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RE: NELE - Zac William Coles - 27.04.2016 22:44

Für mich gab es kaum etwas Erregenderes, als eine Frau, die mit sich selber und ihrem Körper völlig im Reinen war. Die sich wohl fühlte, Selbstbewusstsein ausstrahlte, die sich in ihren Bewegungen und Blicken nicht einschränkte, und genau das verkörperte Nele in ihrer Manie jedes Mal. Vielleicht war es mir deshalb oft so schwer gefallen mich ihrer Lust zu entziehen und vielleicht fiel es mir deshalb auch jetzt so schwer mich davon zu lösen. Natürlich wusste ich, dass es weder richtig, noch hilfreich für uns beide sein würde, was hier gerade geschah. Ich wusste, dass mich das bei Lahja in Schwierigkeiten bringen würde und ich sorgte mich auch darum, was das mit Nele machen würde. Gab ich ihr damit falsche Hoffnungen? Machte sie sich überhaupt Hoffnungen? Und was war mit mir? Wofür tat ich das eigentlich? Für mein Ego? Oder was wollte ich von Nele? Für einen Moment, als Nele sich auf meinem Schoß räkelte, gingen mir all diese Fragen ganz bewusst durch den Kopf - ich hatte nunmal keine enthemmenden Drogen, keinen Alkohol und auch keine psychische Krankheit, womit ich meine plötzliche Lust entschuldigen konnte - aber ich wollte es trotzdem. Als meine Ex-Freundin ihr leichtes Nachthemd so hoch schob, dass sie ihre schönen Brüste darunter entblößte, da entschied ich mich bei vollem Bewusstsein und in klarem Kopf dafür, dass ich das wollte. Dass ich sie wollte. Inklusive aller Konsequenzen, die das mit sich bringen würde. Spätestens, als sie sich nackt wieder auf den Rücken sinken ließ, als sie mich über sich zog und verführerisch in mein Ohr flüsterte, wie sehr sie mich begehrte, da wurde die Leidenschaft und Sehnsucht in mir so groß, dass ich ohne zu zögern ihre Lippen erneut mit meinen verschloss und alle Zweifel zum Schweigen brachte.
Für einen kurzen Moment musste ich mich ihr noch einmal entziehen, um meine Hose nach unten zu schieben, nach einem Kondom zu greifen und dabei mit ganz offenen, lüsternen Blicken ihren erregten Körper zu betrachten, aber so schnell wie möglich ließ ich mich danach wieder über sie sinken, nahm ihre Handgelenke zwischen meine Finger, verkreuzte sie über ihren Kopf und drückte sie mit einer Hand fest in die Matratze, völlig ungeachtet ihrer spürbaren Narben, um mich ohne Widerstand ihrerseits über Neles Körper zu beugen und meine Lippen über ihre Haut zu ziehen. Heiß atmete ich dagegen und hielt immer wieder inne, um meine Zähne in ihren Nacken, ihr Kinn, ihr Schlüsselbein oder ihre Brustwarzen zu drückten. Meine freie Hand schob ich dabei zwischen ihre Beine, aber anstatt sie zu befriedigen, reizte ich ihre Lust lieber bis zum Äußersten. Wenn Nele tief keuchte oder scharf die Luft in ihre Lungen sog, entzog ich ihr meine stimulierenden Berührungen und trieb sie damit so weit, dass sie immer wieder erregt und ungeduldig ihr Becken gegen meines rieb. Dass sie mit ihren Bewegungen regelrecht nach Erlösung flehte. Und erst als ich sie so weit hatte, dass sie unter der Leidenschaft beinah explodierte, ließ ich ihre Arme wieder los, drückte ihre Schenkel weit auseinander und schob mich tief in sie. Diese Vertrautheit, die wir dabei beide zu spüren bekamen und die sich auch äußerte, indem ich so schamlos ihren Körper berührte, die konnte man nur erreichen, wenn man so lange zusammen war wie wir. Wenn man wirklich genau wusste, was den Partner erregte und wie man einander um den Verstand bringen konnte. Mit Lahja war ich noch nicht einmal ansatzweise an diesem Punkt angekommen, aber bei Nele und mir hatte sich nichts verändert. Wir harmonierten noch immer gnadenlos gut beim Sex. Wenn ich schmerzhaft meine Finger in ihre Rundungen presste, wenn ich mich mal wieder in ihre Haare krallte oder sie grob berührte, dann trieb sie das nur noch mehr an, obwohl ich mit Nele nie ganz so brutal umgegangen war wie manchmal mit Lahja. Und außerdem war sie auch noch immer so ausdauernd und experimentierfreudig wie ich sie in Erinnerung hatte, wenn nicht noch mehr, da momentan niemand darauf achtete, dass sie ihre beruhigenden Medikamente regelmäßig nahm. Unersättlich wechselten wir in verschiedene Stellungen und gaben einander völlig hin.


RE: NELE - Nele Hensley - 29.04.2016 00:36

Es gab sogut wie nichts, was Nele in dem Moment ferner lag, als sich mit dem Auseinander zu setzen, was dieser Sex zwischen den beiden zu Bedeuten hatte. Das war nicht so, dass es an mangelnden Gefühlen lag – denn ob man es ihr Glaubte oder nicht, in den wenigen Momenten, in denen sie etwas wie Trauer in der Manie zuließ, galten die der verlorenen Beziehung. Schon wieder ungenügend für Zac zu sein, wie schon die gesamte Beziehung. Nur war ihr Kopf nun einmal wie er war, durch die Krankheit und sie nicht sie selbst. Es würde einige Zeit dauern, bis sie das für sich verarbeitet hatte. Deshalb konnte sie aber auch nun so herrlich kurzsichtig sein und sich einfach auf das schöne Einlassen. Oft hatte Zac sie so gereizt, oft hatte er auch mehrere Orgasmen hintereinander provoziert, weil er um ihre Unersättlichkeit wusste und damit versuchte, ihr in der Manie den Ausgleich zu verschaffen. Sich eben nicht, wie sie es nun tat, blind auf unzählige Bettgeschichten einzulassen und wie er auch schon richtig erkannt hatte, in der Depression wäre davon niemand mehr da. Die Männer, mit denen sie sich umgab, die hatten kein Interesse daran, sich mit einem Menschen auseinander zu setzen, der sich den Tod als Erlösung wünschte aber gerade war ihr das egal. Gerade waren aber auch all die anderen Männer egal. Gerade räkelte sie sich verzweifelt unter ihrem Exfreund, so lange, bis er Erlösend in sie drang und die beiden ein feuriges Liebesspiel begannen. Nele war ungehemmt, sie genierte sich weder für ihren Körper, noch Körperflüssigkeiten oder aber achtete auf eine Stellung, die sie in einem guten Licht dastehen ließ – so wie Lahja, die noch immer Unsicher war und über Vorlieben zu Sprechen, dass brachte Nele nicht in Verlegenheit. Sie war nicht beherrscht und bei Zac wusste sie auch ganz genau, was sie tun musste, um ihm ohne Drogen und Alkohol die Sinne zu vernebeln. Die beiden waren so laut, sogar von unten konnte man ein Ärgerliches klopfen der Bewohner vernehmen, die eventuell geweckt worden waren und sie bekam auch nicht mit, wie Adam heim kehrte. Nichts spielte eine Rolle, außer das, was sich auf diesem Bett zwischen Zac und ihr abspielte. Es gelang ihr sogar kurz, sich danach mit dem Kopf auf seiner Brust nieder zu lassen und den Atem und den Herzschlag auf sich wirken zu lassen – bis sie drohte, zur Ruhe zu kommen. Nein, das durfte sie nicht, dann begann das Denken wieder und so erhob sie sich auch mit der Erkenntnis wieder und stand von dem Bett auf. Sie schlüpfte in eine saubere Unterhose, zog ein langes Shirt darüber und drehte sich kurz zu ihm. „ Frühstück.“ Das es sich bei ihr um einen Cocktail an Medikamenten handelte, das kannte er aus der Beziehung, wenn sie mal wieder mit einem Profi zusammen an ihrer Krankheit arbeitete – aber er hatte doch auch schon längst gesehen, dass sie selber andere Substanzen dazwischen mogelte. Das sie das ganze mit Schnaps herunter spülen würde. Ihr Leben war aus dem Ruder gelaufen, sie ließ ihn nur nicht daran teilhaben, dass das aus Angst passiert war. Niemand wusste, dass Nele sich vor dem nächsten Zusammenbruch fürchtete und wie das aussah, so ganz ohne Zac. Ihre Emotionen waren ganz tief für sie selbst zugänglich und das würde ihr auch wieder sehr gefährlich werden. Der einzige, der ahnte, dass dieses Mädchen total verrückt war, war Adam, der Streng in der Tür stand, als sie den Schnaps ansetzte und ihr ein Toast aufzwang und einen Apfel. Warum auch immer sie auf ihn hörte, es klappte und dieser eigenartige Mitbewohner war es wohl auch, der verhindert hatte, dass sie nicht schon gänzlich am Boden war. Durch zu viel Feiern, zu viel Stoff und zu wenig acht auf sich – denn das Übernahm er. Ganz ohne Gegenleistung.


RE: NELE - Zac William Coles - 29.04.2016 19:37

Nach dem Sex brauchte es tatsächlich nicht lange, nur ein paar Sekunden, in denen Nele erschöpft ihren Kopf auf meine Brust sinken ließ, bis die ersten Zweifel in mir laut wurden. Lahja war auch ein Ursprung dafür, natürlich, denn damit gab es jetzt noch eine Person auf ihrer langen Liste, die sie enttäuscht hatte. Noch jemanden, dem sie nicht mehr vertrauen konnte. Aber hauptsächlich galten meine Zweifel eher Nele selber. Und mir. Und unserer Beziehung, die eigentlich nicht mehr existierte. Scheiße, ich hatte sie doch immer wieder überredet sich mit mir zu treffen, weil ich ihr helfen wollte. Weil ich für sie da sein und herausfinden wollte, was in ihrem Leben schon wieder so falsch lief. Ob sie ihre Therapie verantwortungsbewusst anging oder ob sie sich eigentlich gar nicht darum scherte, was der Therapeut ihr riet. Und was war das mit den Drogen? Wie viel nahm sie? Würde das, in Verbindung mit ihren Medikamenten, zu einem Problem werden? Die leeren Flaschen Alkohol, die hier lagen, die übervollen Aschenbecher, die schmutzige Wäsche, das alles deutete darauf hin, dass meine Ex-Freundin gerade maßlos überfordert war und dass sie dringend jemanden braucht, der ihr zu einem geregelten Leben verhalf, aber derjenige konnte ich jetzt nicht mehr sein. Ich würde doch nur wieder schwach werden, aber das ging nicht. Nicht, wenn ich mit Lahja zusammen sein wollte. Und außerdem- ja, der Sex war unfassbar gut gewesen, ich hatte das auch gewollt und vielleicht würden auch immer Gefühle für Nele bleiben, aber ich wollte nicht schon wieder eine Beziehung mit ihr eingehen. Verstand sie das? Konnte sie das trennen? Das war alles so viel für meinen Kopf, dass ich noch einen Moment im Bett liegen blieb, als meine Ex-Freundin schon wieder durch die Wohnung sprang. Verzweifelt zog ich mir meine gespreizten Finger durch die Haare, rieb mir über das Gesicht, suchte schon nach einer Lösung dafür und ja, ich dachte auch in diesem Moment erneut daran ihre Eltern zu kontaktieren, aber bevor ich das tat, wollte ich mir wirklich sicher sein, dass sie die Unterstützung auch tatsächlich brauchte. Dass sie nicht alleine klar kam. Also richtete ich meinen erschöpften Körper ebenfalls auf, zog mir meine Shorts an, genauso wie meine Trainingshose, und folgte ihr durch den Flur in die Küche, wo ich dann auch auf Neles durchaus imposanten Mitbewohner traf. Groß war er, breite Schultern hatte er und wirkte genau wie einer dieser Männer, die Neles Beuteschema entsprachen. Nur zu alt. Viel zu alt. Aber trotzdem, das war zweifellos auch was Sexuelles. So wie viele andere Männer, nutzte auch er ihre Manie für sich und würde sie links liegen lassen, sobald ihr Körper von der Depression eingenommen wurde. Das war zumindest mein oberflächliches Vorurteil und auch der Grund dafür, weshalb ich ihm nur zunickte, anstatt ihn anständig zu begrüßen. Ich kam aber auch genau im passenden Moment in die Küche, um zu sehen wie meine Ex-Freundin ihre Medikamente mit Schnaps herunter spülte. "Meinst du nicht das ist noch ein bisschen früh für Alkohol?", fragte ich, so urteilsfrei wie möglich, was dem anderen Mann aber wohl trotzdem gegen den Strich ging. "Meinst du nicht das geht dich nichts an?" Ach, also auch noch jemand, der Besitzansprüche stellte? "Du wirst ihr sowieso gleich zu langweilig, also warum hörst du nicht auf sie zu bevormunden und gehst einfach?" Das klang fast so als wäre er schon daran gewöhnt wie viele Männer hier ein und aus gingen. Aber er konnte ja auch nicht wissen, dass ich mehr war, als nur einer von vielen One Night Stands. Vielleicht war es Zeit hier mal das Revier abzustecken. Dafür sah ich ihm ein paar Sekunden regungslos in die Augen, ehe ich dann doch nickte, um mich vorzustellen. "Ich bin Zac. Neles Ex-Freund Zac. Und wenn ich sie fragen möchte, warum sie morgens schon Alkohol trinkt, dann werde ich das machen. Für dich ist das vielleicht ganz praktisch, wenn sie morgens schon betrunken ist, aber das gilt nicht für jeden." Und damit hatten wir von meiner Seite auch das Gespräch beendet, lieber sah ich wieder zu Nele, um diese wiederbelebte emotionale Nähe dazu zu nutzen, um vielleicht endlich etwas über ihr Leben herauszufinden. "Wie gehts dir so? Wirken die Medikamente?"


RE: NELE - Nele Hensley - 01.05.2016 19:32

Nele mochte neben sich stehen, alles Übertreiben, um das lebendige Gefühl in sich absolut auszunutzen aber sie war nicht blöd. Adam war eigentlich gerade schon wieder auf einem guten Weg gewesen, nur durch zu Strenge Blicke zu provozieren, dass sie etwas essen würde – wollte Nele keinen Mega Krach mit ihm, dann tat sie das. War ihr eher nach Streit, gut, dann trug er auch den mit ihr aus und eigentlich wartete sie nur darauf, dass etwas zu den lauten Geräuschen von vorhin folgen würde. Passierte aber nicht und die Antwort warum, die ließ nicht lang auf sich warten. Während sie sich eine Scheibe Käse zusammenrollte, den Kühlschrank inspizierte, was sie noch gewillt war zu Essen, hatte sich Zac zu den beiden gesellt und begannen die beiden Männer wirklich darüber zu Reden, wer nun mehr das Recht hatte, sie zu Bevormunden? Obwohl sie Anwesend war? Ihre Emotionen wechselten von schockiert zu amüsiert, denn eigentlich tat sie auch das gerne, die Kerle von Adam am nächsten Tag verjagen lassen und sich damit seine Anerkennung zu holen. Denn er hatte sie noch immer nicht angefasst. Doch – stopp mal – die beiden wollten über sie Bestimmen und nur Nele durfte über sich bestimmen. Im nächsten Augenblick war sie also schon wieder erbost, was nicht dazu beitragen konnte, Zugänglich für Zac zu werden – unter anderen Umständen wäre vielleicht genau hier das Eis gebrochen. „ Euch beide hat das nicht zu Interessieren, wann ich Alkohol trinke und was ich esse...“ zweiter Seitenhieb ging an Adam. „... wenigstens verbreite ich nicht so eine scheiß Laune. Zac, mir geht es gut. Ich gehe zu Therapie und die Medikamente nehme ich auch. Da...“ Sie deutete auf eine Palette an Zeug im Kühlschrank. „ Ich will das einfach nur auskosten, dass alles prima läuft und das darf ich ja wohl? Und ich darf auch ausleben, dass ich Single bin, oder? Ab und zu habe ich immer wieder Jobs und auch ohne deine Hilfe habe ich ein Dach über dem Kopf und einen Mitbewohner habe ich auch. Wie lange auch immer der bleibt.“ Denn über die Anfangsklausen waren die beiden weit hinaus, Zeitmäßig aber Nele störte das nicht. Ihre Erinnerungen waren so kurzweilig, ebenso ihre Bedürfnisse und deshalb fehlten ihr die Junkies im Wohnzimmer gar nicht mehr. Die beiden erwarteten doch nun nicht noch mehr Aufmerksamkeit von ihr, oder? Denn die dunkelhaarige Frau wollte lieber lustige Gesellschaft und drehte ihnen die Kehrseite dreist zu, stellte sich ans Fenster und begann am Handy zu tippen – vielleicht war ja schon irgendjemand wach oder immer noch wach. Ihrem Exfreund für gestern zu danken? Hätte sie vielleicht wirklich aber auch das war gerade gar nicht in ihrem Gedächtnis Präsent. Ihr war der Sinn nach Shoppen, was in der Manie auch ausufern konnte aber sie war Pleite. Gab es da nicht wen, der ihr was pumpen konnte? So dumm ihre Eltern zu Fragen, war sie nicht, deswegen nahmen die auch an, hier lief alles vortrefflich. Sie redeten es sich wahrscheinlich noch selbst ein.


RE: NELE - Zac William Coles - 02.05.2016 15:29

Vielleicht hätte ich Nele einfach glauben sollen. Vielleicht hätte ich es einfach akzeptieren sollen, wenn sie mir sagte, dass alles in Ordnung war. Dass sie die Medikamente nahm, zur Therapie ging, sogar in einer einigermaßen ordentlichen Wohnung lebte, auch wenn das wohl kaum ihr Verdienst war. Vielleicht hatte es mich einfach nicht zu interessieren, ob sie nebenbei Drogen konsumierte, auf Brückengeländer kletterte oder mit vielen verschiedenen Männern schlief. Vielleicht war es einfach nicht mehr meine Aufgabe für ihr Wohlergehen zu sorgen, aber scheiße, das war in den letzten Jahren verdammt nochmal auch mein Leben gewesen. Unsere Leben waren zu einem verschmolzen, ich hatte mich ihr angepasst und für sie gesorgt, das konnte man nicht so leicht ablegen. Jeder Blick von mir, mit dem ich Nele oder ihre Wohnung ansah, war gleichzeitig auch ein kontrollierender Blick, nicht weil ich mich unbedingt über sie stellen wollte, sondern weil ich es einfach nicht anders kannte. Ich sah also in ihren Kühlschrank, auf ihre Medikamente, ich hörte ihr zu und ich nickte abschließend auch, um ihr zu zeigen, dass ich sie verstanden hatte, aber in Wirklichkeit passierte so viel mehr in mir. In Wirklichkeit zweifelte ich ihre Worte augenblicklich an, weil ich nunmal wusste, dass sie in ihrer Manie die Dinge schön redete, obwohl die Realität eigentlich ganz anders aussah. Adam hingegen ließ sich anscheinend noch von ihr einschüchtern - oder er hatte einfach keine Lust unserer Konversation weiter zu folgen - denn er wandte sich irgendwann einfach ab, verschwand im Badezimmer und kurz darauf hörte man die Dusche prasseln. Sein Rucksack stand noch in der Küche auf einem Stuhl, ein paar Dinge von ihm lagen auf dem Tisch davor und obwohl ich mir nicht bewusst vornahm darin zu schnüffeln, um mehr über ihn herauszufinden, passierte es ganz automatisch, dass ich durch ein paar seiner Dinge blätterte, nachdem ich mich mit einer Flasche Wasser hingesetzt hatte. Anfangs noch völlig gleichgültig und auch nur oberflächlich, aber als ich sein Portemonnaie zur Seite legte, fielen auf einmal mehrere Fotos dort hinaus, auf die Holzplatte. Von einer Person, die mir nicht unbekannt war. Verwirrt hielt ich inne, während Nele noch immer über der Fensterbank hing und an ihrem Handy tippte, lehnte mich ein Stück vor, nahm die Bilder in die Hand und sah darauf direkt in das Gesicht von Cat. Keine Fotos allerdings, die mit ihrer Zustimmung entstanden waren, im Gegenteil, es sah eher so aus als hätte man diese Bilder heimlich von ihr gemacht. In ganz alltäglichen Situationen. Vor ihrem Heim zum Beispiel, wie sie gerade das Haus verließ. Oder auf einer Wiese vor der Schule. Immer im sicheren Abstand. Kurz schielte ich zu Nele, überlegte ob ich sie danach fragen sollte, aber Nele konnte man in ihrer Manie nicht trauen. Vielleicht würde sie Adam direkt erzählen, dass ich in seinen Sachen gestöbert hatte, und obwohl das nicht einmal recht der Wahrheit entsprach, wollte ich das vermeiden. Vielleicht sollte ich Cat fragen, ob sie diesen Mann kannte, und wenn nicht, dann würde ich ihn einfach selber damit konfrontieren. Weil es für mich keine logische Erklärung gab, weshalb sich ein erwachsener Mann mit jemandem abgab, der vielleicht gerade einmal halb so alt war. Dass die beiden ein Verwandtschaftsverhältnis pflegten und dass Adam sogar der gewalttätige Vater von Cat sein könnte, auf die Idee kam ich gar nicht. Noch nicht zumindest. Später würde ich diese Option in Erwägung ziehen, weil mich mein Fund einfach nicht mehr losließ, dann würde ich erneut meinen befreundeten Heimmitarbeiter kontaktieren und von ihm erfahren, dass Cats Vater tatsächlich Adam hieß. Dass Nele also mit jemandem zusammen lebte, der sich selber nicht unter Kontrolle hatte. Und das würde dann dazu führen, dass ich ihre Eltern kontaktierte. Jetzt schob ich allerdings lieber schnell die Fotos zurück, als ich aus dem Augenwinkel sah, dass Nele sich bewegte, und hob stattdessen den Blick zu ihr. "Schön, dass es dir so gut geht", kommentierte ich viel zu spät und noch immer gedanklich ein wenig abwesend. Mit einem Kopfschütteln versuchte ich Cat und Adam aber weit von mir zu schieben, schließlich war ich über meine Ex-Freundin mindestens ebenso besorgt. "Ich hab übrigens- eine Sache noch nicht erwähnt, die ich dir vielleicht hätte sagen sollen. Schon viel früher." Nicht eben, vor dem Sex, sondern noch früher, aber ich hatte es trotzdem nicht getan. Und ich wusste selber nicht einmal warum. "Das- das, was gerade passiert ist, kann nicht noch einmal passieren, das war ein Fehler." Vielleicht wollte ich einfach nur sehen, wie sie darauf reagierte. "Das war gut, keine Frage, und ich wollte das auch, aber ich habe damit auch jemanden betrogen. Meine Freundin. Lahja?" Wusste sie noch, wer das war? Bis jetzt hatte ich noch in keinem Wort erwähnt, dass ich mich mit der Frau, mit der ich Nele damals betrogen hatte, jetzt in einer festen Beziehung befand.


RE: NELE - Nele Hensley - 02.05.2016 21:06

Mit dem Handy und ihrem weiteren Tagesablauf hatte sie sich so Abgelenkt, dass sie einen Moment inne hielt, als sie sich umdrehte und Zac da so Selbstverständlich – in ihrer neuen, eigenen Wohnung – am Tisch sitzen sah. Ein Glück, dass er alles von Adam wieder zusammen geräumt hatte, denn das hätte sie definitiv weiter gegeben – Zac´s Kontrollwahn ging ihr nämlich gehörig auf den Keks. Er hätte sich dazu ruhig mal etwas von Adam anhören dürfen. Nun gab es aber etwas wichtigeres, was sie sich selbst fragte: Wollte sie dieses Bild in ihrem Kopf? Wollte sie ihn irgendwo integrieren können, wo er nicht mehr hin gehören durfte? Nein. Das wollte Nele nicht. Ihr ging es so gut und sie spürte doch, alles, was über Sex hinaus ging, das wurde Anstrengend mit ihm. Da stellte er Fragen und wollte, dass sie in sich ging und auch Sachen heraus ließ, die ihn nichts angingen. Er hatte ihr nämlich in der Tat weh getan und trotz der Krankheit waren ihre Lebensjahre, die sie mit ihm gemeinsam verbracht hatte, nicht wie weg gefegt. Deshalb versuchte sie doch auch nur die Ebene auf sexueller Basis zu schaffen und nicht mehr. Denn das, was sich eben auf ihren Laken zwischen den beiden abgespielt hatte, das hätte sich ruhig wiederholen dürfen. Er wusste einfach ganz genau, was sie liebte und um den Verstand brachte. Die meisten, anderen Bettgeschichten hatten nicht mal Ansatzweise diesen Status erreicht. „ Finde ich auch und deswegen musst du auch nicht immer an mir herum Nörgeln, ich kenne jemanden, der auf so eine Frau ganz wild gewesen wäre...“ Damit sprach sie dann wohl an, dass er es immerhin gewesen war, der ihr einen solchen Lebensstil überhaupt gezeigt hatte. Der das Verlangt hatte, wenn sie nicht wollte, dass er sie fallen ließe, damals. „...und nur weil du das nicht mehr bist, ist das nicht nett von dir, von mir das gleiche Vorauszusetzen und das tust du.“ So. Nun zu seinem Geständnis. Was in ihr aber wirklich nur ein auflachen Provozierte. Echt jetzt? „ Schade, ich fand den Sex super und ich würde das auch gerne noch ausreizen...“ Unbedarft hob sie die Schultern. Warum Lügen? „...aber wenn du ja jetzt Treu sein möchtest, dann ist das in Ordnung. Mehr als Sex möchte ich nicht, ich hatte gerade eine lange Beziehung und will mich nicht in was neues Stürzen.“ Ohja, Nele konnte auch unterschwellig unglaublich gemein sein, denn sie Unterstellte ihm hier nicht anderes, als sie einfach Ersetzt zu haben. Wo sie dann auch bei dem Namen seiner Freundin hängen blieb. Na, das war doch mal Interessant. Wieder ein auflachen. „ Na, immerhin wusste sie, zu was du in der Lage bist – als du, mich, mit ihr Betrogen hast. Eigentlich sollte sie nicht überrascht sein und eigentlich sollte sie das doch verstehen, hm.“ Aus dieser Wahrheit heraus konnte man auch hören, wie amüsiert Nele nur darüber war. Zac erwartete nun nicht wirklich, dass sie das Belastete? „ Willst du dann gehen? Ich muss gleich los – und keine Sorge, wenn du sie auch noch ein bisschen hinhalten willst, bis du ihr das sagst, meine Lippen bleiben verschlossen. Auch bei Aiden, die beiden kennen sich ja immerhin.“ Diese Aussage würde sich erst Ändern, wenn sie in der Klinik festgesetzt wurde und erfuhr, dass er es war, der sie hinein gebracht hatte.


RE: NELE - Zac William Coles - 03.05.2016 11:10

Mit ihrer Reaktion stieß Nele mir so hart vor den Kopf wie selten zuvor. Nicht nur, dass sie mir jetzt noch unterschwellige Vorwürfe für mein damaliges, 16-jähriges Verhalten machte - etwas, das ich mehrere Jahre lang versucht hatte wieder gut zu machen - sondern auch, dass meine Beziehung zu Lahja sie völlig kalt ließ. Mehr noch: Dass sie sogar der Meinung war Lahja hätte mit meiner Untreue rechnen müssen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt wusste Nele nur von diesem einzigen Seitensprung, obwohl es über die Jahre immer wieder passiert war, und eigentlich hatte ihr Vorwurf dadurch gar keine richtige Grundlage, aber ich wusste, was ich getan hatte. Mehrmals. Ich hatte meine Ex-Freundin nicht nur einmal betrogen und für einen Moment hielt ich tatsächlich inne, um mich zu fragen, ob das einfach zu mir dazu gehörte. Hätte Lahja wirklich damit rechnen müssen, dass das geschah? Wenn nicht mit Nele, dann mit irgendjemand anderem? War ich einfach so? Konnte ich nicht treu sein? Ich hatte mir selber nie Vorwürfe dafür gemacht, zumindest nicht solange Nele nichts davon wusste. Der einzige Seitensprung, den ich je bereut hatte, war der mit Lahja, weil sich meine Freundin damals nur wenige Stunden später die Pulsadern aufgeschnitten hatte, aber sonst spürte ich keine Reue in mir. Warum nicht? Warum war das so in Ordnung für mich? Hatte das etwas mit Neles Krankheit und ihrem Desinteresse mir gegenüber zu tun? Wie wäre das jetzt bei Lahja? Bereute ich das, was eben mit Nele passiert war? Nein, tat ich nicht. Ich wollte Lahja nicht verletzen, aber wenn ich die Zeit ein wenig zurückdrehen konnte, dann- ja, dann würde ich mich noch einmal auf meine Ex-Freundin einlassen. Ich hatte das schließlich eben ganz bewusst getan. Vielleicht sollte ich also einfach nur verhindern, dass ich Lahja verletzte, und ihr deshalb nichts von dem Sex erzählen, das würde doch all die Last von uns nehmen. Und bei Nele hatte das auch über Jahre hinweg gut geklappt. Außerdem plante ich ja nicht, dass so etwas noch einmal geschah, ich wollte ja mein Treueversprechen einhalten. Also- ja, vielleicht sollte ich es genau so tun. An meinen Gefühlen für Lahja hatte sich durch den Seitensprung schließlich nichts geändert.
Das alles ging mir in ein paar wenigen Sekunden durch den Kopf, aber noch viel länger starrte ich sprachlos an Nele vorbei und versuchte ihre Worte in meinem Kopf zu ordnen und vor allem angemessen darauf zu reagieren. Durfte sie das sagen, was sie da alles sagte? Oder überschritt sie damit Grenzen, die sie eigentlich nicht überschreiten sollte? Ich wusste es nicht und ich wusste auch nicht was ich darauf erwidern konnte, deshalb sah ich einfach irgendwann in ihre Augen, blieb da ein paar Sekunden hängen und stand dann wortlos auf, um mich an ihr vorbei zu schieben und in ihrem Schlafzimmer zu verschwinden, um meine Sachen zusammen zu suchen. Adam kam zum Glück gerade in dem Moment aus dem Badezimmer, so konnte ich mich noch kurz frisch machen und mich von dem penetranten Sex-Geruch reinigen, bevor ich mein T-Shirt und meine Sweatjacke wieder anzog, meinen Rucksack schulterte und wieder in den Flur ging, um dort noch einmal in der Tür zur Küche stehen zu bleiben und ein letztes Mal zu meiner Ex-Freundin zu sehen, die schon wieder in ihr Handy vertieft war. "Weißt du, Nele, ich hab vielleicht einige Fehler gemacht und dich damit verletzt, aber ich bin nie so respektlos und mutwillig verletzend mit dir umgegangen, wie du es gerade mit mir tust. Das fühlt sich für dich vielleicht anders an, aber ich wollte dir nie wehtun. Ich wollte immer nur, dass es dir gut geht und dass du einen Weg findest mit deiner Krankheit zurecht zu kommen. Das will ich immer noch. Und ich glaube nicht, dass du das gerade tust, dafür kenne ich dich zu gut, aber vielleicht hast du trotzdem recht und es geht mich einfach nichts mehr an. Vielleicht ist das einfach nicht mehr mein Problem und vielleicht sollte ich dich in Ruhe lassen, also- okay. Dann tu ich das. Ich wünschte wir hätten das nochmal irgendwie- abschließen und über alles reden können, wenn du ein bisschen mehr du selbst bist, aber vielleicht soll das einfach nicht so sein." Ich nickte einmal kurz, während ich an ihr hinab sah und mich damit abfand, dass wir uns so schnell nicht wiedersehen würden. "Ich wünsche dir nur das Beste, wirklich. Ich hoffe du hast Menschen bei dir, die für dich da sind, wenn du jemanden brauchst, und ich hoffe, dass du glücklich wirst." Ein weiteres, langsames Nicken, bevor ich mich abwandte und mit einem abschließendem Leb wohl aus der Tür verschwand.


RE: NELE - Nele Hensley - 04.05.2016 00:19

Für Nele war das einfach so unfassbar schwer, Zac auch seine menschlichen Fehler zu verzeihen. Er hatte sie wie eine Bedürftige oder eine Schwerstbehinderte behandelt, weil er ihr so viel abgenommen hatte. Das war gut, das war unheimlich lieb aber er hatte irgendwann aufgehört, auf ihre Selbstständigkeit zu pochen. Er hatte ihr einfach alles abgenommen und nun, nun war das deswegen so unfassbar schwer, ihn auf eine ganz andere Ebene an sich zu lassen. Als Freund, als Unterstützung oder aber nur um Abzuschließen. Warum war das so? Weil sie sich gerade Stark fühlte und weil sie auch wollte, dass er mitbekam, dass sie nicht Irre war oder so – sondern das sie sich wehren konnte, wenn man sie hinterging. Er konnte das nicht Wissen, weil sie nicht mit ihm redete aber verdammt, das letzte mal hatte sie sich wegen dem Seitensprung versucht das Leben zu nehmen. Also alles, was ihr blieb und damit hatte sie an ihn ein Armutszeugnis abgegeben. Das war es, was ihr zusetzte aber in dem Moment, als er ging, da war ihr das so noch absolut nicht klar.
Am Abend ging sie aus, wie sie es gewohnt war und sie verbrachte auch die Nacht nicht alleine aber irgendwas war anders. Als sie am Morgen darauf verkatert wach wurde, da konnte sie nicht ahnen, was Zac in ihrem Leben angerichtet hatte und deswegen schrieb sie ihm auch eine SMS. Eventuell kam sie gerade runter oder es war das, was ihr inneres Wirklich so sah. Es tut mir Leid – ich bin so, weil ich mich dir unterlegen fühle. Ich will nicht als Pflegebedürftig angesehen werden und auch nicht als die kranke, betrogene Exfreundin, die sich das Leben nehmen wollte, wegen einem Typ. Bekommst du hin, dich nicht mit mir zu Unterhalten, als sei... ich Geistig nicht fit? Das soll nicht gemein klingen aber... das Gefühl habe ich. Dann... könnte es eventuell doch ein Gespräch geben. Gruß Nele. Dieser abrupte Abschied von gestern, der war es, der etwas in ihr erreicht hatte. Doch da war schon alles zu Spät und alle Hoffnung vertan. Ihre Mutter setzte schon alles in Bewegung, nahm einen Eilflug nach Los Angeles und vom Fleck weg wurde Nele als Gefahr für sich selbst eingestuft und ihr die Vormundschaft über sich selbst entzogen. Die Mutter stand Fassungslos in der Wohnung und in dem Zimmer von Nele, es interessierte sie gar nicht, wie man ihre Tochter abholen kam. Leider hatte die sich gerade auch etwas aufgepusht und leistete absoluten Widerstand. Adam sah sich das an und sie konnte nicht mal ahnen, was sich in seinen Augen spiegelte – während Nele weinte, schrie, ihre Beine gegen den Boden stemmte und versuchte sich zwischen den Männern los zu reißen. Keine Chance. Sie wandten Beruhigungsmittel an und die erste Nacht blieb sie – mit einem Betreuer am Bett – fixiert auf Station liegen. Wobei sich ihre Mutter mit dem Psychologen zusammen setzte, einem ganz neuen, fremden – der sich nur die Akten von Nele zukommen ließ – und die beiden entschieden, es war nicht zu Verantworten, wenn sie hier in Absehbarer Zeit raus kam. Wenn sie sich beruhigt hatte, dachte ihre Ma an eine Verlegung nach England nach aber Tochter und Mutter war klar, niemand würde sie dort besuchen kommen. Hier aber doch auch nicht? Nele war nicht dumm. Diese erschlagenden Medikamente hatte sie doch schon so oft probiert und bald würde sie hier sitzen, ganz leer, Emotionslos und sogar ab und an Krampfanfälle von den starken Nebenwirkungen erleiden. Jetzt gönnte man ihr wohl jede Manie von Herzen und eventuell auch jede Depression, wenn man bedachte, wie wichtig ihr Fühlen war, denn gerade war kein einziger Wesenszug mehr in ihr zu finden.


RE: NELE - Adam Hudson - 06.05.2016 14:04

Seit mehreren Wochen lebte ich jetzt schon bei Nele, viel länger als anfangs beabsichtigt, aber ich konnte mich einfach nicht von ihr lösen und sie dem Dasein überlassen, das sie vor meinem Einzug geführt hatte. Zu Beginn war unser Zusammenleben unheimlich schwierig gewesen, nicht nur einmal hatten wir uns in die Haare gekriegt, weil ich sie mit meiner strengen, autoritären Art nervte und ihr Dinge untersagte, die sie unbedingt tun wollte. Sie musste sich erst an meine Anwesenheit gewöhnen und vor allem auch an die Regeln, die ich aufgestellt hatte: Kein Besuch, während sie selber nicht da war. Ihre Drogenfreunde musste sie rausschmeißen, wenn sie die Wohnung verließ. Außerdem befahl ich ihr hinter sich her zu räumen, nachdem ich wirklich penibel hier gesäubert und aufgeräumt hatte. Nach dem Essen musste sie spülen und einmal die Woche war sie für das Badezimmer zuständig. Glasflaschen wurden nicht mehr einfach so auf dem Tisch stehen gelassen, sondern in unsere Pfandtaschen geräumt und wenn sie beim Essen machen plötzlich die Lust verlor, dann räumte sie hinter sich weg. Nicht nur einmal hatte sie sich dadurch bevormundet gefühlt, hatte mich angeschrien und wollte unseren mündlichen Vertrag einfach auflösen, mich wieder vor die Tür setzen, aber ich lernte auch schnell, dass Nele solche Dinge meist sofort wieder vergaß. Beim ersten Rausschmiss war ich am nächsten Tag noch reumütig angekrochen gekommen, aber da war die ganze Wut schon wieder verdampft und sie öffnete mir einfach freudestrahlend die Tür, fragte mich wo ich über Nacht gewesen war. Beim nächsten Mal genauso. Und irgendwann interessierte es mich einfach nicht mehr. Dann verließ ich für ein paar Stunden die Wohnung, wenn sie mich mal wieder hysterisch anschrie, aber wenn ich zurückkehrte, dachte keiner mehr an unseren Streit und keiner redete mehr darüber. Mit der Zeit gelang es mir durch meine Beharrlichkeit auch tatsächlich ein wenig Struktur in ihr Leben zu bringen. Sie hatte oft versucht sich dagegen zu wehren, aber wenn man nur standhaft blieb und ihr immer wieder mahnend sagte, dass bestimmte Dinge einfach nicht gingen, wenn man mit jemandem zusammen lebte, dann konnte man tatsächlich zu ihr durchdringen. Mit viel Geduld. Und das wiederum half mir letztendlich und motivierte mich dazu noch länger bei ihr zu bleiben. Es war schön zu sehen wie ich ihr Leben positiv beeinflussen konnte und wie sie zu einem besseren, umgänglicheren, gesellschaftsfähigeren Menschen wurde, dank mir. Das, was ich bei meiner Tochter versäumt hatte, schien bei Nele endlich zu fruchten und damit gab sie mir alles, was ich mir von unserem Zusammenleben erhofft hatte. Sie aß regelmäßig, sie kümmerte sich um sich selber und um ihren Lebensraum und mit der Zeit kamen auch immer weniger Drogenfreunde zu uns. Keine kleine Junkies lungerten mehr in ihrem Zimmer herum, das war doch schonmal ein riesiger Fortschritt. Ein kleiner Schritt eines langen Weges, denn natürlich war sie nicht auf einmal das nette Mädchen von nebenan. Viel zu oft schleppte sie fremde Männer mit in ihr Zimmer, manchmal auch zwei auf einmal. Ich hörte sie beim Sex und wenn ich am nächsten Tag in ihren Raum ging, um dort zu lüften, lagen da schon wieder neue leere Alkoholflaschen oder Tütchen mit Pillen, weißem Pulver und Gras. Ihr Konsum war etwas, auf den ich kaum Einfluss nehmen konnte, unter anderem auch deshalb, weil ich sie natürlich nie begleitete, wenn sie feiern ging. Sie hatte ein paar Mal versucht mich zu überreden, aber ich wehrte mich vehement dagegen. Ich wehrte mich gegen das Umfeld, gegen die Verführung, die damit einher ging, und ich wollte mir in Neles Anwesenheit auch nicht die Kante geben. Aus Angst, dass sie dieselbe Wut zu spüren bekam wie meine Tochter damals. Dass ich mit ihr dieselben Fehler machte wie mit Cat. Wenn ich mich richtig abschoss, dann tat ich das alleine, in einer Kneipe, und dann schlief ich hinterher auch nicht in Neles Wohnzimmer, sondern in meiner eigenen Wohnung und erzählte ihr hinterher ich wäre bei einem Freund versackt. Alkohol war zwar mein täglicher Begleiter und ich trank jeden Abend auch mindestens zwei, drei Flaschen Bier, aber bisher nie so viel, dass ich die Kontrolle über mich verlor. Nicht, während meine Mitbewohnerin in der Nähe war.
Von meiner Krankheit wusste sie bisher auch noch nichts. Sie sah zwar, dass ich ebenfalls Tabletten nahm, und sie fragte mich auch danach, aber ich blockte sie mit einer nicht ganz wahrheitsgemäßen Version ab, indem ich ihr von Problemen mit meiner Bauchspeicheldrüse erzählte, aber nicht, dass ich Krebs hatte und dass mir der Arzt gerade mal ein knappes Jahr zu leben gab. Ein paar Jahre mehr könnten es werden, wenn ich mich zu einer Chemotherapie entschloss, was mir auch von allen Seiten angeraten wurde, aber nein. Ich konnte mich jetzt nicht in Behandlung geben. Nicht, während ich auf Nele so einen guten Einfluss nahm und ihr Leben langsam wieder Struktur erhielt. Ich konnte sie nicht im Stich lassen, mich ins Krankenhaus einweisen und über Wochen hinweg die Seele aus dem Leib kotzen. Das ging nicht und so lehnte ich immer wieder entschieden ab, ohne meine dumme Wahl zu begründen. Es lag aber auch nicht nur daran, dass ich Nele half, sondern dass sie im Gegenzug auch unheimlich viel Einfluss auf mich nahm. Es war befreiend und verlockend tagtäglich diese Lebensfreude auf ihrem Gesicht zu sehen, ihr Verhalten erinnerte mich an längst vergessene Abstürze in meiner Jugend, an die Verantwortungslosigkeit und die Kurzsichtigkeit, die damals mein Leben bestimmt hatte. Nele konnte zwar auch wütend werden und laut fluchen, aber meistens war sie so grenzenlos. So lebensfroh. So frei und unabhängig. Und das wiederum- Scheiße, manchmal war das schon fast wie eine Droge. Dann klebte ich an ihren Lippen und stellte mir innerlich vor wie es wäre noch einmal so auszubrechen wie sie. Noch einmal in den Tag hinein zu leben, ohne sich von der scheiß Welt und dem scheiß Leben herunterziehen zu lassen. Noch einmal wirklich glücklich zu sein, bevor ich in ein paar Monaten abkratzen würde. Bisher holte mich die Vernunft immer wieder ein, wenn ich gerade kurz davor war mit der Faust auf den Tisch zu schlagen und mich doch zu einer durchzechten Nacht hinreißen zu lassen, aber keine Ahnung, wie lange ich diesem Verlangen noch standhalten konnte. Außerdem gab es mir auch unheimlich viel mit Nele über ihre Erfahrungen zu sprechen, über ihre Depression und ihren Suizidversuch. Das war nicht ihr liebstes Thema, aber manchmal, wenn sie ein wenig erschöpft war, dann konnte ich sie doch dazu bewegen. Dann drängte ich sie dazu mir noch einmal zu sagen, wie sie den Tod definierte. Mir noch einmal zu erzählen, dass Sterben nur ein weiteres Abenteuer war und dass danach noch ganz viel passieren würde. Dass es nichts Schlimmes war diese Welt zu verlassen. Das gab mir so viel Hoffnung und gleichzeitig so viel Ruhe, dass ich sie danach ganz fest in den Arm nahm, ohne ihr zu erzählen, weshalb sie mich damit so bewegte. Körperlich war es über die paar Wochen hinweg aber auch tatsächlich bei dieser unschuldigen Nähe geblieben. Nele versuchte noch immer manchmal mich zu verführen und sie ging mit ihrem Körper auch sehr reizvoll und offenherzig um, aber ich blieb standhaft. Mit der Zeit war sie zwar immer mehr zu einem eigenständigen Menschen geworden und wenn ich sie ansah, dann dachte ich nicht mehr ständig an meine kleine Catherine, aber sie war trotzdem wie meine Tochter. Ich versuchte noch immer die Fehler zu begleichen, die ich bei Cat gemacht hatte, und das würde einfach nicht funktionieren, wenn ich eine sexuelle Ebene zuließ. Das ging nicht.
Diese Wohngemeinschaft, die aus einer fixen und viel zu voreiligen Idee entstanden war, gab uns also tatsächlich eine ganze Menge und nachdem die anfangs vereinbarten vier Wochen herum gegangen waren, sagte ich ihr einfach, dass die Renovierungsarbeiten in meiner Wohnung länger andauerten und dass ich deshalb noch hier bleiben müsste, was für Nele genauso in Ordnung schien wie für mich. Wir waren beide zufrieden so. Das sollte sich aber noch viel schneller ändern, als gedacht, denn eines mittags öffnete ich die Tür und da stand niemand geringeres als Neles Mutter hinter. Ich war so perplex, dass ich sie einfach gedankenlos hinein ließ, womit das ganze Übel erst so richtig losgetreten wurde: Ich war für sie schon Stressfaktor genug, denn was hatte denn ein so alter Mann in der Wohnung ihrer Tochter verloren, die auch noch von ihr bezahlt wurde? Aber das war erst der Anfang, denn als sie zu Nele ins Zimmer lief, lag dort zusätzlich noch ein anderer Mann mit ihr im Bett, Alkoholflaschen waren auf dem Boden verteilt, Drogen waren überall zu finden, genauso wie übervolle Aschenbecher. Von der durchzechten Nacht sah ihre Tochter unheimlich fertig aus und Neles Mutter musste gar nicht lang überlegen, bis sie auf einmal ein paar Leute anrief und kurze Zeit später drei Männer vor der Tür standen, um das kranke Mädchen abzuholen. Ich hatte dem ganzen Geschehen gar nicht so schnell folgen können, verstand nicht, was hier vor sich ging, weil ich anfangs natürlich auch höflich versuchte mich aus den Streitereien herauszuhalten, die mich ja eigentlich nichts angingen, aber als fremde Menschen auf einmal gewaltsam nach Neles Körper griffen und sie aus der Wohnung zerren wollten, da passierte etwas in mir. Viel zu sehr erinnerte mich diese Situation an meine Trennung von Cat. Daran, wie das Jugendamt vor meiner Tür gestanden hatte, um sie mir wegzunehmen, und wie sich ihre kleinen Finger in mein T-Shirt gekrallt hatten, weil sie nicht gehen wollte. Genauso stemmte Nele sich jetzt auch gegen diese Männer, sie schrie und weinte, sie zeterte und erregte damit so eine Wut in mir, dass auch ich irgendwann begann mich einzumischen. Ich wollte sie verteidigen, wollte sie bei mir halten und verlor dadurch erstmalig in ihrer Nähe die Kontrolle über mich. Meine Wut nahm ein grenzenloses Ausmaß, ich schlug auf die Wand ein, schrie ohrenbetäubend laut um mich und ging damit so weit, dass man die Polizei rufen musste, um mich in Gewahrsam zu nehmen. Die ganze scheiß Nacht verbrachte ich eingesperrt in einer Zelle, rasend vor Wut, besorgt und verzweifelt, und als man mich endlich heraus ließ, als ich kurz darauf in eine leere Wohnung kam, da tat ich das Einzige, was sich richtig anfühlte: Ich betrank mich. Hemmungslos. Ich trank so viel, dass ich erst Stunden später schwankend zurück zu Neles Wohnung lief. Noch nie zuvor war ich in so einem Zustand hier gewesen, diesmal allerdings schon und machte es damit schon wieder nur noch schlimmer, denn gerade in dem Moment war auch Neles Mutter dort, um ein paar Dinge zusammen zu suchen. Sie hatte Angst vor mir, das sah ich in ihren Augen, sie wollte schnellstmöglich fliehen, als ich auf einmal im Flur erschien, aber ich ließ sie nicht. Ich versperrte ihr mit meinem breiten Kreuz den Weg und stellte sie zur Rede, ließ mir von ihr mit bibbernder Stimme erklären, dass Neles Ex-Freund sie kontaktiert hatte. Dass ihre Tochter nicht alleine klar kam. Dass man das doch jetzt auch ganz deutlich sah. Sie sagte mir ich solle mich von ihr fern halten und diese Wohnung verlassen und wahrscheinlich warf sie mir auch noch mehr an den Kopf, aber das hörte ich schon gar nicht mehr, weil ich mich einfach umdrehte und wieder nach unten ging. Weil ich mich auf direktem Weg zu Zac begab. Scheiße, dieser Kerl hatte nicht das Recht dazu sich einzumischen, er verbrachte nicht so viel Zeit mit Nele wie ich und er konnte nicht wissen, ob es ihr gut ging. Er durfte sie mir nicht wegnehmen! Ich brauchte sie in meinem Leben, verdammt nochmal!