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COLORADO
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Gus Evans
REVOLT, REBEL, RESIST!
Beiträge: 165
Registriert seit: Jun 2015
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RE: COLORADO
Es war ein unbeschreibliches, aber völlig absurdes Gefühl Haily zuzuhören. Ich hatte sie zwar dazu motiviert von uns zu erzählen, von unserer Familie und von unserer Kindheit, aber eigentlich hatte ich das eher für sie getan, als für mich. Damit sie sich von den schrecklichen Erinnerungen an das, was ihr geschehen war, lösen konnte und damit sie den Schmerz vergaß. Anfangs versuchte ich mich deshalb auch noch vehement gegen diese liebevollen Worte zu wehren, stellte mir innerlich einfach vor, dass meine Schwester eine Geschichte erzählte, von einer Familie, die nichts mit uns zutun hatte, während ich dabei die weiße Muschel in meiner Hand fixierte und sie immer wieder zwischen meinen Fingern drehte, aber irgendwann ging das nicht mehr. Irgendwann konnte ich mich nicht mehr gegen die Emotionen wehren, die sie damit in mir auslöste. Ich konnte mich nicht dagegen wehren, dass neben mir meine Zwillingsschwester saß, die mit so viel Liebe und Zuneigung über uns beide redete und dabei langsam, unauffällig immer mehr meine Nähe suchte. Ich konnte mich nicht dagegen wehren, dass ich ein Teil von ihr war und sie ein Teil von mir, auch wenn es mich überforderte. Auch wenn es mich einengte. Es war so und als ich endlich den Kopf hob, um meiner Schwester in die Augen zu sehen, da sah man darin alles, was sie mir über mein Leben erzählt hatte. Man sah wie sensibel ich war, wie schweigsam und zurückhaltend. Man sah auch wie ich mich um sie sorgte, wie früher schon, und wie sie - ob ich nun wollte oder nicht - eine der wertvollsten Personen war, die ich in meinem Leben je treffen würde. Wir waren unterschiedlich und doch- so ähnlich. Darüber vergaß nicht nur sie ihren Schmerz, sondern auch ich. "Ich wünschte- ich wäre da gewesen. Früher. Ich wünschte ich könnte mich daran erinnern. Ich glaube- ich glaube mein Leben wäre besser gewesen, wenn ich mich an uns erinnern könnte." Es war mir zu viel sie zu berühren und diese Wärme zuzulassen, die ihre kurze, intensive Nähe eben bei mir ausgelöst hatte, deshalb war mein ganzer Körper auch schon wieder verspannt, aber ich wehrte mich nicht dagegen, dass sich unsere Arme sachte aneinander drückten. Im Gegenteil. Das fühlte sich gut an. Sicher. "Weißt du, ich- hab immer nach euch gesucht. Unterbewusst. Ich wusste zwar nicht, dass es euch überhaupt gibt, aber- ich hab immer nach mir gesucht. Danach, wer ich bin und woher ich komme. Ich hab mich nie irgendwo heimisch fühlen können, ich war immer der Außenseiter, immer zu komisch, zu durchgedreht. Zu anders. Ich dachte, dass sich das ändert, wenn ich den Platz finde, wo ich herkomme und wo ich hingehöre und- und irgendwie glaube ich, dass das sogar stimmt." Ein schwaches Lächeln zeichnete sich auf meinen Lippen ab, weil niemand durchgedrehter sein könnte als Haily, auch nicht ich. Bei ihr hätte ich mich heimisch gefühlt. Wenn ich sie eher gefunden hätte. "Ich glaube, wenn wir uns vor zehn Jahren getroffen hätten, dann wäre meine Welt ein besserer Ort gewesen. Nur- jetzt sind viele Dinge passiert. Jetzt bin ich- hier, bei Jamie und Matt und Madison und- ich fühle mich wohl hier. Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich mich nicht nur- akzeptiert, sondern auch geliebt, dafür, wer ich nunmal bin. Verstehst du?" Natürlich nicht, sie wusste ja noch nicht einmal, worauf ich hinaus wollte. "Ich will nicht- ich will nicht sagen, dass du hier keinen Platz hast, das ist es nicht. Ich- ich glaube ich würde dich gerne- kennenlernen. Aber- ich hab Angst davor, dass mich das ändert. Ich möchte bleiben, wer ich gerade bin - Gus, nicht William - und- und ich denke, das solltest du wissen. Ist das- okay? Denkst du das geht? All die Dinge, die du von uns erzählst, das hört sich schön an, wirklich, aber- ich weiß noch nicht genau, ob ich mich selber darin finden kann oder ob das eher aus einem Leben kommt, das nicht meins ist. Ob das eher klingt wie eine Geschichte, anstatt wie meine Vergangenheit." Unsicher sah ich noch einmal auf die Muschel in meiner Hand, dann wieder in Hailys Gesicht. "Wenn das für dich okay ist und wenn du mich - Gus - noch einmal ganz von vorne kennen lernen möchtest, dann- dann würde ich mich sehr darüber freuen, wenn du hier bleibst. So lange du möchtest." Fragend lehnte ich meinen Kopf ein wenig zur Seite, ließ sie aber dann doch noch nicht zu Wort kommen, ohne noch eine Sache zu sagen, die mir auf dem Herzen lag. "Dabei geht es aber nur um dich, nicht um- Chas. Ich will nicht- ich will ihn nicht in meinem Leben und ich will auch nichts von ihm hören. Er gehört hier nicht hin."
AUGUSTUS EVANS # 25 YEARS OLD # HOMELESS
![[Bild: gus04.png]](https://i.postimg.cc/rw0CVHWj/gus04.png)
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17.08.2016 14:30 |
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Haily Stone
WON´T EVER LET YOU GO.
Beiträge: 241
Registriert seit: Aug 2015
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RE: COLORADO
Sie lächelte milde als gus seinen Lebensweg und seine Gefühle dabei beschrieb und sog danach die Luft in die Lungen. " Mit Sicherheit wäre es uns beiden besser gegangen, Zwillinge fühlen sich nie ganz - ganz ohne den anderen. Das hat unsere Ma uns schon als Kindern prophezeit wenn sie dachte wir streiten uns. Ich bin auch aus der neuen Familie - ich finde das Wort übrigens übel, man kann keine neue Familie einfach so bekommen, die sucht man sich - geflohen. Ich hab dieses Leben für mich auch erst finden müssen, wo ich mich so wohl fühle aber das geht nur wenn man keine angst hat, frei zu sein und egoistisch zu handeln. Du hast mir gefehlt aber ich musste eben einen Weg finden, dass es nicht mein ganzes Leben einschränkt und wenn du das nun gefunden hast - wer wäre ich, dir das nicht zu gönnen? Ich bin froh, dass du sie gefunden hast und mir bricht es das Herz, zu hören, dass es jetzt erst dazu gekommen ist." Auch etwas was haily für gus gerne übernommen hatte, Gefühle zeigen. Ob das war im Supermarkt herum zu schreien weil es einen lolli nicht gab oder zu weinen, gerade in dem Kinderheim und bei ihren letzten, gemeinsamen Tagen. " Einer Seele ist das egal wie du sie nennst, gus oder William. Geist und Charakter wären auch noch meiner, wenn mich alle Manfred nennen." Beantwortet sie seine Frage eventuell anders als erwartet. Jetzt schon vermisste sie in den Augen keine der Gefühle ihres Bruders und der Name war das kleinste Problem. " möchtest du auch darüber reden, wo es dich danach so hin getrieben hat oder... reicht das an haily? Ich kann mir vorstellen, man muss sich mit so einem Zwilling erst in kleinen Dosierungen anfreunden..." wann wäre es denn passender als jetzt? Ihm die arme um den Hals zu legen und eine Attacken Umarmung gehabt zu haben, von der sie lange zehren würde? Eher sie sich wieder zurück lehnte.
|| LOSING HERSELF » 25 YEARS OLD » DIFFUS ||
Just remember to laugh as much as you cry,
and I promise you will find yourself when you are least expecting it.
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18.08.2016 07:00 |
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Gus Evans
REVOLT, REBEL, RESIST!
Beiträge: 165
Registriert seit: Jun 2015
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RE: COLORADO
Ich nickte einmal, mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen, und tippte danach mit meinem Zeigefinger behutsam gegen die weiße Muschel in meiner Hand. "Danke. Ich werde auf sie aufpassen, so wie du jahrelang auf deine aufgepasst hast." Und als ich den Blick in Hailys Augen wieder hob, musste ich gar nichts mehr sagen. Wir verstanden auch ohne Worte, dass wir damit eine stille Übereinkunft getroffen hatten und dass das etwas war, das uns miteinander verband. Dass wir uns nach all der Zeit einander öffnen und uns kennen lernen wollten. Ob das tatsächlich funktionierte und ob wir eine Möglichkeit finden würden die Vergangenheit hinter uns zu lassen, das vermochte jetzt noch keiner von uns zu sagen, aber das war auch gar nicht schlimm - weder für Haily, noch für mich - denn darin waren wir uns sehr ähnlich: Wir beide lebten in den Tag hinein. Und wir ließen uns stets von unseren Gefühlen leiten. Jetzt gerade fühlte es sich für mich richtig an mit meiner Schwester hier zu sitzen, in der Nacht, und mit ihr zu reden. Es fühlte sich richtig an sie von dem abzulenken, was ihr in den letzten Tagen Grausames widerfahren war, denn den Schmerz, den ich ihr damit nahm, den nahm ich auch gleichzeitig mir selber. Alles, was sie fühlte, fühlte auch ich. Wenn sie lachte, dann konnte ich nicht anders, als ebenfalls zu lachen, und wenn sie mich neugierig, wissbegierig ansah, während ich von meinem Leben erzählte, dann redete ich nur noch viel mehr, viel ausschweifender. Und lauschte danach selber aufmerksam, wie sie hierher gekommen war. Ihre Adoptiveltern waren ein Thema, ihr Ex-Freund, das Haus in Los Angeles und natürlich auch Aiden, aber ganz besonders interessiert sah ich sie an, wenn sie von der Zeit sprach, in der es mich auch noch gegeben hatte. Ich wusste diese Dinge immer noch nicht recht einzuordnen, weil ich einfach kein Bild dazu vor Augen hatte - keine Erinnerung an unser Haus oder an den Strand oder gar an unsere Eltern - aber es war schön das Strahlen in ihrem Gesicht zu sehen. Es war schön zu wissen, dass es dieses glückliche Leben gegeben hatte und dass es auch Menschen gegeben hatte, die mich lieben konnten. Die mich akzeptieren konnten. Haily hingegen, sie schien am liebsten von Jamie hören zu wollen. Ihre Augen wurden ganz groß, wenn ich über unsere Abenteuer der vergangenen Wochen sprach und darüber wie wir einander überhaupt kennen gelernt hatten. Ähnlich gebannt saß sie auch neben mir, wenn ich ihr von meinen waghalsigen Tierbefreiungs-Aktionen erzählte, und von meinen einschlägigen Vorstrafen, die fast alle tierrechtlich motiviert waren. Bis in die frühen Morgenstunden hockten wir einfach nur zusammen und obwohl wir einander doch eigentlich gar nicht kannten, war es überraschend einfach mit ihr zu sprechen. Manchmal zog ich noch angespannt meine Schultern hoch und versank dabei in mir selbst, in meinen eigenen Gedanken, - vor allem, wenn sie mal wieder den Körperkontakt zu mir suchte - aber dann plapperte Haily einfach weiter und lockerte damit die Situation wieder auf. Es war schön sie hier zu haben, zumindest spürten wir beide in dieser Nacht keinen Zweifel mehr daran, und als ich bei Sonnenaufgang dann doch müde wurde, genauso wie sie, da bestand ich sogar darauf, dass sie mit uns in unserem Zelt schlief. Bewusst legte ich Jamie wie ein Schutzschild zwischen uns, weil ich mit körperlicher Nähe nicht ganz so locker umging wie meine Schwester, aber ich schlief an diesem Tag so lang, so fest und so gut wie schon lange nicht mehr. Und irgendetwas sagte mir, dass das nicht nur an der Nachwirkung der Droge lag.
AUGUSTUS EVANS # 25 YEARS OLD # HOMELESS
![[Bild: gus04.png]](https://i.postimg.cc/rw0CVHWj/gus04.png)
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18.08.2016 17:22 |
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