und bin nie wieder ans Telefon gegangen, wenn sie versucht haben, mich zu erreichen.“ Jetzt wusste er zumindest, die gescheiterte Beziehung hatte keinen Einfluss auf ihre Entscheidung. Auch mit ihm wäre das ihre erste Berührung gewesen, mit ebenso erkrankten Menschen. „ Was ich versucht habe dir gerade zu Erklären, ich bin anders als du. Das werden wir auch immer bleiben. Ich kann nicht auf ein Festival fahren und meine Erleuchtung darin finden, dort zu sein, alles hat schon seinen Sinn. Es ist schön, wenn du das kannst, versteh mich nicht falsch und ich beneide dich aber das ist nie mein Weg. Meine Wege sind auch viel eindeutiger, ich könnte auch niemanden gebrauchen, der mir dabei hilft, den Verlust zu verarbeiten. Deswegen ist es doch auch so verdammt schwer, mir selbst zu verzeihen und das werde ich auch nicht. Ich werde nicht wieder Crack nehmen, ich werde nicht gleiche Fehler wieder machen aber diese Zeit nach meinem Gedächtnisverlust, da habe ich alles, was ich bis dahin erarbeitet habe, einfach wieder gemacht und das ist... das geht gegen all meine Eigenschaften, die ich schätze Matt. Sicher waren die zwei Jahre schön, ich bin interessanten Menschen begegnet aber bis da nicht einer kommt, der mich fasziniert wie du, werde ich auch nicht im Hinterkopf behalten, dass es das gibt. Das kann ich nicht. Ich werde auch nicht zulassen, daran zu Glauben, dass zwischen uns alles wieder so werden kann, wie es war oder unsere Träume sich doch noch realisieren würden. Diesen Trip habe ich mit gemacht, zum einen Sicher wegen dem Deal, den wir geschlossen haben und weil du mir mit deiner hartnäckigen Art gedroht hast aber allem voran weil ich mich fühle, als wäre ich dir das Schuldig. Als müsste ich endlich etwas tun, damit du mir verzeihen kannst – und das werde ich auch aber alle weiteren Gedanken gehören für mich nicht dazu wie für dich. Ich hab gestern nicht neben dir schlafen können, ich habe seid zwei Jahren neben niemandem mehr geschlafen. Ich kann das nicht, ich möchte das nicht und ich bin auch nicht traurig darüber. So bin ich halt.“ Und ihr wurde auch klar, dass sie das jetzt doch nicht konnte. Sie würde kein Auge zu tun, sie würde erneut so zurück schrecken wie am Morgen, als er sich zu ihr drehte. Solange es für sie den Gedanken nicht gab, alles würde zwischen den beiden gut werden, gab es auch nicht den Gedanken neben ihm zu liegen und weil Maddi schon immer so war, wie sie war, begann sie ihre Sachen zusammen zu raffen und sich auf dem Beifahrersitz einzunisten. Sie wollte Matt nicht vor den Kopf stoßen mit den klaren Worten aber er musste doch auch begreifen, dass es keine Maddi mehr gab, die sich von seinen großen Visionen beeinflussen ließ sondern nur eine Frau, die die letzten zwei Jahre wieder sehr zurückgezogen, mit sich gelebt hatte. Anders als damals, Zufrieden mit dem was sie tat und nicht aus verdrängung der Vergewaltigung aber eben wie die Jugendliche Madison, die eben nichts und niemand mehr Stellenwert gab, als zu Leben, so wie sie es Glaubte. Auch ohne Gedanken an eine erneute Liebe wie die zwischen ihnen beiden.
12.01.2017 09:49
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Matthew Dawson
WHERE IS MY MIND?


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Beitrag #5
RE: ROUTE 66
Matt verurteilte Madison nicht für ihre Reaktion. Er fühlte sich zwar tatsächlich vor den Kopf gestoßen, das schon, aber wenn er in den zwei Jahren mit Haily eine Eigenschaft für sich übernommen hatte, dann dass es okay war andere Menschen fühlen und denken zu lassen, was sie fühlen und denken wollten. Das war nicht immer leicht für Matt, vor allem wenn er eigentlich nur Gutes für jemanden wollte, doch diese Person sich davor verschloss, aber er wusste ja auch, dass es bei Madison nicht von ungefähr kam. Sie hatte jetzt zwei Jahre ohne seinen zeitweise nervigen, anspruchsvollen, aufdringlichen, aber doch gutmütigen und liebenswerten Charakter verbringen müssen, sie war zwei Jahre nur auf sich alleine gestellt gewesen, war alleine durch das Land gereist, hatte sich nirgends niederlassen wollen und ja, er verstand, dass das Dinge änderte. Sie hatte sich lange nicht mehr mit der Meinung und mit dem Einfluss einer anderen Person herumgeschlagen und Matt wusste auch, dass sie sich schon immer sehr wohl gefühlt hatte in dieser Einsamkeit und darin, dass es niemanden gab, dem Madison Rechenschaft ablegen musste. Er war nur einfach so grundsätzlich anders. Nach der Trennung von Madison hatte er unbedingt so schnell wie möglich wieder lieben wollen, er hatte wieder glücklich sein wollen, zufrieden, expressiv und laut. Er hatte neben und mit anderen Personen schlafen wollen, die Welt sehen, Spaß haben und genau das konnte ihm dieses Festival damals ermöglichen. Und Haily. Dass Madison anders war als er, das war nicht verkehrt, es war auch nicht grundlegend schlechter, aber sie konnte auch nicht verleugnen, dass Matt an ihrer Seite noch einmal eine ganz andere Art von Lebensfreude provozieren konnte, insbesondere Gelassenheit und Unbeschwertheit. Der Charakter seiner Frau war so angespannt, so ernst, so strikt mit sich selber und ihrem Umfeld. Wäre die Welt nicht ein viel schönerer Ort, auch für sie, wenn sie das einfach mal wieder ablegen könnte? Wenn sie es zulassen würde neben einer anderen Person zu schlafen, die fremde Wärme in sich aufzunehmen und dem unbekannten Atem zu lauschen, anstatt grübelnd und rastlos dort zu liegen und irgendwelchen irrationalen Ängsten oder Sorgen den Vortritt zu lassen? Matt wünschte sich so sehr irgendetwas in Madison bewegen zu können, ihr einen Stoß in die leichtere Richtung zu geben, aber wenn er eins bei ihr schon immer aufbringen musste, dann war das Geduld. Nicht unbedingt seine Stärke, aber die Vergangenheit lehrte ihn, dass er langsame, vorsichtige Schritte in ihre Richtung gehen musste und deshalb sprach er zwar noch einmal sanft ihren Namen aus, er versuchte noch einmal sie dazu zu bewegen doch einfach hier zu bleiben, bei ihm, und dieses komische Gefühl genauer zu definieren, um es dann - nach und nach - ausschalten zu können, aber als er merkte, dass sie dafür gerade einfach nicht bereit war, ließ er sie mit einem tiefen Atemzug auf den vorderen Beifahrersitz flüchten und legte sich dann selber auf die harte, kalte Matratze, ganz allein.
Viel änderte sich aber auch in den nächsten Tagen nicht, zwischen ihnen beiden. Tagsüber hatten sie zwar Spaß, Matt wusste noch immer mit was für dummen Geschichten oder mit welchen alten Liedern er seine Frau aus der Reserve locken konnte, aber nachts suchte Madison dann doch weiterhin die Distanz zu ihm. Er spürte, dass sie ab und zu sehr abwesend wirkte, sehr nachdenklich und in sich gekehrt, aber gleichzeitig kam er auch nicht umher zu bemerken, dass sie sich zweifellos für Matt freute, wenn er mal wieder ganz aufgeregt auf eine weitere, eigentlich total stupide Attraktion zu rannte. Wie geplant besichtigten sie die größte Ketchupflasche der Welt und gönnten sich danach stilecht eine Portion Fritten mit der roten Sauce, sie verewigten sich mit Sprühflaschen auf der bunten Autos der Cadillac Ranch, opferten ein paar Schuhe für den Schuh-Baum an der Straße und weigerten sich empört 40$ Eintritt für den Meteor Krater zu bezahlen, aber irgendwie- irgendwie fehlte da diesmal etwas. Die Dinge waren anders, davor konnte sich nicht einmal Matt verschließen. Die Anspannung, die immer wieder die Luft zwischen ihm und Madison erfüllte, die wurden die beiden nie ganz los und das war nur mehr und mehr belastend für das ehemalige Paar. Hinzu kam auch die Krankheit von Madison und dass Matt mit jedem weiteren Tag spürte, dass ihm die Zeit davon lief. Er durchlebte zwar wie erwartet die verschiedensten Emotionen, indem er in einer Nacht völlig betrunken tatsächlich darum flehte, dass sie sich doch einfach behandeln lassen sollte, oder wurde eines Morgens wirklich wütend, als er schon wieder auf so viel Ignoranz ihrerseits traf, aber obwohl er zwar sah, dass seine Emotionen auch sie belasteten, gelang es ihm bis jetzt nicht wirklich etwas in ihr zu bewegen. Er fand einfach, verdammt nochmal, nicht den richtigen Schalter. Nicht den richtigen Punkt, den er drücken musste. Da musste es doch aber einen geben, irgendetwas!
Mittlerweile war der vierte Tag ihrer Reise gekommen und damit verschlug es sie auch mitten in die USA, irgendwo in die Berge, wo der Winter eindeutig kälter war, als in Kalifornien. Viel kälter. Vierzig Zentimeter Schnee kälter. Und so schön es zwar war durch diese Landschaft zu fahren, zehrte die ihnen bevorstehende Nacht dann doch an Matts Nerven, denn wenn der Motor nicht lief wurde es auch nicht besonders warm in diesem Gefährt. Anstatt irgendwo in der Wildnis zu campen, blieben sie am heutigen Abend also neben einer großen Scheune eines Farmbetriebes stehen, nur um im Notfall dort Unterschlupf zu finden. Das Farmhaus schien zwar weiter weg zu sein, es gab niemanden, den sie um Erlaubnis fragen könnten, aber Madison und ihn hatte so etwas selten gestört. Sie würden hier ja niemanden belästigen und niemandem etwas wegnehmen, sie wollten ihren Wagen einfach nur im Windschatten des Gebäudes abstellen und sich dabei mit dem restlichen Whiskey aufwärmen. Jeden Abend tranken sie gemeinsam ein paar Schlucke daraus, redeten miteinander, über Jamie, über die letzten zwei Jahre, über alles, aber die heutigen Kälte motivierte dazu, dass sie beide ein wenig über die Stränge schlugen, der Blick zunehmend verschwamm und immer mehr dumme Themen über ihre Lippen kamen. Bis Matt dann auf einmal frierend seine Hand gegen das Dach des Wagens drückte und quengelnd feststellte, dass es dadurch tropfte. Der starke Schneefall draußen ließ sich nicht so gut vereinen mit dem undichten Blech dort oben und weil keiner von ihnen bei Minusgraden in einer Pfütze schlafen wollte, sah er auffordernd, sogar leicht lallend in Madisons Gesicht. "Zwei Optionen: Entweder ziehen wir uns jetzt beide nackt aus und wärmen uns heute Nacht aneinander, damit wir nicht erfrieren, oder wir gehen in die Scheune da und hoffen, dass es irgendwo eine trockenere, wärmere Ecke gibt, als hier. Ich gehe mal davon aus Fräulein Ich-schlaf-nicht-neben-dir ist für Option zwei?"


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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13.01.2017 18:58
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Madison Lane
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Beitrag #6
RE: ROUTE 66
Als er seinen Vorschlag unterbreitete sich durch Körperwärme über die erbärmlich kalte und nasse Nacht zu retten, zog Maddi lediglich die Augenbauen an. Das war doch nicht sein Ernst? Sie schlief ja nicht umsonst schon einige Tage auf dem unbequemen Beifahrersitz. Es war nicht so, dass Madison nicht schon selbst einige Zeit damit verbracht hatte, in Gedanken mit sich zu schimpfen. Wieso sie sich so anstellen musste. Immerhin hatte sie Jahre neben diesem Mann in einem Bett – oder wo auch immer – geschlafen. Doch bevor sie es wagen konnte, weich zu werden, erinnerte sie sich auch daran, wie komisch das werden würde. Das würde nachhaltig alle schönen Erinnerungen stören. Es würde immer damit verbunden sein, wie es sich anfühlte, jetzt wieder neben ihm die Augen zu schließen. Sich vielleicht sogar versehentlich an ihn zu kuscheln oder aber die Arme von ihrem Exmann um ihren eigenen Körper zu spüren. Bei Jamie schon hatte sie doch mehr als deutlich fühlen können, wie ihre Gedanken mit ihr durchgegangen waren. Wie die Schuld auf ihren Schultern schwerer wurde, weil immerhin, in ihren Augen, sie für all das Verantwortlich war. So gerne hätte sie all das vergessen aber dann auch wieder nicht, denn sie hatte es verdient sich so zu fühlen. Das war das mindeste, was sie ihm oder der gemeinsamen Beziehung an Respekt zollen konnte. Auch jetzt noch zu Bereuen, was sie zerstört hatte. Matt sah das alles ganz anders und sie war auch noch immer verwirrt darüber, wie es ihm noch immer gelingen konnte, eine gemeinsame Zukunft zu visualisieren aber wie er sie Respektierte – tat sie das auch. Die beiden waren eben anders. Madison brauchte keinen Mann in ihrem Leben, der sich im Schlaf an sie kuschelte und selbst wenn, sie war über das Level hinaus, sich im Schutz eines One Night Stands genauso zu fühlen wie bei Matt damals. Dementsprechend hart stieß ihr auf, wie er sich auch noch über sie lustig machte. Gerade in den letzten Tagen, in denen sie alle seine Emotionen aushalten musste, die in ihm kursierten wegen der Krankheit, war sie Dünnhäutig gegen seine dummen Sprüche und schnell reizbar. Betrunken dazu patschte sie ihm einfach unsanft mitten ins Gesicht, weil sie da gerade so dran kam und brummelte voller Garstigkeit. „ Vorsicht, was du so von dir gibst, ich bin noch immer gefährlicher und grausamer als du.“ Danach raffte sie ihre sieben Sachen zusammen und die beiden eilten durch die regnerische Nacht in die Scheune. Als sie dabei waren, durch die Räumlichkeiten zu schleichen, auf der Suche nach einem trockenen Schlafplatz, vernahm Madison Geräusche. Tierlaute waren in der Dunkelheit auszumachen und als sie ihr Handylicht nutzte, um dem ganzen auf die Schliche zu kommen, sah sie in einem viel zu kleinen, abgetrennten Bereich, Schafe. Echt jetzt? Tummelten sich die Tiere dort, wegen der regnerischen Nacht leicht panisch, um auf ihren Tod zu warten? Ein Blick reichte um Matt deutlich zu machen, was sie nun zu tun hatten. Sie sagte ihm sogar etwas zu, was nichts anderes erreichen könnte und trotz Alkohol war es ihr Ernst. „ Wenn du mir hilfst, können wir nicht hier bleiben und dann schlafe ich auch neben dir.“ Auch ohne das hätte er ihr geholfen, glaubte sie aber so taten die beiden, in ihren Augen, das einzig richtige und ließen die Tiere frei. Bis auf das letzte Schaf scheuchten sie alle aus dem Pferch und schenkten ihnen die Freiheit. Als sie danach betrunken auf dem Weg zu dem Bus waren, damit keiner sie mit einer Strafanzeige belangen könnte, warf Madison auch alles über Board, was ihr in den letzten Tagen so schwer im Magen lag. Das Adrenalin, die Freude über ihren Aktionismus, das alles löste endlich etwas in ihr aus – viel zu Spät konnte sie merken, wie sie ihre Schutzmauern aufgab und fiel Matt im Regen, auf dem Weg, in die Arme und drückte ihn sehnsüchtig an sich. „ Danke.“ Hauchte sie mit dem Whiskey Atem in seine Richtung und ja, sie gab sich sogar einem Kuss hin. Auf seine Lippen. Unschuldiger aber dennoch mit so viel Leidenschaft wie selten zuvor – bis die Realität sie grob ergriff und ihr sagte, wie falsch das war. Nein, kein Alkohol konnte gegen ihre Wertevorstellungen und Überzeugungen ankommen und so zog sie sich eilig zurück. Rieb sich über die Schenkel und damit über die Nasse Kleidung um zu dem Bus zurück zu kehren und sich bitter durch den Kopf gehen zu lassen, dass sie heute Nacht nackt neben ihm schlafen würde. Verdammt. Aber noch immer war es das Wert, diese Seelen gerettet zu haben.
15.01.2017 01:44
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Matthew Dawson
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Beitrag #7
RE: ROUTE 66
Madison hätte Matt tatsächlich keine Versprechungen machen müssen, damit er alles stehen und liegen ließ, um ihr und vor allem ihren Überzeugungen beizustehen. Und auch jetzt noch, nachdem sie jedes einzelne Schaf nach draußen in die Freiheit gescheucht hatten, würde er nicht einmal auf ihrem Angebot beharren. Wenn sie nicht neben ihm schlafen wollte, dann war das okay. Erst recht, wenn sie das nicht nackt tun wollte. Eventuell wären sie dann morgen früh erfroren, aber diese Entscheidung legte er ebenso in ihre Hand, er drängte sie zu nichts und er erwartete auch nichts von ihr, was sich wohlmöglich falsch anfühlte. Zu Beginn ihrer Beziehung, als die beiden sich zum ersten Mal richtig kennen gelernt hatten, da wäre er wahrscheinlich noch in lautes Gelächter ausgebrochen, weil er nicht glauben konnte, dass Madison wirklich die Schafe eines fremden Menschen in Freiheit entlassen wollte, aber mittlerweile wusste er wie seine ehemalige Frau funktionierte. Er wusste wie wichtig ihr diese Dinge waren, wie viel Herzblut sie darein investierte, und viele ihrer Überzeugungen hatten sich tatsächlich auch auf Matt abgefärbt. Er würde sich nicht selber den Stempel Veganer oder Vegetarier auf die Stirn schreiben und er würde in seiner Freizeit auch keine Tierrechts-Magazine lesen und sich über diese grauenhafte Welt ärgern, in der so viele Lebewesen leiden musste, aber meistens griff er allein schon aus Gewohnheit eher zu pflanzlichen Lebensmitteln oder rief auch schonmal den Tierschutz an, wenn er irgendwo ein fast verhungertes Nutztier sah. Die Dinge, die Madison wichtig waren, die konnten ihm überhaupt nicht egal sein und deshalb spürte auch er diese rauschende Euphorie, das Adrenalin, als die beiden gemeinsam von der Scheune zurück zum Bus hechteten. Und obwohl er von sich aus Madisons Grenzen zwar nicht so überschritten hätte - nein, auch nicht in betrunkenem Zustand - konnte er doch nicht verhindern, dass dieser unerwartete, unschuldige, ja fast flüchtige Kuss auf einmal seine ganze Welt auf den Kopf stellte. Da waren noch immer so viele Emotionen, so viele Gefühle, die auf einmal wieder greifbar wurden. So viele Erinnerungen, ihre jahrelange gemeinsame Vergangenheit kam da wieder hoch. Die Angst davor, dass Matt sofort an Kilian denken müsste, wenn die beiden einander wieder näher kamen, die fühlte sich mit einem Mal so nichtig und absurd an, denn diese Glücksgefühle, die der Kuss in ihm auslöste, ließen nicht einmal ansatzweise Platz für Zweifel. Madison zu berühren war noch immer genauso erfüllend, genauso aufregend und schön wie damals und obwohl sie sich zwar schnell von ihm wieder zurück zog, obwohl man in ihren Augen sehen konnte wie erschrocken sie selber von sich war, konnte Matt einfach nichts daran als Fehler sehen. Überhaupt nichts. Gerade einmal bis zum Bus konnte er ihr folgen, bevor es ihn erneut übermannte, bevor er ihren Namen aussprach, sie an der Hand aufhielt und sich schon wieder zu ihr beugte, um sie zu küssen. Mitten in der Kälte, im fallenden Schnee, aber auch das spielte gerade keine Rolle. Sehnsüchtig presste er ihren Rücken gegen das Blech des Wagens, er drückte seinen Körper gegen ihren, schloss die Hände um Madisons Gesicht und küsste sie leidenschaftlich, atemlos, immer wieder und immer verlangender, in der stillen Hoffnung, dass sie dasselbe spürte wie er. Dass sie ihn nicht wieder von sich schob, sondern dass sie sich einfach darauf einließ, auf das Gute im Leben. Ohne Ängste und ohne Zweifel vor den Folgen. Ganz kopflos.


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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17.01.2017 14:31
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Madison Lane
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Beitrag #8
RE: ROUTE 66
Schon oft hatte sie versucht so Kopflos zu sein wie Matt, schon oft hatte sie probiert diese positive Einstellung ebenso zu verinnerlichen wie er aber am Ende – war sie das einfach nicht. Madison war anders und auch wenn es ihm in der Beziehung immer wieder gelungen war, ihre Zweifel auszuschalten und ihr die Leidenschaft zu entlocken, die da auch in ihr steckte, basierte das auf etwas anderem. Das basierte darauf, dass sie ihm Vertraute und das sie darauf Vertraute, dass er wusste, was in diesem Moment das beste für sie beide war. Weil die beiden viel mehr ein zusammen dargestellt hatten, als ein einzelnes Existieren. Sie hatten, wie auch in ihrem Freundeskreis öfters angemerkt, etwas so kitschiges Erschaffen und gelebt, was sie nie zugegeben hätten und auch wenn sich dieser Kuss so gut anfühlte, wenn sie aufatmete, schon fast erleichtert, als er ihren Rücken gegen den Bus drückte und sein Körper auf so vielen Stellen des ihren aufkam, dass es ihr Sinne und Geist vernebelte – mehr als jeder Whiskey – die bösen Geister in ihr verstummten einfach nicht. Sie hatte Matt verletzt. Es tat ihm weh sie anzusehen. Er hatte ihr noch nicht verziehen. Alles was heute passierte, würde auch Morgen noch Konsequenzen haben und nur einmal konnte er ihre Fingerspitzen an seiner Wange spüren, so Sehnsüchtig und Liebevoll wie damals, eher Madison wieder die Kontrolle zurück erlangen konnte. Eher genau diese Finger sich gegen seine Brust drückten und sie den Kopf zur Seite drehte, um den Kuss zu beenden. Die blonde Frau hatte gespürt, wie er seine Hände sich von ihrem Bauch nach oben auf ihre Brüste schieben wollten und spätestens da kehrte alles zurück, was sie auf diesen Trip gebracht hatte. Er war nicht dafür hier, er war auch nicht bei ihr, damit die beiden miteinander neben oder miteinander in dem Bus schliefen und so vieles mehr – er war hier weil sie krank war. Weil er sie davon überzeugen wollte, sich von einem Arzt untersuchen zu lassen. Sie selbst ertastete den Tumor täglich, sie wusste wo er saß und sie war auch der Meinung ihn im Spiegel sehen zu können – sie konnte das hier nicht. Es würde sie doch nur noch Sichtbarer für ihn Krank machen. „ Matt – das – das geht nicht. Das ist nicht gut.“ Ihr gelang es nicht einmal ihn anzuschauen und weil Madison in solchen Gefühlslagen wenig Blick für Fakten hatte, dass es viel zu kalt und Nass hier draußen war, begann sie zu Flüchten. Sie verschränkte die Arme vor ihrem Oberkörper, senkte den Kopf und steuerte eine Himmelsrichtung an, die ihr richtig vorkam. Die Kälte und der Regen sollten ihre Gedanken abkühlen, damit sie auch in den letzten Tagen nicht schwach wurde, sich zu etwas hinreißen ließ, was nicht richtig wäre. Schon so oft hatte Matt an ihren Grenzen gekratzt aber das was er versuchte in den beiden zu finden, war nicht mehr da. Was er versuchte, festzuhalten, würde es doch so nicht mehr geben. Wie Jamie würde auch er sich irgendwann damit auseinander setzen, damit Frieden zu finden, dass es nicht mal mehr eine Chance auf die gemeinsame Zukunft gab. Doch als sie so strikt durch den Regen lief, wurde ihre Aufmerksamkeit mit einem Mal unterbrochen. Da war ein Tier, was gequälte Geräusche von sich gab? Je weiter sie kam, desto eindeutiger ihre Vermutung und da war Tatsächlich ein Waschbär, eingeklemmt in einer Falle, sicher schon viel zu lange und versuchte nur noch halb Lebendig sich gegen die Eisenschellen zu wehren. Madison musste nicht lange überlegen um auch im Regen auf die Knie zu sinken und verzweifelt, an allen Stellen auf einmal, zu versuchen zu handeln. Das waren Momente wo sich bei ihr jegliche Logik ausschaltete, was sie in Panik versetzte und sie sogar Hilflos nach Matt rief. Damit er den Überblick behielt, ihr dabei half, mit seiner Körperkraft – die ihr fehlte, während sie das Tier zu Beruhigen versuchte. „ Wir müssen in eine Tierklinik, einen Tierarzt, ich weiß nicht... Wildtierstation.“ Die Fachkundige Ahnung hatte sie zwar aber sie war so aufgebracht und aufgeregt wie selten zuvor. Was, wenn das Tier jetzt hier in ihren Augen sterben würde? Für gewöhnlich war sie ein Mensch der das verstehen konnte aber in diesem Augenblick hatte Madison sogar Tränen in den Augen, dass das Tier es nicht schaffen könnte, das wollte sie nicht wahrhaben.
17.01.2017 22:14
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Matthew Dawson
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Beitrag #9
RE: ROUTE 66
Während Matt und Madison sich küssten, während er seinen Körper gegen ihren presste und zum ersten Mal seit einer Ewigkeit wieder ihre vertrauten Lippen auf seinen spüren durfte, veränderte sich auf einmal so vieles in Matt, das er noch gar nicht bewusst greifen konnte. All seine Zweifel und seine Ängste wurden mit einem Mal hinfällig, der Druck auf seiner Brust ließ urplötzlich nach, denn Kilian existierte dort nicht, in seinem Kopf. Die Sehnsucht nach Madison und die Erinnerung an diese einmalige Liebe war so viel stärker, so viel präsenter, als die Enttäuschung, die Wut und die Trauer, die er glaubte noch immer mit sich zu tragen. In seiner Entwicklung als Hippie erlebte Matt gerade einen Meilenstein, den Haily wahrscheinlich euphorisch jubelnd zelebriert hätte, denn genau in diesem Moment erfuhr er mit eigenem Leib, was ihm so oft gepredigt wurde: Dass Liebe stärker war, als alles andere. Das wichtigste Element des Lebens. Und dadurch erfuhr er auch zum ersten Mal die wirkliche Bedeutung von Vergebung. Die Leichtigkeit, die damit einher ging, wenn nicht nur der Kopf umsetzte, an was man eigentlich so gerne glauben wollte, sondern auch das gesamte Dasein. Sein Herz. Während er ihre warme Haut unter seinen Fingern spürte, während er Madison noch immer küsste, vergab Matt ihr von ganzem Herzen, was damals vor zwei Jahren vorgefallen war. Einfach so. Da war kein Groll mehr in ihm, keine Unsicherheit, kein Misstrauen, keine Angst und auch kein Schmerz, sondern einfach nur diese Liebe und diese Sehnsucht und diese Leidenschaft, die sich so gut, so richtig anfühlte, aber ihm dann viel zu schnell wieder genommen wurde, indem Madison sich unter seinen Berührungen verspannte, kurz darauf schon den Kopf abwendete und sich dann von ihm zurückzog. Matt sprach schon wieder ihren Namen aus, ganz sanft, versuchte noch einmal sie aufzuhalten, aber diese sture Frau war so nicht. Sie ließ sich nicht einfach von ihrem Ex-Mann einlullen, nicht einmal von den schrecklich kalten Wetterbedingungen, sondern entfernte sich mit straffen Schultern immer weiter von dem Bus und damit auch von Matt. Verzweifelt stieß er schon ein tiefes Seufzen in den Himmel, er rieb sich über die kalte, nasse Stirn, unsicher wie er reagieren sollte, aber als er noch dabei war abzuwägen, ob es sinnvoller wäre Madison ein bisschen Zeit und ein bisschen Raum zu geben oder ob er ihr folgen sollte, damit sie zumindest nicht in der dunklen, unbekannten Wildnis irgendwo erfror, hörte er dann auf einmal seinen Namen vom Rande des Waldes und das in solch einer Tonlage, dass er keine Sekunde zögerte, ehe er dem Ruf eilig folgte. Um seine ehemalige Frau dann schon wieder kniend neben einem Tier zu finden, das ganz offensichtlich Hilfe benötigte. "Fuck, was ist denn los heute? Ziehst du den Tod irgendwie magisch an oder so?", plapperte er angespannt vor sich her, kurzsichtig und dumm wie immer, aber Matt verfiel zum Glück nicht in so haltlose Panik wie Madison. Viel ruhiger sank er auf die Knie und zog sich den schon längst völlig durchnässten Pullover aus, um ihn vorsichtig, behutsam über den geschwächten, hilflosen, aber dadurch auch ängstlichen und gereizten Waschbären zu legen. Damit das Tier dadurch ein wenig ruhiger wurde, aber vor allem auch, damit es ihn nicht beißen konnte, während Matt mit ein bisschen Geschick und vor allem viel Kraft die Falle öffnete. Die Pfote des Kleinen war schrecklich in Mitleidenschaft gezogen worden, an einigen Stellen konnte man den Knochen schon erkennen, Hautlappen hingen herunter und weil sie beide keine tierärztliche Vorbildung hatten, um hier vor Ort irgendetwas für den Waschbären tun zu können, half Matt Madison dabei das Tier sicher und fest in den Pullover zu packen, damit es keinen von ihnen angreifen konnte, während sie es zurück zum Bus trugen, um dort in ihren Telefonen nach der nächsten Wildtierstation oder einem Tierarzt zu suchen.


MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK

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20.01.2017 15:44
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Madison Lane
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Beitrag #10
RE: ROUTE 66
Im ersten Moment war da nur Erleichterung und Dankbarkeit, dass er da war, um den Kopf der beiden dazustellen. Matt war Emotional, reißerisch, voller überschäumender Liebe manchmal aber gerade tat er das, was sie nicht konnte. Er behielt den Überblick einer Situation, in der sie viel zu Überfordert damit war, wie viele Emotionen in ihr vorgingen. Vielleicht hätte sie das gekonnt, wenn sie nicht eh schon so durcheinander gewesen wäre, wegen dem, was zwischen den beiden passiert war und wie sie sich dabei Gefühlt hatte – wie sie sich damit jetzt fühlte aber dann – dann sagte er etwas Folgenschweres für sie. Ja, Madison kämpfte nicht und wer nicht gegen Krebs kämpfte, der ließ die Krankheit wüten, bis sie irgendwann das Leben raubte und sie wollte sich darauf vorbereiten. Sie wollte ja sogar ihre Beerdigung planen. Dennoch. Das Wort Tod hatte für sie seid der Nachricht eine Wirkung, einen neuen Sinn, einen Stellenwert. Sie bekam nicht mit, wie sie vielleicht in alles viel zu sehr hineininterpretierte, was sie erwartete und sie bekam auch nicht mit, wie sie das alles noch nicht Ansatzweise verarbeitet hatte. Noch immer redete sie sich ein, er war es, mit seinen Ausbrüchen, Bitten und Vorwürfen, der dafür Verantwortlich war, dass sie manchmal Nächtelang den Himmel anstarrte statt zu schlafen aber Madison war noch lange nicht fertig mit dem Thema. Auch nach der Rettungsaktion wurde sie sich dessen nicht richtig bewusst.
Die beiden schafften das Tier unter Widerstand in den Wagen, sie hielt es auf ihrem Schoß in Schach, während die beiden – berechtigt – darüber nachdachten, wie sie den Weg mit dem Auto zu der nächsten Tierärztin schaffen konnten. Immerhin hatten sie betrunken schon einmal einen Unfall gehabt, wenn auch Inszeniert, wie sie nun wussten aber keiner der beiden wollte das noch einmal erleben oder diese Konsequenzen riskieren. Schnell hatten sie deshalb auch die Wildtierstation ausgeschlossen, die einige Kilometer weiter weg lag als der Tierarzt. Langsam setzte Matt den Wagen in Bewegung, nachdem er sich zu Neutralisierung ein wenig weißes Pulver in die Nase gezogen hatte. Das wirkte gegen den Alkohol und wenn die Polizei sie anhielt, war es ohnehin zu spät. Ihnen blieb auch fast das Herz stehen, als die an ihnen vorbei rauschte aber durch die Tierbefreiung hatten sie unbeabsichtigt wohl auch etwas anderes erreicht – der Streifenwagen schien zu dem Haus zu wollen, von dem sie sich gerade Entfernten. Nervös aber auch erleichternd, mit einem Lächeln, Kopfschüttelnd, sahen sie sich kurz mit großen Augen an. Das Adrenalin in ihnen sorgte dafür, dass sie unter dem Schock gar nicht anders handeln konnten. Madison wollte auch das an sich abschmettern lassen aber dieses Abenteuer sorgte dafür, dass sie sich an so vieles Erinnerte, was die beiden schon durchgestanden hatten. Mit mehr Glück als Verstand.
Die Tierärztin war dann aber wohl etwas Vernünftiger – oder einfach nicht so Tierlieb wie man für den Job sein sollte. Ihr fiel die Fahne der beiden auf, sie fragte auch, wie sie hier her gekommen seien und Madisons Fauchen brachte ihnen keine gute Verhandlungsbasis. Alles wollte sie dem Paar in Rechnung stellen, was den kleinen, armen Kerl anging und es Interessierte sie nicht, ob sie das Tier gefunden hatten und es nicht ihrer war. Viel eher zuckte sie die Schultern und teilte ihnen mit, diese Tiere seien eh Überbevölkert – dann könnte sie ihn auch einschläfern. Madison brachte das so auf, Lautstark brach sie in einen Vergleich zwischen Menschen und Tier aus. Matt sah auch hier viel eher, wie schlecht es für den Geldbeutel der beiden sein könnte, sie weiter Sprechen zu lassen. Lieber handelte er aus, dass sie sich selbst kümmern würden, sobald sie das Nötigste geleistet hätte und Madison verstummte – er hatte ja Recht. Leise Murrend und ergeben Fauchend, weil sie sich so ungern geschlagen gab, warteten sie also bis der Waschbär in einem Zustand war, mit dem sie nun alleine in dem Wagen ausharren könnten. Auch wenn das Tier schlief, machte Maddi kein Auge zu und am nächsten Morgen war sie klammheimlich aus dem Bus verschwunden um in dem Naheliegenden Supermarkt Leckerbissen zu besorgen. Waschbären aßen Fleisch und auch wenn sie selbst es nicht tat, sah man, wie sie in jede Mitgebrachte Köstlichkeit die Tabletten unterzuschmuggeln versuchte. Matt war mittlerweile ebenso erwacht aber sie war ganz fern von Reden, was zwischen den beiden passiert war oder was sie nun verzweifelt versuchen ließ, den kleinen Kerl zu Retten. Was sie dazu trieb noch einmal in den Supermarkt zu laufen, weiteres Fleisch zu kaufen und wieso sie so unermüdlich mit Augenringen dasaß, das Wildtier zu seinem Glück zu zwingen. Immer wieder dachte sie an Matt´s Worte am Abend und als ihr Nervenkleid zu dünn wurde, als ihr die Worte erneut das Herz schwer machten, da sah sie ihn endlich an. „ Es – tut mir Leid. Wir hätten einfach nur tun sollen, was du dir gewünscht hast und dann... hätten wir eine weniger Stressige Woche gehabt.“ Mit weniger Tod - fügte sie in Gedanken hinzu. Nachdem der Blick schon längst wieder auf dem Fellträger lag, der sich ihrer Pflege verweigerte, nuschelte sie hinterher. „ Das gestern war dumm – ich... Kopflos bin ich nicht und ich werde das auch nie sein.“ Das erklärte, ohne das sie es hätte müssen, warum sie gestern übereilig alles zwischen den beiden unterbrochen hatte.
20.01.2017 20:14
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