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COLORADO
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Matthew Dawson
WHERE IS MY MIND?
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RE: COLORADO
So schön es auch war zu beobachten wie die Liebesgeschichte von Madison und mir wieder Freude in Hailys Gesicht zaubern konnte, spürte ich doch durchgehend, dass da etwas tief in ihr saß, das sie beschäftigte, und als sich ihr Blick änderte, als sie mich ansah und um einen Spaziergang bat, stand ich auch ohne zu zögern bereitwillig auf, drückte meiner Frau noch einen Kuss auf die Lippen und verschwand dann mit dem blonden Hippie im dunklen Wald. Ich lief ihr so lange hinterher und redete dabei mit belanglosem, zusammenhanglosem Zeug gegen die Stille an, bis sie sich auf einer Lichtung beim See auf den Boden setzte und in ihrem Schoß einen Joint für uns drehte. Ächzend wie ein alter Mann stützte ich mich auf Hailys Schulter ab, ließ mich schwerfällig neben sie auf den Boden sinken, aber als ich in ihr Gesicht sah und als ich erkannte, wie hart und abwesend ihr Blick auf einmal wieder wirkte, ließ auch ich meine doofen Späße sein und legte lieber behutsam meine Hand auf ihren Rücken, streichelte beruhigend wie ein großer Bruder über ihre Wirbelsäule. Still lauschte ich ihren Worten, hörte mir schweigend an wie durcheinander sie war und dass ihr Kopf momentan nicht die Freiheit finden konnte, die sie sonst eigentlich auszeichnete. Als auch sie verstummte, als sie wortlos nur noch auf den dunklen See blickte, hielt ich noch einen Moment nachdenklich inne, ehe ich etwas näher zu ihr rutschte, um meine Gedanken mit ihr zu teilen. "Weißt du, Haily, ich kenne Chris lange und gut genug, um zu wissen, dass er genau das wollte, was jetzt gerade passiert. Er wollte dich zerstören und wahrscheinlich- wollte er auch das zerstören, was du mit Aiden hast. Ich weiß nicht genau warum, ich weiß nicht, was ihm durch den Kopf gegangen ist, aber- ich glaube er empfand immer Freude daran, dass andere Menschen leiden." Vorsichtig löste ich meine Hand von Hailys Rücken und griff stattdessen mit sanftem Druck nach ihren Fingern, während ich sie gleichzeitig eindringlich von der Seite ansah. "Lass das nicht zu. Gib ihm nicht die Macht über dich, okay? Du hast so in gutes Herz, Haily, das darfst du dir von ihm nicht nehmen lassen." Liebevoll, ermutigend hob ich ganz schwach meine Mundwinkel an. "Und wenn ich in den vielen, vielen Jahren, die ich jetzt schon lebe, noch etwas gelernt hab, dann dass schlimme Dinge passieren. Jeden Tag. Versteh mich nicht falsch, ich wünschte das wäre dir nicht passiert, Kleines, ich wünschte du hättest das niemals durchstehen müssen, aber- ohne Schmerz und ohne Enttäuschung und Angst könnten wir das Gute niemals so richtig schätzen lernen, oder? Auch deine Welt kann nicht immer nur bunt und schön sein, Haily, die Frage ist- was du daraus machst. Lässt du das einfach zu? Oder hältst du an all dem Guten fest, das es trotzdem noch gibt? An all dem Guten, das es mit Sicherheit auch in Aiden gibt?" Nachdem ich monatelang wegen Madison so gelitten und doch nicht aufgegeben hatte, wusste ich wie kostbar es war glücklich zu sein. Die Zeit, die ich jetzt gerade mit meiner Frau verbrachte, und die Liebe, die ich mit ihr austauschte, die fühlte sich umso berauschender und noch schöner an als vor ihrem Unfall. Weil ich jetzt wusste, dass es nicht selbstverständlich war. "Willst du mir erzählen, was genau passiert ist? Bei dem Konzert? Und auch- was Chris dir angetan hat? Oder lieber nicht?" Es konnte helfen darüber zu reden und obwohl Summer mir alles gesagt hatte, was sie wusste, gab ich Haily die Chance es selber noch einmal auszusprechen.
MATTHEW NICHOLAS DAWSON # 39 YEARS OLD # HIPPIE PUNK
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10.08.2016 14:22 |
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Haily Stone
WON´T EVER LET YOU GO.
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RE: COLORADO
Nach seinen aufrichtigen und lieben Worten, sah Haily gar nicht mehr lange in die Ferne sondern sofort in Matt´s Gesicht und das schelmische Schmunzeln ließ sich kaum verbergen, als sie ihm durch das Haar wuschelte, um sich danach katzenartig an seiner Schulter zu reiben. Haily würde es nie verlernen, auch in Momenten wie diesen auszuleben, was andere immer nur in ihren Köpfen durchlebten – weil es unpässlich war oder nicht in eine Gesamtsituation passte. „ Du bist wie der Drache in Eine unendliche Geschichte, wenn du mit Madison auch mal so ein irres, altes Hippie-Paar bist, dann mag ich, dass deine Haare verwildert, lang und grau sind und dich alle nur Fuchur nennen. Wehe du vergisst das, ich hab es nicht so mit dem Gedächtnis.“ Die Vorstellung an sich war schön und als der Joint glühte, rollte sie sich halb an Matt´s Seite zusammen und zog sich mit dieser bildlichen Vorstellung ein wenig aus dem hier und jetzt. Manchmal brauchte man das, wenn man so düsteren Gestalten begegnete, wie Chris es wohl gewesen war. „ Weißt du Matt, ich hab kein Problem damit, dass das Leben mal scheiße läuft und das Dinge einen verletzen. Ich kenne das, ich mag auch diese Gefühle aber das kann ich nicht... ich kann es nicht zuordnen. Ich weiß nicht mal, wie ich mich gefühlt hätte und ich versuche das... irgendwo in mir zu finden. Wie ich darüber denke. Das mag zwar keiner so sehen aber... wenn es nicht gerade um Gus, beziehungsweise William und Chas geht... habe ich auf alles in mir eine klare Sicht in mir drin. Die wenigsten Leben das so aus wie ich, deswegen kann man sagen, ich bin ein bisschen bescheuert oder wirr im Kopf aber so ist es nicht und das bereitet mir Probleme. Immer wieder werde ich daran hängen bleiben, wenn ich die Schachtel nicht aufmachen kann, indem das nun schlummert aber das tut auch ganz schön weh. Sich selbst zu verletzen, dass liegt mir nicht. Ich mag ja noch nicht mal grob angefasst werden aber das hier ist wie... als würde ich meine Seele freiwillig in einen Boxkampf schicken und ich bin nicht besonders trainiert.“ Ihre Vergleiche schienen wieder so Realitätsfern aber auf der anderen Seite gab sie allem diesen bildlichen Charme, der sie auszeichnete, um anderen begreiflich zu machen, wie es in ihr aussah. Da aber auch Haily immer der Meinung war, Reden half, reichte sie ihm den Joint, bettete sich so halb an seiner Schulter und nickte, kaum merklich. „ Ich erzähle dir, was passiert ist – nur so kann ich... da vielleicht einen neuen Ansatz finden, der mir hilft. Apple und ich, die Tochter von Chris und ich, wir waren... sind... Freundinnen. Ich weiß nicht wo sie ist und ich konnte sie nicht finden. Da Chris so streng war, war ich oft bei ihnen daheim... da dachte ich schon, er hat diese... Aura. Wie Rotkäppchen bei dem bösen Wolf gedacht hat, Achtung, der ist nicht gut, war das bei ihm auch aber ich mag ja auch nicht... voreilig sein. Er hat... wegen Lucy, der Exfreundin von Aiden ein Problem... er hat... sie umgebracht. Ich weiß nicht viel mehr als das, was ich sage aber allem Anschein nach hast du auch deine Erfahrungen mit Chris gemacht und er... Rächt sich wohl an den Menschen, die ihm Unrecht getan haben... über jegliches Maß hinaus und auch wenn die ihm nichts getan haben. Er wusste also irgendwie das ich die Freundin... was auch immer... von Aiden bin und als ich Nachts bei Apple wach war, hat er mit mir gesprochen. So auf einmal. Dann war ich... weg. Dachte ich wäre eingeschlafen, als ich am nächsten Tag auf dem Sofa wach geworden bin. Aiden hat mich abgeholt, er war schon so komisch – irgendwie hatte ich Bauchschmerzen, ich wusste nicht woher aber er schon. Weißt du woher? Chris hat... hat Aiden zusehen lassen. Was er mit mir gemacht hat. Ich denke er wollte, dass Aiden mir das sagen muss aber er hat es nicht. Er hat mich nur zum Arzt begleitet, alles checken lassen... was hätte passieren können aber er wollte... konnte mir das nicht sagen. Ich finde das gut, das zeigt ja, wie lieb Aiden mich hat und das... er ist kein schlechter Mensch. Mürrisch und ungerechtfertigt gemein aber nicht böse. Apple durfte mit auf ein Konzert von Aiden, ich habe fürchterlich dafür herum gejammert und sie hat sich so gefreut. Eigentlich fand ich gut, dass Chris dabei ist damit er sieht, dass wir keinen Unfug anstellen... damit er Apple mehr Vertraut und dann habe ich mir gewünscht, ich hätte das niemals organisiert. Als Aiden auf der Bühne war, hat Chris mit mir gesprochen und natürlich... ich denke... auch wegen der Drogen und dem Adrenalin, was weiß ich... er ist durchgedreht. Er hat ihn mit seinen... Fäusten erschlagen.“ Ihr wurde so übel dabei, das zu erzählen, dass sie sich würgend im Waldboden abstützen musste und sich danach aufsetzte. Das knurrende zetern war dabei ihren Bauchschmerzen zur Last zu legen. „ Als ich Aiden im Gefängnis besucht hab, hab ich ihn mehr oder minder dazu gedrängt, mir zu sagen... was da los war. Er hatte Chas damit beauftragt mich dahin zu bringen, zu ihm und... Chas... war wirklich für mich da. Wie ein großer Bruder.“ Haily redete von dem schönen, um auch bei gequälter Stimmlage und unter dem Schmerz weiter reden zu können. „ Aiden hat mir da... da erst gesagt, dass er gesehen hat, wie Chris mit mir geschlafen hat, obwohl ich... ich betäubt war? Er hat... mich einfach betäubt und dann mit mir geschlafen.“ Sie nannte das nicht Vergewaltigung, irgendwo passte das gar nicht in ihren Wortschatz, auch wenn jeder andere das so nannte. Denn was für sie wichtig war, er hatte mit ihr geschlafen, während sie nicht in ihrem Kopf oder Herz anwesend war. „ Wie kann man sowas tun? Wie kann man dabei überhaupt Lust haben und wie kann man so grauenvoll sein? Ich kann viele fetische verstehen, ich gebe mir sogar Mühe zu Begreifen, warum Aiden Schmerz mit Sex verbinden kann aber das? Matt, das ist so ekelhaft und das ist so... Menschen und Seelenverachtend. Wie kann jemand so böse sein? Wie kann man einen Körper so benutzen? Das macht mich so traurig, so sauer, so verzweifelt und ja, die Welt darf mal scheiße zu mir sein und blöd und wegen mir auch schwarz und weiß aber das? Das ist doch mein Körper? Meiner ganz alleine. Ich will weg laufen aber das sind... sind so Sachen wie damals mit William und Chas, davor kann man nicht weg laufen. Außerdem ist da Aiden und er hat das nicht verdient... aber war das okay? Verdient jemand den Tod deswegen? Keine Ahnung, wie ich das zusammen puzzlen soll und wo und wie und wann, wie lange das dauert. Darf ich mir die Zeit überhaupt nehmen?"
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11.08.2016 00:09 |
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Matthew Dawson
WHERE IS MY MIND?
Beiträge: 229
Registriert seit: Jun 2015
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RE: COLORADO
Ganz still und ruhig saß ich neben Haily während sie redete, streichelte ihr nur ab und zu behutsam über den Rücken oder ihre Schulter und nutzte die andere Hand dazu, um in regelmäßigen Abständen den Joint an meine Lippen zu führen und tief den Rauch in meine Lungen zu inhalieren. Mehrmals zog sich mein Körper ein wenig zusammen und mein Blick verlor sich auch nicht nur einmal starr irgendwo in der Dunkelheit, weil ich kaum fassen konnte, was diese liebenswerte, herzensgute junge Frau da neben mir noch einmal in ihren ganz eigenen Worten berichtete. So detailliert hatte Summer das natürlich nicht getan und mit diesen wirren Gefühlen und Gedanken, die Haily dazu empfand, wurde es noch einmal ganz anders belastend sich diese Dinge anzuhören. Das erinnerte mich an Lahja, an das Leid, das sie wegen Chris durchstehen musste und mit dem sie jetzt auch immer noch zu kämpfen hatte. Genauso wie es mich an Madison erinnerte, daran, wie sie nach ihrem Gedächtnisverlust auf einmal doch wieder bildlich vor Augen sah, was dieser schreckliche Mann mit ihr getan hatte. Es schmerzte auch jetzt noch in meiner Brust, wenn ich daran dachte, und obwohl ich nach Hailys vielen Fragen ein paar Sekunden verstreichen ließ, in denen ich versuchte meine Gedanken zu ordnen, sah ich sie danach ganz entschlossen und sicher an. "Ich glaube es liegt nicht an uns zu bewerten, ob jemand den Tod verdient oder nicht. Ich weiß nicht, was in dem Leben von Chris passiert ist und ich weiß nicht, warum er so grauenvoll war, aber- ich weiß, dass meine Welt ein besserer Ort ist, wenn er nicht mehr lebt. Deine auch. Und auch die von Aiden. Es ist mit Sicherheit nicht einfach okay, was Aiden getan hat, das darf es auch nicht sein, aber- ihn macht das nicht zu einem schlechten Menschen. Ich denke- rechtlich gesehen wird er die Konsequenzen für sein Handeln spüren müssen, das weiß er mit Sicherheit auch, aber- emotional solltest du dich nicht davon beeinflussen lassen, dass er etwas getan hat, das eigentlich als falsch gilt. Er hatte seine Gründe und- ich kann sehr gut nachempfinden, dass er die Kontrolle über sich verloren hat." Wenn vor ein paar Monaten niemand Kilian zurückgehalten hätte, dann wäre Chris jetzt vielleicht schon tot. "Wichtig ist jetzt erstmal, dass du dich selber wieder ordnest, glaube ich. Und ja, Haily, du darfst dir dafür so viel Zeit nehmen wie du brauchst. Du darfst egoistisch sein und du darfst auch verwirrt sein. Ich denke es ist gut und richtig, dass du hier bist und dass du hier zur Ruhe kommen kannst und von niemandem abgelenkt wirst. Versuch deine Gedanken zu ordnen und versuch deine Gefühle zu fassen und wenn du Hilfe dabei brauchst, dann sind wir da. Okay? Ich bin für dich da, wann immer du möchtest, und Madison auch. Vielleicht solltest du- du solltest in den nächsten Tagen vielleicht mal mit ihr ein bisschen wandern gehen und reden und- ihr auch erzählen, was passiert ist. Ich glaube das könnte dir helfen." Ohne in den Mund zu nehmen, dass Madison etwas Ähnliches durchstehen musste, nickte ich ihr ermutigend zu. "Und du darfst kindisch mit Jamie sein, wenn du das möchtest, und- und ich denke es könnte dir auch helfen, wenn du mit Gus redest. Er wird wahrscheinlich seine Zeit brauchen, aber- er hat ein gutes Herz und er ist ein guter Mensch. Das habt ihr gemeinsam." Wieder lächelte ich Haily sachte zu und streichelte noch einmal über ihren Rücken. "Du schaffst das und du wirst deinen Weg finden, damit umzugehen. Ganz sicher. Und du hast ganz viele Menschen in deinem Leben, die für dich da sind, wenn du doch mal verzweifeln solltest."
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11.08.2016 18:04 |
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Haily Stone
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RE: COLORADO
Matt´s Worte verschafften ihr zumindest ein wenig die innerliche Ruhe, nach der sie sich sehnte. Haily war in Ausnahmesituationen immer alleine geflohen aber als Summer sie gestern zu ihr gelegt hatte, ihr wie eine Mutter, die ihr natürlich manchmal fehlte, durch das Haar gestreichelt hatte, hatte Haily erkennen können, dass diesmal alleine sein nicht der richtige Weg war. Zum Glück hatte sie nie etwas von festen Regeln oder Mustern gehalten sondern Intuitiv gehandelt, was am besten war und das hier war es. Chas hatte sie das erste Mal von sich aus in den Arm genommen aber in seinem Bauch war so viel Wut. Matt war wie die weiche Seite davon, denn auch wenn sie spürte, wie er sich anspannte, setzte er darauf, mit Worten weiter zu kommen. „ Danke – für alles. Das du mir ein bisschen sagst, wo es hingehen soll, dass brauche ich gerade. Chas kann... das gerade nicht, er ist... er hat mich das erste mal geknuddelt...“ Und darüber musste sie grinsen. „...aber er kann das nicht so Zulassen. Ich kann im Moment nicht alleine sein und Aiden... Aiden hat das auch noch nicht verarbeitet und ich kann nicht so oft bei ihm sein, wie ich das brauche, damit er mir hilft und in dem Haus... ich fühle mich eingesperrt.“ Haily sah in den Himmel, ihre Seele brauchte nun einmal jetzt unendliche weiten und Eindrücke um damit fertig zu werden, um sich neu zu Erfinden. Was ein Glück, dass sie das Jahrelang geübt hatte. Nur eines würde sie nicht können und das war es auch, was sie daran Zweifeln ließ, ob sie hier lange bleiben könnte – sie ahnte ja nicht, dass die betroffene Person mit einem Ohr mitanhörte, was aus ihrem Mund kam. „ Ich werde mit Madison wandern gehen, total gern auch ein paar Tage und das ist auch mega lieb von euch, dass sind eure Flitterwochen aber ich kann mit W... mit Gus jetzt nicht Reden. Das wird mir zu viel. Es ist okay, dass er gegangen ist und ich kann das verstehen aber Jamie und er sind doch so niedlich verliebt. Sie guckt ja jetzt schon andauernd, wo er sich hinter einem Baum verstecken könnte und ich bin die letzte, die ihr das wegnehmen kann. Ich werde ihr auch nicht alles sagen, was passiert ist – ich bin ja froh, dass der kleine Angsthase mal über seinen Schatten gesprungen ist.“ Mir einem zarten Lächeln zwinkerte sie Matt zu, wie viele, blöde Ideen sie schon gehabt hatten, sie aus der Reserve zu locken aber mit einem guten Hintergrund und jetzt hatte Jamie das ganz allein hinbekommen. Mit Gus. „ Wenn die Stimmung also zu blöd ist, wenn wir uns über den Weg laufen, dann wandere ich sonst etwas allein weiter. Aber pssst, Chas setzt die Hälfte seiner Belegschaft hier in den Wald, wenn er davon Wind bekommt. Wegen mir treib ich ein Handy auf, was ich dann mitnehme, um mich melden zu können aber ich kann jetzt nirgendwo sein, wo... ich mich nicht vollkommen gut fühlen kann. Mein Geist besteht aus ganz vielen Schubladen, wie das immer in den Comics zu sehen ist und die muss ich Glaube ich alle sortieren und dazu muss ich frei sein. Wenn etwas dazu kommt, was durcheinander anrichtet, finde ich nachher nichts wieder.“ Und weil der Vergleich schön war und weil Matt wusste, er konnte sie nicht davon abbringen, zu tun, was für sie richtig war, konnte sie sich danach entspannt dem Joint widmen und erzählte lieber von Aidens und ihrer Geschichte. Von dem Zusammenkommen, davon, wie sie ihn abgewiesen hatte, welche süße Sternenhimmel Idee er danach hatte und wie die beiden auf einem Rave waren. Haily konnte die Liebe in den schillernsten Farben beschreiben und sie spürte, wie gut es ihr tat, über dieses Gefühl zu Reden. Ganz aus dem Zusammenhang erzählte sie dann von ihrer Pilgerreise in dieses Hippie-Dorf und wie sie sich wie ein Haustier bei dem Ehepaar eingenistet hatte und Matt und sie konnten tatsächlich des öfteren Lachen – wenn auch noch immer anders.
Unheimlich spät erst kamen sie zu dem Platz zurück, wo Bus und Zelte standen und an dem noch ein Feuer brannte. Madison legte ihre Hand liebevoll auf Matts Schulter und fuhr über seinen Nacken, als er wieder angekommen war und probierte stillschweigend, etwas von seiner Last zu nehmen und das auch noch, als die beiden sich schlafen legten. Unheimlich oft und zärtlich Küsste sie ihn in kleinen Abständen und es war auch absolut okay, dass er es an diesem Abend war, der seinen Kopf auf ihrer Brust bettete und so Sicherheit erfuhr. Das es keine Rollen und keine Scham gab, dass war es, was sie auch an ihm liebte und endlich ließ sie das alles wieder zu.
Jamie und Haily saßen noch eine Weile an dem Feuer. Haily spürte, es waren ein paar Dinge, die Jamie ihr nicht sagen wollte und andersherum war das genauso aber beide setzten sich nicht die Pistole auf die Brust. Beide konnten ahnen, es war zum Schutz des anderen – Haily sollte kein schlechtes Bild von Chas haben, in Jamies Augen und das Hippie-Mädchen fand, sie musste Jamie nicht noch mehr von den Abgründen der Welt erzählen, wenn sie doch gerade so schön dabei war, diese zu Erkunden. Haily neckte Jamie lieber etwas mit ihren roten Wangen, passend zur Haarfarbe, wenn sie stichelte, wie denn nun der Abschlussball in Love ausgegangen war aber am Ende drückte sie sie feste, um ihr zu sagen, wie cool es war, dass sie nun keinen Wert auf ihre Schulkameraden legte. Denn das mit Nate, dass erzählte Jamie dann doch und das sie mit Gus einen guten Menschen gefunden hatte, konnte sie ihr auch sagen. Sie spürte doch, dass das schüchterne Ding sich schlecht fühlte, wenn sie durch die Gegend starrte um nach ihrem ersten Freund zu suchen. „ Jetzt schlaf gut und wenn ich weg bin, kommt er wieder. Er ist ja nicht wegen dir weg. Suchen kannst du ihn eh nicht, wir sind wohl alle in der Familie absolute Künstler darin, uns aus dem Staub zu machen und unsichtbar zu sein, wenn wir das wollen - aber diesmal kommt er wieder.“ Haily täuschte zumindest an, sich auch in dem aufgebauten Zelt schlafen zu legen. Jamie hatte ihr einen Platz angeboten aber sie hatte lachend abgedankt, wenn ihr Zwillingsbruder sich auch noch aus versehen auf sie fallen lassen würde, dann würde er sicher einen Herzinfarkt bekommen – nicht das diese Situation andersherum, in dem Haus in San Francisco, schon vorgekommen war.
Der kleine, blonde Hippie nutzte die Ruhe, um sich Abseits auf einen Stein zu setzen, die Beine anzuwinkeln und einfach in die Nacht zu starren. Dabei kamen ihr mal die Tränen und mal Lächelte sie zart, in ihren Fingern drehte sie eine Muschel. Die, die ihr William damals gegeben hatte, die hatte sie damals bei Gus im Zimmer auf den Boden geworfen aber es hatte ihr danach gefehlt, sich daran zu halten. Die Muschel, die sie nun hatte, die war zwar leer aber das war Symbolisch irgendwie dafür, dass Gus sie und alles aus seinem Leben gelöscht hatte... was blieb war die Geste von damals, er hatte zumindest gewollt, dass diese Muschel sie immer schützte und das nahm man ihr nicht weg. Ihren Bruder jetzt vielleicht schon aber nicht das, was damals geschehen war.
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11.08.2016 22:40 |
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Gus Evans
REVOLT, REBEL, RESIST!
Beiträge: 165
Registriert seit: Jun 2015
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RE: COLORADO
Als ich an diesem Morgen aufwachte, eng an Jamie gedrückt, da fühlte sich meine Welt an wie aus Watte und Wolken mit einem rosafarbenen Himmel über uns. Weich und wunderschön. Die Liebe, die ich für sie empfand, hatte ganz neue Dimensionen angenommen und obwohl ich es mir in der Nacht nicht gelungen war diese drei besonderen Worte zu wiederholen, die sie mir in ihrer Ekstase ins Ohr geflüstert hatte, spürte ich doch tief in mir, dass es so war. Ich liebte sie. Sie machte meine Welt zu einem besseren Ort. Sie gab meiner Existenz einen Sinn und eine Perspektive und obwohl das schon lange so war, hatte ich es noch nie so intensiv gespürt wie in dieser Nacht. Ich liebte sie wirklich und das Lächeln dieser Emotion, ebenso wie die innere Ausgeglichenheit, die damit einher ging, die ließ ich mir nicht nehmen. Nicht von Matts dummen, neckischen Sprüchen am nächsten Morgen, auch nicht von Madisons wissenden Blicken und schon gar nicht- schon gar nicht von Haily. Ich durfte mir das nicht von ihr nehmen lassen! Als Matt uns damit konfrontierte, dass meine Schwester am Abend hierher kommen würde, war meine erste geschockte Reaktion deshalb auch, dass ich schnell mein Zelt zusammen räumen und von hier verschwinden wollte, aber ich hatte diesen Wunsch noch nicht einmal ausgesprochen, als Jamie neben mir schon in verzückte Vorfreude verfiel. Viel zu lange hatte sie ihre Freundin nicht mehr gesehen und es schien so als wäre eine überstürzte Flucht gar keine Option für sie. Und damit auch nicht für mich. Ich fühlte mich nicht gezwungen hier zu bleiben, niemand drängte mich dazu, keiner redete auf mich ein und ich war mir auch fast sicher, dass Jamie es verstehen würde, wenn ich unter den Umständen für ein paar Tage alleine verschwand, aber das wollte ich nicht. Ich wollte nicht ohne meine Freundin sein, vor allem nicht jetzt. Ich wollte Zeit mit ihr verbringen und über das ganze Gesicht strahlen, ich wollte glücklich sein, verliebt sein und das war so viel wichtiger, als Haily. Das war wichtiger, als alles andere. Das wurde mir nur noch mehr bewusst, als ich am Nachmittag dann doch für eine Stunde verschwand, um alleine durch den Wald zu laufen und meine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Haily war nicht wichtig, Chas war auch nicht wichtig, ich wollte meine Entscheidungen nicht mehr von ihnen beeinflussen lassen und obwohl ich vor dem Wiedersehen mit meiner Schwester noch immer merklich angespannt war, nahm ich mir vor, ihr nicht so viel Einfluss in mein Leben zu gewähren. Sollte sie halt auch hier sein, das war mir egal. Ich musste ja nicht mit ihr reden.
Erst am Abend, als wir Geräusche hörten und dann kurz darauf tatsächlich Haily hinter dem Bus von Matt und Madison auftauchte, wurde mir schlagartig bewusst, dass das alles nicht so leicht war. Ich konnte nicht einfach entscheiden, dass ich mich nicht für sie interessierte, und dann war das so. Das ging nicht. Sie war meine Schwester, mehr als das. Meine Zwillingsschwester. Wir waren nebeneinander in dem Bauch unserer Mutter zum Leben erwacht und dieses unsichtbare Band, das man damit um uns gelegt hatte, das wäre immer irgendwie da. Haily wäre immer irgendwie ein Teil von mir und das spürte ich so deutlich und schmerzhaft, als ich in ihre traurigen Augen blickte, dass mir gar nichts anderes übrig blieb, als mich umzudrehen und zu gehen, weil diese Emotionen mich maßlos überforderten. Ich wollte mich nicht um sie sorgen, ich wollte ja nicht einmal über sie nachdenken, verdammt, und wie so oft resultierte das darin, dass ich mich körperlich einfach von der Situation distanzierte. In der Hoffnung, dass meinem Kopf dasselbe gelang. Erfolglos. Eine Zeit lang stromerte ich ziellos durch den Wald, so als wäre die Chance das traurige Gesicht meiner Schwester endlich zu vergessen mit jedem Schritt größer, den ich ging, aber als ich am See ankam, da war keine einzige meiner Sorgen verschwunden. Ich fühlte ihre Last noch immer auf meinen Schultern. Ohne zu wissen was genau ihr passiert war, spürte ich Hailys Schmerz und weil Bewegung anscheinend nicht half, kletterte ich auf einen der Bäume, setzt mich dort oben auf einen starken, dicken Ast und atmete mehrmals tief durch. Die Sonne ging gerade über dem Wald unter, das Wasser vom See glitzerte zwischen den übrigen Baumkronen hindurch und der Schönheit dieser Landschaft gelang es tatsächlich mich für einen Moment abzulenken, aber auch das war nicht von Dauer. Sollte ich mit meiner Schwester reden? Sollte ich sie fragen was los war? Würde mir das helfen? Soll ich doch weglaufen? Sollte ich Jamie hier zurücklassen? Die Fragen waren so drückend und penetrant, dass ich kaum mitbekam wie sich irgendwann leise Stimmen näherten und erst als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung in den Büschen beobachtete, fiel mir auf, dass ich nicht mehr allein war. Haily und Matt. Zusammen. Scheiße. Mein Herz raste auf einmal, viel zu schnell, und panisch sah ich um mich, auf der Suche nach einem Ausweg, aber wenn ich jetzt hier vom Baum herunter kletterte, dann würden die beiden mich ohne Zweifel sofort bemerken. Und dann würde ich auch mit meiner Schwester reden müssen. So weit war ich noch nicht, das wollte ich noch nicht, stattdessen zog ich also meine Schultern hoch, machte mich dort oben so klein wie möglich, presste meine Kiefer aufeinander und hoffte, dass sie einfach schnell wieder verschwanden. Ich fühlte mich unwohl, wenn Haily hier war, ihre Nähe erinnerte mich an alles, was ich doch jetzt gerade versuchte hinter mir zu lassen, an all den Schmerz und die jahrelange Ungewissheit, und das war so drückend unangenehm, dass ich irgendwann sogar die Augen schließen musste, in der Hoffnung, dass ich sie dadurch ausblenden konnte, aber auch das war nicht von großem Erfolg. Vor allem dann nicht, als das Gespräch dort unten auf einmal ernster wurde. Als Haily, ausführlich und detailliert, beschrieb, was ihr passiert war. Und ich, ich saß nur dort oben, hörte jedes Wort mit an, und war gleichzeitig dem Leid völlig ausgeliefert, das damit einher ging. Denn alles, was meine Schwester durchlebt hatte, spürte ich so viel intensiver, als Matt oder Jamie oder Madison es je könnten. Ich spürte es so als wäre es mir selber geschehen und ich konnte nichts dagegen tun, als einfach dort oben zu sitzen und es auszuhalten. So lange, bis die Stimmen unten versiegten, bis Matt und Haily aufstanden und gemeinsam wieder im Wald verschwanden. Erst da wagte ich es mich zu bewegen und ganz langsam wieder nach unten zu klettern, um meine müde gewordenen Glieder anzuregen. Was sollte ich denn jetzt tun? Wie sollte ich damit umgehen? Ich hatte doch genau gehört, dass meine Schwester nicht einmal mit mir reden wollte. Dass sie sich nicht auch noch mit mir auseinander setzen konnte. Sie wollte kein Chaos, kein Durcheinander, keinen Stress, das alles würde ihr jetzt gerade den Rest geben, und weil mich das mal wieder vor eine riesige Ungewissheit stellte, lief ich schon wieder ziellos durch die Dunkelheit. Ich lief in die Richtungen, die sich richtig für mich anfühlten, ohne genau zu wissen, wo ich war, bis ich irgendwann, viel später, das flackernde Lagerfeuer unseres Camps vor mir erspähte und erschrocken stehen blieb. Haily würde mich zwischen den Bäumen nicht erkennen, aber ich sah sie ganz deutlich, dort im Schein des Feuers, und beobachtete sie auch so lange, bis ich unsicher und vorsichtig auf sie zuging. Weil es sich richtig anfühlte das zutun. Mein ganzer Körper war angespannt, ich hatte meine Schultern hoch gezogen und schlug auch sofort den Blick nieder, als sie letztendlich ihren Kopf hob, um mich anzusehen, aber trotzdem ging ich weiter. Bis ich vor ihr stehen blieb und mit einem schwachen Nicken neben ihr auf den Stein deutete. "Darf ich- mich zu dir setzen? Oder möchtest du lieber allein sein?"
AUGUSTUS EVANS # 25 YEARS OLD # HOMELESS
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14.08.2016 17:14 |
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Haily Stone
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RE: COLORADO
Es war nicht so, dass Haily einen Groll gegen Gus hegte. Er tat Jamie gut, er schien ein netter, junger Mann geworden zu sein und irgendwo beruhigte sie das. Auch das er so eigen war, dass sie sich in seinem handeln wiederfand, war Haily im Grunde ihres Herzens, enorm wichtig zu Wissen. Das er sich hier nicht Blicken ließ, dass er sich den Abstand nahm, den er wollte und brauchte – wer könnte denn das besser Nachempfinden als sie? Manchmal bildete sie sich ein, zu Wissen und auch zu Fühlen, was er fühlte. Die beiden waren Zwillinge und egal wann und wie sie getrennt wurden, egal welche Geschichte jeder für sich erlebt hatte, war es schön, sich dort zu finden und gerade Zwillingen gelang es dadurch, sich nie so gänzlich alleine zu fühlen. Wäre Gus nun so geworden wie Chas, würde in ihm genau derselbe Hass leben und diese Kälte, sie wüsste nicht, wie sie damit umgehen hätte sollen. Nein, eigentlich sollte sie ihm wohlgesonnen sein und sich eventuell auch um Kontakt bemühen, das Gespräch suchen. Wenn da nicht diese verletzten Gefühle wären, denn im Gegensatz zu ihm, hatte sie ihn nie vergessen. Mehr noch, sie hatte ihn ihr Leben lang bei sich getragen und auch wenn die Hoffnung, ihn noch einmal sehen zu können, fast erloschen war und Haily immer Abschlüsse mit Menschen suchte, die ihr das Herz schwer machten, war er in ihrer Erinnerung und damit auch in Herz und Seele vertreten gewesen. William hatte sie aber einfach aus seinem Leben ausgelöscht, all die schönen Erinnerungen und gemeinsamen Schandtaten existierten für ihn nicht und er wollte sie auch nicht. Er wollte sie nicht in seinem Leben und aus Schutz, machte sie ihm daraus einen Vorwurf und wollte ihn ebenso wenig in ihrem. Haily wollte nicht in die Richtung denken, dass sein Geist ihn vor den schlimmen Erfahrungen in der Kindheit schützte und das es nichts mit ihr zu tun hatte, dass die Erinnerungen fehlten. Lieber wollte sie sich daran klammern, dass er sie im Stich gelassen hatte – wie sie das auch bei Chas zu beginn getan hatte. Bei Gus klappte es nur besser, sie wusste nie genau, wo er war und wenn die beiden aufeinander trafen, waren sie wie gleich gepolte Magneten – sie flüchteten in verschiedene Himmelsrichtungen und bei Chas war das anders gewesen. Sie hatte ihn immer vor der Nase, wusste, wo sie ihn finden und zu Beginn auch provozieren konnte und machte das, was eine kleine Schwester eben am besten konnte. Sie zankte ihren großen Bruder, weil er gemein zu ihr gewesen war. Ohne sein Auto in den Sand gesetzt zu haben, im wahrsten Sinne des Wortes, hätten die beiden ja auch nie einen Weg gefunden, miteinander zu Reden – oder eher Chas hatte diesen Weg gefunden. Jetzt war sie froh, ihn zu haben aber das machte den Verlust von William in ihrem Leben nur noch deutlicher. Haily hatte schon als Kind immer alles und jeden gekuschelt und Liebe versprüht aber auch intensiv gefühlt. Ihre beiden Brüder waren ihr heiligstes Gut in dem schwierigen, gewaltsamen, familiären Umfeld und ein Teil war in dieser Zeit geblieben, als noch alles gut und die drei zusammen gewesen waren.
Das machte ihr aber natürlich auch zu schaffen, denn auch wenn Gus nicht körperlich hier war – er tauchte in Jamies Erzählungen auf, sie blieb mit den Blicken an alltäglichen Sachen von ihm hängen und sie spürte seine Anwesenheit und das er sich nicht gut fühlte, nur weil sie hier war und das tat ihr Leid aber das Schmerzte auch. Sie würde nie darauf kommen, dass er sich Gedanken um sie machte. Wie denn auch, nach den letzten, impulsiven Treffen? Sie Glaubte eher, es ginge um Jamie, als er, wie aus dem Nichts, auf sie zusteuerte und mit gesenktem Haupt erfragte, ob er sich setzen konnte. Haily haderte tatsächlich etwas, denn ein Streit oder weitere, innere Seitenhiebe, die würden gerade unglaublich viel Schaden in ihr anrichten. Sie fühlte sich innerlich Schutz- und Waffenlos aber als sie die Muschel mit den Fingern umschloss, damit er sie nicht sehen konnte, Beschloss sie kurzerhand etwas anderes, als ihn weg zu schicken. „ Nein... setz dich... dich ruhig.“ Noch eher er dann aber Ansetzen konnte, ihr eventuell mit Worten weh zu tun, tat sie, was sie immer schon gut konnte – Reden. „ Es tut mir Leid, dass ich einfach hier her komme und dein Umfeld stürme. Das ist bestimmt nicht schön und... wäre das nicht Notwendig gewesen, hätte ich es auch nicht gemacht. Ich will dir Jamie oder auch Matt und Madison gar nicht weg nehmen und ich will dich nicht vertreiben oder dir das Leben schwer machen, Jamie ist über beide Ohren in dich verliebt und hat heute hinter jedem Baum gehofft, dich zu finden. Ihr habt beide nicht verdient, dass ich euch dabei störe und euch das streitig mache, das auszuleben, Verliebt sein ist Klasse. Ich musste nur irgendwo hin und kurz ankommen, ich gehe Morgen wieder weg – vielleicht... vielleicht schaffst du es ja, solange nicht wieder zu gehen aber Jamie kann das nachvollziehen. Ich wollte nur, dass du das weißt und das ich das nicht Absichtlich gemacht hab, um dich zu Ärgern oder zu verjagen. Das... die... Chas... hatte die Idee und ich mag Matt und Jamie, ich würde bestimmt auch Madison mögen aber ich hab nicht darüber nachgedacht, wie das für dich ist.“ Weil Haily an sich Gedacht hatte aber wie schwer das für die beiden wäre, daran hatte sie nicht gedacht und ihr schien das nun die einzige, logische Schlussfolgerung und das fühlte sich so richtig an, befreit und gut, dass sie sich schon vornahm, gleich schon aufzubrechen. Sie mochte nicht allein sein im Moment aber sie war auch noch nie jemand gewesen, der anderen eine Situation kaputt gemacht hatte und den vier ging es gut gemeinsam, sie würde sich schon noch wem anschließen können, dem es durch ihre Anwesenheit besser ging. So funktionierte das Leben doch. Wenn nicht diese gemeine Angst in ihrem Nacken wäre, was passierte, wenn Chris Tat oder Aidens, doch noch etwas in ihr zerstörten, was sie ohne geliebte Menschen um sich herum nicht auffangen konnte. Ging in einem drin einmal etwas kaputt, war das gar nicht mal so leicht wieder zu richten – krankes konnte man pflegen aber kaputtes würde immer Risse behalten. Das dachte sie sich auch noch, als sie es nicht lassen konnte, Gus dann doch von der Seite zu betrachten – so tastend mit den Augenpaaren, als wollte sie sich das abspeichern. „ Es macht mich übrigens froh, dass Jamie sich jetzt auf dich verlassen kann, du gibst ihr eine Menge – das ist so schön. Dich interessiert meine Meinung vielleicht gar nicht aber... ich denke, sowas ist immer schön zu hören und sie hat schon genug gemeine Menschen in ihrem Leben getroffen.“ Die Stimmung war noch immer krampfig aber Haily hatte das noch nie davon abgehalten, ihre Meinung zu Äußern. Besonders nicht in Tagen wie diesen, wo sie sich über das gute im Menschen so Unsicher war.
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14.08.2016 22:07 |
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Gus Evans
REVOLT, REBEL, RESIST!
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RE: COLORADO
Ich wollte das alles nicht hören. Ich wollte Hailys Entschuldigungen nicht hören, ich wollte nicht hören wie sie wegen mir plante schon so schnell wie möglich wieder zu gehen und vor allem wollte ich nicht den Namen von meinem Bruder hören. Nie wieder. Es war ganz offensichtlich wie sich in dem Moment mein Körper abwehrend zusammen zog, wie sich meine Kiefer aufeinander pressten und ich den Blick von meiner Schwester abwandte. Ich wollte nicht einmal wissen, dass sie Kontakt zu Chas hätte und noch viel weniger, ob oder wie sehr er ihr half. Ich wollte niemanden in meinem Leben, der seine Existenz auch nur ansatzweise gutheißen konnte, deshalb versuchte ich diesen Teil des Gespräches einfach auszublenden und gar nicht darauf zu reagieren. Wohlmöglich wusste Haily nicht einmal, was Chas Jamie und auch mir angetan hatte. Vielleicht sollte ich das ändern, vielleicht sollte ich es ihr sagen, aber was dann? Würde das etwas ändern? Konnte man ihr überhaupt vertrauen? Oder würde sie auch direkt Matt davon berichten? Wir hielten das noch immer ganz bewusst vor Madison und ihm geheim, ich konnte und wollte nicht riskieren, dass sie das jetzt über Dritte erfuhren und schüttelte daher auch nur den Kopf. Angespannt presste ich meine Handflächen gegeneinander, starrte ziellos auf das brennende Feuer vor uns, doch anstatt auch nur ansatzweise auf ihre Worte einzugehen, besann ich mich bloß darauf, was mir selber auf den Lippen lag. "Ich hab dich gehört, Haily. Dich und Matt. Eben, am See. Ich hab- alles gehört." Nur für den Bruchteil einer Sekunde schielte ich in ihr Gesicht, bevor ich mich doch wieder in den Flammen verlor. "Ich wollte euch nicht heimlich belauschen, aber- ich saß da schon, als ihr gekommen seid, und- ihr hättet mich bemerkt, wenn ich verschwunden wäre. Dann hätte ich mit dir reden müssen. Deshalb- bin ich einfach geblieben und war so leise wie möglich, aber- aber ich hab- alles gehört." Ich merkte gar nicht recht wie ich abwesend meine Finger so fest ineinander presste, dass sie ganz weiß anliefen. "Weißt du, das- geht mich nichts an und vielleicht sollte ich gar nicht hier sein und mit dir darüber reden, aber- aber ich weiß wie es sich anfühlt, wenn die Erinnerung an etwas fehlt. Ich weiß wie es ist, wenn- der eigene Körper etwas durchlebt hat, an das der Kopf sich nicht mehr erinnern kann." Weil ich nicht recht wusste, ob Haily den Zusammenhang verstand, hob ich noch einmal den Blick in ihr Gesicht und blieb diesmal auch ein wenig länger an ihren Augen hängen. "Ich wusste immer, dass irgendetwas passiert ist. Früher. Irgendetwas, das aus irgendeinem Grund aus meinem Gedächtnis gelöscht ist. Ich wusste, dass mein Körper etwas Schreckliches erlebt hat, aber- ich wusste nicht was. Mein Kopf konnte sich an nichts davon erinnern - kann er auch immer noch nicht - und das- das- man fühlt sich so verloren. Das zerreißt einen. Man fühlt sich so als würde der eigene Körper nicht zu einem gehören, man fühlt sich falsch in seiner eigenen Haut, hilflos und- man beginnt zu suchen. Ganz automatisch. Ich hab den Bezug zu mir selber verloren. Ich wusste nicht, wer ich bin. Ich wusste nicht, was mir passiert ist. Ich wusste nicht, was ich fühlen soll. Was ich fühlen darf. Man ist verwirrt und durcheinander und- ich weiß auch nicht." Das klang alles so chaotisch und zusammenhanglos, dass ich nur schwach den Kopf schüttelte. "Ich- wollte dir nur sagen, dass ich weiß wie das ist. Und-- Mir hat geholfen zu erfahren, was passiert ist. Um damit abzuschließen. Ich weiß nicht, ob du das weißt, aber- in San Francisco damals hab ich noch lange mit- Charles - Chas - wie auch immer - gesprochen und- er hat mir viele Dinge erzählt. Und ich hab vieles erfragt, so detailliert wie möglich. Ich konnte endlich, nach all den Jahren, einen Zusammenhang herstellen zwischen dem, was ich erlebt hab, und der Person, die ich bin. Es hat mir geholfen die Lücken in meinem Gedächtnis zu füllen. Ich meine- ich weiß, dass das bei dir nicht so leicht ist und dass niemand dabei war, der dir davon erzählen könnte, aber- weißt du, vielleicht würde dir professionelle Hilfe etwas bringen. Möglicherweise eine Selbsthilfegruppe. Dass du hörst wie andere Leute so eine- Vergewaltigung erlebt haben. Wie sie damit umgehen. Vielleicht- würdest du dich danach nicht mehr so verloren fühlen." Ich hatte keine Ahnung, ob Haily das alles überhaupt hören wollte und ob sie denselben Zusammenhang erkannte, der mir nach und nach deutlich geworden war, deshalb löste ich auch meine Finger voneinander und rieb mir stattdessen nervös über meine Brust und den Hals, aber ich glaubte nachvollziehen zu können wie sie sich fühlte. Ich glaubte sie verstehen zu können und nickte deshalb auch noch einmal schwach in ihre Richtung. "Es- tut mir Leid, dass dir das passiert ist. Wirklich. Und- wenn du hier sein möchtest, dann- ist das okay für mich."
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15.08.2016 10:03 |
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Haily Stone
WON´T EVER LET YOU GO.
Beiträge: 241
Registriert seit: Aug 2015
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RE: COLORADO
Natürlich war das ein Schock, als ihr Gus sagte, er Matt und sie belauscht und es war auch gut, wie er wiederholte, dass er alles gehört hatte. Das machte ihr Deutlich, was er genau damit meinte. Die großen Augenpaare ruhten auf seinem Profil, denn er sah sie noch immer nicht an und Haily musste entscheiden, machte sie das sauer und wütend oder war das okay? Da sie zum Glück jemand war, der sich so gut wie nie für die Wut entschied, weil sie selbst das Gefühl in sich nicht mochte, konnte sie sich auch auf das konzentrieren, was da noch aus seinem Mund kam. Das er sie verstehen konnte und nach und nach entwickelte sie auch ein empfinden, woher seine Einstellung kam. Verwirrt und chaotisch waren die Zusammenhänge aber auch das lag ihr ja, Haily konnte das genauso gut und am Ende war sie es dann auch, die den Blick ebenso in die Ferne schweifen ließ. Was sollte sie sagen? Denken? Wollte er weiter mit ihr darüber sprechen oder nur, dass sie wusste, dass sie hier bleiben konnte, weil er sich vorstellen konnte, was in ihr vorging? Haily wusste es nicht aber so lange er auf diesem Stein saß, solange musste er sich anhören, was sie fühlte. „ Ich... ich will das gar nicht so sehen, als Vergewaltigung.“ Und sie sprach das Wort schon so aus, als wäre es auf chinesisch und sie hätte diese Sprache nie gelernt. Als verstünde sie diese Bedeutung nicht. „ Er hat mit mir geschlafen, als ich Bewusstlos war und ich... konnte mich nicht einmal wehren, nicht, weil ich nicht kräftig genug war sondern weil ich... nicht dabei war und deswegen... es kann mir dabei keiner helfen.“ Später erst würde sie auf den Gedanken kommen, was ihr helfen könnte aber noch nicht jetzt. Das war noch zu frisch und so begann sie wieder an der Muschel herum zu nesteln und hob die Schultern, weil es sie doch unfassbar traurig machte, dass das passiert war. Leider passierte das, was ihr Angst gemacht hatte, dass es sie aufwühlte, mit ihm zu Reden und Haily ließ auch raus, was dazu nun in ihr vorging, ungeachtet dessen, dass er nicht zuhören wollte und das ihr eine Träne auf die Hand fiel. „ Ich wusste nicht, dass Chas mit dir gesprochen hat und auch nicht, dass du das Wissen wolltest... alles... also nicht so. Nicht detailliert. Er wollte mir... damit vielleicht nicht weg tun auch wenn ich das nicht verstehe – er hat dich geschlagen, dass weiß ich und ich habe ihm einige Scherereien beschert, weil das macht man nicht. Er hätte dir nicht weh tun dürfen. Das war scheiße. Über dich zu Reden tut mir aber... genauso weh. Du hast nämlich damit nicht nur alle schlimmen Dinge sondern auch alle schönen vergessen. Du hast mich vergessen... du hast dein Versprechen vergessen.“ Und nun öffnete sie doch ihre Hand um die leere Muschel zu zeigen, die er in bemalt hatte. „ So lange war die Erinnerung an unsere Kindheit für mich... etwas zum festhalten und ich habe mich an nichts festgehalten, dadurch, dass ich damit alleine bin.“ Und Haily verließ doch ein schluchzen und deswegen zügelte sie sich. Wenn sie nun zuließ, Gus von all den schönen Dingen zu erzählen, er würde aber aufstehen und gehen, wäre das ein Stoß vor den Kopf, den sie nicht verkraften würde. „ Danke... danke das ich hier bleiben kann und das es okay für dich ist, wirklich, damit habe ich nicht gerechnet und wenn das... wenn das auch für mich geht, dann bleibe ich. Ich... werde das einfach ausprobieren. Ich weiß, dass ich irgendwie herausfinden muss, was... da passiert ist aber ich kann nicht sagen wie ich das mache. Aiden zu Fragen würde ihn... zerstören und Chris ist Tod aber... ich muss jetzt einen Weg finden und dafür muss ich... mich frei fühlen und ich kann nicht sagen, ob das hier klappt.“ Hier, wo die Gedanken doch auch um ihren Zwilling und sie kreisten.
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15.08.2016 20:30 |
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Gus Evans
REVOLT, REBEL, RESIST!
Beiträge: 165
Registriert seit: Jun 2015
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RE: COLORADO
Das hier war der Grund, weshalb ich eben schon wieder weggelaufen war. Genau dieses Gefühl, das sich so schmerzhaft durch meinen Körper zog, als ich erneut einen kurzen Blick in ihr Gesicht wagte und nicht nur den gebrochenen Ausdruck darauf erkannte, sondern auch sah wie eine Träne an Hailys Wange hinab lief. Damit konnte ich nicht umgehen. Diese emotionale Verbundenheit wollte ich nicht fühlen, nicht zu jemandem, den ich doch eigentlich gar nicht in meinem Leben haben wollte. Zu jemandem, der mir gleichgültig sein müsste. Genauso überforderte mich auch die Welle der Traurigkeit, die sich durch meinen Körper zog, als ich die unbemalte, unbekannte Muschel in ihrer Hand entdeckte, und mich daran erinnerte wie enttäuscht sie die Kette in San Francisco von ihrem Hals gezogen hatte, um sie vor meinen Füßen auf den Boden fallen zu lassen. Erst danach hatte Chas mir von unserer Mutter erzählt, von ihrer Leidenschaft diese Muscheln zu bemalen und auch von meiner Faszination für die kleinen Kunstwerke. Von ihm wusste ich wie wichtig mir genau dieses Objekt immer gewesen war, das Haily seitdem an ihrem Hals trug, und obwohl sich mein Kopf an sonst nichts aus den ersten Jahren meiner Kindheit erinnern konnte, hatte diese kleine Ding trotzdem etwas in mir ausgelöst. Genau aus dem Grund hatte ich sie auch eingesteckt und trotz all der Wut, die ich für meine Geschwister empfand, und all der Verzweiflung, die sie beide in mir provozierten, mich nie davon getrennt. Seitdem steckte sie in einer Seitentasche meines Rucksacks und obwohl ich sie zwar auch nicht nochmal heraus genommen und noch nie so in meinen Händen gedreht hatte wie Haily das gerade mit einer ähnlichen, aber unbemalten Muschel tat, war sie trotzdem da. Sie war zu wichtig, um sie gehen zu lassen. Mir war bewusst, dass meine Schwester diese Reaktion wohlmöglich völlig falsch interpretieren würde, aber ich stand dennoch wortlos auf, lief auf mein Zelt zu, zog den Reißverschluss herunter und verschwand darin. Ja, es fiel mir noch immer schwer mit Haily zu reden. Ich wusste nicht, was ich ihr sagen und wie ich ihr in die Augen sehen sollte, was richtig und was falsch war. Diese unsichtbare Verbindung, die zwischen uns existierte, die verwirrte und belastete mich und heraus kam dann so ein absurdes Verhalten wie das hier. Dass ich sie einfach dort sitzen ließ, in dem Glauben, dass mich ihre Worte nicht interessierten, aber in Wirklichkeit in meinem Zelt so lange in meinem Rucksack wühlte, bis ich die kleine, bunte Muschel in meiner Hand hielt. Jamie war von der Bewegung neben ihr natürlich auch wieder wach geworden, sah mich durch die Dunkelheit völlig durcheinander an und nuschelte müde irgendetwas, das ich zwar nicht verstand, aber ich legte trotzdem meine Hand um ihre Wange, zog meinen Daumen über ihre Haut und lächelte beruhigend. "Alles okay. Schlaf weiter. Ich bin draußen und- rede noch mit Haily." Jamies Gesichtsausdruck wirkte dadurch nur noch aufgewühlter und ich half ihr sicher auch nicht, indem ich mich zu ihr beugte, sie sanft auf die Lippen küsste und dann den Satz aussprach, den ich ihr gestern nicht hatte sagen können, aber jetzt auf einmal ganz leicht von meinen Lippen kamen. "Ich liebe dich. Und ich verspreche dir, dass ich morgen noch da bin." Mit dem Worten und einem weiteren kurzen, aber zärtlichen Kuss ließ ich sie alleine in dem Zelt zurück, um mich vorsichtig wieder heraus zu kämpfen, aber als ich mich umdrehte und Haily eigentlich stolz präsentieren wollte, was ich für sie in meinem Rucksack gefunden hatte, sah ich nur wie sie noch mehr in sich zusammen gesunken war. Ihr Körper zitterte und zuckte immer wieder, ich konnte allerdings nicht erkennen, ob sie weinte oder ob ihr etwas wehtat, deshalb ging ich auch ganz vorsichtig wieder auf sie zu und ließ mich unsicher, langsam erneut neben sie sinken. "Haily?", fragte ich mit ebenso wackliger Stimme, während ich die bunte Muschel in meiner geöffneten Hand in ihre Richtung hielt. Und gleichzeitig die Worte aussprach, auf die sie wahrscheinlich jetzt schon viel zu lange wartete. Seit Jahren. "Es tut mir Leid, dass ich nicht für dich da war. Und es tut mir auch Leid, dass ich dich vergessen habe. Ich wünschte es wäre anders, aber- ich hab nie-- ich hab mich nie bewusst gegen dich entschieden. Oder gegen all das, was wir zusammen erlebt haben. Man hat mir mal gesagt, dass das wohl eine Art Schutzmechanismus ist. Dass mein Körper unterbewusst entschieden hat diese traumatischen Erlebnisse zu vergessen, weil ich- vielleicht nicht stark genug bin damit umzugehen. Ich weiß es nicht." Unsicher sah ich jetzt doch auf das kleine Kunstwerk in meiner geöffneten Hand und drehte es vorsichtig zwischen meinen Fingern. "Es tut mir trotzdem Leid. Und ich weiß, dass das hier vielleicht an Wert für dich verloren hat, weil ich- mich nicht daran erinnern kann und weil ich nicht mehr weiß wie ich sie dir gegeben hab, damit sie auf dich aufpasst, aber- ich glaube sie ist bei dir besser aufgehoben, als bei mir. Und- falls das irgendetwas ändert - ich hoffe wirklich, dass sie dir Glück bringt." Ganz sachte und noch immer angespannt drückte ich meinen Ellenbogen auffordernd gegen ihren Arm und verdeutlichte ihr mit meinem Blick, dass sie die Muschel an sich nehmen sollte. "Erzählst du mir- von den schönen Dingen? Davon, was wir zusammen erlebt haben?"
AUGUSTUS EVANS # 25 YEARS OLD # HOMELESS
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16.08.2016 12:36 |
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Haily Stone
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RE: COLORADO
Natürlich war Hailys erster Gedanke, dass Gus das zu viel war und das er verschwand, weil sie ihm zu viel war. Weil er sich nicht nur nicht Erinnern konnte sondern weil er es auch nicht wollte und das tat mindestens genauso weh. Es hatte sie in dem Haus in San Francisco getroffen, zu realisieren, dass er sie aus seinem Gedächtnis verbannt hatte und sie hielt an seiner Schuld deswegen fest, damit das hier nicht so erschütternd war, wie es dann doch unvermeidbar kommen musste. Es gab, in dem Leben ihres Zwillings, keinen Platz für sie. Eigentlich sollte sie das hinnehmen, eigentlich sollte es ausreichen, dass Gus sie nicht weg schickte und sogar zu Jamie ins Zelt kletterte aber je länger sie allein zurück blieb, desto schwerer wurde ihr Herz, desto unkontrollierter die Tränen und als ihr Magen sich schmerzhaft zusammenzog, da wäre sie zu gern aufgestanden und abgehauen. Sie ertrug das nicht, sie belog sich, wenn sie der Meinung war, sie könnte das ertragen. Haily war genauso wie Gus, er hatte in Jamie einen enormen Grund zu bleiben aber Haily war doch noch ganz durcheinander und egal, wie viel Mühe sich Matt geben würde, dass würde sie kaputt machen. Sie ahnte auch nicht, was da in dem Zelt vor sich ging, wie Gus das Herz von Jamie überschäumen ließ, vor Glück. Wie er ihr Vertrauen nicht erneut enttäuschte, indem er ihr sagte, dass er zurück kam und eigentlich wollte Jamie sich aufrichten, wollte hinterher, wollte den beiden Helfen aber als sie sich hoch gekämpft hatte, als sie fast am Ausgang des Zeltes war, da hielt sei Inne. Das war nicht ihre Aufgabe, dass war die der beiden. Wenn das klappen sollte, mussten sie einen Weg finden und das ganz ohne sich ihr Gegenüber in der Pflicht zu sehen. Also legte Jamie sich wieder zurück, wenn auch langsam und mit schwer schlagendem Herz und dachte eigentlich, sie könnte nicht wieder in tiefen Schlaf verfallen aber sie kannte auch die Nachwirkungen der Droge nicht. Lange noch war sie überreizt gewesen, lange wach, Sinne und Geist total beschäftigt und als sie nun zuließ, sich zu entspannen und mit der Ruhe, Gus kam wieder zu ihr – weil er... sie liebte, sie ganz allein, sie wie sie war, sie wer sie war, einfach so – da begann sie schon wieder zu Träumen und das endlich ohne diese fiesen Gestalten in der Nacht, das Feuer und auch ohne Chas boshaftes Gesicht vor ihrem inneren Auge.
Und Haily? Die war ganz durcheinander als Gus sich erneut zu ihr setzte. Was war denn hier los? Wollte er ihr das Leben schwerer machen, als es schon war und waren seine Absichten doch nicht so gut? Doch noch eher sie weiter in eine andere Richtung dachte, geschah da etwas anderes. Haily hätte fast Zugelassen, dass passierte, wonach sie nach Chris Tat wirklich am meisten Angst hatte – das sie schlecht von den Menschen dachte. Sogar von Gus – William – wie auch immer. Bis ihre Augen da die Muschel erblickten und sie konnte sich auch erst bewegen, als er sie in die Seite stieß. Die feuchten Wangen rieb sie an den angezogenen Knien und auch wenn jede Bewegung schmerzte, nahm sie vorsichtig, als wäre sie aus dünnem Glas, die Muschel wieder an sich und legte aber auch im Gegenzug die leere in seine Handinnenfläche, betrachtete das Bild solange eingehend, bis er die Hand wieder zu sich zog. Er mochte diesmal den Sinn nicht verstehen und es konnte sogar sein, dass er sie gar nicht wollte aber Haily zog zart ihre Finger über das ihr so vertraute Schmuckstück und erinnerte sich wie von selbst an jede Rille und auch ohne sie anzusehen, an jede filigrane Einzelheit darauf und egal wie angespannt die Stimmung schien, sie fand endlich etwas in sich, was ihr das Gefühl zurück gab, sie selber zu sein. Ohne erkenntlichen Grund für ihn, begann sie ganz leise und nur einmal kurz aufzulachen, wenn auch viel weniger euphorisch und ansteckend als sonst, zog ihre Schultern an und hob den Kopf. „ Ich Glaube, ich werde nie vergessen, wie sauer ich auf meinen Exfreund war, weil sich irgendwann das Band von der Kette gelöst hat und sie auf den Boden gefallen ist... siehst du...“ ganz zart tippte sie auf eine Stelle, wo eine Mini-Ecke fehlte und es wäre wohl nicht aufgefallen aber Haily schon. „...er konnte da gar nichts für und eigentlich bin ich nicht so aber das war mein größter Schatz. Ich dachte immer, wenn sie nicht bei mir ist, dann ist die Welt ein schlechterer Ort und ich würde die Hoffnung aufgeben,... alle Hoffnung. Ich hatte Angst zu vergessen, wer meine Familie ist und wie es ist, Zuhause zu sein. Ich habe von euch beiden so oft geträumt und ich dachte, ohne die hier, würde ich vergessen, wie ihr ausseht und auch das nicht mehr können. Dabei war ich so nie einsam. Deswegen... sollte es mir auch für dich... Leid tun, dass du das nicht weißt und... du musst dir im Stich gelassen vorgekommen sein. Ich habe immer gesagt, Chas wäre wieder gekommen, damit ich so nicht fühlen muss und ich war so wütend, als ich wusste, er hat uns mit Absicht da alleine gelassen.“ sie zog die Schultern etwas weiter zusammen aber wohliger, denn mit der Erinnerung verschwanden die Schmerzen ein wenig. „ Ich dachte es ist leichter zu denken, du willst dich nicht an mich erinnern, weil du mich jetzt auch nicht... um dich herum haben kannst und möchtest. Das verletzt mich und wenn ich davon ausgehe, deine Absichten waren von Anfang an so... muss ich keine weiteren Fragen stellen.“ Oh es war so schön und doch so Fremd, ihm das zu Erzählen und weil Haily eben Haily war, rutschte sie etwas an ihn heran. Unauffällig, Auffällig, so wie sie es am besten konnte. „ Obwohl ich weiß, dass du so nicht bist. Du bist nur schon immer der ruhige, nachdenkliche und vorsichtige von uns beiden gewesen. Auch definitiv etwas sensibler. Deswegen war ich aber auch immer in deiner Nähe. Chas war mein Vorbild und wir waren ein Team. Alles was dich gestört hat, habe ich in die Flucht geschlagen, wenn du deine Ruhe haben wolltest, nur vor mir hattest du die nie. Ich wollte immer Wissen, was du denkst und du hattest unglaublich viel Geduld mit mir, mir das zu Erklären.“ Sie lachte leicht auf, und spürte dabei, dass sie endlich so weit gekommen war, ihn beim einatmen mit ihrem Arm zu berühren. „ Wir sind Zwillinge, meistens wusste ich genau, was du meinst aber ich wollte dich zum Reden bringen oder etwas Erzählt bekommen, also habe ich absichtlich gefragt und das wusstest du ganz genau aber du hast es trotzdem getan. Mama hat immer Geschimpft, wenn du krank warst - war ich auch krank...“ Sie kniff die Augen etwas zusammen, weil das so war, als wäre es gestern gewesen. „...ich wollte nicht, dass du alleine bist, wenn dir nicht gut war, ich wollte dir wenigstens Blödsinn erzählen und egal ob sie es verboten hat, einen Weg habe ich immer gefunden, mich in dein Bett zu schleichen und dann hab ich mich Angesteckt und war auch krank. Ich war es aber auch, die immer unfassbar blöde Ideen hatte und nicht selten Ärger oder einen tiefen Fall mit sich gebracht haben. Das hast du bei mir immer gespürt aber statt mich aufzuhalten, standest du da und hast Sorgsam das Beobachtet, was ich da angestellt habe oder mir geholfen. Aus Comics wollte ich immer was nach machen, zum Beispiel Kuchen von der Fensterbank klauen oder an einer Wäscheleine entlang hangeln oder Türme aus Möbeln bauen um in Nachbar Garten zu kommen. Ich hab gesehen, wie du wusstest, es ist keine gute Idee aber du hättest immer mit gemacht und mich nie verpetzt, wir waren irgendwie eins und wir mochten immer die Stärken des anderen. Die Muschel... die sollte das... die sollte das tun...“ und wieder sah sie auf ihre Finger und das traf Haily doch gemeiner als erwartet. „...in dem Heim, da kam so schnell eine Familie, die mich adoptieren wollte... die Erzieherinnen haben gedacht, es wäre mein Glück und meine Chance, weil wir haben eh nicht gesagt wo wir her kommen... aber das war Grausam. Die Treffen mit den neuen Eltern, wir haben gewusst, was da kommt – manchmal war ich Tagelang weg aber wir hatten Chas versprochen, nichts zu sagen und jede Nacht hab ich mich zu dir geschlichen – dafür war ich einfach die Mutige – und wollte dich gar nicht mehr los lassen. Du hattest ganz viel Sorge um mich aber das half uns beiden nicht, wir wurden eh die meiste Zeit getrennt und dann hast du mir die Muschel gegeben. Stellvertretend für dich sollte sie... acht geben, mich daran erinnern, was manchmal gut war und was nicht. Die Muschel bringt nicht nur Glück, ich war so nie allein und sie hat mir bei den richtigen Entscheidungen in meinem Leben geholfen. Irgendwo warst du immer da. Deswegen... wenn du... ich weiß nicht aber wenn du das jetzt weißt und wenn... wenn es dir... irgendwo hilft, behalte die weiße Muschel, ich bin eh viel zu ungeduldig, die zu bemalen oder gar zu Ende zu malen.“ Sie lachte leicht auf, egal wie durcheinander sie war und weil sie einfach Wissen musste, wie das war, flauschte sie sich kurz und dennoch langsam an seiner Schulter um sich dann Entschuldigend zurück zu ziehen, genau so waren sie gewesen, William und Haily in ihrer Kindheit. Genau das. „Zwillinge sind irgendwie nie alleine, sagt man so und ich... für mich ist das so und auch wenn dir die Erinnerung fehlt, weil da in dieser Nacht und... auch davor... zwischen unseren Eltern grauenvolle Dinge passiert und dir angetan wurden... hast du jemanden, der immer an dich Gedacht hat und eine Familie. Eine Zwillingsschwester, die dich zu Tode quatscht und du noch immer so ein Schweigefuchs bist.“ Denn natürlich war ihr klar, wie sehr sie ihn überforderte.
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16.08.2016 23:40 |
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