LOS ANGELES # SAN FRANCISCO
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RE: LAS VEGAS - Madison Lane - 01.12.2015 21:39

Madison war sich nicht ganz Sicher, was sie von dieser Nacht halten sollte – wie auch? Sie hatte in letzter Zeit ein ruheloses Gefühl und keine Ahnung, wo ihr Platz war aber eines konnte sie auch nicht Leugnen. Matt und sie teilten den Humor, den sie gerade erst begann bei sich wieder zu finden und die Abenteuerlust, die sie zum Glück aus ihren Jugenderinnerungen kramen konnte. Deswegen zog sie ihn lachend am Ohr. „ Ohja, es fällt mir schwer dir nicht hier und jetzt die Kleider vom Leib zu reißen. Am liebsten hätte ich aber gerade eben dein Röckchen einfach nach oben geschoben.“ Und aus dem zu beginn fesselnden, lüsternen Blick wurde ein Grinsen und ein Augenzwinkern. „ Wenn, dann wäre es das Flugzeug aber da du ein mittelloser Mann bist, dauert das mit Sicherheit, bis du dir das Abenteuer leisten kannst – wenn ich dann auch noch betrunken bin wie jetzt,...“ Sie ließ den Rest offen, genauso wie er sie nicht Wissen ließ, wie Ernst ihm sein Angebot war. Die beiden gingen zu dem Wagen zurück, als Maddi sich Gedanken machte. „ Okay, Platz 1. Der ist am einfachsten. In einem Möbelhaus, während geöffnet ist, in einem der Ausstellungsbetten Sex haben, ohne das es einer mitbekommt und wenn dann, wenn beide auf ihre Kosten gekommen sind.“ Lachte sie, irgendwie hatte sie die Vorahnung, das könnte verrückt werden und auch wenn sie sich so nicht kannte, Maddi hatte schon immer einen Faible gehabt, mit der Option erwischt zu werden, Sex zu haben. Ihr Mann wusste schon lange, dass er seine Frau damit reizen konnte. Er wusste auch, dass sie nie Müde wurde, sich etwas neues auszudenken und so war es nicht mal verwunderlich, dass ihr auch noch etwas einfiel. „ 2. Alaska oder wo es sonst richtig bitter kalt ist. Irgendwo im Nirgendwo. Keine Ahnung warum aber ich will Wissen... wie das in der absoluten Kälte ist, ob ich dem Kerl trotzdem so einheizen kann?“ Abermals grinste sie in seine Richtung. „ Platz 3. teilen sich Sex im Schloss von Disneyland im Cinderella Kostüm – sexy oder standart, egal aber so ein Ballkleid lässt sich sicher kürzen. Wahlweise eine andere Prinzessin nur die passt optisch... aber die haben nie Sex mit ihren Prinzen. Das geht so nicht. Ich will ja keine Kindheitserinnerungen zerstören aber meine Erwachsenen-Vorstellungen perfektionieren. Oder anderer Platz 3. in einem Geisterhotel. Das leer ist, gruselig und ich würde mich ganz vielleicht dazu hinreißen lassen, nachdem ich mir selber durch knackende Balken Panik gemacht habe, mich Mädchenhaft von einem Mann mit zu viel Ego und Beschützerinstinkt verführen zu lassen.“ Weil das eigentlich nicht sie war aber man durfte ja mal in eine Rolle schlüpfen, in so einem Gruselschloss. „ Ach und ich würde gerne mal testen - aber händisch, wenn wir uns verstehen - ob ich einen Mann mehr Ablenken kann, als eine Achterbahn... ich Glaube nur das ist kaum machbar, die fahrten sind so schnell vorrüber. So, jetzt habe ich deine und meine Phantasien angeregt – nun – was steht uns noch bevor?“ Schmunzelnd lehnte sie sich gegen den Bus.


RE: LAS VEGAS - Matthew Dawson - 05.12.2015 01:43

Ich wusste nicht, ob Madison bei mir dasselbe durch den Kopf ging, aber natürlich hörte ich mir ihre neue Liste an und speicherte mir all die genannten Punkte imaginär in meinem Kopf ab, um sie irgendwann mit ihr abarbeiten zu können. Einige dieser Phantasien waren mir nicht neu, schließlich hatte die Frau vor mir immer noch verdammt viel mit meiner Frau gemein, aber andere hatte ich tatsächlich noch nie gehört. Jede Einzelne davon versprach allerdings Nervenkitzel und vor allem unheimlich viel Spaß, meine Frau hätte gewusst wie anfällig ich dafür war und dass ich sie natürlich immer wieder zweitdeutig von der Seite angrinste. Und als wir zum Bus zurückkehrten, öffnete ich auch als Erstes die hinteren Türen und wühlte ausgiebig in meinem Gepäck, ehe ich enttäuscht mit den Schultern zuckte und Madison wieder ansah. "Möbelhäuser haben geschlossen, Freizeitparks ebenfalls, ein Geisterhotel finden wir hier bestimmt auch nicht und Alaska ist ein bisschen zu weit weg. Meine letzte Hoffnung war das Cinderella-Kleid, aber auch davon hab ich leider keins dabei. Heute ist echt nicht mein Tag." Gespielt frustriert zog ich meinen Tabak aus der Hosentasche und drehte mir eine Zigarette, die ich mir danach zwischen die Lippen schob, um tief den Rauch in meine Lungen zu ziehen. "Aber so hart das jetzt auch für mich ist, das Leben muss weitergehen." Demonstrativ zog ich die Serviette aus meiner Tasche hervor, klappte sie auf, las mir das Geschriebene durch und steckte sie danach wieder zurück. Unauffällig hatte ich mich dabei Madison so weit genähert, dass ich jetzt dicht vor ihr stand, gerade an der Grenze zur Aufdringlichkeit. "Erzähle einem Fremden ein Geheimnis." Meine Mundwinkel hoben sich ein wenig, erwartungsvoll lehnte ich meinen Kopf zur Seite. "Zum Glück kennen wir uns nicht und sind uns auch noch nie vorher begegnet, das charakterisiert uns doch als Fremde füreinander, oder? Dann bitte, schieß los." Oh, wie ich es liebte, wenn ich Madison mit ihren eigenen Waffen schlagen konnte.


RE: LAS VEGAS - Madison Lane - 07.12.2015 23:07

Madison sah ihn im ersten Moment verwirrt beim Wühlen zu, dann zuckte unschuldig die Schultern mit einem Grinsen auf den Lippen. „ So unfassbar scharf ich auch auf dich bin, dass ich das nicht mal mehr in meinen Augen verbergen kann - ohne Kleidchen geht da nichts.“ Sie hielt die Handflächen nach oben und tat so als würde sie einen Moment schmollen, eher sie ihm aufmunternd auf die Schulter klopfte. Doch ihre Neckereien blieben ihr im Halse stecken, denn eher sie ihm anbieten konnte, ihm eine von eben Transe klar zu machen, nutzte Matt die Idee gegen sie selbst. Denn nun musste sie diesen Fremden, den man eventuell noch auf Abstand halten konnte, in ihrem Leben wühlen lassen. In ihrem Kopf. Das er ihr ohnehin schon näher war als sie Annahm, ließ Madison nur zu gern an sich abprallen. Klar, sie könnte auch ein Belangloses Geheimnis aus ihrer Jugend nehmen aber das fühlte sich nicht nach fair Play an und dafür war sie zu sehr sie selber. Trotz Drogen und Alkohol. Etwas verbissen sah sie ihn also an, ging ihre Optionen durch aber es lief auf eines hinaus. Ein Geheimnis was sie einem Fremden wohl anvertraut hätte – mit dem sie sich so verstand. Weil es sie natürlich noch beschäftigte, nur mit einem One Night Stand oder seinem Dealer redete man eben nicht über so was und alle anderen Menschen, die ihr nahe sein sollten, waren ihr Fremd und Interessierten sich nicht dafür, was das mit ihr anrichtete. Alle wollten sie ihre Madison zurück, denen war sie doch ganz gleich. „ Gut – aber du Behältst es für dich, auch wenn du deinem besten über diese verdammte Stadt und diese komischen Menschen berichtest und ich will auch eines von dir hören, klar?“ Nach Einwilligung lehnte sie sich im Beifahrersitz zurück, sah auf die Straße und nestelte an ihrem Oberteil herum. „ So lange lebe ich noch nicht in Las Vegas. Vor einer Weile hatte ich einen Autounfall... mit meinem Mann... und ich habe dabei mein Gedächtnis verloren. Alles. Ein bisschen was kam wieder, aus der Jugend aber das meiste ist noch weg. Kann sein, dass es nie wieder kommt. Also sitzt du neben einer Frau mit einem halben Lebenslauf. Ehe du nun fragst warum ich dann hier bin und nicht bei den Menschen, die ich kenne... Ich verletzte sie mit meiner Anwesenheit nur, sie warten darauf, dass ihre alte Madison wieder kommt und sie verletzen mich damit. Du möchtest doch auch niemand sein, den du nicht kennst und dich so benehmen, wie man es erwartet, weil alle besser Wissen, wie man sich benehmen sollte? Verstehst du? In ihren Augen existiere ich, um jemand anderes zu sein.“ Gerade Matt würde sich innerlich gegen diese Anschauung sträuben, nur Madison liebte es eben auch ihn zu Provozieren, wenn er schon so dreist war. Eigentlich war das der Plan aber je mehr sie Redete, desto mehr spürte sie eine Last von sich fallen. Außerdem fühlte es sich gerade nicht so an, als redete sie mit ihrem Mann sondern wirklich mit Matt. Denn die blonde Frau, die gerade neben ihm saß, die hatte ja jetzt endlich Gelegenheit ihn kennen zu lernen, ohne Erwartungen.


RE: LAS VEGAS - Matthew Dawson - 09.12.2015 22:03

Zugegeben, ich hätte niemals damit gerechnet, dass Madison dieses Geheimnis auswählen würde, aber sie erreichte damit genau das, was sie beabsichtigte. Und noch mehr. Einerseits provozierte sie mich damit tatsächlich, denn alles, was sie da sagte, das wollte ich überhaupt nicht hören. Darüber hinaus hätte ich am Liebsten sofort protestiert und ihre unterschwellige Kritik von mir gewiesen, aber mir war klar, dass ich das nicht konnte. Nicht jetzt. Nicht, während wir nur Fremde füreinander waren. Andererseits passierte aber auch etwas in mir, womit vermutlich keiner von uns vorher rechnen konnte: Ich ließ mich wirklich auf ihre Worte ein. Ein Teil von mir war in seiner aktuellen Rolle als fremder Mann für Madison so festgefahren, dass es sich tatsächlich anfühlte, als höre ich diese Geschichte gerade zum ersten Mal. Dass ich versuchte mich für die Dinge zu öffnen, die Madison mit ihrem Gedächtnisverlust verband, unabhängig davon, wie ich selber diese tragischen Wochen erlebt hatte. Und das wiederum half mir dabei ihre Emotionen besser zu verstehen, als jemals zuvor. Nachdem wir wieder in den Bus eingestiegen waren, lenkte ich uns auf die Straße und sah ihr von der Seite ins Gesicht, zog dabei langsam meine Schultern hoch. "Und wer bist du?", fragte ich gerade so laut, dass sie meine Stimme durch die Musik hindurch verstehen konnte. "Du sagst, dass man dich dazu gedrängt hat jemand zu sein, der du nicht bist. Und den du auch nicht kennst. Also: Wer bist du? Hast du das herausgefunden?" Das war jedoch nicht alles, was ich sagen wollte, und nachdem ich für ein paar Sekunden auf das Leder des Lenkrads gestarrt hatte, schüttelte ich langsam den Kopf. "Das hört sich nach ein paar harten Wochen an, die du hinter dir hast. Und ja, ich denke ich kann verstehen, warum du dich dieser Erwartungshaltung von deinem Umfeld nicht länger aussetzen wolltest." Und genau das war so befreiend, dass sich auf einmal ein schwerer Druck auf meiner Brust löste. "Glaubst du, dass deine Erinnerung irgendwann zurückkehrt? Willst du dich überhaupt wieder erinnern?"


RE: LAS VEGAS - Madison Lane - 10.12.2015 23:46

Madison wollte das eigentlich runter Schlucken, wollte nicht noch tiefer in dieses Thema rutschen – auch wenn sie es selber angeschnitten hatte. Denn mit so viel Verständnis hatte sie mit Sicherheit nicht gerechnet, wie auch? Das war von seiner Seite bisher eher Fremd. Doch da war auch eine andere Tatsache, es erleichterte sie, darüber zu Reden. Ob nun mit einem Fremden oder das Matt gezwungen war, sich das mal Objektiv von ihr anzuhören, mochte sie nicht sagen aber sie blickte ihn von der Seite an eher der Blick so typisch aus dem Fenster wanderte. Wie immer, wenn Madison etwas los werden würde, was eigentlich ihr Gegenüber zu tief blicken lassen könnte. „ Es ist ja nicht nur die Erwartungshaltung, du sagst es so, als wäre ich unfassbar Egoistisch. Die letzten Wochen waren für alle hart, auf die ich getroffen bin und weißt du, wie schwer es ist, Menschen zu verletzten... die dir allem Anschein nach die Welt bedeutet haben und du ihnen? Vor dem Unfall hätte ich ganz Gewiss nie gewollt, dass ihnen etwas zustoßen würde, ihnen jemand weh tut und nun schaffe ich das mit meiner Anwesenheit? Jeden Tag diese Blicke, bedauernd oder enttäuscht, dass ich mich nicht an sie Erinnere? Dann noch diese.. Unsicherheit? War ich Glücklich? Eine Vertrauensperson hat mich auch... ziemlich reingelegt. Nach einem Besuch in New York weiß ich, sie hat sich meine erloschene Erinnerung nur zu Nutzen gemacht aber das hinterlässt Zweifel.“ Die Rede war von ihrer Ma, von Kate und Ian hatte sie sich Bestätigen lassen, dass sie es gewesen war, die gelogen hatte. Nun kam Maddi erst zu seiner ersten Frage, wobei sie noch immer eher mit dem Spiegelbild im Bus sprach als mit Matt. „ Nein – ich weiß noch nicht genau, wer ich bin. Könntest du dir Vorstellen deine unzähligen Lebensjahre in ein paar Wochen aufzuholen? Von deiner Lieblingsfarbe, die du irgendwann mal hattest bis zu deiner Lieblingsband? Da gibt es eine Menge Lücken zu füllen.“ Sie Lächelte ein ganz klein wenig, weil sie ihn in dem Satz gedisst hatte aber eigentlich war die Tatsache doch traurig. Denn sie hatte dazu noch mehr zu sagen. „ Die Erinnerung reicht bis zu einem sehr beschissenen Erlebnis... meiner Jugend.“ Sie musste es doch nicht mal in Worte fassen? Eigentlich wusste er es doch ganz genau! „ Ich habe Angst, wenn ich mich weiter Erinnere, an einer neuen, weniger schönen Erinnerung hängen zu bleiben. Dann lieber da Ansetzen, wo ich nun bin und nicht wieder alles über den Haufen geworfen zu bekommen. Diese Erinnerungen sind ja auch so, als wären sie... gerade erst gewesen. Würdest du gerne die schlimmsten Momente deines Daseins Häppchenweise noch mal durchstehen? Diese Frau, die ich war – die war unfassbar Glücklich mit ihrem Leben. Die hat alles erreicht und alle ihre Träume verwirklicht, von einem Partner bis hin zu einem eigenen Tattoo Studio in Los Angeles aber wie soll ich da Ansetzen wenn mir der größte Weg fehlt? Man wächst an seinen Aufgaben, hm? Ich stecke in einer ganz anderen Sequenz ihres Lebens. Diese Jahre kann man auch nicht durch Erzählungen füllen.“ Sie rieb sich über die Stirn, weil das alles aus ihr herauskam und sie nicht mal eine Ahnung davon hatte, dass es in ihr schlummerte und deswegen griff sie auch lieber wie Madison eben war nach dem Whiskey und dachte auch immer wieder an die fertige Pfeife in ihrer Tasche.


RE: LAS VEGAS - Matthew Dawson - 24.12.2015 02:58

Madison konnte das nicht wissen - zumindest hatte sie es mit Sicherheit nicht darauf abgezielt - und auch mir wurde es nur schleichend bewusst, aber durch dieses Gespräch, das wir als zwei Fremde miteinander führten, gelang es mir tatsächlich erstmalig sie zu verstehen. Zu akzeptieren, weshalb sie gehen musste und dass es nichts mit mir als Person zutun hatte, sondern dass sie einfach meine Nähe nicht mehr aushielt. Meine Erwartungen. Und mich zu enttäuschen, immer und immer wieder. Denn genau das war ein Gefühl, das ich nur zu gut kannte, und obwohl dieses Ereignis, das mir auf einmal in den Kopf kam, mittlerweile schon Jahre zurück lag, erinnerte ich mich an diesen Druck auf meiner Brust als wäre es erst gestern gewesen. "Ich habe meine Frau mal betrogen", sagte ich mit gesenkter Stimme, diesmal wich ich absichtlich Madisons Blick aus. "Ganz am Anfang unserer Beziehung, da habe ich eine andere Frau geküsst, also- ich weiß wie es sich anfühlt jemanden zu verletzen, den man eigentlich nicht verletzen will. Das war das Schlimmste. Mit der Wut und den Vorwürfen konnte ich umgehen, aber in ihren Augen zu sehen wie weh ich ihr damit getan hab, das war unfassbar hart. Sie hat eine Möglichkeit gefunden mir dafür zu vergeben, und ich hab sie dafür geliebt, aber wenn ich diese Last auf meinen Schultern über Wochen hinweg jeden Tag spüren müsste, dann hätte ich auch irgendwann aufgegeben. Das geht nicht, so kann man nicht leben." Erst jetzt wagte ich es meine Frau von der Seite anzusehen, aber ihr Gesicht war noch immer von mir abgewandt. Würde sie mir diesen Seitensprung zum Vorwurf machen? Noch einmal? Würde das etwas für sie ändern? "Das zählt als Geheimnis, oder?" Meine Mundwinkel hoben sich zu einem schwachen Lächeln, das sich auch auf dem Gesicht von Madison spiegelte, als sie mich nun doch ansah. Ich wusste nicht genau, ob es etwas mit diesem absurden Pakt zutun hatte und damit, dass sie als Fremde überhaupt kein Recht besaß wütend auf mich zu sein, oder ob meine Untreue tatsächlich nichts für sie änderte, aber in diesem Moment war mir das auch völlig egal. Diese Leichtigkeit von ihr brauchte ich nämlich, um die Musikanlage voll aufzudrehen und laut das aktuelle Lied mitzusingen. Das war die Stimmung, die ich wollte. Ausgelassen, glücklich, ein bisschen durchgedreht. Wegen Momenten wie diesen hatte ich damals mein Herz an sie verloren und sie ihres an mich, das waren Matt und Madison. Und ja, natürlich hatten wir auch viel Scheiße miteinander durchstehen müssen und natürlich gab es niemanden, mit dem ich so gerne redete wie mit meiner Frau, aber sie war nicht so. Sie würde Zeit brauchen, um das Vertrauen zu mir wieder aufzubauen. Und irgendwann, wenn sie so weit war, dann würde sie von selber den Mund öffnen und mit mir sprechen, so wie immer. Aber sie jetzt dazu zu drängen ihren Gedächtnisverlust und die damit einhergehenden Probleme mit mir auszudiskutieren? Das funktionierte nicht. Nicht bei Madison. Und so ließ ich ab diesem Moment auch gänzlich von dem Thema ab, stieß meine Frau lieber motivierend an und bewegte lachend meinen Körper zum Takt der Musik, während ich noch immer aus voller Kehle den Text mitsang.
Eine Stunde fuhren wir so in die endlos weite Wüste hinein, bis zu unserem vereinbarten Ziel. Auf dem Weg dorthin überredete ich sie auch noch die nächste und damit vorletzte Aufgabe für mich zu erledigen: Ich brauchte ein Foto von Brüsten auf meinem Handy. So als hätte ich meine Frau noch nie zuvor nackt gesehen kletterte sie nach einer kurzweiligen, amüsanten Diskussion auf den Rücksitz, zog ihr T-Shirt hoch und knipste ein Foto, während ich heimlich durch den Spiegel nach hinten sah und dafür sofort einen Klaps auf den Hinterkopf kassierte. Damit blieb nur noch eine einzige, letzte Aufgabe übrig. Die Sonne erschien so gerade am Horizont, als ich mitten in der Wüste auf einem kleinen Schotterweg anhielt und mit Madison auf das Dach von unserem Bus klettern wollte, aber ich hatte es noch nicht einmal nach oben geschafft, als mein Handy auf einmal klingelte und Gus sich am anderen Ende der Leitung meldete. Mal abgesehen davon, dass sein Timing grauenhaft war, wollte ich vor allem mit ihm eigentlich absolut nicht reden und das hörte man auch in meiner Stimme, als ich das Telefonat annahm. Das und gleichzeitig auch Sorge. Niemand rief um 5 Uhr in der Früh an, wenn es nicht etwas Wichtiges gäbe und genau diese Vermutung sollte sich auch bestätigen. Jamie ging es nicht gut, Gus hörte schon die ganze Nacht ihrem Weinen zu und konnte deshalb nicht mehr länger vor mir verschweigen, was passiert war. So detailreich wie er konnte berichtete er mir ganz genau von dieser Party, von Nate, von ihrer ersten sexuellen Erfahrung, von dem Foto und den Schikanen in der Schule. Und auf einmal stand ich wie erstarrt dort mitten im Nirgendwo, eigentlich genau dort, wo ich sein wollte - in der Nähe meiner Frau -, aber fühlte mich so fehl am Platz wie selten zuvor. Das hier sollte meine Priorität sein, Madison und ich, aber als ich den Anruf beendete und in die Augen dieser wunderschönen Frau blickte, die mir in meinem Leben so sehr fehlte, stand die Entscheidung eigentlich schon fest. Ich musste nach Hause, zu Jamie. Sie brauchte mich doch jetzt. All das hatte Madison während des Telefonats schon mithören können, sie wusste also worum es ging, aber das, was ich ihr jetzt sagte, geschah auf gewohnt ironische Art. "Es ist etwas passiert. Und ich muss zurück, nach Los Angeles. Allerdings steht noch eine Aufgabe aus und du hast schließlich versprochen, dass wir gemeinsam alle Punkte auf der Liste abarbeiten, also- was hältst du von einem kleinen Umweg?" Mein Herz raste, vor Angst und vor Sorge um Jamie und auch wegen Madisons Antwort, aber trotzdem fand sich dieses schiefe Lächeln auf meinen Lippen ein. Ein Lächeln, das ich gar nicht benötigte, denn die blonde Frau dort war völlig außer sich vor Wut. Was folgte war ein 10-minütiger Vortrag darüber, wie man so etwas mit einem jungen Mädchen tun konnte und wie von selbst fand Madison sich wieder auf dem Beifahrersitz ein, um die Wüste früher zu verlassen als geplant und die andere Richtung einzuschlagen. Knapp 5 Stunden fuhren wir durch das Morgengrauen, bis wir das Haus erreichten, das meine Frau und ich nach unseren Träumen gestaltet hatten.
Auch wenn Jamie bei dem Anblick von mir sofort versuchte ihre Tränen zu verbergen, fiel mir natürlich trotzdem auf, wie verletzt sie war und wie sehr sie unter den Situation litt. Mit Recht. Und obwohl sie für einen Moment so aussah, als wolle sie Gus einen Vorwurf daraus machen, dass er mich angerufen hatte, ließ sie sich regelrecht hilfesuchend in meine Arme fallen und drückte sich ganz fest an mich. Das, was dieser Nate in ihr zerstört hatte, ließ sich nicht in ein paar wenigen Tagen wieder aufbauen, aber ich merkte, dass es ihr gut tat nicht mehr alleine zu sein. Und wenn ich in einer Sache hervorragende Qualitäten vorweisen konnte, dann definitiv darin jemanden zu trösten und aufzubauen. Dazu musste ich nur das richtige Maß an Ablenkung und Zuneigung finden, in den passenden Momenten entweder ihren Kopf ausschalten oder aber tröstend über ihren Rücken streicheln und ihr sagen, dass alles wieder gut werden würde. Und ganz langsam aber stetig wurde das Lächeln auf ihren Lippen ein wenig breiter und ein wenig ehrlicher. Immer mehr Leben kehrte in ihren Körper zurück und nach ein paar Tagen war sie tatsächlich so weit, dass ich es wagen konnte sie bei einem Spaziergang am Strand auch mit meinen Problemen zu belasten: Was konnte ich für Madison tun? Manchmal schien sie sich in unserem Kreis unheimlich wohl zu fühlen, sie suchte auch nicht nur einmal das Gespräch zu Jamie, um ihr Mut zu machen und für sie da zu sein, aber dann wiederum wirkte sie plötzlich so, als wäre sie von dieser Nähe total eingeengt. Es vergingen nur ein paar wenige Tage, aber meine Frau schien ihren Platz in dieser Stadt und vor allem in dieser Familie noch nicht gefunden zu haben. Möglicherweise wollte sie ihn auch noch gar nicht finden. Und genau das war letztendlich der Punkt, bei dem Jamie mir auf die Sprünge half. Ich musste endlich aufhören sie als meine Frau zu betrachten, als die Frau, die mit mir gemeinsam in diesem Haus lebte und meine kleine Schwester adoptiert hatte. Sie war nicht mehr meine Familie und wenn ich jetzt damit begann wieder in alte Muster zu verfallen und zu viel von ihr zu erwarten, dann würde ich sie verlieren. Zweifellos. Wenn wir locker miteinander umgingen und unbefangen den Abend zusammen verbrachten, mal am Strand abhingen oder in eine Kneipe, dann lachten wir so viel wie früher. Dann harmonierten wir so gut wie immer. Aber wenn wir dann in Situationen manövriert wurden, in denen sie sich plötzlich so verhalten sollte wie jemand, der sie nicht war, dann änderte sich ihre Stimmung. Auf einmal verkrampfte sie sich, fühlte sich unwohl und fehl am Platz. Und in meiner Hand lag es jetzt ihr zu zeigen, dass ich nicht zu viel von ihr erwarten wollte. Dass ich es langsam angehen lassen wollte. Dass wir gut miteinander waren, dass wir einander auch mochten, und dass nichts anderes gerade zählte.
Genau diese Problematik traf uns aber auch ein paar Tage später, an Heiligabend. So gerne ich auch den Abend mit meiner Familie verbringen würde - mit Madison, mit Jamie und wenn unbedingt nötig auch mit Gus -, meine Frau wäre damit völlig überfordert. Kaum ein Feiertag steckte so voller Liebe und Besinnlichkeit wie Weihnachten, das war nicht das, was ihr jetzt helfen würde. Nicht so, wie ich es mir in meinem Kopf ausmalte. Und schon wieder war es Jamie, die mir motivierend zuredete und mir mehrmals bestätigte, dass es in Ordnung sei, wenn wir Heiligabend nicht gemeinsam verbringen würden, damit ich meiner Frau endlich zeigen konnte, dass ich bereit war mich auf sie einzulassen. So wie sie es wollte. In ihrer Geschwindigkeit. Kurzerhand kramte ich in meinem Kopf nach verrückten, gleichzeitig aber auch ganz unverfänglichen Ideen, um gemeinsam mit ihr den Abend zu verbringen, und blieb dabei letztendlich am Strand hängen. Weihnachten am Venice Beach, mit einem Tannenbaum im Sand. Na, das klang doch ganz nach uns. Und mit der Hilfe eines Freundes gelang es mir am Nachmittag tatsächlich einen Baum zum Strand zu tragen, ihn dort zu schmücken und sogar eine batteriebetriebene Lichterkette anzubringen, ehe ich Madison anrief und sie bat mich am Abend genau hier zu treffen. Nur, um einmal auf Weihnachten anzustoßen, log ich.


RE: LAS VEGAS - Lenn Damien Parker - 14.09.2016 08:25

Wo zur Hölle war denn diese Frau abgeblieben? Eigentlich hatte Lenn sich vorgenommen, sich nach dieser einmaligen Sache von Emma fern zu halten - nicht das es nicht schön war und er sich dabei ertappte, wie er in Gedanken immer mal wieder zuließ, wie ihr Körper vor seinem Inneren Auge auftauchte aber das bedeutete für beide doch nur Ärger. Ärger den er nicht haben wollte. Zu Beginn hatte er angenommen, sie sei etwas länger in der Heimat als gewollt aber nach und nach konnte er seinen Instinkt nicht weiter unterdrücken. Irgendwas war da faul. Als auch April begann sich zu fragen, wo die Mitbewohnerin abgeblieben war, konnte er nicht verhindern, dass Emma immer häufiger in seinem Kopf herum geisterte. Fabelhaft.
Eigentlich hatte er sich viel eher schon kümmern wollen aber dann gab es für ihn viel Arbeit. Aus Gründen, die er nicht verstand, zog Chas sich ein wenig aus den Geschäften zurück, in seine privaten Angelegenheiten und Lenn musste seine Position verteidigen. Es wurde geredet, immer und zumindest die Gerüchte wurden laut, dass die Partnerin von Chas schwanger war. Diese Geschäfte waren kein Ort für schwangere oder Kinder, dass konnte ganz übel enden. Gut für ihn, denn Lenn war noch immer nicht erfreut, dass sein Chef von seinem Interesse an Emma wusste - jetzt war das aber hinfällig. Als endlich etwas Zeit blieb, wurde April auch noch von ihrem 'nicht-freund-aber-irgendwie-ist-da-was' betrogen oder auch eben nicht. Er verstand das nicht so gänzlich, denn seine ex Frau hatte sich ja nie richtig auf ihn eingelassen. Da sollte es ihr dich egal sein? Frauen waren so kompliziert, erstmals konnte er Kilian ein wenig verstehen. Nicht aus tiefen Gefühlen sondern weil Lenn und April einfach fast ihr ganzes Leben miteinander verbracht hatten, versuchte er irgendwie für sie da zu sein. Eventuell war es auch das schlechte Gewissen. Immerhin hatte er an ihrer Unsicherheit auch seinen Part zu übernehmen. Irgendwann stand dann aber fest, April brauchte eine Freundin und Emma war eh schon viel zu lange verschwunden. Sie sollte gefälligst herkommen. Anrufe waren schon zu Beginn nicht möglich und unter dem Gesichtspunkt, dass nicht nur er sich sorgte, während sie sich schon längst ein schönes Leben machte, konnte er dann auch endlich seine Nachforschungen nutzen. Wer arbeitete, der war angemeldet und Emma war angemeldet, in einem striplokal in las vegas. Ganz unvorbereitet kam er nicht, er hatte zumindest ihren Ex mann schon gesehen und er wusste auch, dass Emma für genau den arbeitete. Was auch immer Emma da trieb, wenn sie sich einfach abgesetzt hatte, sollte sie ihm das wenigstens sagen und das alle Menschen aus los Angeles ihr egal waren. April also, um die ging es ja auch immerhin, als er Emma nach der Arbeit über die Straße folgte. Lenn hatte einen Leihwagen organisiert. Er machte den Job nicht seid gestern und deswegen wusste er auch, es war nicht gut, wenn sie in Begleitung ihres Ex Mannes erstmals auf ihn traf. Nein, als sie weit genug von dem lokal weg waren, schloss er mit dem Wagen zu ihr auf, ließ die Scheiben herunter und hoffte, wenn sie ihn erblicken würde, würde sie sich zu ihm setzen. Wenn nicht gab es da auch noch andere Mittel und Wege aber noch appellierte er an ihre Kooperation. " Guten Abend außreißerin, es wäre zu freundlich wenn ich dir auf dem Heimweg ein paar Fragen stellen dürfte." Die Stimme ließ Emma zumindest wissen, ein 'nein' war keine Option. Hoffentlich schlug ihr Herz genauso schwer, wenn sie ihn zu Gesicht bekam.


RE: LAS VEGAS - Emma Sophia Roberts - 14.09.2016 14:43

Obwohl Emma wusste, dass in diesem Leben, das sie gerade führte, ihr Stolz, ihre Selbstbestimmtheit und vor allem ihre Lebensfreude keinen Platz haben konnten, versuchte sie doch verbissen daran festzuhalten. Jeden verdammten Tag beharrte sie auf ein bisschen Autonomie, in dieser Existenz, die auf den Befehlen ihres Ex-Mannes begründet war, und sei es nur, dass sie im Restaurant vehement darauf bestand sich selber ihr Essen aussuchen zu dürfen oder sich immer wieder dagegen auflehnte, wenn Jack auch ihre Kleidung für sie herauslegen wollte. Das passte nicht zu dieser Frau, die sich schon in jungen Jahren von ihrer Adoptiv-Familie abgekapselt und ihr Leben selber in die Hand genommen hatte. Sie wollte sich nicht nach den Wünschen anderer richten, sie wollte nur das tun, was sie sich wünschte. Was sich richtig anfühlte. Neben ihrem Ex-Mann fühlte sie sich eingesperrt wie ein wildes Tier und nicht nur einmal hatte sie auf dem Heimweg sehnsüchtig die Straße hinunter gesehen, auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit, oder in ihrem Handy durch die Kontaktliste gescrollt, um jedes Mal wieder über dem Namen von Lenn hängen zu bleiben. Er konnte ihr helfen, das wusste sie. Er hatte die nötigen Kontakte, die nötige Brutalität und das Durchsetzungsvermögen, das es brauchte. Und immer öfter schloss Emma die Augen, versetzte sich selber ein paar Wochen in die Vergangenheit, in die Wohnung von dem Mann, den sie durch so ungünstige Umstände kennen gelernt hatte, und dann zu dem Moment, in dem er darüber fantasiert hatte wie er sich an Jack rächen würde. Es wäre ein Leichtes seine Nummer zu wählen und ihn um Hilfe zu bitten, aber neben der Angst davor, dass noch jemand anderes von Emmas Vergangenheit wusste und ihr Geheimnis an die Öffentlichkeit tragen würde, fürchtete sie sich auch vor Zurückweisung. Was, wenn Lenn sich einfach nicht für ihre Sorgen interessierte? Wenn er sie auslachte und abwies? Dann war auch ihre letzte Hoffnung zunichte gemacht und sie war doch noch nicht bereit sich selber aufzugeben. Stattdessen zwang sie sich dazu jeden Tag den Alltag zu bestreiten, den ihr Ex-Mann ihr vorlegte. Sie wachte mittags neben ihm auf, sie lauschte beim Frühstück seinen egozentrischen Selbstgesprächen und lächelte dabei immer wieder wie eine hörige Frau. Während er seinen Geschäften nachging durfte sie sich mit Freunden treffen, so lange, bis sie pünktlich abends in seinem Club stehen musste. Am liebsten wäre es Jack, wenn Emma ihren Job ganz aufgeben würde, aber sie hatte ihm schnell deutlich gemacht, dass sie ohne Beschäftigung früher oder später ihren Verstand verlieren würde, also einigten sie sich darauf, dass sie dort arbeitete, wo er ständig ein Auge auf sie haben konnte.
Genau von dort lief sie spätabends auch gerade zurück, mit vor der Brust eng verschränkten Armen und hoch gezogenen Schultern, als ein Auto neben ihr hielt und sie wie aus Reflex ein wenig in die andere Richtung wich. Und dann augenblicklich noch mehr, als die Scheibe nach unten fuhr und sie niemand geringeren als Lenn dort am Steuer erblickte. Das war nicht-?! Das konnte doch nicht-?! Jegliche Fassung fiel ihr aus dem Gesicht, mit großen, erschrockenen Augen starrte sie ihn an, aber sie konnte auch nicht verhindern, dass sie danach panisch die Straße herauf und herunter blickte, um ausschließen zu können, dass irgendjemand die beiden beobachtete. "Was machst du hier?", zischte sie ihm entgegen und obwohl ihr unsagbar schwer schlagendes Herz sich danach sehnte neben ihm in das Auto zu steigen und sich in seine Sicherheit zu flüchten, zog sie die Schultern nur noch höher. Das war nicht richtig. Was, wenn irgendjemand die beiden sehen würde? Was, wenn sogar Jack gleich um die Ecke bog? Das war zu gefährlich, nicht nur für sie, sondern auch für Lenn, und deshalb schüttelte sie auch schon den Kopf, bevor er überhaupt reagieren konnte. "Verschwinde, okay? Geh einfach wieder, Lenn." Obwohl damit auch die letzte Hoffnung in ihr schwand, drehte Emma sich kopfschüttelnd von ihm weg und lief einfach weiter.


RE: LAS VEGAS - Lenn Damien Parker - 14.09.2016 23:47

War das gerade ihr scheiß Ernst? Ließ sie ihn hier einfach so stehen, mit den wenigen, spärlichen Worten? Lenn war im ersten Moment einfach nur absolut Perplex. Damit hatte er bestimmt nicht gerechnet und das auch aus dem Grund, dass er damit nicht hatte Rechnen wollen. So lief das in seinem Leben nicht und in seinem Kopf war auch nicht ein einziges Mal vorgekommen, dass dieses Szenario so Enden würde. Würde es auch nicht. Lenn war aber nicht umsonst gut in seinem Job, er hatte gesehen, wie sie die Umgebung geprüft hatte. Irgendwas schien also nicht gänzlich in Ordnung zu sein aber er konnte nicht Wissen, waren es die Türsteher? War es ihr Exmann? Immerhin gehörte ihm der Laden. Deswegen hatte er sie auch nicht darin einsammeln wollen. Weil es auch nicht seine Art war, nun Hals über Kopf zu handeln und er ihr nicht wie ein Hund nachlaufen würde, ließ er die Scheibe einfach wieder nach oben, um dann mit dem Wagen an ihr vorbei zu fahren. Sie konnte nun schmunzeln, über diese typische Männergeste, dass der Wagen natürlich tief brummen musste, so sehr, sie müsste es sogar unter ihren Füßen spüren.

Es vergingen zwei Tage, in denen Emma von Lenn nichts sah oder hörte aber er hatte sie im Blick. Oft genug. Nicht weit weg hatte er ein Hotelzimmer gemietet, am nächsten Tag fand er heraus, welchen Weg sie genau nahm, um heim zu kehren und vor ihrer Schicht hatte er sich in dem Strip-Laden mal umgesehen. So früh, dass noch keine der Tänzerinnen auftauchen würde, die so gut aussahen wie Emma. Die tanzten nur zu guten Besucher-Zeiten, zumindest wenn der Chef kein Dummkopf war. Er erwischte nur die gelangweilte Bardame, die weniger Aufmerksamkeit bekam als die anderen Frauen aber Lenn gab sich höflich. Stellte unverbindliche Fragen. Lächelte sein smartes Lächeln. Es fiel ihm aber auch auf, die junge Frau sprach nicht gerne über Emma und sah auch immer wieder zu Tür und nach zwei Drinks fand er heraus, dass sie die Freundin oder Exfrau des Besitzers war – nichts neues. Dann aber senkte sie die Stimme und Offenbarte, das der sie ständig im Auge hatte und er es nicht gerne hatte, wenn es so viel Aufmerksamkeit um sie gab. Achso, also ein Eifersüchtiger Typ Mann. Interessant. Damit konnte er etwas mehr Anfangen, denn das Erklärte vielleicht ihr gestriges Verhalten. Am Abend konnte er sich dann auch ein Bild von Emmas Exmann machen, die beiden gingen allem Anschein nach zusammen zu Arbeit und keiner der beiden hatte ein geschultes Auge dafür, dass Lenn sich an ihre Fersen geheftet hatte. Sehr schön. Er liebte es, mit Menschen zu Arbeiten, die sonst keine Erfahrungen hatten, beschattet zu werden – sie wussten nicht, wonach sie suchen mussten und die meisten Menschen gingen so unfassbar blind durchs Leben.

Wieder übte er sich in Geduld, wartete, bis Emma den Laden verließ und benutzte eine Abkürzung, die er sich eben bereits im Handy gesucht hatte. Wäre ihr Exmann dabei, hätte er das ganze Wiederholt aber sie war allein. Na, der passte ja Super auf, ließ sie so leicht bekleidet durch die Dunkelheit laufen. Amateur. Lenn ärgerte sich, durchgehend aber er würde diese zehrenden Emotionen niemals als Eifersucht deuten, nein. Die hatte Emma nach vorgestern auch nicht verdient. Ohne Licht bog er in einer Seitenstraße, schaltete den Motor aus, ließ aber die Fahrer- und eine der beiden Hinter-Türen auf und stellte sich in den Schatten einer Hauswand. Lenn und der Wagen würden für Emma im Dunklen verschwunden sein und sie würde ihn erst viel zu Spät erblicken, wenn sie ihn überhaupt erkannte. Er drückte ihr die kalten, schwarzen Handschuhe auf den Mund und binnen weniger Sekunden klackten Handschellen auf ihrem Rücken zusammen. Er machte das hier nicht zum ersten Mal und er beachtete auch jede Sicherheit, wer wusste, wie sie drauf war – nach gestern verließ er sich hier auf nichts mehr – kein Fingerabdruck, Haar oder Faser würden sich ihm zuordnen lassen. Wer wusste denn außerdem, wie ihr Exmann vielleicht doch noch in der kriminellen Schiene steckte. Lenn hatte lieber nicht tiefer gebohrt, um keine schlafenden Hunde zu wecken und das diese Aktion hier so rapide Ablaufen musste, dass war Emma´s Schuld und nicht seine. Er konnte sich auch nicht Sicher sein ob die Dame hinter der Theke Emma nicht davon erzählt hatte oder aber ihrem Exmann, dass er heute vor Ort gewesen war. Gekonnt drückte er sein Knie in ihre Kniekehle, achtete auf ihren Kopf, indem er ihn nach unten drückte und schloss die Tür, nachdem Emma auf seinem Rücksitz saß. Er empfand es als Übertrieben ihr auch den Mund zu knebeln, hier zu Schreien brachte ihr gar nichts und das würde eventuell Spuren hinterlassen, dabei wollte er doch nur mit ihr Reden. Um das zu tun und ihr die Flucht zu versauen, fuhr er rasant aber immer an die Regeln gebunden, um den Bullen nicht aufzufallen, etwas außerhalb in ein Industrie-Gebiet. Gerade am Wochenende hatte um die Zeit kaum noch ein Betrieb die Fließbänder belegt aber es war auch nicht so weit außerhalb der Stadt, dass Emma in Zeitverzug kam, daheim zu erscheinen. Immerhin ging sie die Strecke sonst zu Fuß und die beiden waren mit dem Wagen unterwegs. Lenn hatte damit an alles Gedacht. Erst als er den Wagen wieder zum stehen brachte, drehte er die Musik herunter, vorher hatte er damit jegliche Worte von Emma eliminiert. Bei seinem Fahrstil und bei der nötigen Konzentration, doch immer mal wieder zu sehen, ob jemand hinter den beiden herfuhr, konnte er sich nicht mit ihr Unterhalten. Auch hier stieg er erst aus dem Wagen aus, drehte eine Runde herum und nahm hinten bei ihr auf der Rücksitzbank Platz. „ So, jetzt würde ich sagen, überdenkst du das noch mal, ob ich mich einfach verziehen soll und wenn ich mir Sicher bin, du kratzt mir nicht die Augen aus, mach ich dich los. Zwanzig Minuten haben wir, dann bist du normalerweise bei dir Zuhause, wenn du Trödelst und ein wenig in die Schaufenster guckst. Was ist los? April weiß nicht wo du bist... Chas weiß es nicht... und... ich weiß es auch nicht. Bist du wieder in deinem alten Leben Glücklich und Zufrieden? Sag mir das und ich weiß Bescheid aber wenn irgendwas anderes ist, dann Rede nun verdammt nochmal mit mir. Okay?“ Er war nicht in Rage oder Aufgebracht, er Sprach ruhig aber bestimmt seine Worte aus.


RE: LAS VEGAS - Emma Sophia Roberts - 15.09.2016 16:30

Wie sehr Emma sich eigentlich nach Lenns Nähe und nach seiner Hilfe sehnte, das merkte sie erst, als sie das Heulen des Motors neben ihr zusammen schrecken ließ und er sich mit dem Auto wortlos wieder von ihr entfernte. Ganz schwer wurde auf einmal ihr Herz, die Hoffnungslosigkeit schnürte ihr die Kehle zu und nachdem der Wagen am Ende der Straße um eine Ecke gebogen war und damit in weite Ferne rückte, konnte sie auch nicht verhindern, dass sich Tränen in ihren Augen sammelten, die dann eilig an ihren Wangen hinab liefen. Scheiße. Sie durfte doch nicht weinen, verdammt, das würde Jack nur alarmieren. Verzweifelt versuchte sie deshalb auch das Schluchzen aufzuhalten, presste die Lippen aufeinander, rieb sich über das Gesicht, aber was da jetzt grade aus ihre herauskam war nicht nur der Schock darüber, dass Lenn sie tatsächlich so schnell aufgab, sondern vor allem die Erkenntnis, dass sie mit seinem Verschwinden wirklich alles verloren hatte. In den letzten Wochen war er für sie die letzte Rettung gewesen, sie hatte sich klammheimlich darauf verlassen, dass er im Notfall für sie da sein würde, aber das war er nicht. Er war nicht für sie da. Dass sie selber eine Mitschuld daran trug, indem sie ihn so forsch weggeschickt hatte, das ließ Emma jedoch gar nicht an sich heran, denn die Option ihr Geheimnis einfach mit Lenn zu teilen und darauf zu hoffen, dass er sich auf irgendeine Art um sie kümmerte, schien noch immer unvorstellbar. Niemand durfte wissen, was sie getan hatte. Niemand durfte so viel Macht über sie haben, so wie ihr Ex-Mann jetzt. Lieber fügte sie sich ihrem Schicksal, ging auf direktem Weg in das Appartement, in dem sie gerade leben musste, und verbrachte die restliche Nacht damit Jack zu beruhigen und ihm immer wieder zu versichern, dass die vielen Tränen nur hormonell bedingt waren. Es war nichts passiert.

In Wirklichkeit war aber alles passiert. Emma fühlte sich am nächsten Tag noch weiter von sich selber entfernt als üblich, das Aufstehen fiel ihr noch schwerer und während ihr Mann zusammenhangloses Zeug faselte, brachte sie heute auch kein Lächeln zustande. Lenn war für sie wichtiger, als sie sich eingestehen wollte, und die kommenden zwei Tage entwickelten sich daher auch zu einer einzigen Farce. Sie fühlte sich einsamer, als jemals zuvor, völlig falsch in diesem Körper und an diesem Ort und die innere Verzweiflung drückte schwer auf ihr Gemüt. Es war so als würde sie nur noch funktionieren, nach den Wünschen ihres Partners, als hätte man ihr jegliche Entscheidungsgewalt genommen, und vielleicht war sie deshalb auch unfassbar unaufmerksam, als sie nachts nach der Arbeit den Heimweg einschlug und erst in letzter Sekunde in der dunklen Straße das Auto bemerkte, in das man sie gewaltsam hinein drückte. Selbstverständlich war ihre erste Reaktion schreckliche Panik, sie versuchte sich zu wehren, durch die Finger des Mannes hindurch nach Hilfe zu schreien, aber dieser Typ wusste nur zu gut, was er tat und vor allem, wie er es tun musste. Emma konnte nichts dagegen tun, dass ihre Knie nachgaben, als er seine hinein drückte, und sie sich kurz darauf auf dem Rücksitz eines fremden Autos wiederfand. Das war dann auch in etwa der selbe Moment, in dem sie den Blick panisch hob und erkannte, dass nicht irgendjemand mit ihr so umging, sondern Lenn. Es war tatsächlich Lenn, der sie hier bestimmend in das Polster drückte und danach die Tür fest zuschlug, aber weil Emma absolut nicht einordnen konnte, weshalb er das tat, bekam er zu hören und zu spüren, was auch jeder andere Mensch über sich hätte ergehen lassen müssen. Sie fluchte und schimpfte wütend, schrie ihm immer wieder entgegen, ob er den Verstand verloren hatte, und stieß mit ihren Knien durchgehend gegen den Sitz vor ihr, auch dann noch, als die laute Musik ihre Stimme übertönte und sie atemlos keuchte, anstatt weitere Beleidigungen heraus zu schreien. Dass sie gänzlich nachgab geschah erst, als der Wagen in ein dunkles, einsames Industriegebiet abbog und immer langsamer wurde, denn ab dem Moment war sie viel zu sehr damit beschäftigt um sich zu sehen und sich selber die Frage zu stellen, weshalb sie hier war. Was wollte Lenn von ihr? Warum tat er das? Für einen kurzen Moment zog Emma sogar in Erwägung, ob Lenn und Jack einander kannten und gemeinsam unter einer Decke steckten, ob sie ihr beide das Leben schwer machen wollten, aber gerade als sich diese Panik so festsetzte, dass sie immer schwerer atmete und sich erschrocken so nah an die Tür drückte wie sie konnte, stieg Lenn neben ihr auf den Rücksitz und sah sie mit diesem warmen, sicheren Blick an, den sie von ihm kannte. Er sah ihr direkt in die Augen und wenn sich diese Zuneigung auch in seinen Worten gespiegelt hätte, dann hätte er vielleicht eine Chance gehabt, dann wäre er vielleicht zu ihr durchgekommen, aber stattdessen behandelte er diese stolze Frau völlig falsch. Dieser bestimmende Unterton in seiner Stimme, diese Erhabenheit, die er dadurch suggerierte wie die beiden hier nebeneinander saßen - er ihr zugewandt und sie gefesselt in die Ecke gedrängt - das sorgte dafür, dass Emma sich nur noch mehr verschloss. Regelrecht trotzig wandte sie den Blick von ihm ab und während sich ihre Brust noch deutlich sichtbar hob und senkte, weil sie so schwer atmete, presste sie ihre Lippen fest aufeinander, um erst einmal gar nichts zu sagen. Zehrend lange fixierte sie bloß die Rückenlehne vor sich, versuchte das Zittern ihres Unterkiefers zu unterbinden, indem sie ihren Mund nur noch fester schloss, und reagierte erst, als sie das Gefühl hatte ihre Emotionen einigermaßen kontrollieren zu können. "Warum bist du hier, Lenn? Wegen April? Macht sie sich Sorgen? Hat Chas dich geschickt, um nach mir zu suchen? Oder warum- warum ist es dir so wichtig herauszufinden, was los ist?" Emmas Blick wirkte wütend, als sie ihn von der Seite ansah, und ihre Gesichtsmuskeln waren so angespannt, dass man kaum erkennen konnte wie viel Hoffnung sie in diese Fragen legte. "Ich bin wieder in meinem alten Leben." Bewusst ließ sie das glücklich und zufrieden weg. "Das ist alles, was du wissen musst. Und- und wenn du mich jetzt nicht befreist, dann schwöre ich dir, dann beiß ich dir stattdessen mit meinen Zähnen die Augen aus."