GÜTERBAHNHOF

[Admiss]

Ein stillgelegter Bahnhof.

[Gus Evans]

Matt war natürlich eingeweiht in das, was ich für sie geplant hatte und deshalb trug ich schon seit Beginn des Abends den Schlüssel für den Van in meiner Hosentasche. Ich besaß zwar keinen Führerschein, aber das Autofahren hatte ich auf der Ranch in Texas gelernt und konnte mich daher auch sicher in so einem Gefährt fortbewegen. Nur die Polizei sollte uns vielleicht nicht erwischen, genau deshalb sagte ich Jamie aber auch, dass wir einen Umweg über ein paar Schleichwege nehmen würden, damit sie nicht misstrauisch wurde. Das durfte sie erst, als ich plötzlich an einem alten, stillgelegten Güterbahnhof das Auto auf den Seitenstreifen lenkte, die Handbremse zog und sie von der Seite ansah, lächelnd. "Kommst du kurz mit? Ich will nur noch schnell was holen." Ihre verwirrten Fragen blockte ich einfach ab, faselte etwas davon, dass ich ein paar Sachen hier versteckt hatte, die ich jetzt in dem Auto gut mitnehmen konnte, während ich sie über die Gleise zu einem alten, herunter gekommenen Wagon leitete. Erst wenige Meter davor nahm ich ihre Hand wieder in meine, weil mein Herz vor Aufregung unaufhaltsam schlug, bis wir vor dem funktionsuntüchtigen Gefährt stehen blieben und durch eine geöffnete, schwere Schiebetür aus Holz ins Innere sehen konnten. Offenes Feuer war zu gefährlich, deshalb standen dort ein paar LED-Kerzen, die durch ihre Technik so aussahen als würde sich das Licht im Wind bewegen. Außerdem lagen dort ein paar Flaschen Bier, eine Tüte mit zwei veganen Zimtschnecken, für die ich ausnahmsweise sogar gezahlt hatte, und eine große Decke, ausgebreitet auf dem Boden. Mitten darauf aber das, was wohl am Wichtigsten war und ihr als Erstes ins Auge stach: Eine Gitarre. Sie war gebraucht, aber in makellosem Zustand, ich hatte extra noch neue Saiten für sie aufziehen lassen. Auch in das war Matt eingeweiht, weil ich heimlich in den letzten Wochen ein paar Mal bei ihm in der Kneipe gearbeitet hatte, nach Hailys Verschwinden, um mir das Geld dafür zu verdienen. Für Jamie. "Das eben war vielleicht kein Date, aber- ich hoffe das hier ist eins? Wenn du möchtest?" Atemlos vor Aufregung sah ich Jamie durch die Dunkelheit in die Augen, so angespannt, dass sich meine Hand nur noch fester um ihre Finger schloss.

[Jamie Bennett]

Mit gemischten Gefühlen verließ sie mit Gus den Ball. Sie hatte sich schon gefragt, warum er den Van nahm aber es war wohl... so, dass er noch etwas abholen müsste. Das war okay, wenn sie sich vielleicht auch gewünscht hätte, mit ihm sofort auf dem Sofa zu... kuscheln? Und einen Film anzusehen. Außer Fragen zu stellen, wehrte sie sich nicht und nörgelte auch nicht herum. Das war nicht ihre Art. Solange er nicht gleich auch noch verschwinden würde – aber selbst dann würde ihr der Mut fehlen, etwas zu sagen. Als die beiden über die Gleise liefen, sah Jamie sich um – das hatte für sie ihren ganz eigenen Charme und so bildete sich ein Lächeln auf ihren Lippen. Bis der Mund erstaunt offen stand. Was war denn? Da war doch Licht? Sie ging die letzten Schritte um die Ecke, bis sie sah, was Gus für die beiden vorbereitet hatte – verunsichert wechselte sie zwischen dem Anblick und seinem wunderschönen Gesicht. „ Was...“ Aber weiter kam sie nicht, denn er nahm ihr ab, zu erfragen, was hier los war. „ Ein Date? Wir... ein richtiges?“ Ihre dummen Fragen würden ihn noch denken lassen, sie wollte nicht aber vorher sah das Mädchen die Gitarre. Ehrlich? „ Ist... ist die für mich?“ Sie stand enorm auf dem Schlauch, wie immer, wenn ihr etwas schönes passieren sollte. Verlegen strich sie sich die Haare hinter Ohr, die danach wie von selbst wieder in ihr Gesicht rutschten. Ein Date? Natürlich waren Zweifel in ihrem Hinterkopf zu hören aber... sie konnte sich nicht wehren. Das Herz schrie danach. Besonders nach der Zeit, in der sie ihn wieder näher an sich und ihr Leben gelassen hatte. Schüchtern sah sie ihn von de Seite an, spannte ihn damit wohl viel zu ewig auf die Folter. Das wäre ein Schritt... von der Eindeutig und Einschlägigen Richtung der beiden, zu nur Freunde sein, das wusste sie aber als er ihre Finger nur fester umschloss, konnte sie nicht anders. „ Ja, unser – dein – mein – erstes, richtiges Date. Dann noch so ein...“ ihr fehlten die Worte, als sie das Umfeld mit ihren Blicken abtastete. „... hier ist es wunderschön. Danke.“ und nun griff sie auch noch fester nach seinen Fingern. Jamie hatte... ihr erstes Date doch noch mit ihrer ersten, großen Liebe. Also sie hatte damit nicht mehr grechnet. " Und ich dachte eben schon... als ich gefragt habe... du willst... gar kein Date mehr - mit mir."

[Gus Evans]

Im ersten Moment wusste ich überhaupt nicht, wie ich Jamies Reaktion deuten sollte. Ob sie sich jetzt freute, aber auch überfordert fühlte, oder ob ich damit jetzt auf einmal hundert Schritte zu weit nach vorne geprescht war. Mein Herz schlug deshalb noch immer unruhig, so lange, bis sie meine Frage beantwortete und sich ihre Finger ganz fest um meine Hand schlossen. Bis sich so etwas wie ein Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete. "Nein. Nein, natürlich wollte ich noch ein Date mit dir, ich wollte es nur nicht- so. Nicht dort auf dem Ball", erwiderte ich ein wenig heiser vor Aufregung, ehe ich mich gezwungenermaßen von ihrer Hand löste, um auf den Wagon zu klettern und Jamie danach ebenfalls nach oben zu helfen, damit sie sich an scharfen Splittern nicht ihr schönes Kleid zerstörte. "Das- Matt hat mir ein bisschen geholfen. Ich hab in den letzten Wochen ein paar Abende in der Kneipe gearbeitet, damit ich die Gitarre bezahlen konnte. Nachdem deine ja- kaputt gegangen hast." Nicht unwesentlich wegen mir, aber daran musste ich sie ja nicht auch noch erinnern. "Die ist also für dich, ja. Sie ist gebraucht, aber- ich hoffe sie gefällt dir trotzdem. Und ich hab sogar etwas zu Essen gekauft. Mit Bezahlen." Meine Mundwinkel hoben sich erneut zu einem unsicheren, etwas nervösen Lachen. Jamie schien sich zwar zu freuen, zweifellos, aber ich wusste trotzdem nicht, ob ich mit diesem Date auch das erreichte, was ich erreichen wollte. Ob ich damit endlich all ihre Sorgen ruhig stellen konnte. "Und ich dachte- die Bahnschienen sind ganz passend, wegen unserem ersten Kuss, in San Francisco. Jamie, ich-" Langsam drehte ich mich wieder zu ihr, griff noch immer ein wenig unsicher nach ihren Händen und hielt ihre Finger fest in meinen. "Ich mag dich wirklich, mehr als das. Ich wollte dich nie verletzen mit dem, was ich getan hab, und ich hoffe- dass ich das irgendwann irgendwie wieder gut machen kann. Dass du mir wieder vertrauen kannst. Und vielleicht ist das hier der Anfang davon. Vielleicht zeigt dir das wie ernst es mir wirklich ist, weil- das ist es. Wirklich."

[Jamie Bennett]

Wie ihre Gedanken mal wieder gar nicht dazu passten, was Gus wirklich beabsichtigte und wie er fühlte und handelte. Sie hatte eben hingenommen, dass er kein Date mehr mit ihr wollte – und daran geglaubt, dass er nur noch Freundschaft wollte. Das war ihre Schlussfolgerung und nun das hier? Sie war total überwältigt, als sie sich helfen ließ, ebenso auf den alten Waggon zu kommen. Erneut sah sie sich absolut überwältigt um und schüttelte den Kopf, als er dann auch noch etwas zu der Gitarre sagte. Jamie ging in die Knie, strich über den Bauch des Instrumentes und die Saiten – natürlich spürte sie, dass diese neu waren. „ Das... Danke aber das... wäre doch nicht nötig gewesen aber... sie... ist toll. Danke, danke, danke. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll...“ Endlich könnte sie ihren Texten wieder eine Melodie geben. Natürlich gab sie ihm nicht die Schuld – immerhin hatte sie den Freund ihrer Ma geschlagen und das schlimmste an dieser Erinnerung war auch eher, dass sie solche Angst gehabt hatte, der Italiener verletzte Gus schwer. Als sie sich aufrichtete, Lächelte sie leicht aber auch Schüchtern – was machte man den angemessenes bei einem Date als Danke? So weit kam sie dann aber nicht, als er schon weiter sprach. „ Die Bäckerin wird es mir danken, dass du das gezahlt hast und... auch wenn sie dann nicht nach Adrenalin schmecken, das ist so lieb von dir. Auch das mit der Arbeiten – ich hätte dich gerne mal hinter der Theke gesehen“ Sie hatte ihn noch nie arbeiten gesehen. „ Ich hoffe er hat dich nicht mit einem garstigen Kilian arbeiten lassen oder war faul und hat dich alles machen lassen.“ Haha, als ob, Aber Gus war noch nicht fertig mit dem, was es zu dem Date zu Wissen gab und sie ging wieder näher an ihn heran. Der erste Kuss, sein erstes verschwinden, der Unfall – das war so weit weg schon und doch so präsent vor ihrem inneren Auge. „ Wenigstens... wenigstens habe ich meinen ersten Kuss an den richtigen gegeben.“ sagte sie ganz leise und verlegen, während sie auf den Boden zwischen den beiden sah. „ Ich würde so gerne einfach einen Schalter umlegen und das vergessen... wirklich. Du warst so für mich da in den letzten Wochen und ich war nicht besonders nett zu dir. Ich weiß auch, du wolltest mir nie weh tun und ich habe... ja auch immer etwas dazu beigetragen, dass es dir zu viel wurde ich habe nur solche Angst dich zu verlieren und dann... noch mal neu zu beginnen, dass zu verarbeiten. Das schaffe ich nicht. Kopf und Herz und Verstand werden sich nicht einig.“

[Gus Evans]

Es machte mich so glücklich zu sehen wie Jamie sich über die Gitarre freute, dass ich erneut tief Luft in meine Lungen sog und fast schon stolz beobachtete, wie sie ihren Finger über das Holz gleiten ließ. Schon allein dafür hatte sich all die Anstrengung gelohnt. "Kilian hat sich von Anfang an geweigert mit mir zu arbeiten. Er meinte er hat mit Haily und Chas schon genug schlechte Erfahrungen gesammelt, da braucht er nicht noch jemanden aus der Familie." Schief lächelnd zog ich meine Schultern hoch, weil das völlig absurd war, aber sich trotzdem niemand über diese verqueren Gedanken in seinem Kopf wunderte. "Also hab ich nur mit Matt gearbeitet und ja, natürlich saß er nur faul in der Ecke und hat dann was anderes gemacht. Bei den ersten beiden Malen. Danach meinte er ich könnte das auch gut alleine machen und ist lieber zu Freunden abgehauen." Auch das wunderte keinen von uns beiden und wurde bloß mit einem Kopfschütteln und einem amüsierten Lächeln von mir kommentiert. "Das- war es aber auf jeden Fall wert." Starr blieb mein Blick an den Augen von Jamie hängen, als sie wieder näher auf mich zukam, als sie vor mir stehen blieb und so viel Positives sagte. So viel, das mein Herz nur noch mehr voran trieb und die Aufregung in meinem Körper nur noch mehr steigerte, aber trotz allem - trotz der letzten Wochen und diesem Date hier - wollte die Angst noch immer nicht verschwinden. "Jamie-" Meine Finger schlossen sich nur noch fester um ihre Hände, mehrmals wechselte ich mit dem Blick zwischen dem Boden und ihrem Gesicht ganz nah vor mir. "Ich- ich weiß nicht, was ich noch machen soll. Was soll ich denn noch tun? Du kannst dir doch nie wirklich sicher sein, solange- du dich so davor verschließt. Also- meiner Meinung nach ist die Frage nicht, ob du mir vertraust, sondern ob dir das hier-" Nickend deutete ich auf unsere Hände. "Wichtig genug ist, dass du es noch einmal versuchen willst." Und weil das hier vielleicht die einzige und letzte Chance war, die mir blieb, zog ich sie noch dichter zu mir, so nah, dass unsere Körper einander beinah berührten.

[Jamie Bennett]

Als er von seinem Arbeitskollegen berichtete und der, der es Verweigert hatte, musste sie Lachen und den Kopf schütteln. „ Ich... Glaube das ist schon ganz gut hier gelandet zu sein, alles... kleine Freaks, oder?“ Noch schöner war aber, dass einfach alles so hingenommen wurde, jeder, wie er eben war. Selbst Kilian mit der Grummeligen Art. Als sie ihn aber erneut ansah, drückte sie Behutsam seine Hand... so als wollte sie ihm klar machen, dass es sich alle mal lohnte, ihn kennen zu lernen. Klar, Haily würde zumindest sie nie vergessen.... auch wenn sie gegangen war – wie Gus, hatte sie so einiges, gutes in ihr los getreten. „ Das macht mich auf... unglaublich Glücklich, vielen Dank. Und sie wird mich immer an mein erstes, richtiges... unser erstes Date Erinnern.“ Er hatte gesagt, auch er hatte noch keines gehabt. Das hieß, sie würde sich ziemlich oft an das hier Erinnern, sie liebte dieses Instrument und das Wusste er. Die folgenden Worte und wie er sie dicht an sich zog, das raubte ihr fast den Atem und im ersten Augenblick sah es wieder aus, als habe sie panische Angst aber dann löste sie die Finger von seinen und nahm seinen Kragen vorsichtig in die Hand. Gottchen, gerade hätte Matt ein Blitzlichtgewitter abgefeuert oder aber er wäre vor Niedlichkeit im Boden versunken. „ Ich... wusste ja nicht mal, dass ich noch eine Chance habe.“ gab sie leise zu und zog ihn Todesmutig etwas näher an sich. „ Weißt du... ich habe darin nicht so viel Übung und... ich wusste nicht... ob du... nur Freundschaft willst oder mehr. Auch wegen heute dem Date, dass du keins wolltest. Ich bin... einfach so Unsicher.“ Ha, wäre ja keiner drauf gekommen aber immerhin sah sie trotz der Röte tief in seine Augen und ließ das Herzklopfen zu. „ Aber das hier fühlt sich... noch immer so toll an und... das fühlt sich auch an, als würde ein Zug an uns vorbei rauschen, auch wenn da gar keiner ist.“ sagte sie leiser werdend und schob die Hände das kleine Stück nach oben an seine Wangen um ihn behutsam auf seine Lippen zu Küssen. Diesmal nicht sofort zurück zu schrecken. „ Du hast... meine kleinen Zeichen auch nie Verstanden.“ sagte sie Lächelnd, ganz leise auch wenn ihre Zeichen wirklich minimal waren.

[Gus Evans]

Manchmal - unter anderem auch jetzt - konnte ich noch immer nicht so recht glauben, dass ich in diese Familie von Jamie hinein geraten war und wie sich mein Leben dadurch verändert hatte. Ich war zwar noch nicht wirklich ein Teil davon, wahrscheinlich rechneten alle damit, dass ich plötzlich wieder verschwand, aber es war schön diese Zuneigung beobachten und miterleben zu können. Diese kleinen Freaks, wie Jamie sie so passend betitelte, hatten mir ein ganz neues Verständnis von Zusammenhalt und Nächstenliebe gegeben, das ich vorher noch nicht so erleben durfte: Man akzeptierte sich einfach. Matt war ein bisschen zu faul, Kilian zu griesgrämig, Madison zu impulsiv, Lahja zu wütend und Jamie zu schüchtern, aber absurderweise war das einfach okay. Man versuchte nicht sich zu verändern, sondern auch diese negativen Eigenschaften zu schätzen und sogar etwas Gutes darin zu finden. In meinem Leben aus Ablehnung und Desinteresse kannte ich das so nicht und selbst wenn Jamie und ich nie wieder zueinander finden würden, dann wäre ich ihr trotzdem immer dankbar dafür, dass ich das erleben durfte.
Doch anstatt sich erneut vor mir zu verschließen, tat sie diesmal etwas ganz anderes. Mein Herz blieb stehen, als sie ihre Finger um meinen Kragen legte, mich noch näher zu sich heran zog. Atemlos sah ich sie an, als sie selber alle Zweifel aus dem Weg räumte, mehr als das sogar, und als sie danach tatsächlich ihre Lippen auf meine drückte - ganz vorsichtig - zog sich so etwas wie ein Rausch durch meinen gesamten Körper. Selbst wenn ich gewollt hätte, ich konnte in diesem Moment überhaupt nichts sagen, ich konnte nicht auf ihre Worte reagieren. Das Einzige, was mir gelang, war ebenfalls meine Hände langsam zu heben, meine Finger um ihr Gesicht zu schließen, die Kuppen sanft in ihre Haut zu drücken und sie erneut dicht an mich zu ziehen, um Jamie zu küssen. Zärtlich, liebevoll und vor allem länger. Ein vorbeifahrender Zug wäre diesmal tatsächlich völlig unnötig, mein Herz raste auch von ganz alleine und selbst ohne den Fahrtwind zog sich ein Kribbeln durch meinen gesamten Körper, das auch dann noch anhielt, als ich meine Lippen wieder von ihren löste, aber trotzdem so nah bei ihr blieb, dass wir gegenseitig unseren warmen Atem auf der Haut spüren konnten. "Ich wollte immer ein Date. Mit dir. Und ich wollte immer- noch eine Chance. Seit ich- dir nach Miami hinterher gereist bin wollte ich immer nur wieder gut machen, was ich vorher selber kaputt gemacht hab." Unsicher sah ich in ihre Augen, weil ich es danach noch einmal geschafft hatte ihr Vertrauen in mich zu zerstören. "Das tut mir so Leid." Und wieder küsste ich ihre Lippen, löste dabei aber meine Hände von ihrem Gesicht, um die Arme stattdessen um ihre Schultern zu legen und ihren Körper sanft gegen meinen zu drücken. "Und deine Zeichen- ich dachte- manchmal dachte ich du magst mich noch, aber du willst das nicht, wegen allem, was passiert ist. Und ich wollte keinen Fehler machen, weil- dann hättest du mich vielleicht rausgeschmissen und- dann wäre alles vorbei gewesen." Noch einmal küssten wir uns, ehe ich meinen Kopf ein wenig zur Seite lehnte, um Jamie einfach fest zu umarmen und tief einzuatmen. Wie gut sich das anfühlte.

[Jamie Bennett]

Sollte das wirklich in ihrem Leben so sein, wie in den kitschigsten Filmen von Hollywood? In der Nacht des Abschlussballs wurde alles gut? Wann kamen die neuen, bösen Schatten um die Ecke? Die Mitschüler, die sie auslachten und Fotos machten, weil sie sich schon wieder zum Affen machte? Aber nein, Gus... war hier und mit ihm würde ihr das nicht passieren und deswegen legte sie nur ihre Arme um seinen Bauch und lehnte ihren Kopf gegen seine Brust. „ Ich... hätte dich raus geschmissen? Natürlich, davor hätte ich auch am meisten Angst gehabt.“ Sagte sie mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen und drückte ihn noch mal sanft, um sich zu vergewissern, das hier war alles real. „ Ich... habe... auch noch ein bisschen was... dazu lernen müssen, glaube ich und ich bin auch noch nicht fertig damit, falls du das nun hoffst. Zumindest springe ich nicht mehr in Teiche und ich werde auch nie wieder betrunken... mit jemandem in einem Zimmer verschwinden. Weil... dann mein Freund ziemlich böse wäre.“ Wie komisch! So sehr, dass sie ein bisschen Lächeln musste. „ Matt wird eine Party feiern, dass befürchte ich zumindest.“ Sie sah zu ihm nach oben und gab ihm diesen Kuss aufs Kinn, schloss die Augen weil sie einfach diese Wärme auf sich wirken lassen wollte. „ Und jetzt verbringen wir einfach ein ganz kitschiges Date? Ohne Drama? Ohne das du weg bist, wenn ich mich umdrehe? Ohne... das ich gleich wegen irgendwelcher Rauschmittel vergiftet in einer Klinik lande? So... ganz normal? Oder schon fast langweilig?“ Jamie konnte wirklich anders sein, wenn das einmal durch brach und das war es auch, was hoffen ließ, dass ihre Schulzeit und die Pein des Mobbings ihr Selbstbewusstsein nicht total zerstört hatte.

[Gus Evans]

Genauso wie Jamie musste auch ich unwillkürlich lächeln, als sie mich ihren Freund nannte. Wie komisch. Und wie schön zugleich. So schön, dass ich sie noch etwas fester an mich drückte und meine Hand liebevoll über ihre Schulterblätter zog. "Und wie er das wäre. Ich will nicht nochmal jemandem den Arm brechen. Dafür achte ich dann auch drauf nicht mehr einfach so wegzulaufen, sonst wäre meine Freundin nämlich ziemlich böse." Auch wenn es witzig gemeint war, sah ich Jamie doch einmal ernst an, ehe ich mich langsam wieder von ihr löste, aber nicht umher kam ihr noch einen Kuss auf die Lippen zu drücken. "Jetzt verbringen wir erstmal ein unfassbar langweiliges Date miteinander, ja. Unser Erstes. Ich hab übrigens das Gefühl du kommst nach Matt: Jetzt sind wir schon ein richtiges Paar, ohne jemals ein richtiges Date gehabt zu haben. Das würde auch zu ihm und Madison passen." Gezwungenermaßen ließ ich ihren Körper los, anstatt mich allerdings zu der Gitarre auf die ausgebreitete Decke zu setzen, nahm ich zwei Flaschen Bier und die Papiertüte mit dem Gebäck und setzte mich damit an den Rand des Wagons, dorthin, wo man die Beine herunterhängen lassen und nach draußen in den dunklen Himmel sehen konnte. Und auf die anderen alten, verlassenen Züge, die hier standen. Einladend streckte ich meine Hand nach Jamie aus, bis sie meine Finger ergriff und sich neben mich sinken ließ. "Bevor wir Matt davon erzählen, sollten wir vielleicht erst die Kamera verstecken. Nochmal halte ich das nicht aus." Genauso wenig wie das Hemd, das ich immer noch trug und an dem ich schon wieder ein wenig herum riss, weil es nicht so bequem auf der Haut saß wie meine Hoodies oder T-Shirts. Und dabei hatte ich die Ärmel schon hochgekrempelt, zwei Knöpfe geöffnet und das untere Ende aus der Hose heraus gezogen. Scheiß Teil. "Was meinst du was Matt und Madison gerade machen? Glaubst du- unser Plan hat funktioniert?" Kurz sah ich Jamie in die Augen, ehe ich das Bier wieder in die Hand nahm und erst eine Flasche für sie, dann eine für mich öffnete. "Und was machen wir, wenn es nicht funktioniert hat?"